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MMt Tharandt, Mossen, Siebenteln und die Umgegenden. Amtsblatt Mr die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrat zu Wilsdruffs sowie für das Rgl. Zorstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkmrdtswalve. Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Höhndorf« Kaufbach, KefselSdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberhermSdor^ Pohrsdorf, RöhrSdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, SachSdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn« Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiStropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. 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Neapel gehört unbestritten zu den schönsten Städten der Erde, wundervoll ist der Blick, wenn das Auge von den die Stadt umgebenden Höhen oder vom Vesuv aus über die weiße Häuserpracht im flutenden Sonnenschein, unter dem tiefblauenHimmel,amglänzendenMeereschweift,in -dessen Ferne das altberühmte Felseneiland Capri auftaucht. Es ist eine Stätte, in der die Sorgen des Lebens wie von selbst abfallen, der Geist und das Gemüt von dem heiteren Bilde gefesselt werden und die Erinnerung nie erstirbt. Es gibt kaum eine zweite Stadt, in welcher die ganze Bevölkerung so sehr in diesen Schimmer von Freude und Lebenslust hineinpaßt, wie in Neapel; hier strahlt das Lachen von allen Gesichtern und der Besitz erscheint unnötig, weil die Natur Alles bietet, was zum Leben gehört. Keine Stadt zählt so viel Arme, wie Neapel, nirgends wird aber die Armut weniger empfunden, wie dort, weil Genügsamkeit und die reiche Natur die Tafel des Aermsten von selbst decken. Freilich, wir dürfen es nicht vergessen, unter diesem Glanz von leuchtender Heiterkeit, ungetrübter Sorglosigkeit schlummert eine arge Leidenschaft. Die Welt in Neapel ist wunderschön, aber die Geldgier läßt auch dort ihre Arme ausbreiten, sie zieht alle in ihren Bann, die mühelos ein prunkendes Dasein führen wollen. Dem fremden Gaste, der nur eine kurze Zeitspanne am blauen Golf verweilt, tritt diese Erscheinung weniger vor Augen, aber ein längerer Aufenthalt läßt erkennen, was in der Vesuvstadt möglich: Von dort aus haben Erpresserkreise sich an den unglücklichen Mann herangeschlichen, der so jäh verstarb und den unser Kaiser ausdrücklich seinen Freund nannte, über dessen Ehre er seinen Schild halten wollte, in Neapel haust die elende Kamorra, dieser Geheimbund, der zu Zeiten die ganze Stadt-Verwaltung sich dermaßen dienstbar machte, daß die italienische Regierung einen eigenen Kommissar an die Spitze der städtischen Angelegenheiten stellte, um weitere Spitzbübereien zu verhindern. Neapel ist mit unserer deutschen Geschichte durch ver schiedene erschütternde Dramen verbunden: Unweit der Stadt, am Vesuv, endete das Heldenvolk der Gothen unter seinem König Taja, nachdem es den Verzweiflvngskampf gegen den byzantischen Feldherrn Narses bis zum letzten Blutstropfen durchgeführt. Und aus jenem Platze Neapel's, von welchem man die ganze umliegende Feenlandschaft überblickt, starb unterm Henkerbeil Konradin, der letzte Sprößling des ruhmreichen deutschen Kaisergeschlechtes der Hohenstaufen. Auf dem Platze erhebt sich ein rauschender Brunnen, aber das Blut, das dort so schmachvoll geflossen wäscht kein Wasser fort. Schwarz erhebt sich aus der sonnigen Landschaft der Vesuv, dir Rauchsäule bei Tage, der feurige Schimmer bei Nacht über dem Krater erinnert an die nie rastenden, unheimlichen Gewalten der Tiefe, die schon so manches Mal die Feuerfluten der Lava die von der Natur so üppig gesegneten Berghänge hinabgeschickt haben. Oft flohen die Menschen, immer wieder lockte sie die unendliche Fruchtbar keit zurück. Auf dem Lavaboden gedeiht alles in reichster Fülle, was der Mensch sich wünscht, und die Arbeit ist eine fast mühelose. Weiterhin erschimmert an der Küste ein langer Kranz von weißen Ortschaften bis hin nach Castellamare, und inmitten liegen die Ruinen des ver schüttet gewesenen Pompeji, das nach Hunderten von Jahren erst die Lava wieder herausgab. , Ein einziger großer