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»«««« IX beilagcn ,«,ilerh(,lWi^^.. . .... -^-.— .-. Bislt der gM,',.NkfllM^rffiotMer" .Gerarlsche Pettagc". .Filnstimischii,,'. MuMWer Bezu^pjetj.o.- Mk. etzischl, Bestellgeld, Suizelimmnier 1« 4- Sonntagmimmer S» 4. Hauptschristleiter: Dr, tS. Desczyk, Dresden. Dienstag, den rs. August i«27 wuzetg«»P»«ts«, P!e Igespaltene Pettt,elle SU 4, Famlllen- anzelgeir und Stellengesuche «tt 4. Die Petitretlame<elle, 8S Millimeter breit. 1 Osfcrteiigebilhr SU 4. bei lieber« sendttng durch die Post nusterdem Portoriischlag. Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Perpfllchumg auf Ltoseruug sowie Lrsülluug b. Aujeigeu-Austrilge» u. Leiltuug v. Schadeuersah. Geschäsllichec Teil: Artur Lenz, Dresden. tSeschiiftSftelle, Drucku.Verla-: Germania, «u türVerlag und Drnlkeret,Filiale DrcSden.DreSdin.il. 1. Pollerliratze l?. FernrnsLiMS. Postscheckkonto Dresden r703. Bankkonto: «ltadtbauk Dresden »Ir. Sl7i« Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volkszettuna DreSden-MIstadt l. Polier,trafie 17. Fernrilf A7U und rw>2. Alk- und Neubaumteken Von Stlidtrnt z. D. Tressert, Berlin Bei Lohnbildungeil wird nur die gesetzliche Miete berücksichtigt. Wir haben aber zweierlei Mieten, irämlich Altbaumiete und Neubaumiete. Die Zahl der- senigen, die Neubaumiete bezahlen müssen, vermehrt sich oon Jahr zu Jahr. Aus lohn- und gehaltspolitischen Gründen sind deshalb auf die Dauer zweierlei Mreten u n« erträglich. Man kann es verstehen, wenn es die Arbeiterschaft verbittert, wenn in dem gleichen Hause ein Arbeiter mit demselben Einkommen in einer Altwohnung unter Berücksichtigung besonderer Erleichterungen der Sauszinssteuer vielleicht 60 Prozent der Friedensmiete bezahlt, während ein anderer Arbeiter in dem gleichen Hause in einer aufgestockten, der Zwangswirtschaft nicht unterliegenden Wohnung 180 Prozent der Friedensmiete bezahlen mutz. Das Problem, dieMieten einander anzu gleichen, wird deshalb schon lange erörtert, und es werden dreierlei Vorschläge gemacht. Die einen sagen, an eine weiters künstliche Verbilligung der Neubau wohnungen ist nicht zu denken, deshalb mutz die Miete in ven Altbauwohnungen wesentlich erhöht werden. Man denkt an eine Erhöhung bis auf 160 Prozent der Friedens miete. Die anderen sagen, eine weitere Erhöhung der Alt baumiete ist unerträglich, und deshalb mutz man durch ent sprechende Matznahmen die Kosten für Neubauten und damit die Nenbaumteten senken, und die dritte Gruppe sagt: Wir müssen beides tun: Die Altbaumiete mutz zwar etwas erhöht, aber auch für Minderbemittelte und Lohn- und Gehaltsempfänger tragbar sein, und gleichzeitig müssen wir die Neubaumiete senken, um die notwendige Angleichung zu erreichen. Die erste Gruppe, die die Neubaumiete senken will bis zu den Altbaumieten, ja, die Kommu nisten verlangen sogar eine Mietsenkung weit unter 100 Prozent der Friedensmiete, — besteht aus Phantasten oder Parteiagitatoren, die die Notlage der minder bemittelten Schichten für ihre parteipolitischen Zwecke aus zunutzen versuchen. Mit solchen Leute» kann man nicht ernsthaft diskutieren; sie glauben selbst nicht daran, datz man die Miete unter 100 Prozent senken kann, und daß man die Neubaukosten ebenfalls so weit herunterdrllcken kann. Wenn man das nicht kann, bleibt aber die uner trägliche Mietspanne immer bestehen. Die zweite Gruppe besteht aus Geschäftemachern. Sie denken, wie es den Minderbemittelten geht, kann uns egal sein, die Hauptsache ist, wir bekommen unsere Baustoffe reichlich bezahlt und machen dabei gute Geschäfte. