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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sicbculchn »nd die Nmgegenden. Amtsökatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme biS Montag resp. Donnerstag Mittag. 83. Dienstag, den 28. October 1878. In deinen Kindern sollst du wieder blühn! „In deinen Kindern sollst du wieder blühn!" Les' ich in Blumensamen und in Kernen. Ihr Eltern, seht dre Frucht von eurem Mühn! O möget ihr Dasselbe lesen lernen! In euren Kindern liegt die Ewigkeit, So lang die Erde ihre Sonn' umkreist, So lange nicht der Herr von Raum und Zeit Einst neue höhre Welten werden heißt. In deinen Kindern sollst du wieder blühn. Wenn du verwelkt und müde sinkst zur Erde, Soll sie noch volle Schaffenskraft durchglühn. Für ihre Kinder stark zu der Beschwerde. Und wenn du selber bist von edler Art, Kannst du vererben sie auf dein Geschlecht, Und wie dein Gott in dir sich offenbart, Kann auch Urenkel wallen, treu und echt. In deinen Kindern sollst du wieder blühn. O Vater, Mutter, wolle reich entfalten, Was dir an Güt' und Kraft der Herr verliehn! Nur dann kann es für Enkel sich erhalten. Dein Abbild soll der Sohn, die Tochter sein: O laß sie blühn in holder Geisteszier! Am schönsten zur Vollendung sie gedeih», Wenn Gottes Abbild deutlich lebt in dir. In deinen Kindern sollst du wieder blühn. O selig Kind, an dem, voll Güt' und Treue, Was an den Eltern Liebliches erschien, Von Gott gesegnet zwiefach rührt aufs Neue! Die neue Blume gleicht der alten ganz: Die neue Menschenblume aber soll Noch schöner vor uns stehn in Duft und Glanz, Im Herzen jeder Elterntugend voll. In deinen Kindern sollst du wieder blühn. Sind sie dir Last, o trage froh die Bürde! Sie sind dein Anker und dein Hoffnungsgrün, Und Vater, Mutter, sie sind deine Würde! Aus tiefster Seele preise dein Geschick, Daß du nicht einsam bliebst und kinderlos! Und wenn du in die Heimath kehrst zurück, Befiehl dem Herrn der Deinen Zukunftsloos! Die Stücke 9 und 10 des diesjährigen Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1873 — letzte Ab« scndung am 12. Juli 1873 — enthalten: No. 77. Bekanntmachung, den zwischen Sachsen, Preußen, Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt und Reuß jüngere Linie wegen Ausführung einer Eisenbahn von Erfurt über Saalfeld, Schleiz, Schönberg nach Weischlitz, nebst Zweigbahnen von Hettstedt nach Stadt Ilm und von Schwarza nach Königsee mit eventueller Fortsetzung nach Ilmenau unter dem 26. Januar 1873 abgeschlossenen Verlrag betreffend; vom 12. Mai 1873. No. 78. Verordnung, die zeitgemäße Negulirung der Werthe von baulich nicht veränderten Versicherungsobjecten betreffend; vom 17. Mai 1873. No. 79. Bekanntmachung, die Richtungslinie der Chemnitz-Aue-Adorfcr Eisenbahn betreffend; vom 3t. Mai 1873. No. 80. Verordnung, die Expropriation von Grundeigenthum für Erweiterung der Haltestelle Hainsbcrg betreffend; vom 14. Juni 1873. No. 81. Bekanntmachung, die Richtungslinie der Berlin-Dresdner Eisenbahn betreffend; vom 14. Juni 1873. No. 82. Bekanntmachung, die Richtungslinie der Chemnitz-Aue-Adorfer Eisenbahn betreffend; vom 16. Juni 1873. No. 83. Bekanntmachung, die Richtungslinie der Muldenthalbahn Glauchau-Wurzen betreffend; vom 13. Juni 1873. No. 84. Verordnung, von den Leichenfrauen auszustellcnde besondere Todesanzeigen betreffend; vom 26. Juni 1873. Gedachte Stücke des Gesetz- und Verordnungsblattes liegen 14 Tage lang in hiesiger Naths-Expedition zur Einsicht aus. Wilsdruff, am 24. October 1873. Der Stadtrat h. Bürgermeister Adv. Ernst Sommer. