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Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.03.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188603269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860326
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860326
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-03
- Tag 1886-03-26
-
Monat
1886-03
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.03.1886
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7» — «. ÄhrMj,. AbonnementspreiS: Der unvarteiische — jeden Wochentag Abend (mit dein Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende — kanöes-Anzeiger mit Beiblättern lostet monatlich 60 Pfg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei der Post. (Eingetragen unter Nr. 4833.) Im 4. Quartal erscheint für Abonnenten Iahresbuch (Weihnachtsbeigabe) d- Anzeigers. Verlag: Alexander Wiede, Buchdruckeret, Lhcmnitz. Sächsischer Fm-es-Inmier Freitag LS. März 188S. JnsertionSpreiS: Raum einer schmalen Korvuszeile 18 Pfg.; — Reklame (Ispaliige Petitzeile) 30 Pfg. — BeiWiederholuug großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifüge« lie 8 Silben Korpusschrift bilden ca. 1 Zeile). Annoncenannahme: nur bis Vormittag. Ekbeditie» und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Ar. L. Telegramm-Adr.: Wiede'» Anzeiger, Chemnitz. Fernsprechstelle Nr. 136. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Matter: „Tägliches UnterhaUungsbirlN" Illil hammstisih iltastmtes SamtaMtt „Lustiges Bilderbuchs. rrrbonnemeutSEinladttttg Für da- am 1. April beginnende neue Quartal nehme« die Postanstalten, sowie in Chemnitz uud Umgegend di« Ausgabestelle« «bonuemeutSbestellungen auf deu „Sächsischen Lander-Anzeiger" mit seine» Beiblätter» zum Preise von 1 Mark 80 Pfg. entgegen. Der Sächsische LandeS-Anzeiger ist in der dentscheu Post-ZeitungS-PreiSliste unter Nr. 4633, in der österreichischen unter Nr. 2108 eingetragen. Im Beiblatt: „Täglicher Unterhaltungsblatt" beginnen wir am 1. April de« Triminal-Roma»: „Ein Thaler" von dem viel genannten Romanschriftsteller Adolf Streckfuß. Neben diesem größeren Roman haben wir für das neue Quartal wieder eine Reihe hochinteressanter kleiner Novellen, Feuilletons re zum Abdruck für unseren LandeS-Anzeiger erworben. Um abermaligen recht zahlreichen Beitritt «euer Abonnenten bittet die Verlags-Expedition des Sächsischen Landes-Anzei gerS. Unsere geehrte« Wost-yrvounenten ersuchen wir, das Abonnement für das neue Quartal möglichst bi» zum 28. Mä-z «neuem zu wollen, damit in der Zusendung der Exemplare keine Unterbrechung eiutritt. Bei verspätet hier eintreffenden Post-Abonnement-.Bestellungen erhebt die Post für Nachlieferung bereits erschienener Nummern eine Extragebühr von 10 Pf. Die BerlagS-Expeditio« des Sächsischen Landes-Anzeigers. Amtliche Bekanntmachungen sächsischer Behörden. Laut der in dem Verordnungsblatt« der Königlichen KreiShauptmann schüft zuZwickau Nr. 3 enthaltenen BekanntmachungPnd süriden Monat Februar dieses Jahres in dem Hauptmarktorte Chemnitz folgende Durchschnittspreise für Fourage-Artikel ermittelt und festgestellt worden: für den Centn«: Hafer 7 Mark 13 Ps., Heu 3 Mark 45 Pf., Stroh 2 Mark SO Pf., und wird dies in Gemäßheit pct.IH. der Verordnung des Königlichen Krieg-Ministeriums vom 22. Mai 1877 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 225 slg.) hiermit öffentlich bekannt gemacht. Chemnitz, am 22. März 1886. Die Königliche AmtShauptmannschaft. Der Materialwaarenhändler Herr Karl Ernst Goy in Grüna beabsichtigt, in dem unt« Nr- 29V des Brandversicherungs-CatasterS, Nr. 81b deS Flur buchs für Grüna gelegenen Grundstücke eine Schlächterei zu errichten. In Gemäßheit § 17 der Reichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 wird dies mit der Aufforderung hindurch bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hier gegen, soweit sie nicht auf besonderen PrivatrechtS-Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, allhier anzubringen. Chemnitz, den 19. März 1885. Die Königliche AmtShauptmannschaft. Die auf bez. Fol. 118, 1355, 1485, 1951, 1962, 2279, 2424, 2608. 