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iE Sonnabend, 22. Mai. 1S0S Der sächWe Lrzähker, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschast, der Kgl. Schulinspektion und des Kgl. Hauptzollanttes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Donnerstag, -en 27. 0. M, von vormittags V4I0 Uhr ab Bautzen, am 18. Mai 1909. Königliche Amtshauptmannschast Kernsprechfteke Str. SS. Bestellungen werden bet allen Bostanstalrrn de» deutschen Reiche«, für Bischofswerda und Umgegend bet unseren ZettungSbstrn, sowie in der GeschSstSstelle diese« Blattes angenommen. Schluß der Geschäftsstelle Abmd» S Uhr. DreMadsech-tgster Jahrgang. Erscheint jeden Werktag abend« für dm folgend« La» und tostet einschließlich der Mittwoch« und Sonnabend« erschet» «nden.Brllrtristischrn Beilage* bet Abholung viertel» jährlich 1 50 «i, bet Zustellung in« Hau« 1 70 bei allen Postanstaltm 1 50 «i exklusive Bestellgeld. Einzelne Nummern kosten 10 Nummer der ZettungSpreiSliste 6587. Inserate, welche in diesem Blatte dir weiteste Verbreitung finden, werden bi« vorm. 10 Uhr angenommen, grSßer« und komplizierte Anzeigen tag« vorher, und kostet di« vtergrspaUme KorpuSzrile 12 <1, dir Rrklamezeile 30 Geringster Jnseratenbettag 40 Für Rückerstattung eingesandter Manuskripte usw. keine Gewähr Da« Sprengen in den Gärten aus der städtischen Wasserleitung, ferner das Laufenlassen des Wassers zu Kühlzwecken und zur Inbetriebsetzung der Springbrunnen wird wegen der jetzigen Trockenheit bis auf Weiteres untersagt. Zuwiderhandlungen werden gemäß 88 d und 17 des Regulativs, die Benutzung der städtischen Wasserleitung betreffend, vom 22. Juni 1898 unnachsichtlich mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder entsprechender Hast strafe geahndet. Der Wassermeister und die Polizeiorgane sind angewiesen, die Gärten und die Hausleitungen zu revidieren und Zuwiderhandlungen hier zur Anzeige zu bringen. Bischofswerda, am 21. Mai 1909. Der Stadtrat. s « s ZLv 2 " -2.^ - Z «-Z ß LSK--? ? L rr 8 3 z - s k 2 3 3 I > ! ! er er Öl' 8 der Kaiser zu der Haltung des Kanzlers in der Frage der Reichsfinanzreform seine Zustimmung ausgesprochen habe. Demnach kann also wenig stens das eine als feststehend gelten, daß in der weiteren Entwicklung dieser Angelegenheit vorerst mit keinem Kanzlerwechsel zu rechnen ist. Der Reichstag hat am Schlüsse seiner Sitzung von« Dienstag seine Pfingstferien angetreten, wie dies schon erwartet worden war. Als Beratungs gegenstand steht auf der nächsten Sitzung, die am 15. Juni "tattfindet, die von liberaler Seite ein gebrachte Interpellation betreffs der mecklenburgi schen Verfassungsfrage. In der letzten Sitzung des Hauses vor der Pfingstpause fand noch große Aufräumung mit gesetzgeberischem Material statt, denn es wurden in dritter Lesung erledigt und definitiv genehmigt die revidierte Berner Ueber- einkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, das Abkommen zwischen dem Deut schen Reiche und den Vereinigten Staaten über den gegenseitigen gewerblichen Rechtsschutz, das Münzgesetz, die Novelle zum Bankgesetz, die Vor lage, betreffend die Verwaltung des Inva liden- und des Hinterbliebenenfonds, das Vieh seuchengesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Mit dem vom Präsidenten Grafen Stolberg ausgesprochenen Wunsche fröhlicher Feiertage für alle