Volltext Seite (XML)
Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächstsr- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und 4 Aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Kolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zn Waldenburg. L 110. Sonntag, den 11. Mai 1884. Die noch rückständige Einkommensteuer ist ungesäumt anher zu bezahlen. Stadtsteuer-Einnahme Waldenburg, am 10. Mai 1884. "Waldenburg, 10. Mai 1884. Po Mische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am Freitag den Besuch der Prinzen Heinrich von Preußen, Ernst und Friedrich von Sachsen-Meiningen. Um 12 Uhr hielt der Reichskanzler Vortrag. Später erschien der Generaladjutant von der Goltz, welcher sich zu den Beisetzungsfeierlichkeiten nach Wien begiebt. Um 1^/4 Uhr wurden die Mitglieder der Choleracom- mission empfangen. Die Abreise des Kaisers erfolgt Sonnabend Abend 10 Uhr, die der Kaiserin Sonn abend Vormittag. Wie nachträglich verlautet, hat der Kaiser bei dem Empfang der spanischen Offi ziere, welche z. Z. in Berlin weilen, noch ganz be sonders des ehrenvollen Empfangs des Kronprinzen in Spanien gedacht und wiederholt dafür seinen Dank ausgesprochen. Von den 135,000 Mk. für die Mitglieder der Chvleracommission sollen erhalten: Geh. Rath Koch 100,000 Mk., Or. Gaffky und Fischer je 15,000 Mk., der Chemiker Treskow 5000 Mk. Fürst Bismarck Hai in seiner Eigenschaft als preußischer M'nisterpräsivent an eine Anzahl ange sehener Persönlichkeiten verschiedener Parteischalti- rungen eine Einladung gerichtet, welche die Herren bittet, sich Sonnabend Abend 8 Uhr zu einer ver traulichen Besprechung im Reichskanzlerpalais ein zufinden. Der Abg. Witte (Meiningen 2) ist der deutsch freisinnigen Partei beigetreten, nachdem ihm die Abstimmung über das Socialistengesetz freigestellt ist. Eine große socialistische Demonstration, an der sämmtliche socialistische Abgeordnete, sowie die Führer der Berliner Arbeiterbewegung theilnahmen, hat am Mittwoch im Grunewald stattgefunden. Eine ganze Reihe von Reden wurden gehalten. Die Versammlung war weit über 1000 Personen stark. Polizei war nicht zur Stelle, nahm wenigstens keinen Anlaß zum Einschreiten. Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende bezeich nende Epistel: Es ist am Tische der Mitglieder des Bundesrathes in der Donnerstagssitzung des Reichstages als ein Ueberstand empfunden, daß der Abg. Windthorst dort nur in einigen mit be sonderer Emphase vorgebrachten Stellen verständlich gewesen ist. Die Ursache dieses Uebelstandes liegt darin, daß Herr Windthorst, wenn er eine Rede hält, sich regelmäßig auf die linke Seite des Hauses stellt, und dann noch über die linke Schulter hinwegspricht, als ob seine Ausführungen nur an die äußerste Linke gerichtet wären. Die Kopenhagener Blätter sind äußerst entrüstet darüber, daß, wie denselben aus verschiede nen Gegenden des Landes berichtet wird, deutsche Kriegsschiffe in letzter Zeit plötzlich an den dänischen Küsten erscheinen, um Vermessungen der Gewässer vorzunehmen, soll am 27. v. M. auch ein deutsches Kanonenboot durch den Agersösund, dicht an der Küste von Seeland gesegelt, in der Nähe eines am südlichen Ende des Sundes be legenen Grundes zu Anker gegangen sein und dann seine Boole zu Vermessungen ausgesetzt haben. Auf der Insel Agersö soll die Hauptfortification zum Schutze des Marineetablissements errichtet werden, das nach dem Plane der dänischen Regierung in der dortigen Gegend angelegt werden soll. Aus dem Großherzogthum Hessen, aus Darm stadt, wird geschrieben: Die öffentliche Meinung der Stadt und des Landes ist durch die Ankündigung der Eheschließung des GroßherzogS ungemein erregt- Es macht sich die Ansicht geltend, daß der Schritt auf einer Uebereilung beruhe, daß die vielgewandte russische Dame den Großherzog zu überraschen ge wußt hat und eine Auflösung des Ehebundes die angemessenste und einzige Lösung sein würde. Wie man hört, ist die Dame bereits nach Rußland ab gereist, während der Grobherzog mit der Familie der Königin Victoria nach England gereist ist. Dem Staatsminister von Starck wird es ungemein ver dacht, daß er zu dem Act der Civiltrauung milge wirkt hat. Die Nachricht von der vollzogenen Verbin dung brachte einen um so lieferen Eindruck hervor, als das Andenken der Großherzogin Alice im ganzen Hessenland ein geradezu geheiligtes ist und die Eheschließung des GroßherzogS in dem Augenblick erfolgte, wo die Bevölkerung bei der Hochzeit der Prinzessin Victoria die Gefühle zum lebhaftesten Ausdruck brachte, die sie gegen die verstorbene Großherzogin erfüllen. Die Etablirung der jetzigen Gemahlin des Großherzogs in Darmstadt würde geradezu unhaltbare Gegenstände Hervorrufen. Nach dem in Hessen geltenden Eherechte besitzt der Landes herr als 8UMMN8 6pi8eoM8 der evangelischen Kirche des Landes das Recht zur Aussprechung der Schei dung, namentlich in dem Falle, wenn beide Gatten mit der Scheidung einverstanden sind. Der