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Wöchentlich «scheint» diel Nummern. Pränumeration«'Preis 22 z TUdergr. jj Lblr.j ricneüädrli», Z Tdir. für !ar ga»je Hahr, ohne Erhöhung in olle» Odetten der Preußischln Monarchie. Magazin für die Pränumerationen »verben von ted« Buchhandlung (in Berlin bei Bei« u. Como., Zägerüragt Nr. 2L). so «le von aUln König!. Post-Acimern, angenommen. Literatur des Auslandes. 98. Berlin, Dienstag den 17. August 1847. Böhmen. Szafarzyk und Palatzky. Bor einiger Zeit Haden wir in diesen Blättern der Schrift eines pol nischen Gelehrten, Chojccki'S, gedacht, in der das slawische Böhmen nach allen Richtungen einer zeitgemäßen Untersuchung unterworfen wird. ES ist letzt der zweite Theil dieser Schrift erschienen. °) Er beschäftigt sich mit den Resultaten der böhmischen Geschichtsforschung und deren Hauptträgcrn, Jungmann, Szafarzyk und Palatzky. Ihre Werke liegen der deut schen Gelehrtenwelt vor, und die Kritik hat ihnen bereits eine ehrenvolle Stelle in der wissenschaftlichen Republik gesichert. Ohne also auf die schrift stellerischen Arbeiten selbst hier cinzugchcn, begnügen wir uns, Einiges aus de» Notizen herauszuheben, welche Chojccki uns über das Leben der beiden Historiker europäischen Rufes, Szafarzyk und Palatzky, gegeben hat. Szafarzyk ist im I. I7SS im oberen Ungarn, wo sein Vater protestan tischer Pastor war, geboren und war ursprünglich für den geistlichen Stand erzogen, so daß er an die Beschäftigung mit slawischer Literatur nie gedacht hätte, wenn nicht ein besonderer Umstand, welchen er dem Vcrf. selbst mit- gethcilt, seinem Leben diese Wendung gegeben hätte. Als er noch Schüler war, fand er bei Gelegenheit einer Ferienreise in der Wohnung eines wohl habenden Landmanncs einige Lieferungen der Zeitschrift „lUs^rel". Die trockenen und einförmigen Artikel von Nefedly und die nicht viel frischeren von Puchmeyer fesselten ihn nicht, dagegen zog ihn eine Abhandlung Jungmann s „über die czechische Sprache" an, worin dieser Prager Philolog seine pro- phctische Begeisterung für das Czechenthum ausströmen ließ. Jungmann hatte des jungen Studirenden Interesse für immer gewonnen; dieser suchte jetzt mit Eifer Alles zusammen, was aus dessen Feder geflossen war. Die lieber- setzung vom „verlorenen Paradies", welche Szafarzyk die Schönheiten der czechischcn Sprache bis zum Enthusiasmus bewundern ließ, führte ihn auf den Weg, welchen er nachher nicht wieder verlassen hat. Im I. I8lb be gab er sich zwar theologischer Studien wegen nach Jena, kehrte aber bald zurück, gab die Theologie auf, wurde eine Zeit lang in Ungarn Privatlehrcr und erhielt dann eine Stelle an einem für die Serben in Sadno neu einge richteten Gymnasium, unfern der türkischen Gränze, wo er jedoch nicht lange blieb, da ihn die Sehnsucht nach einem weiteren Wirkungskreise faßte. Er gab seine Stellung als Lehrer auf und nahm, ohne alle Rücksicht auf seine äußere Subsistenz, seinen Wohnsitz im Centrum der böhmischen Literatur, in Prag. Dies war im I. I8ZZ. Er hatte lange mit großen Hindernissen zu kämpfen; eine zahlreiche Familie vermehrte seine Sorgen, doch verlor er sein Ziel nicht aus den Augen, sein Fleiß im Studium slawischer Alterthümcr er litt keine Unterbrechung. Aus dieser Lage sollte ihn endlich ein Ruf hcrauS- reißen, der aus Preußen an ihn erging: das in Berlin für die slawische Literatur neu errichtete Katheder zu besteigen. Das Anerbieten, welches der König von Preußen dem böhmischen Gelehrten machte, war glänzend, über- stieg seine Hoffnungen; dennoch konnte sich Szafarzyk nicht entschließen, Prag zu verlassen. Jndeß hatte bei dieser Gelegenheit Oesterreich von Preußen er- fahren, welchen verdienstvollen Gelehrten es besitze, und cS beeilte sich, ihm zwei Stellungen, die eines Kustoden in der Universitäts-Bibliothek und eines CensorS czechischer Schriften, zu bieten, welche allerdings die wissenschaft liche Thätigkeit Szafarzpk's sehr einschränken. Der König von Preußen gab ihm bald nachher ein anderes Zeichen seiner Anerkennung durch Verleihung des Verdienst-Ordens für Kunst und Wissenschaft, in dessen Besitz außer Szafarzyk und dem russischen Dichter Sukowskji sich kein anderer Slawe befin det. Eine seltene Bescheidenheit zeichnet den großen Mann auS; das Verdienst seiner Forschungen schlägt er nur gering an; er scheint die rechten Früchte seines ausdauernden Fleißes noch zu erwarten. Die allgemeine Verehrung aller Czechen ist ihm gewiß ein wohlthuender Lohn. Die Geschichte der slawischen Stämme und die slawische Sprachforschung bilden das Gebiet, auf welchem er sich ausschließlich bewegt. Er bedarf, um sicher darauf zu gehen, eines großen