Volltext Seite (XML)
Uiesaer G Tageblatt ««d Anzeiger Weblatt i»d Älljtl-n). Femsprechstell« Nr. »0 Amtsbtatt der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. 227. Sonnabend, 2S. September 1894, AvendS. 47. Jahrg. DaS Riesaer Tageblatt erscheiat jeden Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bet Abholung in den Expedition« in Riesa und Strehla, den AuO^ttestiAO^ sowie am Schalter der kaijerl. Postanstalten 1 Mart 25 Ps., durch die Träger srei InS HauS I Mark 50 Pf., durch den Briefträger frei tnS Hau» 1 Mark SS Ps. Anzrigrn-Lnnaht» P, Hz, N»«Wg drS Ausgabetages bis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastanienstraße VS. — Für die Redactio» verantwortlich: -er«. Schmidt i» Riesa. vreh«. Das unterzeichnete Amtsgericht hat heute im Handelsregister für seinen Bezirk auf Fol. 273 die Firma eingetragen. Riesa, am 27. September 1894. Königliches Amtsgericht. Heldner. Richard Lobe in Riesa und als Inhaber derselben den Lederhändler Herrn Adolf Richard Lobe in Riesa Bekanntmachung. Die OeÜieilfdeKKlageK auf den 3. Termin werden am 15. dieses Monats fällig und sind bei Vermeidung zwangsweiser Beitreibung längstens bis zum 1. Oktober laufenden Jahres an die hiesige Stadthauptkaffe abzuführen. Riesa, am 12. September 1894. Der Stadtrath. Schwarzenberg, Stadtrath. Mohr. Bestellungen auf das mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Abends erscheinende „Kicher Sa-edlett md Anzeiger" für das MU- 4. Vlortoljabr "MG werden von sämmtlichen kaiserlichen Postanstalten, den Landbriefträgern, unfern Geschäftsstellen in Riesa und Strehla, sowie in den Ausgabestellen bei Herren Paul Holz, Ecke Poppitzer- und Schützenstraße, A. B. Hennicke, Hauptstraße, Kaufmann Herman« Müller, Kaiser - Wilhelm - Platz und Paul Koschel, Bahnhof, ftraße bei Abholung dortselbst zum Preise von 1 Mk. 25 Pfg., zahlbar prüuumerando, angenommen; durch unsere AuSträger, die jederzeit Bestellungen annehmen, frei ins Haus geliefert ist der Preis 1 Mk. 50 Pfg., durch die Post srei ins Haus 1 Mk. 65 Pf. (MW" bei Abholung am Post schalter 1 Mk. 25 Pfg.). finden durch das „Riesaer Tage- blatt undAnzeiger", die im Amts- bezirk bei Weitem verbreitetste und gelesenste Zeitung, anerkanntermaßen die beste und zweckent sprechendste Verbreitung. Riesa, Kastanienstraße 59. Die Geschiistsftelle. Tagesgeschichte. Es ist bekannt, daß Rußland und England zum Schutze ihrer Interessen in Ostasien stärkere maritime Streitkräfte dort versammelt haben. Auch das Deutsche Reich hat Angesichts der sehr erheblichen deutschen Interessen bekanntlich die nöthigen Veranstaltungen getroffen, um durch Entsendung eines stärkeren Geschwaders den deutschen Reichsangehörigen Schutz gewähren zu können. Durch allerhöchste Cabinetsordre ist die Bildung einer Kreuzerdivision befohlen, welche an Stelle des früheren, im April 1893 aufgelösten Kreuzerge- schwaders treten soll, als dessen Flaggschiff die nunmehr aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichene „Leipzig" fungirte. Die Kreuzerdivision wird, wie man dem „Leipziger Tageblatt" aus Berlin schreibt, bestehen aus .Irene", „Alexandrine", „Arcona" und „Marie". Die erstere, für die der Corvetten- capitain v. DreSky, bisher Ausrüstungsdircctor der kaiserlichen Werft zu Danzig, ausersehen ist, wird in Wilhelmshaven für die Reise nach dem Sammelplätze der Division — Ost- asien — bereit gemacht und mit den nöthigen Einrichtungen zur Aufnahme des Divisionschefs mit seinem Stabe versehen. In etwa vier Wochen kann sie bereit sein. Von den übrigen drei Schiffen sind „Alexandrine" und „Arcona" schon in Jokohama eingetroffen. „Marie" kann jeden Augenblick dort anlangen. Zur Division werden voraussichtlich in Ostasien hinzutreten der Kreuzer „Kormoran", welcher Anfang October in Kiel in Dienst gestellt wird und dann sofort die Ausreise antritt, und die zur Zeit schon in China befindlichen Kanonen boote „Wolf" und „Iltis". Zum Divisionschef ist der Contre- adunral Hoffmann, bisher Vorstand der nautischen Abtheilung im Reichsmarine-Amt ernannt. Aus der Thatsache, daß Deutschland einen so erheblichen