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Dresdner Journal : 26.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188211267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-11
- Tag 1882-11-26
-
Monat
1882-11
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 26.11.1882
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W 275 Sonntag, den 26. November. 1882 4d»uu«weati>pe«t,r Iw x»L»«» ck«»t,ek«o L«io»,: ^MrUct»: 4 Narl- SO kk. Lu»r«1os ^uwruern: 10 kf. 4a»»,rd«Id 6e« äeutickeo ksicd«» tritt kost- uo6 8torop«Iru,eLI»K Uraru. I»»vr»re»prelsor kür ci«o k»um eivor ^espLlteooo kstittsi!« SO ?e Vater „ViQ^esLllät" 6>s 2eil« SO kk. Lei Debelle»- uaü 2iL»ra»»tr SO Lesekela«,: UtFliei» mit ^u,v«kwe äer 8oaa- uaä keiertez« ^t>sa<j» kür äsa Ivl^eaäea DresdnerImmml. Insarateaaaaakwe »»»^Lrttr LetPttU: F>. Lra»<t»tett«r, Ooo»»l«i»aLr ä«« vreeäoer lounurl»; «ttad»»U »seit»-Visa l,»ip»t^ N«»tt Nr»,l»»-^r»akN»tt ». ».: I/a«enrt«n F koA/er, N«rU» -Vt«> ««Mbar,- kr»U-I.«ip«tU-^r»»ktllrt ». U.-HNaid«: Ltose«, Lsrita: 7nvai»<tw,t/ant/ >r«we» L Le^totte, »rette«: F üta^A«»'» L»rea« sLm»1 /kadat^), »r««U^r» ». N.: ^aeAk^sek« Luckkaoäluo^; üirUt«: <?. L/rUtee^ S««»or,r: 0. Lc^üri/er, »«rte »erU» -Lr«»tf«r» «. N.- >taN^»N: Daus« <S 6o., L»»d»rU: F<i. Ä«»-»se Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. ll«r»a»x«kerr Lüaiel. Lipeäittoa äv, vreeüoer ^oru-ual», Drvxlsa, Lvia^vretre«« Ho. SO. KachbektNungen auf daS „Dresdner Journal" für den Monat December werden zum Preise von 3 M. ange« nommen für Dresden bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), fnr a»S»är1s bei den betreffenden Postanstalten. In Dresden - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Musikalien handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt- straße 2), sowie bei Herrn Kaufmann Arthur Reimann (Albertplatz gegenüber dem Albert theater), woselbst auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und ebenso, wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigandt (Böhm. Bahnhof), einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühre« im Ankündigungs theile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. tiönigl. Expedition -es Dresdner Journals. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Mannheim, Sonnabend, 25.November, Mit tag-. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Verkehr auf der Odenwaldbahn ist infolge einer Dammzerstörung durch Regengüsse zwischen Erbach and Eberbach unterbrochen. Der Rhein ist heute früh bis 765 gestiegen und der Bahuverkehr nach Rheinvorland und Neckarhafeu seit gestern eingestellt. (Vgl. die Rubrik „Vermischtes* in der ersten Beilage.) Laibach, Kreitag, 24. November, Abends. (Lorr.- Bur.) Ja der heutigen GemrinderathSsitzung, in welcher die Wahl eines Abgeordneten in den Lanbet- schulrath auf der Tagesordnung stand, enthielten sich dir Deutschen der Abstimmung uud protestirteo gegen die Wahl. Gewählt wurde der Prof Suklje. Klagenfurt, Kreitag, 24.November, AbeudS. (Tel. d. Boh.) Dir Höhr drr rrmittrlten Schäden infolge der Urberschwemmung im September uud October in den Bezirken Spital, Hormagor, Bil- lach, Klagenfurt, Bölkerwarkt und Wolfsberg be trägt 2,114 600 Kl. Paris, Kreitag, 24. November, Abends. (W. T. B.) In drr Kathedrale von Saint-Denis ist gestern ein sehr beträchtlicher Diebstahl begangen worden; der Werth der gestohlenen Gegenstände, unter denen sich 6 Abrndmahlskelche, 2 Monstranz- grhäuse und 7 Königskroneu befinden, wird auf 100 000 Arcs. angeschlagen. Rom, Freitag, 24. November, Abends. (W. T. B) Ler