2619 2782 und 2811 des Handelsregisters für den Stadtbezirk und Fol. 266 und 296 des Handelsregisters für den Landbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts eingetragenen Firmen: Julius Ruppert, H.Häsner, Emil Richter, Carl Rein, Victor Nes, F. A. Hiltscher, Moritz BatschiS, Werner L Skall, Ernst Kränkel, Deutsche Kettenstuhlfabrik Hermann Vincent und Adolph Hanna, sämmtlich in Chemnitz, sowie A W. Semmler in Neustadt und Bollentin L Schröder in Harthau sind erloschen. Chemnitz, am 23. März 1886. Königliches Amtsgericht Im Handelsregister für den Landbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 358 vcrlautbart, daß der Kaufmann He« Johannes Louis Leberecht Voigt aus der Handelsgesellschaft unter der Firma Becher L Co. in BurkhardtSdorf als Mitinhaber ausgeschieden ist. Chemnitz, am 23. März 1886. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 24. März. Berlin. Am Freitag wird im Reichstag di« zweit« Lesung der Monopolvorlage vorgeuommen werde«. Im Abgeordnetenhaus« soll die Canalvorlag« auf die Tagesordnung gesetzt werden, falls bis dahin Minister Maybach zurückgekehrt ist. Im Htrrrnhanse kommt die kircheupolitische Vorlage am Sonnabend zur Verhandlung. Zur Zeit bemühen sich die Mitglieder der kircheupolitische« Commission des Herrenhauses noch immer zu einer Vereinbarung über Amende ments zu kommen, welche dem Centrum di« Annahme der Vorlage ermöglichen sollen. Mau hofft bis morgen früh eine solche Verein barung erzielen zu können. Herr Windthorst nimmt namentlich an zwei Punkten wesentlichen Anstoß, nämlich au der Ausdehnung, welche die apxsllatio tsnguaw ad abusu trotz aller Einschränkung noch immer behalten hat, und an der Absetzbarkeit der Bischöfe. In diesen Beziehungen würde die Curie sich niemals nachgiebig zeigen, und wen,« darin keine Arnderung getroffen würde, so müßte das Ceutrnm die ganze Vorlage verwerfen, auf die Gefahr hin, dieselbe gänzlich zum Scheitern zn bringen. Brannschweig. Der Landtag genehmigt« in seiner Abeud- sitznng einstimmig und debattelos die Militäreonvention mit Preußen Wien. Da« Abgeordnetenhaus beschloß mit großer Majorität da» Eingehen in die Specialdebatte de» Budget». Dafür stimmt« auch der deutsch-österreichische Elnb, dagegen nur die änßerste Linke. Sodann wurde nach längerer Debatte der Dispositionsfonds mit Majorität angenommen, nachdem Taaffe da-Vorgehen der RrgierungSpreffe wiederholt gerecht- sertigt hatte. Wien. In Vorarlberg ist in Folge Erdabrutschung der Bahn- verkehr augenblicklich unterbrochen. Die Züge von Lindau fahren nur bi» Blndenz. An der Freimachung de» Bahnkörpers wird eifrig gearbeitet. Lüttich. Die Arbeitseinstellung in den in der Nähe der Stadt befindlichen Gruben ist eine allgemeine. Vor der Stadt haben sich augenblicklich gegen 1500 Arbeiter angesawmelt, da in den Werken von Marguerite, Lahaye und Esperance die Arbeit eingestellt ist. Bo« den bei den letzten Ruhestörungen Betheillgten find 27 vor Gericht gestellt. Die Artillerie uud di« Bürgergarde find unter Waffen, di« Garnison ist konfignirt. — In Tockeril ist ein «euer Streik auSgebrochrn. Der Streik der Stahlarbeiter in Anglenr und Tillrur verläuft friedlich. Vielfach find aufreizende Broschüren, be- titelt „BolkSkatechiSmuS", vertheN worden. — Der bei de« Unrnhen vom 19. März verhaftete Wagner, welcher die Menge zur Plünde rung aufreizte, ist zu sech-monatlichem Gesängniß verurtheilt. Staat ««- «Rieche Chemnitz, deu 25. März. In