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Mittwoch. Nr. tW r« August L8S4 Lketh»z«b DieZcüuug erscheint nnt Ausnahme des Montag- täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus- gegebea. Preil für das Viertel, (ihr 1'/, Thlr.; jede ein. zelne Nummer 2 Ngr. DtilWc MMMlt Zeitung. «Wahrheit uud Recht, Freiheit »ad Beseh!» Zu beziehen durch alle Postämter des In« und Auslandes, sowie durch die Srpeditivn in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Hnsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. L Frankfurt a. M., 11. Aug. In der gestrigen Bundestags sitzung ist die erwartete österreichische Vorlage über die russische Antwort auf die Sommation nicht gemacht worden, womit gleichzeitig man einen Antrag auf Mobilmachung des Bundesheeres erwartete. Wenn ein Cor- respondent des Frankfurter Journal diesen Aufschub mit günstigen Mit- theilungen über den Stand der Tagesfrage in Verbindung bringt, welche im Laufe des 9. Aug. aus Paris hier eintrafen, so spricht er damit nur seine subjective Meinung aus, da ja die sofortige Mittheilung einer wich, tigen Nachricht an den Deutschen Bund als den Theilnehmer des Bund- niffes vom 20. April vertragsmäßig erfolgen muß und am Ende die Re- gierungen nicht allein auf die Mitlheilungen Oesterreichs angewiesen sind. Wahrscheinlicher ist uns, daß dem österreichischen Cabinet die Frage noch nicht reif geschienen und daß der denkwürdige officielle Artikel des Journal de Francfort vom 9. Aug. bestimmt sei, auf die noch schwankenden Negie rungen vorerst bestimmend einzuwirken. Der Ton dieses kriegsathmenden Artikels, welcher wol einzig ist in der Reihe osficieller Aeußerungen zwi schen Negierungen, welche noch nicht in offenem Kriege miteinander stehen, läßt sich freilich schwer zusammenreimen mit der von allen Seiten bestätigten Nachricht, daß Oesterreich in Paris und London friedlich auftrete, daß es die Antwort Rußlands bei den Westmächten bevorwortet habe. Jener Ar tikel Hal den Krieg für unvermeidlich erklärt, denn er behauptet: die untere Donau zu behaupten ist ebenso Lebensfrage für Oesterreich wie für Ruß land, keins kann und darf nachgeben, zwischen beiden muß das Schwert entscheiden; der Moniteur dagegen meldet, daß Oesterreich sich für befriedigt erkläre, wenn Rußland Garantien gegen ähnliche Angriffe auf die Türkei gewähre. Der Lloyd hatte bisher in einem für Preußen und Deutschland sehr beleidigenden Tone erklärt, Oesterreich würde nöthigenfalls allein den Krieg gegen Rußland aufnehmen; aber trotz dieser Behauptung hat bis heute kein Oestcrreicher die walachische Grenze überschritten; das Journal de Francfort dagegen fodett aufs dringendste den Beistand Deutschlands, obgleich der Ousus loe^ons des Bündnisses vom 20. April mit dem von Rußland zugestandenen Rückzug hinter den Pruth erloschen ist. Auch diesen Rückzug erklärt das Journal de Francfvrt für eine strategische Maßregel, ohne politische Bedeutung, im Gegensatz zu allen officiellen Mitlheilungen, nach welchen dieselbe ein principielles Zugeständnis Rußlands an die deut schen Mächte ist. Die schwierige Finanzlage des Kaiserstaats erklärt voll kommen, daß das kaiserliche Cabinet womöglich ohne Krieg an das Ziel seiner Wünsche gelangen möchte; aber die unleugbaren zahlreichen Wider sprüche, welche aus diesen Bemühungen hervorgrhen, sollten die österreichi schen Blätter bei Beurtheilung der Politik anderer Staaten milder stimmen. Am Schluffe dieses Artikels geht mir noch die neueste Leipziger Zeitung zu, worin eine frankfurter Correspondenz vom 9. Aug. die Angaben des Frankfurter Journal wiederholt und dahin erweitert, daß auch „weitere Erklärungen