Senat hat sein Präsidium mit der Abfassung der an den König zu richtenden Adresse beauftragt. D>e Drputirtenkammer wählte heute die Lice- Präsidenten, die Srcrrtäre und Quästoren. Bei der Wahl ging die List« mit den ministeriellen Eandidatrn mit sehr großer Majorität durch. London, Kreitag, 24. November, Nachts. (W. T. B) In drr heutigen Sitzung des Unter- Hauses erfolgt« zunächst die Beantwortung von Juterpellatioveo. Der Unterstaatssecretär de- Auswärtigen, Sir Charle- Dilke, antwortete auf eine Anfrage Ering- ton'S, die Nachricht, daß Italien eine Tonferenz über Aegypten vorgeschlagen habe, sei unbegründet, und er klärte feruei Labouchdre gegenüber, daß auf den Wunsch Englands keine Albanesen in die ägyptische Polizei eingereiht worden seien. — Der Premier Gladstone erwiderte auf eine Anfrage Stauley'r, er werde am Montag constatiren, wie hoch die ägypti schen KriegSkosten veranschlagt seien; die Forderung eine- NachtragScreditS sei für diese Session n'cht noth- wendig, da da- Schatzamt genügende Geldmittel besitze. Lawson gegenübir, welcher eine Resolution folgenden Inhalt- angekündigt hatte: „Dar Haue glaubt, daß der von der Regierung vorgelegte Schriftwechsel keine befriedigenden Gründe für die jüngsten militärischen Operationen in Aegypten biete,* erklärte der Premier, er könne sür die Berathung de- von Lawson wegen der ägyptischen Expedition beantragten Tadel-voium» keinen Tag bestimmen, weil eine Diicussion darüber gegenroärtig durchaus nicht vortheilhast sei, Lawson möge sich b>- zur nächsten Session gedulden. Auf die gestern angekündigte Anfrage Bourke'- antwortete Gladstone, ein Arrangement mit Aegypten sei noch nicht abgeschlossen; auch sei keinerlei andere» Arrange ment gegenwärtig in Aussicht genommen und keine Eonserenz vorgeschlagen. Forke erhält die Erlaubniß, die Vertagung de- HaufeS zu beantragen. Forke beschwert sich darüber, daß Gladstone das ihm ertheilte Versprechen nicht ge halten habe, ihm Gelegenheit zu einer Di-russion über den Kilmainhamvertrag zu geben. — Gladstone weist Forke'» Angriffe in langer Rede zurück. Der Antrag Forke'S wird nach 2stündiger Debatte ohne Abstimmung abgelehnt. — Lawson fragt, ob eS wahr sei, daß die ägyptische Regierung sitzt bereit sei, der eng lischen Regierung die Entscheidung darüber zu über- lassen, ob hinreichende Beweise für die Anklage gegen Arabi vorhanden seien. — Dilke erwidert: E» ist mir unmöglich, zu wissen, welche» die Absichten der ägyptischen Regierung sein können; bisher ist uni keine derartige Erklärung zugegangen. Lom Hause wurde darauf die Debatte über dir Geschäftsorduuug fortgesetzt und die 11. Re solution angenommen, nach welcher das Haus auf dir Erlrdigung de» Berichtes über eine Bill ohne weitere Debatte eingehen soll. Ebenso wurde dir 12. Resolution genehmigt. London, Sonnabend, 25. November, Lor- mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Herzog v. Edinburgh ist an den Brouchitis erkrankt und wußte gestern das Bett hüten. Bukarest, Sonnabend, 25. November, Bor- mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Zu der Kammer beantragte Cogalniceavo anläßlich drr Adrrßdrbattr, zu bestimmen, daß der Thronfolger seinen Wohn sitz im Lande nehme. Bratiano antwortete, daß die Thronfolgefrage entgiltig geregelt sei. Der Erbprinz Leopold von Hohevzollern habe auf die rumänische Krone zu Gunsten seines Litern Sohnes, welcher im Begriffe »ar, seinen Wohnsitz im Lande zu nehmen, woran er aber durch dir schwrre Er krankung seiner Mutter verhiudert wordeu sei, verzichtet. Die Kammer fügte dem