diesen Tagen wird im preußischen Herrenhause die ent scheidende Berathung der vielbesprochenen Kirchenvorlage stattfinden. Wir sagen entscheidend mit Absicht I Seitdem der Bischof von Fulda Mitglied der ersten preußischen Kammer geworden, ist der Schwer punkt in der Kirchenpolitik aus dem Abgeordnetenhause fort- und in da» Herrenhaus verlegt worden. Der Bischof 0r. Kopp ist nicht mehr und nicht weniger als ein nichtofficieller Vertreter deS Papstes in Berlin, und als solcher spricht er ganz im Einverständniß mit der Kurie in Rom; sein Wort entscheidet für die CentrumSpartek in Kirchenfragen. Auf die Stellungnahme des Bischofs zu dem neuen Gesetz kommt deshalb Alles an; erklärt er sich für dasselbe resp. unter Vornahme einiger weiterer Abänderungen, so ist die Vorlage ohne Weitere» endgültig genehmigt und es verlohnt sich kaum noch, ein Wort darüber zu sprechen. Zugleich ist damit dann der Kirchen friede thatsächlich zu Stande gekommen, wenn auch wohl weitere Kirchengesetze nicht auSbleiben werden; lehnt der Bischof aber die Vorlage ab, oder erklärt er sie für nicht genügend, so kann sie zwar trotzdem ebensogut im Herrenhause wie im Abgeordnetenhause von den Regierungspartei« angenommen werden, aber auf dem Weg zum Kirchenfrieden wäre damit kein weiterer Schritt gethan: Weder der bisherigen Politik deS Papstes Leo Xlll., noch der Person des Fulda« Kirchenfürsten, entspricht eine schroffe Ablehnung der Vorlage, wie sie aus der Commission des Herrenhauses hervor- gcgangen ist. Der Bischof wird, auch wenn er der Vorlage nicht zu stimmen kann, es an höflichen und verbindlichen Worten nicht fehlen lassen, welche die Ablehnung wohl versüßen, sie aber freilich nicht ver decken können. Ob aber der Bischof die Ablehnung aussprechen wird? Von einer Seite wird eS behauptet, aber diese Seite hat keine Garantieen dafür geböten, daß fie die Wahrheit sagt; daß die Vorlage den Wünschen des Papstes vollständig genügen wird, ist nicht recht anzunehmen, aber zwischen Ablehnung und Zustimmung giebt es noch mancherlei Wege, und wir glauben, die Verhandlungen werden beweisen, daß diejenigen richtiger urtheilten, welche einen Abschluß des Kirchen- friedenS, wenn nicht sofort, so doch in nicht allzu ferner Zeit in Aussicht stellten, als diejenigen, welche sich jetzt bemühen, den kirchenpolitischen Himmel möglichst schwarz zu schildern. Das erste Auftreten des Bischofs von Fulda im Herrenhause bot eine Ueberraschung dar; diese Erfahrung mahnt umsomehr zur Vorsicht bei Prophezeiungen über das bevorstehende zweite Debüt. Die Kirchenvorlage, wie sie die Kommission deS Herrenhauses in ihren geheimen Sitzungen beschlossen hat, kommt den Wünschen RomS in Bezug uns die Erziehung der Geistlichen und die kirchlich« DiSciplinargewalt ganz außerordentlich weit entgegen. Di« Rechte, welche sich der Staat vorbehält, stehen eigentlich nur auf dem Papier oder es ist doch wenigstens völlig freier Spielraum in ihrer Au Wendung gelassen. Thatsächlich ist die Erziehung deS katholischen Klerus bereits völlig frei gegeben, denn eS liegt auf der Hand, daß der Staat, nachdem er soweit gegangen, durch scharse Auslegung des Gesetzes neue Schwierigkeiten nicht schaffen wird. Dann hätte das ganze Gesetz überhaupt keinen Zweck. Es kommt auf das Vertrauen an, welches die oberste Leitung der katholischen Kirche zu der preußischen Regierung hegt; ist dies nur gering, dann kann aller ding» um die Worte noch ein hitziger Kampf entstehen, andernfalls aber wird eine geeignetere Fassung der Bestimmungen zum Ausgleich führen. Es läßt sich schwer entscheiden, ob ein Ausgleich, falls er jetzt oder in einiger Zeit erfolgt, für alle Zeiten genügt, oder ob abermals umfassende Gesetzesänderungen sich als nothwendig, wenn nicht früher, so doch später, erweisen werden Biel