Apparats von Wissenschaft. Die orientalischen Sprachen und das Sanskrit hat er sich zu eigen machen müssen. In seinen Jugendjahren trat er auch als Dichter auf, übersetzte einige Komödien von Aristophaneü und Schiller's Maria Stuart; seine späteren Arbeiten haben ihn jedoch für immer von der Beschäftigung mit der Dicht kunst abgezogen, gewiß zu seinem Bortheil, da, wie wir sehen, seinen Gc- ') Berlin, Schmid« L Lom». »offen die Poesie im Ganzen schlechtere Dienste geleistet hat. Seine bisher erschienenen Hauptwerke find: Ueber die Abkunft der Slawen. Serbische Lesckörner; ein philologisches Werk, in dem er die serbische Sprache und einige in ihr vorhandene Dokumente kritisch behandelt. Sein letztes Werk, hauptsächlich für Deutschland berechnet, ist eine Geschichte aller slawischen Literaturen. Binnen kurzem wird Szafarzyk diese Schrift in czechischer Sprache erscheinen lassen. In diesem Augenblick ist er mit der Mythologie der Slawen beschäftigt. Franz Palatzky, der Sohu eines DorsschullehrerS in Mähren, ist etwa 4!t Jahr alt. In Ungarn erhielt er seinen ersten Unterricht, den er aus der Universität in Wien weiter genoß. Auch er hatte, wie die meisten be deutenden Männer, lange mit Mißgeschicken zu kämpfen, bis er endlich beim Grafen Sternberg ein Unterkommen fand. Hier wurden seine Fähigkeiten be merkt; die Stände des Königreichs ernannten ihn zum Historiographen und erhielten nach langen Bemühungen für ihn die Bestätigung seitens der Re gierung. Palatzky hat, obgleich er der böhmischen Sprache vollkommen mächtig ist, bisher die meisten seiner Schriften Deutsch verfaßt, einmal, weil der Adel, welcher die Geschichte seiner Ahnen lesen will, nicht Böhmisch der- steht, und dann, weil die Censur für deutsche Schriften minder scharf ist, als für böhmische. Es war also, wie der Vers, meint, nicht Eitelkeit, welche Palatzky seine Muttersprache hintenansetzen ließ. Heute, wo die böhmische Sprache so ausgebreitet ist, daß auch der Adel sich angelegentlich mit ihr be schäftigt, ist Palatzky im Stande, von ihr Gebrauch zu machen, und die folgenden Theile seiner Geschichte werden daher in böhmischer Sprache er- scheinen, ti-onächst er den Ständen eine deutsche Uebersetzung selbst anfcrtigcn wird. Der Anfang seiner Geschichte, wie er sie nun in sehr umfassendem Maßstabe begonnen hat, ist von ihm bereits in einer Sitzung der wissen schaftlichen Gesellschaft in Prag, im März I84L, vorgetragen worden. Im Vergleich zu diesem ist das frühere Werk Palatzky's gewissermaßen nur eine Vorhalle, durch welche er in das väterliche Haus eingetrcten ist. Seiner Stellung nach, die Palatzky in beständigen Verkehr mit dem Adel setzt, ge nießt er dessen Achtung und Vertrauen in hohem Grade, indem er Beides zum Vortheil des Landes benutzt. Viele heilsame Einrichtungen sind die Folge seiner Bemühungen und seines Antriebs. So haben in letzter Zeit sich einige für die Wissenschaft intercssirte Magnaten bereit finden lassen, eine» Fonds für junge Historiker zu bilden, aus dem vorläufig zwei Kandidaten unterstützt werden. Die wichtigsten Schriften von Palatzky sind: Eine kritische Abhandlung über alle böhmische Chronisten. Synchronistischer Ueberblick der böhmischen Würden und Aemter von den ältesten Zeiten an. Diese Schrift ist in böhmischer Sprache verfaßt. Böhmisches Archiv oder Sammlung von Dokumenten zur Aufhellung der böhmischen Geschichte. Dieses Archiv erscheint ununterbrochen. Obgleich die Geistlichkeit sich der Veröffentlichung dieser Schriftstücke, welche zum Theil die Zeit des HusfitenthumS berühren, mitunter widersetzt, hat Pa latzky dennoch eine ganze Sammlung der Chronisten des ib. und is. Jahr hunderts herauSgegcben. Während er die Zeitschrift: „das czechische Museum" redigirte, brachte er in dieser häufig wichtige historische Abhandlungen. Sein Hauptwerk aber ist die Geschichte des böhmischen Volks (4 Bände) bis zum Ende der Regierung Wazlaw'S IV. (I4IS) oder zum Anfänge der Husfiten- Kriege. Im Verlaufe der Schrift Chojecki'S wird eine kurze Geschichte der Stadt Prag gegeben, nebst einer Darstellung ihres gegenwärtigen socialen und literarischen Zustandes. Daran schließen sich eine interessante Charakteristik der böhmischen Geistlichkeit und endlich noch einige Betrachtungen über die Nittel zur Verbreitung des Czechenthums. Wir behalten uns über diese Gegenstände einige Mittheilungcn vor. Polono-GermanuS. Rußland. Beiträge zur russischen Geschichte. Charakteristik Alexander'« i. — Der Milirair-Ausstand von NiSr. — Eine Hinrichtung. (Schluß.) „Nikolaus zögerte noch immer, den Befehl zum Angriff zu geben; er wollte das Blut seiner Unterthanen schonen Md nicht eher zum Aeußersten