von rujsischer Seite" angekommen seien und die Verzögerung bewirkt hätten. Ich kann Sie aber versichern, daß derartige Einflüsse nicht stattgefunden haben, daß vielmehr schon vor dem Eintreffen der telegraphi- schen Depesche aus Paris Hr. v. Prokesch-Osten aus Wien die Weisung erhalten hat, mit der Vorlage zu warten. Von neuen russischen Erklä rungen ist hier nichts bekannt. Preußen. /X Berlin, 14. Aug. Seitdem der Inhalt der westlichen Noten einigermaßen aus dem Dunkel des Geheimnisses herausgetreten, wird auch die Stellung der deutschen Großmächte zwischen den kriegführen den Parteien eine deutlichere. Namentlich gibt hierüber der Umstand einige Aufklärung, daß, während das wiener Cabinet die als Minimum der Frie densbedingungen von den Westmächtcn aufgestellten Foderungen dem russi schen Kaiser zur Annahme empfiehlt, Preußen seine Mitwirkung abermals darauf beschränkt, die österreichische Empfehlung durch eine gesonderte Note zu unterstützen. In der letzter« soll ausdrücklich hervorgehoben sein, daß das preußische Cabinet durch diesen Act keinerlei Verpflichtungen, weder nach der einen noch nach der andern Seite hin zu übernehme» gemeint sei; jedenfalls werde es in dieser ganzen Angelegenheit im Einvernehmen mit den deutschen Bundesregierungen handeln. Ganz dieser Absicht entsprechend ist auch das Verhalten der preußischen Negierung hinsichtlich des von Oester reich einseitig gestellten Antrags auf theilweise Mobilisirung der resp. Bun- deScontingente. Das unterm 3. Aug. erlassene hieraus bezügliche preußi sche Circular erkennt grundsätzlich die Nothwendigkeit an, in gemeinsamen Dingen auch gemeiirsam zu handeln. Unrichtig aber sind die Angaben der wiener Correspondenken mehrer deutscher Zeitungen (unter Andern, der Ham burger Börsen-Halle, der BreSlauer Zeitung und der Weser-Zeitung), wo nach die preußische Negierung sich dem erwähnten österreichischen Anträge beim Bunde angeschlossen und denselben zur Annahme empfohlen haben soll. Das preußische Circularschreiben spricht im Gegentheil ein unverhohlenes Befremden sowol über den Inhalt des Antrags als besonders darüber aus, daß derselbe ohne jedes Vorwissen Preußens eingebracht worden sei. In ersterer Beziehung wird geltend gemacht, daß, nachdem durch den Rückzug der russischen Armee über den Pruth die Convention vom 20. April zum großen Theil ihren Zweck erreicht habe, die gegenwärtige Sachlage durch aus keine dringende Veranlassung zur Mobilisirung weder des preußischen noch anderer deutscher Heerestheile zu bieten scheine. Das einseitige Vor gehen Oesterreichs aber in einer so wichtigen Angelegenheit dürfe sich schwer mit dem gegenseitigen Bundesverhältniß vereinen lassen, wie solches durch den Aprilvertrag festgcstellt worden sei. — Das selbst von officiellen Or ganen erwähnte Gerücht, als beabsichtige Kaiser Nikolaus für gewisse Eventualitäten die Wiederherstellung eines selbständigen polnischen Kö nigreichs, ergibt sich nach nähern Erkundigungen als Das, wofür cs von Kundigen wol von Anfang an gehalten worden: als leerer Schreckschuß.— Für Freunde der nationalen deutschen Sache, deren Unterdrückung in den Herzogthümern Schleswig-Holstein neuerdings eine zweite systematisch bearbeitete Auflage in Form der dänischen Gesammtstaatsverfassung erlebte, wird ein kürzlich erschienenes Merkchen: „Das Kriegstheater der dänischen Halbinsel und die Festung Rendsburg. Von A. Burow" (Altona, Dirksen u. Ingwersen, 1853), gegenwärtig von um so grüßerm Interesse sein, als es in Anlaß der Schleifung des Kronwerks herausgegeben wurde und neuer dings gerade auf Rendsburg, als dem geeignetsten Punkte einer Bundes festung im Norden