kommt dabei auf die maßgebenden Persönlichkeiten in Berlin und Rom an. Daß Konflicte mit Rom immer wieder möglich, zeigen die Ereignisse in dem fast ganz katholischen Frankreich. Von einem guten Einver nehmen zwischen der französischen Regierung und der römischen Kirche kann auch nicht entfernt die Red« sein, e» hat im Gegentheil wiederholt eine hochgradige Spannung bestanden, die nur mühsam verdeckt aber nicht beseitigt ist! Um wie viel leichter also könnten nicht neue Differenzen zwischen Berlin und Rom eintreten? Es liegt gleichmäßig im Interesse de» Staates, wie der Kirche friedlich neben und miteinander zu wirken; aber dies Einvernehmen wird nur dann dauernd sein, wenn auf beiden Seiten die dauernde Neigung znm Entgegenkommen auf Grund einer festen, sicheren Gesetzgebung vor handen ist. Politische Rundschau. Chemnitz, de« 25. März. Deutsche- Reich. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht fol- genden Erlaß deS Kaiser» an den Reichskanzler: Noch ist die freudige Bewegung, welche jüngst bei der Feier Meine» füufund zwanzigjährigen Regierung» - Jubiläum- durch da» ganze Land ging, Mir in lebendiger Erinnerung, noch ist der tiefe Eindruck, welchen Ich durch zahlreiche Huldigungen an jenem Tage empfunden, Meiner Seele nicht entschwunden und schon wieder nach Verlauf von nur wenigen Wochen stehe Ich vor der Fülle von Glück- nud Segens wünsche», welche Mi» von Meinem geliebten dentscheu Voll« von Nah und Fern zur Vollendnug Meine» 89. Lebensjahres am 22. März in mannigfaltigster Weis« dargebracht worden find. In Adresse« nud Telegrammen wird Mir von städtische« und kirchlichen Gemeinde«, von Korporationen, Vereinen, Verbänden uud Anstalten jeglicher Art Liebe nud Anhänglichkeit auf» neu« bestätigt. Poesie, Musik, Malerei nnd Kuustgrwerbe sind in den Dienst deS Tage» gestellt, Mir auch sichtbare Zeichen treuer Ergebenheit zn gewähren. Ueberall im Lande ist die Wiederkehr Meines Geburtstage» al» nationaler Fest begangen worden. Inmitten de» reichen Blumenflor», welcher Mir von verschiedenen Seiten gespendet wurde, schlägt Mein Herz In dankbarer Frend« über die erhebenden patriotischen Kund gebungen. An» ihnen schöpfe Ich ement die Kraft nnd da» Ver traue», trotz Meine» Alters für de» Volke» Wohlfahrt in ernstem Bemühen auch ferner, so lang« r» Gotte» Wille ist, zu wirken. Tief gerührt von so viele« Beweisen warmer Theilnahme drängt e» Mich, Allen, welch« dnrch liebevoll« Aufmerksamkeiten beigrtragen haben, Mir de« neunzigsten Geburtstag zu einem weihevollen Festtage zu gestalten, den innigsten Dank dafür anszusprechr». Ich beauftrag« Sie, diese« Erlaß zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. — Folgende Alarmuachricht veröffentlicht die „Freist Ztg.:" „Der Reichskanzlerhat von Recht-gelehrten Gutachten erbeten darüber, wie ohne Zustimmung de» Reichs tage» da» geltende, bekanntlich ans direkter ge heimer und gleicher Wahl beruhende Reichstags wahlrecht beseitigt werden könne I" Nehnliche Nachrichten waren früher schon verbreitet; damals hieß e- aber al» Antwort, die Wahl beruhe auf der Verfassung uud könne nur unter Zustimmung de» Reichstages selbst abgeäudert werde«. Irgend welche Folge« wird auch die jetzige Umfrage, wen« fie wirklich statt- finde» sollte, was wir vorläufig stark bezweifeln, nicht habe». Da» .Berliner Tageblatt" bemerkt zu der Angelegenheit: „Schon seit Wochen kurfiren in parlamentarischen Kreisen Gerüchte über Er wägungen, welche daraus hinauSlanfen, die Grundlagen de» ver fassungsmäßigen Wahlrechts im deutschen Reich zu ändern. Nachdem diese Gerücht« weitere Verbreitung «hatten habe«, glaube» anch wir von denselben Notiz nehmen zu sollen, ohne jedoch vorläufig au ernst. Haft gimeinte Pläne nach dieser Richtung zu glauben. E» hieße die» die friedliche inner« Entwickelung