Garten voll von südlicher Pracht ist die Landschaft, übersät mit blinckenden Heimstätten, die den Gast einladen, zu weilen, zu genesen von den schweren I Sorgen, welche die Wochen und Monate bringen. Freilich, iso schön alles ist, ein arbeitstätiger Deutscher würde auch hier am Ende daS Heimweh empfinden, das ihn aus den Tagen des Genießens zu neuem Schaffen ruft. In seinem Innern hat sich Neapel sehr zu seinem Vorteil geändert, seitdem die Cholera-Epidemie so schwere Verheerungen zeitigte. Luft und Licht ist in die armseligen Quartiere gekommen, ganze Häuserreihen sind gefallen, Straßen sind durchbrochen, auch das vielbesungene Santa Lucia, das berühmte Hafen-Quartier, hat dieser Renovie rung feinen Zoll entrichten müssen. Manches romantische Bild ist damit-gefallen, aber Gesundheit und Sicherheit vor ansteckenden Krankheiten sind gekommen. Bunt und reichbewegt ist das Straßenleben in der Vesuvstadt, die Freude des Südländers an einem male rischen, glänzenden Auftreten macht sich da geltend. Und dies Bild wird den Kaiser auch begleiten auf seinem weiteren Wege nach dem meerumrauschten Sizilien, dessen ganze Küste einen einzigen wundervollen Garten bildet, aus welchem der Vulkan Aetna sein Haupt erhebt. Palermo, die prächtige Hauptstadt, wetteifert an Prunk mit Neapel. Auch dort steigen die Erinnerungen an Deutschland empor, wir schauen dort die Grabstätten einer Reihe Hohenstaufen, die sich von dem südlichen Himmel nicht losreißen konnten. Heiß wie ihr Klima ist das Blut all' der Süd-Italiener, die Geschichte weist ein große Zahl von Katastrophen auf, wir erinnern nur an die sizilianische Vesper —, die ver heerend waren, wie ein Ausbruch der Vulkane. Aber so berauschend Sizilien dem Fremden beim Betreten seines Bodens erscheint, so sehr wandelt sich das Bild, wenn wir ins Innere gelangen. Bitterste Armut so häufig, aber kein lächelndes Ertragen derselben, wie in Neapel, dazu ist das arbeitsschwere Leben zu hart. Die so oft scharf kritisierte, nach unseren Begriffen fast unmenschliche Kinder- Arbeit in den ungesunden Schwefelbergwerken dauert heute noch fort, der Hunger tut zu weh . . . Auch das ist Süden, der Süden der Energielosigkeit, des Mangels an plan mäßiger, tatkräftiger Leitung und Umsicht. politische Rundschau. Die Mittelmeerreise Kaiser Wilhelms wird, wie nunmehr bestimmt verlautet, erst gegen Ausgang April ihr Ende erreichen. Am 29. gedenkt der Monarch von Genua aus die Heimreise nach Deutschland mittels Bahn anzutreten, sodaß seine Wiederankunft in Berlin am 1. Mai zu erwarten stünde. Inzwischen hat Kaiser Wilhelm auf seiner Weiterfahrt von Gibraltar aus mit dem „König Albert" Port Mahon auf den Balearen erreicht, an diesem Donnerstag trifft er in Neapel ein, wo zum Empfange des hohen Reisenden das italienische Mittel meergeschwader unter Admiral Morin bereits am Diens tag angekommen war. Zur Begrüßung seines kaiserlichen Freundes und Verbündeten trifft dann König Viktor Emanuel Hl. am Sonnabend aus Rom in Neapel ein. Der Bundesrat hielt am Montag eine außerordent liche Sitzung ab. In derselben wurden die Mitteilungen des Reichstagspräsidenten Grafen Ballestrem betreffs der Reichslagsbeschlüsse über die Budgetprovisorien für das Reich und die Kolonien, sowie über die jüngsten Nach tragsetats zur Kenntnis genommen. Weiter überwies der Bundesrat mehrere Vorlagen, die sich auf Beschlüsse des elsaß-lothringischen Landesausschusses bezogen, den zu ständigen Ausschüssen. Das Defizit in der Reichskasse. Der neue Staats sekretär des Reichsschatzamtes, Freiherr v. Stengel, hat einen sehr schätzenswerten Anlauf genommen, um einer Reform der Reichsfinanzen die Wege zu ebenen, aber diese große und langwierige Arbeit ist zunächst doch nur ein Planen und Vorbereiten, und selbst wenn in dieser Reichs- tagssessson noch ein Gesetzentwurf für die Finanzreform zum Gesetz wird, so kann er das Deutsche Reich doch nicht von dem Defizit in der Reichskasse befreien, daß man stch schon jetzt nach der Lage der Reichsfinanzen herausrechnen kann. Da das Deutsche Reich nun verhältnismäßig viele Anleihen in den verflossenen Jahren