Abgeordneten wurde die Sitzung beschlossen. Die Finanzkommission des Reichstages wählte am Dienstag zunächst ihren neuen Vorsitzenden, nachdem der bisherige Kommissionspräsident, der nationalliberale Abgeordnete vr. Paasche, die Wiederaufnahme des von ihm wegen der Opposition der Konservativen und des Zentrums gegen seine geschäftlichen Dispositionen niederge- legtcn Vorsitzes mit Bestimmtheit abgelehnt hatte. Auf Vorschlag von reichsparteilicher Seite wurde der konservative Abgordnetc v. Richthofen zum Vorsitzenden gewählt. Dann genehmigte die Kom mission den noch übrig gebliebenen Schlußartikel IV. des Tabakwertstcuerentwurfes der Subkom- missioii, womit die erste Lesung der Tabaksteuer- Vorlage erledigt ist. Dann trat die Kommission in die Beratung der von der Regierung vorgeschla- gcnen neuen Fahrkartensteuer ein, die in ihrem Kernpunkte einen 3>/.prozentigen Zuschlag auf die Fahrpreise in allen vier Wagenklasse» vor schlägt. Die Vertreter der Nationalliberalen, der Wirtschaftlichen Vereinigung und der Polen er klärten die Steuer auf die vierte Wagenklasse für- unannehmbar, während das Mitglied der Reichs partei für diese Ausdehnung der Fahrkartensteuer cintrat. Ueberhaupt verworfen wurde die Fahr- kartcnsteuer von freisinniger und sozialdmokrati- schcr Seite, sogar der Sprecher der Konservati- ! ven äußerte Bedenke». Der Zentrnmsredner iu- 3» ^»3 3 -» >. s Z-Z > 3 » - Z feiten der Reichsregierung, sie.müsse auf der Erb- anfallsteuer bestehen bleiben, noch immer kein be sonderes Gewicht beizulegen, was schließlich auch erklärlich ist, heißt es doch immer wieder, die Reichsregierung werde schließlich vielleicht doch noch eine Schwenkung nach der Seite der konservativen Fronte hin vollziehen. Indessen wird man sich im „Kabinett Bülow" einen solchen Schritt wohl zweimal überlegen, angesichts der Tatsache, daß die einzelstaatlichen Regierungen nach wie vor den Plan der Besitzbesteuerung aufrechterhalten; hat ja soeben erst der bayerische Thronfolger Prinz Ludwig in seinem Toast bei der Galatafel im Karlsruher Residenzschlosse diesen Standpunkt wiederum betont. Jedenfalls befinden sie sich hierin in Uebereinstiinmung mit den liberalen Reichstagsparteien, die ja vor allem ausreichende Besitzsteuern allgemeiner Art, aber nicht von jener der konservativerseits neu beantragten Besitzsteuer auf Wertpapiere und Wertzuwachs- und Umsatz steuer, auf Immobilien, fordern. In diesem konservativ-liberalen Gegensatz betreffs des Modus der geplanten Besitzsteuern liegt überhaupt der Kernpunkt der ganzen Krisis in der Finanzreform ; in wieweit da auf eine befriedigende Lösung noch zu rechnen ist, dies müssen die nächsten Wochen zeigen. HI Deutsches Reich. Der Kaiser nahm am Mittwoch vormittag vor dem Kurhause in Wiesbaden eine Parade über die dortige Garnison und einige andere Truppenteile ab; an die Parade schloß sich ein Vorbeimarsch sämtlicher Truppen vor dem Kaiser an. Gegen mittag trafen der Großherzog und die Großher zogin von Hessen zum Besuche bei den Majestäten in Wiesbaden ein. Später fand bei dem Kaiser paare im Schlosse größere Frühstückstafel anläß lich des Geburtstages des Kaisers von Rußland statt, bei welcher der Kaiser einen Trinkspruch auf den Zaren Nikolaus ausbrachte. Nachmittags be gab sich das Kaiserpaar, begleitet vom Prinzen Oskar, von der Prinzessin Viktoria