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, datz man eine Baustoffpreis- senkung vornimmt. Wir müssen uns in Kartellen, Syndi katen, Preisringen zusammenschlietzen, müssen jeden Autzen- seiter, der billiger Steine, Zement u. dergl. liefert, nieder treten und müssen zum Ausgleich die Altmiete auf160Prozentsetzen. Dieser gefährlichen Gruppe mutz man mit allen Mitteln zu Leibe rücken, damit sie er kennt, datz das Wohl der Gesamtheit über den Privat- ftrteressen des einzelnen steht. Die dritte Gruppe — und wir vekennen uns offen dazu — geht den goldenen Mittelweg. Sie weiß, daß gewisse wirtschaftliche Gesetze nicht ganz auszuschalten sind. Sie sieht, daß die heutige Spanne der Altbaumieten und Neubaumieten unerträglich ist, und unser gesamtes Wirt schaftsleben und unsere Preisgestaltung und Lohnaestaltun darunter zu leiden hat. Sie weiß aber auch ebensogut, da die MieterhöhuiH nur in ganz geringem Ausmaße vor, genommen werden kann, und durch entsprechende Lohn- und Gehaltserhöhungen aber wieder ausgeglichen werden muß. Erötzere Lohnerhöhungen werden in absehbarer Zeit kaum zu erreichen sein, weshalb auch an eine wesentliche Mieterhöhung nicht gedacht werden kann. Dis genannte Gruppe setzt deshalb ihre Kräfte für eine Senkung der Neu baukosten ein, wobei ihr gewärtig ist, datz diese nicht um 60 Prozent herabgedrückt werden können. Deshalb: an gemessene,tragbare Mitterhöhun g^u nter gleichzeittgerErhöhungderLöhneundGe- »älter, und hauptsächlich Senkung der Neu bau k o st e n. Tine gewisse Spanne zwischen Altbaumiete und Neubaumiete von 10—15 Prozent kann bestehen bleiben, weil Neubauwohnungen für die Familien größere Borteile bieten und besser ausgenutzt werden können, Um zu diesem Ziele zu gelangen, mutz angefangen werden beim SenkenderNeubaukosten. Das kann geschehen durch Nationalisierung, Typisierung, durch größere Inanspruchnahme der Mittel ans der Hauszins steuer, durch größere Zuschüsse für die Bauten, durch Senken der Zinsen aus den Hauszinssteuermitteln, durch Miets zuschüsse für Minderbennttelte usw. Dann mutz der Kampf gegen den Baustoffwucher mit allen Mitteln geführt werden. Die Bauarbeiten müssen über das ganze Jahr verteilt, ein Wohnungsbauprogramm auf längere Sicht aufgestellt werden, damit auch im Winter vorbereitende Arbeiten getroffen werden können und die Lieferungen nicht in den paar Sommermonaten zusammendräns " kommt man zum Ziel, die Mieten einander anz> Vlrth and die Schulfrage. Es bot sich Gelegenheit, mit dem Führer des badischen Zen trums, dem Herrn Prälaten Dr. Schofer, eine politische Aus sprach« zu haben. Wir begannen mit der Stellung nah in,e des Herrn Reichstagsabgeordneten Dr. Wirth zur Schul fr age im Reich. Herr Dr. Schofer wußte erstaunlicherweise hier nach »er tatsächlichen Seite hin auch nicht mehr, wie jeder Leser des „Berliner Tageblatt". Eine etwaige Besprechung oder gegen seitige Fühlungnahme über die so wichtige Frage liegt also be dauerlicherweise nicht vor. Unter dem 24. Juli hat Herr Reichs tagsabgeordneter Dr. Wirth oon Marienbad aus dein Partei« chef des badischen Zentrums nur mitgeteilt, er sei nicht in der Lage, dem vorgelegten Reichsschulgesetz zuzustimmen. Er be- kenne sich offen und freimütig zur Gegnerschaft. Schon nach wenigen Tagen erfolgten die bekannten Artikel zur Sachs in dem „Berliner Tageblatt". Man könne, so meinte der Partei chef, nun den Reichsschulgesetzentwurf lediglich vom taktischen Äandpunkt aus betrachten oder aber vom grundsätzlichen. Man müsse wohl richtig beide Gesichtspunkte miteinander ver binden. Jedenfalls dürfe man aber dis grundsätzlichen Erwä gungen nicht ausschalten oder sie den taktischen opfern. Dah diese grundsätzlichen Fragen gerade in der Wählerschaft des Zentrums nicht an letzter Stelle stünden, wisse jeder politisch Denkende und in der Geschichte Bewanderte. Man müßte es be dauern, wenn es anders wäre. Daher komme jetzt