gemacht hat und die Finanznot des Reiches in der übelsten Weise auch auf die Kassen der Bundesstaaten drückt, so ist eine der wichtigsten Aufgaben des deutschen Reichstages und des Bundesrates die Beseitigung des Defizits in der Reichskasse, denn die Fortdauer des Defizits wäre eine große Gefahr für die Festigkeit und das Ansehen des Reiches selbst. Und nicht leicht ist das Problem zu lösen, das Defizit in der Reichs- kaffe zu beseitigen, da für Heer und Flotte, ferner auch für die Kolonien und für den Zuschuß zur Alters- und Invalidenversicherung die Ausgaben im ständigen Wachs tum begriffen sind. Sonst gilt im Leben die Beschränkung der Ausgaben immer als das beste HülfSmittel, um schlechte Finanzen in Ordnung zu bringen, dieses Mittel ist aber für die deutschen Reichsfinanzen praktisch jetzt nicht durchführbar. Da die Einnahmen des Reiches stch aus den Zöllen und Verbrauchssteuern bilden, so haben wir allerdings noch die Hoffnung, daß ein weiteres Aufblühen des wirtschaft lichen Lebens dieZoll- und Verbrauchssteuereinnahmen bedeu tend erhöhen und damit das Defizit bannen kann. Aber damit können wir in diesem Jahre noch nicht rechnen, sondern wir müssen sehen, wie wir mit dem Defizit fertig werden. Was das Verhältnis der tatsächlichen Einnahme aus den Zöllen und Verbrauchssteuern zum Etat für 1903 betrifft, worauf es zur Beurteilung der Finanzlage in erster Linie ankommt, so dürfte sich dasselbe beim Finalabschluß für das ganze Jahr im großen und ganzen, nach dem elfmonatigen Ergebnis beurteilt, so gestalten, wie es von den Regierungsvertretern in letzter Zeit vor ausgesagt worden ist. Die Zölle werden ein beträchtliches Mehr ergeben. Es läßt sich jetzt auf 37 Millionen ver anschlagen. Dagegen dürsten die meisten Verbrauchssteuern starke Defizits zu verzeichnen haben. Ihnen steht lediglich bet der Salzsteuer ein Mehr von 2 Millionen Mark gegen- über. Nehmen wir hinzu, daß die Neichsstempelabgaben, die in den ersten elf Monaten eine Einnahme von 62,8 Millionen Mark erbracht haben, beim Abschluß des Jahres hinter dem Etatsvoranschlage voraussichtlich mit 15V, Million zurückbleiben werden, so erhält man kein erfreuliches Bild von der gegenwärtigen Finanzlage im Reiche. Es bleibt ein Defizit. Das finanzielle Verhältnis der Einzel staaten zum Reiche würde aus Grund der Einnahmeergeb nisse nicht schlecht sein. Dem Weniger der hierbei in Be tracht kommenden Brandweinverbrauchsabgabe und Reichs stempelabgaben in Höhe von zusammen 19 Millionen Mark steht ein voraussichtliches Mehr bei den Zöllen von 37 Millionen gegenüber, aber die Einzelstaaten werden die Differenz der Mehreinnahmen nicht erhalten, da diese be kanntlich zur Verminderung der Zuschußanleihe für 1903 verwendet werden muß. Die Reichskaffe wird also ein recht beträchtliches Defizit zu verzeichnen haben, da außer dem damit zu rechnen sein wirb, daß in einzelnen Ressorts einige, wenn auch nicht beträchtliche Mehrausgaben in An rechnung zu bringen sein werden. Im österreichischen Abgeordnetenhause geht die Obstruktion der Tschechen noch immer weiter. Dank der selben dauerte es auch in der Montagsfitzung wieder mehrere Stunden, ehe die Verhandlung des Dcinglichkeits- antrages über die Ausgestaltung der technischen Hochschulen fortgesetzt werben konnte. — Das ungarische Abgeordneten haus genehmigte am Montag die Vorlage, betr. die Fest, stellung des Rekrutenkontingents für 1904. Papst Pius X. hat eine neue Encyklika erlassen, in welcher er sich zu gunsten des Einvernehmens zwischen den geistlichen und weltlichen Mächten ausspricht, zugleich in dessen die Vorrechte des Papsttums verficht. Die französische Deputiertenkammer nahm am Montag in Fortsetzung der Beratung der Vorlage, welche die Unterrichtserteilung durch die Kongregationen verbietet, einen Antrag Leygues auf Beibehaltung der Lehranstalten für Novizen mit 283 gegen 272 Stimmen an. In Marseille trafen am Montag mit dem Post dampfer „Aarra" der bisherige russische Gesandte in Japan, Baron v. Rosen, und der russische Generalkonsul in Yoko hama, Sievers, sowie der russische Konsul in Nagasaki, Prinz Gagarin, ein.