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Sonntag, LS. cFrscheütt: «Atch srLH 7 Uhr. S»s«ate ixrdm <ulgcu«mm»»r »t« Abend»», Son»- tag» bt« Mittag» 1» Uhr: Marienstraße 1»« gazeig. in dies Blattej tz«, jetzt talSSvo ax»«plar«a erscheint, -»den «in» »rsolgretch« Uerbreituag. »rack »atz Uigeatha» der Heraußgeber: Ettpsch stk Reichardt. — Verantwortlicher Rrdactrar: Itüiur Reichllr»t« 18«» Akonnemeut: vierteljährlich 2«Ngr bei unentgeldltcher Lit- serung in'« Hau». Durch dir KLnigl Pof vierteljährlich 22 Ngr Stllielu« Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum eine» gespaltenen Zeller 1 Ngr. Unter „sttn-etz sankt" die Zell« 2 Dresden, den 25 Februar. — Se. Majestät der König hat dem Oberroßarzt Ur.pliil. Trautvetter vom Sanitäts-Corps die erbetene Entlassung aus der Armee bewilligt. — Die älteste Schwester des Königs Christian IX. von Dänemark, Marie, veriv. Gräfin von Hohenthal-Debernitz, geb. Prinzessin Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, die für gewöhnlich ihren Wohnsitz in Dresden hat, begiebt sich in die sen Tagen zum Besuch an den königlich-m Hof zu Kopen hagen und wird dein Bernehmen nach längere Zeit daselbst verweilen. — --7 Während in den Gemächern Sr. K. H. des Kronprinzen auf dem Liebhabertheater die heitere Muse des Lustspiels den Reigen führt, wird gegenwärtig in der Reitbahn des prinzlichcn Palais auf der Langegasse von einigen Damen und Herren, an deren Spitze II. tk. HH. der Prinz und die Prinzessin Georg sich befinden, eine Quadrille zu Pferde eingeübt. — — In Folge ständischen Antrags hat das Finanzministe rium mittelst Verordnung vom 12. Februar die den Sparkassen ertheilten Befreiungen von der Stempelabgabe auch aus die Spar- und Vorschuß- oder Creditvereine ausgedehnt. — Der Componist Offenbach befand sich dieser Tage hier. Er kam von Wien, wo er mit seiner neuesten dreiactigen Operparodie „Die Schäfer" Furore gemacht und geht auf einige Tage nach Berlin, in Deutschland der eigentliche Boden für seine Bouffonerien, von dort wieder nach Paris. — Unter den jährlich regelmäßig wiederkehrenden Stif tungsfesten nimmt die von den erweiterten Sitzungen des kgl. stenographischen Instituts veranstaltete Gabclsberger-Geburts tagsfeier durch ihre reiche Ausstattung, durch zahlreiche Be-- theiligung der Behörden, durch wissenschaftlichen Ernst im Fest- actuS und unaezwuncp n n Humor in dem heiteren Theile einen hervorragend»,, PGtz ein. Die vorgestrige Feier aber machte sich dadurch zu einer doppelt gelungenen, als diesmal das Fest gleichzeitig mit von dem hiesigen Stenographenvcrein Tironia in bester Eintracht begangen und so zwischen den b-iden Körper schaften ein herzliches Band geschlung»,, wu de. In dem durch Wappen, eine Gabclsberger-Büste rc. geschmackvoll dccorirten Saale von Brauns Hotel versammelte sich am Abend des 23. d. M. ein höchst elegantes Publikuni. Wir bemerkten als Freunde und Gönner der Stenographie Se. Excellenz den Herrn Kultus minister v. Falkenstein, die Herren Gencralstaaisanwckt Schwarze, Superintendent Kohlschütter, Präsident der 2. Kammer Bürger meister Haberkorn nebst vielen Abgeordneten, Oberstleutnant Schmalz und andere distinguirte Persönlichkeiten. In Behin derung des Festredners wiederholte Herr I>r. Bierch den bereits im engeren Kreise gehaltenen, in diesen Blättern schon erwähn ten Vortrag, welcher mit vielen, Beifall aufgenomms» wurde. Hierauf wurden an eine schwarze Tafel einige Sätze einer Rede angeschrieben, die von zwei tvpographisch gebildeten Stenogra phen der Tironia, während Hnr Literat Hertel einen kurzen statistischen Vortrag hieck, in Buchoruckletrern von der Tafel abgesetzt wurden. Die den Saal Verlassenden erhielten nach wenig Minuten die ersten Bürstenabdrücke dieses Satzes, und es wurde so der Beweis geliefert, wie schnell die Verhand lungen einer Versammlung gedruckt werden können, wenn Stenographen und Setzer sich in die Hand arbeiten. Hieran schloß sich eine längere Tafel, die durch Toaste und Lieder äußerst belebt war. Wir erwähnen hier kurz' die Tiinksprüche der Herren Prof. Heyde, Geh Reg.