die offen kundige Betroffenheit und sichtliche Enttäuschung der badischen Zentrumswählerschaft über die Stellungnahme des Herrn Reichs- tagsabgeordneten Dr. Wirth. Sie sei um so größer, als es nach der grundsätzlichen Seit« in der Schulfrage auch für das badische Zentrum bisher keine wesentliche Meinungsverschiedenheit ge geben habe. Man hätte so mit Grund annehmen dürfen, dah dl« Linie, die ein Windlhorst und ein Ketteler um das ganze Zentrum im Reich eingohalten hätten, für jeden Zentrums abgeordneten auch heuse noch eine Selbstverständlichkeit sei. Man möchte übrigens trotz allem mit Grund annehmen, daß der Herr Reichstagrabgeordnete Dr. Wirth innerlich diese Linie nicht ver lassen wolle. Jedenfalls müßte man aber erwarten, daß im Falle von Bedenken und Schwierigkeiten eine Aussprache mit der berufenen Vertretung der Wählerschaft vor jedem öffent lichen Schritt gesucht worden wäre und stattgefunden hätte. Allein. Herr Reichstagsabgeordneter Dr. Wirth beliebe offenbar die Politik der vollendeten Tatsachen. Es brauche nur an seinen 1V2S so überraschend vollzogenen Austritt aus der Zentrums fraktion des Reichstages erinnert zu verden. Dieser politische Schritt sei damals unternommen worden, wiewohl Baden am Vorabend seiner Landtagsuxchl gestanden Hab«. Andere Fälle seien in noch zu frischer Erinnerung, als daß darauf besonders hingewiesen werden müßte. Da die politische.Führung in Baden »ine Politik der vollendete« Tatsachen als Regel für falsch und für verhängnisvoll halte, darum habe sie ihrerseits diese stets zu vermeiden gesucht. Allein auch so bestehe kein Zweifel darüber, daß der Schritt des Herrn Reichstagsabgeordneten Dr. Wirth, so wie di« Sache sich gegenwärtig ansehe, lebhafte Gefühle von Enttäuschungen in der Wählerschaft des Zentrums hervorgerufen habe' und in wachsendem Maße noch weiter Hervorruf«. Dies« Enttäuschung sei nach allem dort am größten, wo man bisher mit einer gewissen Begeisterung für die Eigenart in der Politik Herrn Dr. Wirth gefolgt sei. I« tiefer die geschlagene Wunde gehe, je schmerzlicher sie sei, um soruhiger und sachlicher kei die Anaeleaenbeit von der zuständigen Führung der Partei aber nicht mit der einfachen Methode, die Altbaumieten zu erhöhen. In letzter Zeit machen sich immer mehr Stimmen geltend, das einfache Rezept anzuwenden, die Altbaumiete auf 180 bis 160 Prozent zu setzen. Diese Kreise müssen be denken, datz damit das Problem nicht gelöst ist, denn m i t jeder Erhöhung der Altbaumiete steigen die Baust offpreise, und darum wiederum die Mieten in den Neubauten. Der Index für den Baustoffpreis betrug z. B. im Januar 1927 119,7, im April 184,7 und im Mai 160,2. Bei einer einfachen Mieterhöhung, ohne auch Einfluß zu gewinnen auf die Preisgestaltung auf dem Baumarkt, würde die Schraube ohne Ende angedreht werden zum Schaden unserer gesamten Volkswirtschaft. Hudem werden all« Sachkenner zugeben, und das Reichsarbeitsministerium Bibk es in seiner Denkschrift auch zu, datz „stets in Nech- mrno aestellt werde« muk. dak di« Berückstchtiauna der zu behaNekn: freilich, dl« Grundsätze der Wähler könnten selbst verständlich nicht geopfert werden. Hier hü« jede sachlich« Nachsicht auf und gelte nur treu« Pflichterfüllung. Die politische Seite der Sache berühr« die alte Frage, ob das Zentrum „angekettet" werden dürfe, sei es nach rechts, fei es nach links. So scharf Herr Dr. Wirth gegen «ine Bindung nach rechts sei. ebenso hätten andere wohl das Recht, scharf gegen eine Festlegung der Partei nach links zu sein. Sver Zentrumsmann sei und Zentrumspolitik treiben wolle, müsse jede Anleitung verhüten. Der Führer des badischen Zentrums meinte, die verschiedenen Extratouren des Herrn Reichstags- abgeordncten Dr. Wirth Hütten