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Mr. 17. Weißeritz-IeitMD Verantwortlicher Ncdacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. s Wienstag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis >>ro Ouart. lONgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. 1 1853. Inserate werden mit 8 Pf. für die Zeile berechnet und in allen Expeditionen angenommen. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 26. Febr. In den letz teren Tagen ist hier viel von einem Ereigniß ge sprochen worden, das in unserer Nähe sich zugetragen hat. Indem wir hierüber einen kurzen Bericht bringen wollen, knüpfen wir, als an eine officielleThat- sache, an den deshalb in der gestrigen Nummer der Leipziger Ztg. von den Gerichten zu Naundorf bei Schmiedeberg erlassenen Steckbrief an, durch welchen ein gewisser Albert Kail er aus Wien, welcher unter dem Namen eines Grafen St. Julien, k. k. österr. Major, sich herumtreibt, als. „Betrüger" ver folgt wird. Mit diesem Fremden war zufällig auf einer Reise im vorigen Jahre ein in Naundorf mit einem Gartengrundstück angesessener Fabrikant bekannt geworden, und hatte Ersterer in Folge dessen die Gastfreundschaft des Letzteren in Anspruch genom men und auch als Gast, unter dem falschen Namen Graf St. Julien, vor Kurzem bei demselben Auf nahme gefunden, diese aber unter andern dazu zu be nutzen gesucht, sich mittelst eines von ihm mitgebrachten Wechsels in den Besitz einer namhaften Summe Gel des lman sagt 1106 Gulden) zu setzen. Dieses Geld ist jedoch glücklicher Weise nicht in die Hände des vermeintlichen Grafen gekommen, da inzwischen von Wien aus, wo man Kenntniß von seinem Aufent halte erlangt hatte, eine denselben als verdächtig be zeichnende telegraphische Nachricht in Pirna einge- gangen war, auf deren Grund durch den dort statto- nirten Obergensd'armen in der Nacht vom 17. zum 18. Febr. dieses Jahres die Verhaftung dieses Man nes, und der mehrern Sicherheit halber dessen Ein lieferung in das Gerichtsgefängniß des nahen Ritter guts Schmiedeberg erfolgte. Bon dem Patri- monialgericht zu Naundorf, welchem von diesem Vor fälle Anzeige erstattet worden, wurde nun sofort die Ablieferung des Verhafteten nach Pirna, ohne daß jedoch eine Vernehmung deS Letzteren stattgefunden hatte, verfügt, diese auch durch die deshalb mit An- weisung versehene Naundorfer Gerichtösolge alsbald ins Werk gesetzt. In Pirna lehnte man aber die Annahme des Verhafteten ab, und wurde derselbe darauf nach Naundorf zurückgcbracht. Dort ange kommen, richtete der Gefangene an seine Begleitung, der er mancherlei vorgeschwindelt haben soll, den Wunsch und die Bitte, ihm einen kurzen Besuch in dem Hause, wo er gastliche Aufnahme gefunden, zu gestatten, und - sie ließen ihn gehen. Letzteren Ortes trat nun der angebliche Graf mit dem Vorgeben auf, daß, wie ihm in Pirna eröffnet worden, seine Ver haftung auf einem Jrrthum beruhe und daß er wieder vollkommen frei sei, auch seine Freiheit sofort benutzen wolle, um nach Dresden zu reisen und dort bei der k. k. österreichischen Gesandtschaft Beschwerde zu füh ren. Er wartete begreiflicher Weise auch nicht lange, diesen Willen zur That werden zu lassen, und ist, nachdem er sich noch Reisegeld und einen Mantel zu verschaffen gewußt hat, am 22. Febr. gegen Abend mit Ertrapost nach Dresden abgereist, — seitdem aber verschwunden. — So wird dieser Vorgang hier er zählt und der Fremde mehrfach als ein fein gebildeter, mehrer Sprachen kundiger Mann geschildert. Es kann dabei kein Zweifel obwalten, daß es ein in allen Künsten der Verstellung bewandertes Subject sei. Die Bestätigung der sich heute verbreitenden Nach richt, daß Graf St. Julien in Stettin ergriffen wor den sei, muß noch abgewarlet werden. Dresden. Am 25. Februar Abends hielt der berühMe GklMchtnklßktknstler Herr H. Küthe, dem aus den bedeutendsten Städten der ehrenvollste Ruf vorangegangen, Hierselbst einen öffentlichen Vor trag über sein System der Mnemonik. Bereits ^7 Uhr war der große Saal des Ausstellungsgebäudes auf der Brühl'schen Terrasse überfüllt, und über iW Eintrittskarten auSgegeben. Hunderte fanden keinen Raum. Die Proben seiner staunenSwerthen Ge- dächtnißkraft erregten allgemeine BewunherVNg. Er ließ sich z. B. von 38 Personen Zahlen von,je desmal 3 Ziffern sagen .und nayflte dann diese un geheure Zahlenreihe vor- und rückwärts und aus .der Mitte, wie man es haben wollte, ohne sich jemaD im Geringsten zu besinnen. Er gab auch, wenn Je mand zufällig eine schon dagewesene Zahl nannte, sofort gn) daß diese schon von der 15. oder 17, Per son genannt worden sei. Dasselbe leistete er mit ei ner großen Anzahl ihm angegebener verschiedener Namen und mit einer langen Reihe von Sätzen, di« ihm von 20 verschiedenen Personen in deutscher, fran zösischer, lateinischer, griechischer rc. Sprache ausge schrieben worden. Auch diese recitirte er nach ein maligem Durchlesen in jeder beliebigen Richtung und zum Schluß dictirte er 16 Herren, welche' sich frei willig dazu erboten, zu gleicher Zeit 10 verschiedene Briefe, ohne je einen mit dem andern zu vermengen. Ja zum Schluß wiederholte er noch schnell hinter einander sämmtliche ihm während deS ganzen AvendS gestellte Aufgaben! Der verbindende Vortrag war klar und pikant, seine Stimme bis in die fernsten Räume verständlich. Herr Koche wird in dieser Woche 3 Lehrvorträge halten, auf welche man Mit 2 Thlrn. abonnirt, dafür jedoch das Recht hat, 2 Personen gratis mit einzuführru. Es ist zu wünschen und zu