Deutschlands, die Aufmerksamkeit der Vaterlandsfreunde gelenkt worden ist. Dem Schristchen ist ein zweckentsprechender Plan von Rendsburg und eine militärische Karle der Halbinsel beigegcben. — Die officielle Preußische Correspondenz enthält folgenden be zeichnenden Artikel: „Durch den Moniteur ist in einem authentischen Acten- stück die Auffassung dargelegt worden, welche die Rückantwort des Peters burger Cabinets auf die von Preußen und Oesterreich infolge des April vertrags gefodertcn Erklärungen bei den Westmächten gesunden hat. Diese Antwort ist dort den Bedingungen eines dauerhaften Friedens und der Si cherung des europäischen Gleichgewichts, wie sie die Wiener Konferenz im Auge gehabt, nicht für entsprechend erachtet. Man hat cs demnach von Seilen der Wcstmächle abgelchnt, auf der Basis der Eröffnungen des Pe tersburger Cabinets einen Waffenstillstand einzugehen oder Friedensverhand lungen zu beginnen. Indessen sind die diplomatischen Bemühungen Preu ßens und Oesterreichs nicht ohne alle Frucht geblieben. Offenbar wurde die Rückantwort Rußlands von Preußen und Oesterreich, wenn auch nicht im ganzen Umfange den von ihnen in Petersburg kundgegebenen Wünschen entsprechend, doch als ein bedeutsames Zeichen der friedlichen Intentionen jenes Cabinets betrachtet und als Anknüpfungspunkt neuer Verständigungs- Versuche geeignet befunden. In diesem Sinne ist sie den Westmächtcn über mittelt und hat, wie das Aktenstück im Moniteur beweist, dahin geführt, daß nunmehr von dieser Seite die Bedingungen und Garantien näher for- mulirt sind, unter denen sie dem Kriege cin Ziel gesetzt, dem Frieden eine Dauer gegeben sehen würden. Zugleich wird gemeldet, daß Oesterreich die sen Garantien seine Zustimmung ertheilt und sich für dieselben in Betreff des künftigen Friedens verpflichtet haben soll. Wir müssen die Richtigkeit der letzten Nachricht für jetzt dahingestellt sein lassen. Es liegt uns die Frage näher, welche Entschließungen Preußen bei der bezeichneten Sachlage unserer Ansicht nach zu fassen und welche Richtung cs gemäß seiner bis herigen Stellung einzuschlagcn Hal? Man wird unbedenklich zugeben kön nen, daß die von den Westmächten formulirten Bedingungen im Allgemei nen den Interessen Preußens und Deutschlands als vortheilhaft und als wünschenswerthes Ziel endlicher Verständigung sich darstellen. Dagegen müssen wir bestreiten, daß sie in den Verpflichtungen enthalten sind, welche Preußen durch die Unterzeichnung der Wiener Conscrenzprotokolle übernommen hat. Nach einer sofortigen Prüfung halten wir dafür, daß die Bedingungen der Wcstmächle, ihrem Sinn und Wortlaut nach, noch viel weiter über jene Ver pflichtungen hinausgchen, als die Eröffnungen des Petersburger Cabinets auf die Foderungen Preußens und Oesterreichs unter denselben geblieben sind. Ohne mit den Entschließungen der Staatsregierung bekannt zu sein und ohne denselben vorgreifen zu wollen, glauben wir, daß Preußen zu den Bedingungen der Wcstmächle keine andere Stellung wird cinnchmcn können als zu den Eröffnungen des Petersburger Cabinets. So wenig Preußen sich in der Lage befinden konnte, in Betreff dieser weiter zu gehen, als, bei dem lebhaften Wunsch, die Wege der Vermittelung wiedercröffnet zu sehen, und bei der gebotenen Rücksicht auf die lange Dauer der bisherigen politischen Verbindung, das wohlerwogene eigene Interesse sowie Deutsch lands und die loyäle Beobachtung eingegangener Verpflichtungen es gestat tete, so wenig darf Preußen nach der andern Seite hin diese Grenzen über schreiten. Wir dürfen demnach erwarten, daß Preußen wie bisher mit Oesterreich vereint in Petersburg seine Stimme im Interesse des Friedens