etwaige diesbezügliche Ge fahren nach rechts im Endeffekt nicht nur nicht vermindert, son- Lern ihnen eher zur Stärkung verhaften. Dieser B^bachtung begegne man auch in andern Lagern, die an der Weimarer Koalition mit vollem Herzen beteiligt seien. Darin liege ein Stück offensichtlicher Tragik in manchen Schritten der Wirth- Politik. Dazu komme noch das Reichstagswahlrecht mit seinen politischen Folgeerscheinungen. Es sei ein zweites Stück offenkundiger Tragik, daß so manche entschiedenen Repu blikaner an dieser Frag« bis jetzt so still und behutsam vorbei gegangen seien, wiewohl die Bedeutung dieser politischen An gelegenheit für den Bestand einer wirklich volkstümlichen Re publik ungeheuer größer und entscheidender sei als die Schul frage, deren hohe Bedeutung auf einem anderen Gebiet liege. Dieses offenkundig« Versäumnis werde sich noch rächen, falls man nicht in letzter Stunde etwas zur Einsicht komme. Ein gewisses Erwachen scheine bereits festzuftellen zu sein, denn in einer Reihe von Zentrumsblättern, die mehr dem linken Flügel angehören, werde neuerdings energisch nach einer Reform des Reichstagswahlrechts gerufen. Im sozialistischen Lager erkenne man offenbar die Tragweite der Angelegenheit für den Fort bestand der Republik noch nicht. Wir fragten noch in diesem Zusammenhänge, wie es wohl komme, daß die „Deutsche Republik" bis jetzt sich dieser so wichtigen Frage noch nicht angenommen habe, auch von der badischen Wahlrechtsreform noch keine Kenntnis genommen zu haben scheine. Herr Prälat Dr. Schofer beschränkte sich dar auf, zu sagen, daß bis zur Stund« von ihm noch keine Dar stellung des neuen badischen Wahlrechts begehrt worden sei. Es stehe aber wohl sicher, nach allem, was er wüßte, daß noch ein Bericht in der „Deutschen Republik" erfolgen werde, und zwar aus der Feder eines sozialdemokratischen badischen Poli tikers. Auf die Frage, ob der Herr Parteiches das Bild von der badischen Politik in der „Deutschen Republik" vom S. August gesehen Hab«, meinte er lachend: „O, ja." Er habe nur die Wahrheit und den Humor, für den der badische Politiker immer etwas übrig habe, darin schmerzlich vermißt. Mit dem armen „Aufgeregten", der eine „Januspartei" im badischen Zentrum sehe, habe er ordentlich Mitleid bekommen. Es gebe eben auch hysterische Leute, und di« litten ab und zu an Wahnvorstellungen. Man dürfe sicher sein, wenn Dr. Wirth in Berlin anwesend gewesen wäre, so wäre dieser Streich seiner Zeitschrift nicht passiert. Alles in allem lieg« für uns nur Anlaß vor, zu mahnen, di« Augen offen zu halten, die politischen Vorgänge zu beachten und auf seinem Posten zu stehe». Auseinander- manöverieren lasse sich das badische Zentrum nicht. Es habe seine lleberlieferungen und werde ihnen folgen. Es sei bis her konsequent seinen Weg gegegangen und werde ihn auch Miethöhe im Lohn nicht für alle Lohnempfänger gleich- zeitg und in gleichem Ausmaße eintreten würde. Es ist auch ohne weiteres zuzugeben, datz große Perfonenkreise über haupt nicht in der Lage sind, die Mieterhöhung in irgend einer Form abzuwälzcn." Wenn man das weiß, und das Reichsarbeitsministerium, das Schiedssprüche bei Lohn kämpfen zu fällen bat, mutz es wissen, d a n n f o l l t e m a n mit jeder Mieterhöhung recht vorsichtig sein und deshalb den anderen Weg der Preissenkunggehen. Mit der Preissenkung steigert man die Kaufkraft der lohn- und gehaltempfangenden Schichten, und damit bekommt die Industrie wieder neue Absatzmöglichkeit und Gelegenheit, ihre Produktion zu steigern, was der gesamten Wirtschaft wieder zugute kommt. Die kommenden Monate werden entscheidend sein für die künftige Gestaltung der Mieten und Preise, deshalb sei heute schon mit allem Ermlt auf diese Zulammenbänae binaewiesen