-Rath Häpe, Prof Wigard, sie. Albrecht aus Leipzig und namentlich die beiden humoristi schen Totste der Herren Abgeordneten Günther aus Saalhausen und Schreck aus Pirna, die, von W tz sprudelnd, ergötzlich die Beobach nngen der Abgeordneten über die Stenographie schil derten. Den Höhepunkt erreichte die Tafelfreude, als von einer Anzahl Mitgliedern in Costüm die Nombergsche Kindershnfonie vorgetragen, sowie eine Vänkelsängerei aufgeführt wurde. Mehiere Telegramme von stenographischen Freunden aus Stutt gart, Königsberg i. Pr., Gießen, Freiberg und andern Orten bekundeten die Gemeinsamkeit der Rcdezcichner in Deutschland. Den Schluß des schönen Festes bildete ein Ball, der den zahl reichen Damm freilich etwas spät begann, sie aber desto länger im Festlocale fesselte. — In einer der verflossenen Nächte wurde in einem Grundstück auf der KönigSbrückcrstraße einiges Reitzeug gestoh len. Zur Verübung dieses Diebstahls hatte der unbekannte Dieb eine Fensterscheibe eindrücken und durch nachher geöffnete Fenster in den Stall einsteigen müssen, wo sich die Diebstahls- Objecte befunden. Gestern nun erschien bei den, Bcstohlmen ein unbekannter Dicnstmann und übergab in seiner Abwesen heit einem dortigen Dienstboten einen Sack, der, als er nach des Dienstmanns Entfernung geöffnet wurde, sämmtliches entwendetes Neitziug bis auf eine Peitsche enthielt. -— — An einem der vergangenen Abmde ist wieder einmal ein Aushängekastcn, der Schuhmacherwaaren enthalten, um einige Gegenstände geplündert worden. Der Dieb hat eine Fenster scheibe ausgeschnitten und darauf mit Leichtigkeit den kühnen, aber im Erfolg für ihn auch glücklichen Griff wagen können. — Wie^wir hören, hat Herr Krafft sein Hotel zu den zwei schwarzen Adlern auf der Zahnsgasse aus Familienrück sichten an die Herren Gebrüder Mietsch verkauft. — Gestern früh ist von zwei Dienstpersonen des Oster- Kammergutes auf der äußeren Friedrichstraße der Leichnam eines völlig ausgelragenen, neugeborenen Kindes männlichen Geschlechts aufgefunden worden. Tie nächste Polizeiwache wurde sofort davon benachrichtigt und nahm den Leichnam in Verwahrung. Aeußere Verletzungen sollen an demselben nicht wahrnehmbar gewesen sein; ob das Kind gelebt hat, wird dem Resultat einer gerichtlich vorzunehmenden Section Vorbehalten bleiben müssen. Zweifellos aber liegt hier wieder ein Fall vor, daß eine Frauensperson, anstatt die Folgen eines begangenen, von Jedermann mit Nachsicht beurtheilten Fehltritts ruhig zu ertragen, die Schande durch ein neues Verbrechen zu tilgen ge sucht hat. Das sogenannte Kümmelblättchen, ein namentlich unter Handwcrksburschen vielgetriebenes Spiel, welches auch den hiesi gen Behörden schon mehrfach amtlich einzuschreiten Gelegenheit gegeben haben soll, findet trotz der vielfach schon dagegen erlasse nen Warnungen immer noch Liebhaber. Vor einigen Tagen boten sich in Leipzig einem zugereisten Bäckergesellen ein Fleischer und Conditorgeselle zum Herumführen in der Stadt an. Sie zeigten dein Echteren auch einige Sehenswürdigkeiten der Stadt, lockten ihn aber schließlich in eine Wirthschaft am Neukirchhof und machten ihn dort mit dem anscheinend ganz harmlosen, be kannter Blaßen aber auf Betrug hinausgehenden Kümmelblättchen spül bekannt. Die dem Bäckergesellen durch dieses Spül ab- genommene Summe betrug zwar nur einen Thaler, derselbe mochte aber den Verlust dieser geringen Summe immerhin schmerzlich empfinden und machte der Polizei unter Angabe des ungefähren Signalements der beiden anderen Cumpane von dem Vorfall Anzeige. Wenige Stunden darnach wurde beim Polizei amt ein Fleischer, welcher unter falschen Namen und Benutzung falscher Papiere gebettelt hatte, eingebracht und in