Adreßrutwurfe dir Worte hinzu: „Es lebe die Dynastie!" Dresden, 25. November. In der Sitzung de» ungarischen Abgeordneten hauses vom 22. d. wurde drr Gesetzentwurf über die Beamtenqualification in dritter Lesung ange nommen. Die wichtigste Bestimmung ist, daß sich künftig in alle Aspiranten für den Verwaltung»dienst über eine 2 jährige Praxi- und die abgelegte prak tische Prüfung au-zuweisen haben Diese Bestim mung gilt auch für die Advocaten, sofern sie zum Dienste im BerwaltungSsache zugelassen werden sollen. Damit hat sich für da» gesammte Gebiet der ungarischen Verwaltung eine wichtige Aenderung vollzogen. Bisher gehörte Ungarn noch zu den glück lichen Ländern Europa-, in welchen Derjenige, der sich dem Staat-dienste zu widmen beabsichtigte, keine- Examen- bedurfte, um zu den höchsten Aemtern zu gelangen. Die municipalen Verwaltungsorgane wur den seither von den Eomitaten und Städten durch die Wahl für die Dauer von 6 Jahren bestellt. Sie ver danken rhr Amt der herrschenden EomitatScoterie und sie mußten sich dieser dienstbar und willfährig er weisen, wenn sie nach Ablauf ihrer AmtSdauer wieder zu ihr r Stelle oder gar zu einer höher» berufen wer den wollten. Eine unparteiische Verwaltung auf sol cher Bast» ist kaum denkbar, und die Aufgaben der staatlichen Administration konnten dabei nur insofern Berücksichtigung finden, als diese mit den Interessen der ComitatSdynasten nicht in Widerspruch gerathen. Aber auch eine ehrliche Verwaltung gedeiht auf diesem Boden nicht. Für den auf 6 Jahre gewählten Be amten liegt die Versuchung zu nahe, seine Amtszeit auSzunutzen, um sich für den Fall der Wahlniederlage wenigsteu« auf eine gewisse Zeit hinaus sich-r zu stellen. Die Folge ist die Corruption der Verwaltung und die Ausbeutung jenes TheileS der Bevölkerung, welche zu den maßgebenden EomitatSsamilien in keiner directen Beziehung steht. Dazu kommt, daß gesetzlich keine Qualification der Beamten gefordert wurde. Wohl wird da» freie Wahlrecht deS ComitatS einge schränkt durch daS EandidationSrecht des ObergespanS, allein selbst der Obergespan hatbeiAuiübung seine-Rechte» mit den thatsächlichen Verhältnissen zu rechnen, und in den Eandidationivorschlag können Individuen ausge nommen werden, welche nicht die entfernteste Fach- kenntniß für ihr Amt mitbrmgen. Auch die Praxi- hat hier nicht bessernd nachgeholfen. E« girbt Vice- gespane »nd Obernotare, welche eine Mittelschule nicht vollständja absolvirt haben, und diese beiden Kategorien repräsrnMen die obersten Stufen der municipalen BeamtenWerarchie; ja unter den 428 Stuhlrichtern — der Stuhlrichter entspricht dem österreichischen BezirkS- hauptmann — sind 243, also mehr al» die Hälfte, welche keine Prüfung über juridische oder staat-wissen schaftliche Studien nachweisen können, und mehr al» 100, also fast 25 Procent haben nicht einmal eine Mittelschule vollständig durchgemocht. Die municipalen Aemter sind eben Sinekuren für die mißrathenen Sprößlinge deS verarmien ComitatSadelS geworden; bei der Wahl ist die Versorgung das Entscheidende, die Eignung für daS Amt kommt ebensowenig in Be tracht, als die Ausgabe der Verwaltung. Die Nothwendigkeit d»S Gesetze- wurde durch die ministerielle Begründung überzeugend dargethan; allein der Verlaus der Debatte mochte Zweifel erwecken, ob dasselbe diejenige Tragweite besitzen werde, welche die Regierung ihm beimißt. Insbesondere nahm der Abg. Grünwald Veranlassung, auf die großen, in Ungarn offen zu Tage liegenden Schäden hinzuweisen. Der genannte Abgeordnete machte der Lentralregierung unter Anderm den Vorwurf, daß