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 27. October 1873. Die neuesten Bulletins über das Befinden Sr. Maj. unseres ge liebten Königs lauten: Pillnitz Sonntag 26. Octobcr, früh 7 Uhr 33 Min.: Se. Maj. der König haben die verflossene Nacht ebenso verbracht wie die vorhergehende. Die Erscheinungen des Gehirn druckes (Bewußtlosigkeit) halten in gleicher Weise an; das Fieber je doch hat etwas abgenommen und der Puls ist voll und weniger frequent als gestern. — Nachmittags 2 Uhr 30 Minuten. Nach An wendung stärkerer Reizmittel hat sich bei Sr. Majestät der Puls Zwar noch mehr gehoben, die volle Bewußtlosigkeit dauert jedoch fort. vr. Fiedler, vr. Ullrich, vr. Brauer. Die bisher nur als Vorordnung erlassene Erhöhung der Taxord nung für die Advocaten ist nunmehr dem Landtage zur gesetzlichen Genehmigung vorgelegt worden. Die Erhöhung tritt besonders bei den Fällen ein, wo mehr der Aufwand an Zeit, als der an Arbeits kraft in Betracht zu ziehen ist, namentlich also bei Geschäften, die vom Sachwalter an Gerichtsstelle zu besorgen sind, den Terminen von Sachwaltern mit seinen Clienten, den Neisegebührcn und Diäten. Auch die Taxe in Strafsachen ist erhöht, so die Gebühr für die Be mühungen des Verthcidigers während des Anklageverfahrens, die mündliche Vertheidigung. Endlich die Taxe für die Bemühungen des Gütervertreters in Concursen. Aus Lausigk, 22. Octobcr, berichtet die „Leipz. Ztg.": In hiesiger Flur, in der Nähe der Lauterbacher Straße, ist gestern früh die auf dem Nittergute Lauterbach in Dienst gestandene zwciund- zwanzigjährige Dicnstmagd Auguste Ida Heßler ermordet aufgcfundcn worden. Der Urheber der Frevelthat ist zur Zeit unbekannt; selbst verständlich wird von den Organen der öffentlichen Sicherheit Alles aufgeboten, demselben auf die Spur zu kommen. Aus Plauen i. V. wird geschrieben: Auch bei uns äußert sich der aller Orten cintretende Rückgang der Geschäfte, vor Allem in der Reducirung der Production, der Entlassung zahlreicher Arbeiter und der Herabsetzung der Arbeitslöhne. Ein bedeutender Banqucrott ist auch bereits vorgekommcn, bisher aber glücklicherweise ohne Nachfolge geblieben. Bei unserer sehr zahlreichen Arbciterbevölkerung würden ausgedehntere Fallissements sehr bedenkliche Folgen haben müssen. Aus Pirna schreibt man den „Drcsdn. Nachr." über die vor gestern Abend erfolgte Ankunft des in Leipzig aufgcgriffenen Direktors der Pirnaer Bank, Marx, daß sich schon in den Nachmittagsstunden zahlreiche Menschen vor dem Bahnhofe versammelt hatten; viele der selben waren mit Knitteln bewaffnet. Um die drohende Lynchjustiz, der der Betrüger und Zugrundcrichter so vieler Familcn wohl am Hellen Tage nicht entgangen sein würde, wohl abzuwcnden, verzögerte sich der Zug bis Mitternacht 12 Uhr. Dies half aber nichts, die Menge harrte aus und überhäufte den sofort nach dem Arrcsthause abgcführten zitternden Verbrecher, ihn bis dahin begleitend, mit Schimpfworten und Drohungen. Marx hat gewiß Gott gedankt, als ihn die schützenden Mauern des Gefängnisses aufnahmen. Dem „Dr. I." berichtet man aus Lommatzsch, 23. October: Gestern Mittag in der 12. Stunde brach in Schwochau in dem, dem Gutsbesitzer Beger gehörigen Bcigute, welches nur von Miethbewoh- nern bewohnt wurde, Feuer aus, und nahm in den ziemlich alten Gebäuden rasch überhand. Infolge des heftigen Sturmes wurde auch die Scheune des Nachbars, des Gutsbesitzers Schanze, von den Flammen entzündet, und sowohl diese, als auch noch ein Stallgebäude von dem Gute eingeäschert. Leider ist in den Veger'schen Gute ein noch nicht 4 Jahre altes Kind, welches nebst zwei anderen Kindern mit Streichhölzchen gespielt und dadurch den Brand verursacht hat, in den Flammen umgekommen. Dem Geständnisse des 9 Vs Jahre alten Knaben Müller zufolge hat derselbe mit den beiden andern