demselben von dem betrogenen Bäcker einer seiner Spielgenossen wicder- erkannt. Derselbe, obwohl anfänglich das ihm zur Last »gelegte leugnend, räumte schließlich die gegen ihn erhobene Anschuldi gung ein. — — Osch atz, am 23. Februar. Heute beging Oschatz eine Feierlichkeit, dergleichen wohl noch nicht dagewescn, und, gebe Gott, nicht gleich wieder Vorkommen wird. Es wurde der er mordete Kupferschmied Walter aus Baiern beerdigt. Mit er hebender Theilnahme hatten Bürger in Gemeinschaft mit den Kupferschmiedegesellen sich vereinigt, die Kosten zu tragen und dem Unglücklichen ein feierliches Begräbniß zu bereiten. Der Sarg war reich mit Blumen und Kränzen geschmückt, Mitglie der des Turner-Sänger-Chores trugen ihn zu seiner letzten Ruhestätte. Vor dem Sange blies das Stadt-Musikchor den Trauer-Choral, dem Sarge folgten unsere Herren Geistlichen, sowie der der Confejsion des Todten angehörcndc Herr Pfarrer von Hubertusburg und viele Bürger. Freunde und Bekannte, sowie die größte Zahl der hier in Arbeit süßenden Gesellen. Heute wurde nicht gearbeitet, selbst in den Fabriken wurde die Arbeit auSgesetzt. Am Grabe hielt der Herr Archidiaconus eine ergreifende Grabrede. Die Leiche war schon vorher von dem Herrn Pfarrer aus Hubertusburg cingesegnet worden. Es sollte die Leichen-Predigt in der Gottesackerkirche abgehalten werden, doch war der Zudrang des Publikums zu groß; die schon sehr geräumige Kirche hätte nicht Alle fassen können, des halb fand die Feier am Grabe statt. Zu Tausenden von Nah und Fern war das Publikum gekommen, um dieser Feier mit beizuwohnen. — Der Hofmetzger M. wurde vorgestern Vormittag in den Fleischbänken von einem Schlaganfall betroffen, und in Folge dessen in seine Wohnung gebracht. — Die verw. Weichert zu Schellenberg, welche neulich ihre 29 Jahre alte, durch epileptische Krämpfe leidende Tochter umgcbracht hatte, um ihr damit, nach ihrer Meinung, einen Liebesdienst zu erzeigen, ist jetzt dcßhalb vom Chemnitzer Be zirksgericht zum Tode verurtheilt worden. — Die Thätigkeit der Dampf-Fähre zwischen der Gla cisstraße und Bohrwerkstraßc, wird, nachdem solche seit längrer Zeit unterbrochen gewesen, mit dem 1. März wieder regelmäßig stattfinden. — Oeffcntliche Gerichtsverhandlung des Kgl. Bezirksgerichts zu Meißen vom 24. Februar. Der kleine Gerichtssaal ist ganz und gar gefüllt. Zwei Verthcidiger er scheinen und hinter ihnen sitzen zwei Angeklagte, die Beide eine sehr bewegte Vergangenheit hinter sich haben. Eine Menge Gendarmen stellen sich zur Seite der Anklagebank auf. Theils bodenloses Elend, theils Leichtsinn, theils Schulden, thcils eine fabelhafte Hcruntergekommenheit sind der Grund, daß die Zwei schon seit dem November hinter Schloß und Riegel sitzen. Carl Gottfried Opitz ist ein Oeconom aus der Gegend von Grün berg, seit dem 29. Lebensjahre verheirathet mit einer Guts besitzerstochter, die ihm ein Gut einbrachte, das er noch besitzt, das aber vollständig verschuldet ist. Leider hat er noch sieben Kinder am Leben. Er speculirte viel in Bauunternehmungen, und so kam es, daß er Alles nach und nach verlor. Sein College Carl August Nähling aus Werdau besaß früher eine Fabrik, aber nur kurze Zeit, da, wie er sagt, „es nicht mehr ging". Er ging nach Ehemnitz und trieb dort ein halbes Jahr Spinnerei, zog dann nach Greisnig bei Döbeln und flüchtete 1^-63 Schulden halber. Er hielt sich bald in Braunschweig, bald in der Schweiz und zuletzt in Frankfurt a. M. auf, wo er schon mit einem gewissen Ranowsky in den Verdacht der Falschmünzerei kam, verhaftet und per Schub nach Oschatz Irans« porlirt wurde, weil er dort sich früher einer Wechselsälschung schuldig gemacht. Er erhielt 3 Monate Gefängniß, die er am 2l>. April I8i>5 abgesessen hatte. Opitz lernte Nähling um Johanni vorigen Jahres in Dresden kennen und zwar durch einen gewissen Helbig aus Abelsdorf, und hörte, daß Rühling sich ihm unter dem