sie sich nicht darum kümmere, in welchem Zustande Straßen und Brücken seren, wie daS Waisenvermögen verwaltet werde, wie r» mit der öffentlichen Sicherheit stehe, wie die Be hörden mit dem Volke umgehen, ob sie dasselbe dem ungarischen Siaate gewinnen oder entfremden, ob sie durch ihr Vorgehen daS (magyarisch-)nationale In teresse sördern oder schädigen, mit einem Worte darum, Feuilleton. siedigirt von Otto Baue». Residenztheater. Gastspiel de- herzoglich Mei- ningen'schen Hostheater». Am 23. November: „Wallenstein's Tod,* Trauerspiel m fünf Acten von Schiller. Seitdem die Meininger sich auch außerhalb ihrer heimischen Bühne gezeigt haben, geschah die- nicht ohne eine vielbesprochene, tief eingreifende Anregung, die auch an dieser Stelle zu wiederholten Malen eine Betrachtung fand. Hatte doch unser Publicum selbst vor einer kurzen Reihe von Jahren Gelegenheit, diesen berechtigten Reiz der Neuheit al- einen eigenthüm- lichen Kunstgenuß und zugleich als einen Impuls für Reformen in der geschmackvoll prächtigen historischen Ausstattung, in der sorgsamen Natürlichkeit drr Jn- scenirung, in der Sicherheit de» Zusammenspiel«, selbst in der Comparserie, anzurrkennen. Solchen Anstoß zu künstlerisch berechtigten, ja ost sehr wünschen-werthen Vervollkommnungen der scenischen und schauspielerischen Verw>rklichung»melhode gegeben zu haben, ist an sich chon ein namhafte» Verdienst, da« der sublimen In- piration de» Schöpfer» der Meininger Hofbühne zu ranken bleibt. Da»jelbe liegt keineswegs in der längst- bekannten und von den besten Kritikern Deutschlands oft vollbrachten Auffindung eines Bedürfnisse» nach würdiger Jnscenrsrtzung, sondern einfach in der geist vollen Befriedigung de»selber. Nachdem diese Be friedigung mit consrquentem System praktisch au»ge- führt war, konnte sie anfangen, al» sinnliche That- «ach« zu wirken. Seitdem ist die Eigenartigkeit der Meiningen'jchen Ausführung von den pekuniären Mitteln großer Büh nen mehrfach überboten worden, wenigsten» wa» den Luxus und Gian» der decorativen und costümlichen Ausstattung betrifft. Nicht so kann man die» von der geistreichen Anwendung und der Gewissenhaftigkeit de» Einstudiren» sagen. Während die Meininger den Bor- theil genossen, durch ein kleine», kitt ihr« Zwecke au»- gewählte» Repertoir zur Verfolgung ihrer Principien Sammlung und Muße zu bebalten und die Ell bogen frei zu haben, zersplitterte da» größere und ohne Frage meisten» viel zu große Repertoire der übri gen Bühnen die Kraft der Regie und der Schauspieler. Dieser Mangel an Zeit und an fruchtbringender Eoncentration beschleunigte denn auch da» Hervortreten von der Kehrseite glänzender Ausstattungen. Die Keime de» Unheil», tue schon bei den Meiningern fühlbar sind: zu stark ausgeprägter RealtSmu«, Be drückung de» Dichtergenius durch Verlockung de» sinn lichen Auge» auf Kosten de» geistigen Ohre», mit einem Wort, blendende Veräußerlichung de» Kunstwerke» — alle diese Keime schossen üppig in» Kraut. So ent stand vielfach eine Verschwendung oder mindesten» eine sorglose Eapitalanlage, die unsichere Zinsen bringt. Wie alle» frappante Neue feine Zeit- und Modeströ- mung findet und sich da» Angebot nach der Nachfrage richtet, ,o haben wir jenen, die Eindrücke drr opulenten und einfachen Theaterabende ungleich machenden Pracht- auSstattungrn auch an unferer Dresdner Hofbühne einen nicht unbedeutenden Zoll bezahlt. Ich gebe mich indeß der Hoffnung hin, daß der keineswegs durchschnittlich genügende pekuniäre Gewinn durch den Gewinn lehrreicher Erfahrungen compensirt worden ist. Nachdem