Theil seiner Kriegsschiffe nach Ostasien zu entsenden sich veranlaßt sieht, erhellt, in welchem Umfange die maritimen Kräfte Deutschlands in An spruch genommen werden, wenn es gilt, seine Interessen im fernen Auslande zu schützen, und wie wichtig es ist, bei der artigen Gelegenheiten die für solche Zwecke allein geeigneten nöthigen Kreuzer zur Verfügung zu haben. Daß bei Ver wickelungen, wie den jetzigen in Ostasien, nicht bloß die materiellen Interessen der Reichsangehörigen, sondern auch wichtige Gesichtspunkte des Ansehens des Reichs und seiner diplomatischen Stellung betheiligt sind, wird einer besonderen Darlegung nicht bedürfen. Der zum Divisionschef ernannte Contreadmiral Hoffmann ist 1846 geboren und gehört seit 1863 der Marine an. Nach den neueren Meldungen aus und betreffend Ost- asien gewinnt es beinahe den Anschein, als hätte man Ich mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß fremdmächtliche, also europäische, beziehentlich amerikanische Einflüsse in den weiteren Entwickelungsgang der chino japanischen Auseinander setzung hineinspielen dürften. Zwar ist der Nachricht, daß England und Rußland gemeinsam behufs Abschlusses eines Waffenstillstandes zwischen den kriegführenden Theilen imer- veniren wollten, alsbald rin Dementi gefolgt, und zwar aus London, was darzulhun scheint, daß daS Kabinet Rosebery seine passive Zuschauerrolle einstweilen wenigstens noch nicht aufgebeu will. Ob ihm aber nicht die Ereignisse selber eine bestimmtere Haltung gleichsam ausnöthigen, ist eine andere Frage. Die Beschlagnahme eines englischen Handclsdampfers durch ein chinesisches Kriegsschiff auf den bloßen Verdacht hin, es könnte Kriegskontrebande an Bord führen, wird auf die öffentliche Meinung Englands nicht gerade den ange- nchmsten Eindruck hervorbringen, zumal nachdem die englische Regierung erst unlängst du' ch Anwendung der Bestimmungen der Foreign Enlistment-Akte den Beweis geliefert, daß es ihr mit Innehaltung der Neutralitätspflichten gegenüber den ostasiatischen Kriegführenden Ernst ist. Im Punkte des Waffenschmuggels freilich hat England ferne Neutralitäts pflichten noch niemals in loyaler Weise gehandhabt und wird die englische Handelswelt ihre bezüglichen Geschäfte in der festen VorauSietzung eingegangen sein, daß kein ostasiatisches Kriegsschiff, weder ern japanisches, noch ein chinesisches, wagen werde, den Respekt gegen die englische Flagge so sehr aus dem Auge zu setzen, um auf offener See ein unter Vieser Flagge fahrendes Schiff anzuhalten und zu fistiren. Das ist nun geschehen und damit sind die Engländer in einem Punkte verlebt worden, wo sie am verwundbarsten sind, nämlich im Punkte des merkantilen Interesses. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, daß die Srstirung des englischen Dampfers zu Reklamationen seitens des Londoner Foreign Osfice Anlaß geben werde. Aber auch von anderer Seite treten Zwischen fälle in Erscheinung. Die kürzlich an dieser Stelle erwähnten Absichten Frankreich- auf Madagaskar nöthigen England zu verschärfter Kraftanspannung in den ostasrikanischen Gewässern. Der Ausbruch von Unruhen gegen die portugiesische Herr schast in Lourenyo-Marquez würde wie gerufen kommen, den Portugiesen ihren ostafrikanischen Kolonialbesitz vollends zu verleiden, für welchen sie dann an England einen zahlungs bereiten und zahlungskräftigen Abnehmer fänden. Vielleicht kann man die stattgehabte, wenn auch inzwischen wieder rück gängig gemachte Landung englischer Marinetruppen als einen Präzedenzfall ansehen, welcher der weiteren Entwickelung der Dinge in Südostafrika Ziel und Richtung angiebt. Jede Empörung gegen die portugiesische Herrschaft besorgt Eng lands Geschäfte, und daß England bei der jetzigen Konjunktur im fernen Osten in der einen oder der anderen Art sein Geschäft machen müsse, gilt jedem britischen Politiker als Axiom. Deutsches Reich. Am 3. October soll nach der „Franks. Ztg." im Reichsamt de- Innern eine Besprechung unter Zuziehung geladener Sachverständiger statlfinden, in der es sich um die Berathung der Grundzüge eines Gesetz entwurfs über Maßregeln zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes handelt. Der Entwurf sei bereits fertiggestrllt. Nach einer weiteren Meldung soll sich die Konferenz mit dem Verrath von Fabrik- und Geschäftsgeheimnissen beschäftigen. Die „N. Preuß. Ztg." beschwert sich in einem längeren Artikel, daß die Börsenreform nicht in Fluß kommen will, obwohl die Börsenuntersuchungskommission schon fast vor einem Jahre ihre Arbeiten beendet habe. Hierbei macht sie die, wie sie versichert, von glaubwürdiger Seite stammende Mittheilung, daß der Kaiser selbst schon im Herbst 1891 durch das Civilkabinet im Schoße des Staatsministeriums die Börsenreform auf daS Entschiedenste habe anregen lassen und auch noch in allerneuester Zeit aus einem besonderen An laß Gelegenheit genommen habe, an anderer Stelle direkte Maßnahmen anzuordnen. Ein bewährtes Rezept für BolkSredner zieht Herr L Bamberger in der „Nation" ans Licht der Oeffentlichkeit. „Für populäre politische Reden — so läßt sich der genannte auf diesem Gebiete nicht unerfahrene alte Parlamentarier aus — namentlich für Wahlreden, gilt meiner Erfahrung nach als Hauptregel, und das möchte ich al« Rezept den Lern begierigen empfehlen: nur nicht zu sehr in« Detail der Dinge eindringen. Wer breite, genaue Sachlichkeit in Voksver- sammlungen auseinanderrollt, wird schwerlich Glück machen. Hier gilt cs zu elektrisiren, und man elektrisirt nur mit allgemeinen Gedanken, die an da« Gesühl appelliren. Ein französischer Republikaner sagte einmal zu mir: „In meinen Kanoidatenreden wüthe ich, wenn ich vor Bauern stehe, ncch immer gegen den Zehnten, welchen vor hundert Jahren der Adel und die Kirche erhoben, und warne vor deren Wieder kehr. Das wirkt noch immer." Daß auch bei uns zu Lande die demokratischen Volksredner, und die demokratischen nicht allein, nach diesem bewährten Rezept arbeiten, wer wollte das leugnen? In das „Detail der Dinge" einzudringen, fällt den Herren niemals ein. Sie „appelliren an das Gefüh." mit alten Phrasen und Schlagworten, bringen Mißstände, die vor hundert Jahren geherrscht haben, aufs Tapet, „warnen vor deren Wiederkehr" und ... . das wirkt noch imuur." In Betreff der Kündigungsfristen für Arbeiter schreibt die „N. A. Z": „Im Allgemeinen geht das Bestreben der Arbeiter in den Städten mit mannichfaltigeren Arbeitsgelegen heiten dahin, die Kündigungsfristen aufzuheben. Auch Arbeit geber scheinen sich, wie der Gewerbe-Aufsichtsbeamte de» Regierungsbezirks Köln hervorhebt, mehr und mehr dieser Richtung anzuschließen. Aus den erlassenen Arbeitsordnungen geht zum Beispiel hervor, daß in vielen Betrieben bereits ohne Kündigungsfrist gearbeitet wird, und daß nur etwa die Hälfte noch mehr oder weniger lange Kündigungen ausbedingt. Meist sind dies Betriebe, welche gelernte Arbeiter beschäftigen oder Arbeiter während einer längeren Zeit einlernen müssen, ehe sie vollständig eingearbeitet sind. Für die inneren Motive lassen sich nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten Vermuthungen aufstellen. Als Beispiel werden die Kötner Korsettfabriken angeführt, welche mit ihren Näherinnen Kün digungsfristen bis zu sechs Wochen vereinbaren, augenschein lich, um aus den einmal angelernten Maschinenmädchen möglichst lange Nutzen zu ziehen. Umgekehrt ist das Vor gehen einer Druckerei (Bachem, „Kölnische Volkszeitung") nicht auf Eigennutz, sondern auf lobenswerthe Fürsorge für Arbeiter zurückzuführen. In genannter Druckerei ist I4tägige Kündigung festgesetzt, jedoch wird die Frist nach fünfjähriger Beschäftigung auf vier Wochen erhöht in der Absicht, den Arbeiter gegen die Schädigungen der kurzen Kündigung zu sichern. Merkwürdig ist die Wahrnehmung, daß eine Reihe von Arbeitsordnungen für jugendliche Arbeiter Kündigung?- frist ausschließt, während solche für erwachsene Arbeiter vor gesehen find. Auch Arbeiterinnen müssen sich in einigen Fabriken ohne oder mit kürzerer Kündigung, al- Männer begnügen. Der Grund liegt vermuthlich in der geringeren Zuverlässigkeit der betreffenden Arbeiterkategorien, welche es wünschenswerth macht, das ArbeitSverhältniß sofort zu lösen,