Vater der Frau von Kolemine starb im vorigen Jahre zu Nizza, ihr Gatte wurde vor etlichen Monaten nach Karls ruhe versetzt, wo er noch stationirt ist. Aus den Jahren seines Darmstädter Aufenthaltes datirt die Bekanntschaft des Großherzoges mit dessen Frau, welche vor Kurzem in Petersburg ihre Ehescheidung durchsetzte. Frau Kolemine, die bereits in ver schiedenen Hauptstädten, wo ihr Mann functionirle, in der Gesellschaft erschien, ist eine in diplomatischen Kreisen bekannte Persönlichkeit. Oesterreich. Die Leiche der Kaiserin Maria Anna ist Doiu nerslag Abend 10 Uhr mittels Separatzuges aus Prag in Wien eingetroffen und auf dem Bahnhofe, wo eine Ehrencompagnie aufgestellt war, von dem Kriegsminister, der Generalität, dem Offiz'ercorps und von den Hofwürdenträgern empfangen worden. Darauf erfolgte unter üblichem Ceremoniel die Ueberführung der Leiche nach der Hofburg, wo die selbe alsbald eingesegnet wurde. Von vielen Häu sern wehten Trauerfahnen. Frankreich. Mit den Staatseinnahmen wird es immer schlechter. Pro April stellt sich gegen das Budget wieder ein Deficit von 6^/2 Millionen heraus und von Deckung ist keine Spur vorhanden. Von verschiedenen Seiten wird bestätigt, daß China den ernsten Willen hat, den Tonkingcon- flict zum Abschluß zu bringen. England. Der Sultan hat angeblich jetzt ebenfalls seine Zustimmung zur egypsischen Conferenz gegeben, aber mit allerlei Vorbedingungen, wie Frankreich. In Paris und am Bosporus will man in der Hauptsache dasselbe: Schwächung des englischen Einflusses in Egypten. Bei der Türkei ist dieses Verlangen auch ganz berechtigt, denn der Khedive ist ein Vasall des Sultans. Russland. Der „Times" wird aus Petersburg telegraphirt, daß Persien die Stadt und den Bezirk Sarak« am Heri Rud förmlich an Rußland abgetreten habe. Die Lage der Stadt ist allerdings sehr ge eignet, einem künftigen Vorgehen sowohl gegen Per sien, als gegen Afghanistan zum Ausgangspunkt zu dienen und die Nachricht hat daher ein solches Auf sehen erregt, daß sie sogar eine Interpellation im englischen Unterhause veranlaßte, wo regierungsseitig erklärt wurde, die Nachricht sei nicht bestätigt und man könne sie auch kaum für wahr halten, denn Rußland habe noch im September v. I. erklärt, Saraks werde stets außerhalb der russischen Grenze bleiben. In Mariampol sind von den Theilnehmern an den Judenexcessen 21 für schuldig erkannt; diesel ben bleiben aber auf Grund des Gnadenmanifestes des Czaren von der Strafe befreit. 19 wurden freigesprochen. Türkei. Einer Mittheilung an die „Times" zufolge stände für diesen Sommer eine allgemeine Schilderhe bung der Albanesen, Epiroten und Macedo- nier gegen die türkische Pforte in Aussicht. Egypten. Wozu die Londoner Regierung keine Lust hat, nämlich General Gordon in Khartum Hilfe zu senden, dazu bereitet man sich in Kairo vor. Helfen wird's freilich auch nicht, ganz abgesehen davon, daß die egyptischen Truppen den Arabern nicht Stand halten. Nach dem letzten Telegramm ist die Lage in Korosko und Dorgola wenig befriedigend, da die Eingeborenen eine gewisse Unruhe zeigen. Da man die dort befindlichen Garnisonen nicht für stark ge nug hält, sollen zu ihrer Verstärkung Abtheilungen egyptischer Infanterie und Kavallerie abgesendet werden. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 10. Mai. Am nächsten Dienstag findet aus dem hiesigen Marktplatze, weshalb auch der Wochenmarkt an diesem Tage auf den Kirch platz verlegt ist, die diesjährige Pferdemusterung statt, und zwar werden um 8 Uhr die Pferde aus Altstadtwaldenburg mit Grünfeld, Altwaldenburg mitEichlaide, Callenberg,Dürrenuhlsdorf, Grumbach, Harthau und Kertzsch, um 10 Uhr die Pferde aus Kleinchursdorf, Langenchursdorf und Neukirchen, um 11 Uhr die Pferde aus Niederarnsdorf, Nieder winkel, Oberwinkel, Oberwiera, Oertelshain, Rei chenbach und Schwaben, und um 12 Uhr die Pferde aus Thiergarten, Uhlmannsdorf, Waldenburg, W'ckersdorf und Ziegelheim mit Frohnsdorf und Hoyersdorf ausgemustert. *— Morgen Sonntag abend 8 Uhr wird der be kannte Reuter-Vorleser Herr Kandidat Ed. Krüger aus Bützow in Mecklenburg-Schwerin hier im Rath- haussaale auftreten, um über Fritz Reuters, de« berühmten plattdeutschen Dichters, Dichtungen zu sprechen und aus denselben größere und kleinere Auszüge vorzutragen. Der genannte Herr ist nach Kräpplins Tode der einzige Reuter-Recitator aus Mecklenburg selbst, des Dichters Heimath. Er liest schon seit 1866 und erfreut sich in seinem Fache grober Anerkennung. Fritz Reuters Dichtungen sind so bekannt, daß sie jetzt in alle Stände gedrungen sind; da-Anhören von Recitationen aus ihnen muß daher sehr interessant sein. Wir machen all« Ver ehrer der plattdeutschen Muse und solche, welche wenigstens einen Einblick in die heitere Schreib weise Reuters gewinnen wollen, hierauf aufmerksam mit dem Bemerken, daß Herr Krüger auf unseren Rath hier einen außerordentlich billigen Eintritts preis angenommen hat, der nur in der Hoffnung