die Meininger vorwaltend zu einer Wan dertruppe geworden sind, die draußen in der Welt die schweren Unkosten in der Heimath zu ersetzen sucht, haben sie in den Augen mancher Betrachter und Theaterkritiker durch einen sehr rapiden, etwa» mer- cantil und mit moderner Gastspiel- und Virtuoseneile von Stadt zu Stadt ziehenden Geschäsl»geist an einer gewissen Vornehmheit de» Nimbus verloren. Dieser Betrieb, der wie alle Spekulation mit der Idealität der Kunst in Widerspruch steht, kann allerdings nicht sympathisch berühren, doch tst man in manchen tadeln den Bemerkungen zu weit gegangen. ES läßt sich kein allgemeiner Rückgang in ihren Leistungen wahr nehmen; ihre Methode, ihre Präkision, ihre phantasievoll künstlerische äußere Ausrüstung, end lich ihre Befruchtung durch den Begründer ihre- Thea ter- sind dieselben geblieben. Ein» aber ist mir in der Wallensteinaufführung empfindlich fühlbar gewor den: ein sehr entschiedene-, oft rücksichtslose- Fort- schreiten auf der realistischen Bahn. Die- mag wohl eine bei ihnen auftretende Durch schnittSerscheinung sein Sie fand aber in Wallenstein Veranlassung, sich besonder» lebhaft zu markiren. ES beruht daS auf dem Umstand, daß diese Tragödie, ja die ganze sogenannte Trilogie mit Ausnahme dc» Lager» «m vornehmen und intelligenten Patho» de» Jambus geschrieben ist, «ährend die Meininger früher hier nur die Sch'ller'jche Prosasprache („FieSco*) und den Jambus m ländlich natürlicherer Redeweift („Teil*) zur Darstellung brachten. Aller Realismus verschärft sich nun erfahrungs gemäß durch die Routine, indem er sich als Opposition gegen die alte, getragene Declamation-schule gleichsam wa« im Lande geschieht, wo etwa» und wa- gethan werden sollte, sondern daß ihr Eharakter sich al- der einer trockenen, geistlosen Bureaukratie ohne nationalen Inhalt und als weitgehende Tentralisation in kleinen Dingen ohne Kraft und Ansehen darstelle. Grünwald wie» auf die große staat-bildende und staat-erhaltende Kraft hin, die in der Verwaltung ruht und eine riesige Macht in der Hand einer Nation ist, welch« mit der- felben umzugehen verstrht. Für die Magyaren habe diese Kraft eine doppelte Bedeutung; denn sie dürfen sich keine Täuschungen darüber machen, daß der unga rische Staat noch nicht fertig sei, fondern erst gemacht werden müsse. Die Magyaren mögen bedenken, daß nicht sie allein Ungarn bewohnen, daß an deu Grenzen Nichtmaqyaren wohnen, auf welche die in den benach barten Staaten wohnenden Stammverwandten An- ziehung-kraft auSüben, daß in den Gemeinden, Kirchen und Schulen systematisch gegen die Magyaren gewühlt werde, und daß al- Ergedniß dieser Agitation eine von Tag zu Tag sich steigernde feindselige Gesinnung gegen den ungarischen Staat zu Tage trete. Wenn dieser Proceß nicht aufgehalten werde, wenn e» nicht gelinge, die im Lande wohnenden Elemente zu einer geschlossenen politischen und Eultureinheit, zu Einer Nation zusammenzukneten, dann höre der ungarische Staat und Vie magyarische Nation auf, zu sein. Der Abg. Grünwald hatte hier offenbar die heute in der österreichisch ungarischen Monarchie ringele,tete NatwnaUtätenströmung im Auge Er legt sich daher anläßlich de- in Rede stehende», de- der ComitatswiNh- schast ein Ende bereitenden Gesetze» die Frage vor, ob die Bewegung, welche heute Oesterreich erfaßt hat, nicht auch über die Grenzen de» ungarischen Staate» hinaus- fiuthen könnte. „Was heute noch eine Stärkung be» ungarischen EtaatSgedanken» bedeuten würde,* sagt die „Neue freie Presse*, „könnte dann unter Umständen zur Slawisirung oder Romanffirung der