Luise, dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen und vom Reichskanzler, mittels Automo bils nach Frankfurt a. M., wo die Majestäten dem Begrüßungskonzert der Pettsänger um den Kai serpreis beiwohnten. Dann fuhren die Majestä ten nach Wiesbaden zurück. — Die von vornher ein unglaubwürdigen Gerüchte von einer bevor stehenden Verlobung der jüngsten Tochter des Kai serpaares, Prinzessin Viktoria Luise, mit dem Erz herzog Karl Franz Josef von Oesterreich werden jetzt von der „Nordd. Allg. Ztg." bestimmt als erfunden bezeichnet. Zu der Audienz des Reichskanzlers beim Kaiser in Wiesbaden verlautet neuerdings, daß hierbei Die Krisis. . Die kritische innere politische Lage im Reiche, wie sie sich durch den bisherigen unerfreulichen Entwicklungsgang der Reichsfinanzreform gestellte! hat, ist nunmehr vom Reichskanzler Fürsten Bülow in einer fast zweistündigen Audienz, die er am Dienstag beim Kaiser in Wiesbaden hatte, einen Tag nach der Rückkehr des Monarchen aus Korfu, dargelegt worden. Ueber irgendwelche Ent schließungen des Kaisers auf Grund dieses ihm gehaltenen Vortrages des Kanzlers ist bislang noch nichts zuverlässiges bekannt geworden, in dessen ist kaum anzunehmen, daß die Wiesbadener Audienz schon eine allerhöchste Entscheidung gezeitigt haben sollte. Ist doch die gesamte bestehende Krisis so schwierig und verwickelt, daß schwerlich an eine sofortige Lösung derselben zu denken ist. Vermut lich wird Fürst Bülow seinem erlauchten Souverän zunächst nur die nötige allgemeine Orientierung über die zugespitzte Situation geben und dann vielleicht seine Meinung über die geeignetste Art und Weise, der entstandenen Schwierigkeiten Herr zu werden, angeknüpft haben. Die entstandene Situation selbst ist eben derartig verfahren und verworren, daß eine Klärung, so notwendig sie auch erscheinen mag, kaum im Handumdrehen er- solgen kann, sondern, daß es hierzu immerhin einer gewissen Frist bedürfen wird. Vielleicht darf man nun hoffen, daß die ein getretene parlamentarische Pfingstpause das ihre dazu beiträgt, eine Lösung der inneren politischen Krisis wenigstens anzubahnen, wenngleich erst die im Juni zu erfolgende Fortsetzung der Reichstagssession den Kern jeder Entscheidung in sich bergen wird. Bereits verlautet von bevorstehenden weiteren Ver handlungen des Reichskanzlers mit den Führern der Reichstagsparteien in Sachen der Reichsfinanz-- reform, wie solche bereits in den letzten Tagen vor seiner Abreise von Berlin nach Wiesbaden statt gefunden hatten. Auf solche neue Unterhandlungen deutet es auch hin, daß in einer zweifellos vom Fürsten Bülow selber „inspirierten* offiziösen Kundgebung in der „Köln. Ztg." die Anschauungen der Reichsregierung über die weiterhin zu unter nehmenden Schritte dargelegt werden. Hiernach soll zunächst eine Einigung über die indirekten Steuern im Bettage von 400 Millionen Mark versucht werden, und dann an die Feststellung der Be steuerung des Besitzes gegangen werden, durch welche die restierenden 100 Millionen Mark neuer Reichseinnahmen zu beschaffen sein würden. Hier bei muß es sich also auch entscheiden, ob die Konservativen in der Tat entschlossen sind, für alle Fälle an ihrer bisherigen schroffen Opposition gegen die Nachlaßsteuer resp. der Erbanfallsteuer festzuhalten. Bis jetzt scheint man konservativer seits den Versicherungen und Erklärungen von