Namen „Richter" vorstcllte. Man sprach hier schon von einer Reise nach Wiesbaden. Rüh ling meinte, er spiele sehr gut, da faßte Opitz Vertrauen zu ihm. Jndeß, cs wurde erst ein anderes Geschäft unternommen — man ging erst an's „Geldmachen!" Opitz gab 40 Thlr. etwa zur Anschaffung eines pH tographi-- schen Apparats her, der an verschiedenen Orten, so z. B. in Adelsdorf, in Zjcheichw g, zuletzt in Klein-Quälen ausgestellt und zur Anfertigung falscher Geraer, sächsischer und weimara- nischer Kaffenbillets benutzt wurde. Die Originalien, die echten Exemplare gab Opitz her. Sie fertigten > und 10- thälerige Kaffenbillets an, nur die eine weimaranische Bank note lautete auf 20 Thlr. Viele Exemplare mißlangen natür lich. Wir sinken heule solche Falsificate auf dem Gerichts tische vor, sie werden zur Ansicht den V-rtheidigern vorgelegt und sind im Ganzen mit vi lcm G» schick gemacht. Einzelne bestehen aus zwei auf einander geklebten Blättern, von denen jedes einzelne je nach der Rück- oder Vorderseite besonder- photographirt wurde. Einzelne hatten Wasserzeichen, die zwischen beide Blätter hineingeklebt wurden einzelne nicht Die » arize Falschmünzerei kostet den Opitz allein 120 Thaler Nachdem diese ihre Endschast erreicht trennten sich die Freunde Opitz zog nach Langenreichenbach bci Torgau, um ein Gut z bewirlhschaften, das auf den Namen seines Bruders einge tragen war. Eines Tages kam auch Rühling hin und hier stieg in ihnen zum zweiten Riale die romantische Idee auf, nach Wiesbaden zu gehen. Früher hatte man blos daran gedacht, dort die Spielbanken zu srcqueatüen und „Gütergeschäfte (?)" zu machen. Jetzt aber sollic eine Pulverexplosion stattfinden, um wählend der Katastrophe die Bankkasse zu bestehlen. Als Alles in Langenreichenbach besprochen war, trennten sich Opitz und Nähling, trafen sich aber zwei Tage darauf in Leipzig wieder. Opitz kaufte das Pulver unterwegs und zwar, damit es nicht ausfiel, in drei verschiedenen Slädün, in Leipzig, Kassel und Weimar. Es waren sieben Pfund, die in einem ledernen Sack verwahrt wurden. So kamen sie nach Wiesbaden und miethet ten sich ein Logis zusammen, dort lag auch der Sack mit dem Pulver. Sie besuchten die Spielbanken, spielten auch, Opitz will 10 Thaler verspielt haben und somit machten sie sich mit der Situation bekannt Anfangs hatten sie nur die Idee, das Pulver außerhalb deS Gebäudes loszubrcnnen, um inwen dig Konfusion zu verursachen, oder, wie Opitz naiv bemerkt, „einen kleinen Unfug anzurichten, um dabei Geschäfte zu machen!" Rohling aber sagte später: „Na, wenn alle Stränge reißen, dann muß cs inwendig gemacht werden!" Opitz erklärt aber, er habe plötzlich Neue gefühlt, als es so weit gekommen. Er zeigte eü an und es erfolgte zuerst die Verhaftung Rüh- ling's. Doch — Opitz, trotzdem, daß er ein fürchterliches Ver brechen durch seine Denuneiation verhindert, entging seinem Schicksal auch nicht. Er halte keine Legitimationspapiere und auch keine Existenzmillet, und da die Polizei nunmehr auf ihn durch Nühli g schon aufmerksam gemacht worden war, so wurde er am folgenden Tage ebenfalls verhaftet. Rühling will sich gar nicht daran betheiligt haben, die Absicht und das Pulver gehe ihn durchaus gar nichts an. Ebenso wi derspricht Rühling Allem, was Opitz in Bezug auf die Falsch münzerei angegeben. Er will nur ein einziges Mal Probe- photographicn gemacht, die Opitz ohne sein Wissen und Willen an sich genommen. Er hält Opitz»ns Aussagcn für ein Werk der Rache und spricht von Unverschämtheit. Opitz sagt ihm heute Alles in's Gesicht, dennoch widerspricht er mit weinerli cher Stimme. Da keine Zeugen vorgeladen waren, schloß Herr Bezirksgerichts-Director IR. Herrmann hier die Beweisaufnahme. Herr Staatsanwalt Held geht zuerst auf die offenen Geständ nisse des Opitz ein, in weichen Anschuldigungen gegen Rühlirg zu Tage kämen, die Glauben verdienten, da Opitz kein beson-