Verwaltung in großen Lande»theilen und damit zur Zerstörung de» EtaatSgedanken» führen. Denn wenn in der einen Reichshälfte die leitenden Regierungiprincipien von einem Extrem in» andere schwanken, dann ist auch Ungarn nicht gegen die Eventualität gefeit, dereinst in den Resten der Vorrechte, welche den Eomitaten, und zumal den magyarischen Municip'en, geblieben sind, eine Zuflucht für jene Staat-idee zu suchen, welche seit der Wiedererweckung der Verfassung der Leitstern der ungarischen Polst.k war * Aach dak konservative „Vaterland* welche» her vorhebt, daß Ungarn 1850 bi» 1860 unter dem Re gime der „Bach-Husaren* die beste und ehrlichste Ver waltung besaß, setzt keine großen Hoffnungen auf da neue Gesetz. „Hr. v. TiSza*, sagt dasselbe, „ist heute schon lange nicht mehr der frühere starre Municipalist, da« Leben hat ihn eines Bessern belehrt. Aber auch daS neue Gesetz wird die ungarische Verwaltung auf keinen grünen Zweig bringen. Da- Uebel sitzt viel tiefer. ES gilt vor Allem in die Gesellschaft wieder die Ehrlichkeit, die Moral, die redliche Arbeit und die Bescheidenheit einzubürgern, und dann müßir der Staat, d. i. Regierung und Parlament, dem Cultu» der Lüge, dem haßerfüllten und haßerweckenden Chan- viniSmu» rückhaltSloS entsagen und die Leitung de» Lande» nur allein nach Recht und Gerechtigkeit führen. Heute ist man leider genöthigt, die Einführung der rationellen modernen Staatsverwaltung in Ungarn schon darum zu perhorreSciren, weil die ernannten Staatsbeamten nur zu leicht als die Büttel de- leiden schaftlichsten Chauvinismus mißbraucht werden könn ten. Ungarn wird deshalb noch lange den Besitz einer guten Verwaltung entbehren. Der Rationalität-- schwindel und der HochmuthSteufel beherrschen die maß gebenden Faktoren. Wo diese Herrscher walten, da gedeiht keine ruhige, segensreiche Fortentwickelung.* mit d«m Wach-thum convergirender Linien immer weiter von Idealismus entfernt. Während die Truppe auf ihren Reisen des Meister» entbehrt, der wie in Goethe'» „Zauberlehrling* e» besser weiß, wie weit man gehen kann und wie man die entfesselten Kräfte wieder zurück- beschwört, folgt sie schülerfreudig der ihr gegebenen Richtung. Die Bannworte „Besen, Basen, Gei'» ge wesen* wollen sich nicht einstellen und der zum Ge hilfen gewordene Besen gießt und gießt übereifrig sein Wasser und e» wird Manche» hinau»gespült, auf dessen geistigen Eindruck e» gerade ankommt. Und dazu tritt noch ein andere» Moment. Schau spieler, deren Reihen vorzug»weise au» Talenten zweiten und dritten Range» bestehen müssen, da die in andern Ansprüchen liegende Kostspieligkeit ihrer kleinen Bühne so schon eine unverhältnißmäßig große ist, werden stet viel teichter dem Reali-mu- zufallen, denn da ihnen andere psychische Mittel weniger zu Gebote stehen, arbeiten sie um so eifriger mit dem Werkzeug, welche» ihren oft nicht starken Arm am leichtesten wehrhaft macht. Die Aufführung von „Wallenstein'- Tod* forderte zu solchen Verachtungen und Wahrnehmungen auf. Den JambuS Schiller'- und den Dialog der Haupt personen in einem so inhaltvollem ernsten Drama der höhern Sphäre einmal so knapp realistisch und meist im ConversationSton reden zu hören, ist an sich von besonderm Interesse. DaS Resultat unterstützt den von Mir oft gethanen Ausspruch, daß Schiller'» Figur»»- zeichnung ungleich cha'akleristiichrr ist, daß seine Ge danken viel wurzelechter auS der Individualität und au» den Situationen hervorgehen, al- man gewöhnlich annimmt. Die rhetorische Tonmalerei der »eiste«
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