de» dentscheu Reiche» zerstören, und deshalb nehmen wir von diese« ungeheuerlichen Gerüchte« nur unt« de» größten Reserve Notiz. — Di« Reichsverfassung bestimmt in Ar- tikel 20: „Der Reichstag geht au» allgemeinen und direkte» Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor"; und in Artikel 78: „Veränder ungen der Verfassung erfolge» im Wege der Gesetzgebung". Nach Artikel 5 ist zu einem ReichSgesetze die Uebereinstimmung der Mehr heitsbeschlüsse von BundeSrath und Reichstag erforderlich. — I» München nimmt «in« Untersuchung gegen Sozialisten wegen geheimer Verbindungen immer größere Dimensionen au. 40 Personen find schon vorgeladen. England« Der Nothstaud unt« den Arbeitern wächst noch immer» und bl» jetzt ist «och keine Aussicht auf Beffernug d« Ge schäft« vorhanden, durch di« allein dem Elend «in Ende gemacht werden könnte. Dabei herrscht unter de« Arbeitslosen große Un zufriedenheit über die Weise, wie der UnterstützungSfoud» vrrtheilt wird. I« dem VerwaltungSauSschnffe fitzen meist Geistliche, welche in ihrer Unerfahrenheit gerade die brotlosen Arbeiter am wenigsten bedenke». Orient. Au» Athen wird London« Blättern gemeldet, daß König Georg di« Zustimmung zu der Mobilifirung vo« 22000 Man« weiterer Truppen erst geben werde, wenn da» Ministerium feldmäßig« Ausrüstung »achgewiesen habe« wird, und da» ist unmöglich. Beide Parteien, Delyanny» und TrikuplS, sind von ihrer kriegerischen Ohn- macht durchdrungen» ab« während Delyanui» den durch die ftemdrn Geschwader augedrohten Zwang als ein« Erlösung herbeiwünscht, empfindet TrikupiS diese» Zwang als eine national« Schmach und räch z« trotzigem Vorgehen, in d« Ueberzrngung, daß t» die Mächte bei der Drohung bewenden lassen und kein europäische» Schiff eine« Schuß auf die griechische Flotte abfeuern werde. — Egypten ist jetzt wieder einigermaßen zn Geld gekommen, fing» finde» sich auch Lieb hab«. Der früher« Khedlve JSmail beansprucht nachträglich noch eine Entschädigung von hundert Millionen Mark. Warum jetzt erst? Die Sache kommt vor ein europäische» resp. internationale» Gericht, «nddas wirdih» etwa» abschlägig bescheiden. —Rußland läßt in Bulgarien ungemein wühle«, natürlich Alle» auf Kosten de» großen Beutel» in Petersburg. Das soll denn so auSsehen, al» käme Alle« au» dem tiefsten Herzen der Bulgaren. In Sofia läßt mau die russische» Agenten gewähren, denn auf da» eigentliche Volk üben sie doch keinen " luß au»; da» kennt die russische Wirtschaft a«S dem „ff." RkirS dem Reichstag. —nn. Berlin, den 24. März. Auf der Tagesordnung stehen nur Anträge Der Antrag Auer betr. die Organisation von GewcrbeschiedSgerichten wird abgelehnt und darauf ei» Antrag der Commission angenommen, den Reichs kanzler um eine Vorlage betr. obligatorische Einführung von Ge werbegerichten zu ersuchen, deren Beisitzer zu gleicher Zahl au» Arbeitgebern und Arbeitern bestehen sollen Der Antrag Viereck (Soz.) um Aufhebung deS Dynamitgesetzes wurde abgelehnt. Zu dem An trag betr. obligatorische Einführung von Gewerbegerichten beantragt Abg. Schneider (freis.) Streichung des Wortes „obgligatorisch". DaS könne man nur sagen, wenn das Reich die Kosten übernehmen wolle. Abg. Struckmann (nat.-lib). Geh. Rath Bosse unter stützen den Antrag Schneider, der aber abgelehnt wird. Abg. Viereck begründet seinen Antrag auf Aufhebung des Dynamitge setzes mit der Behauptung, die Attentate würden absichtlich von Polizeispitzeln angestiftet, das Gesetz sei also gar nicht nothwendig. Geholfen habe es bisher auch nicht». Es sei s. Z. mit Vorsicht»- und gewissenloser Eile abgefaßt. (Redner wird für diesen Ausdruck zur Ordnung gerufen.) Er kommt zu dem Endresultat, daß da« Gesetz nur die Entwickelung der Sprengstoff-Jndustrie hemme, deshalb müsse es also fort. Abg. Windthorst empfiehlt Ablehnung de» Antrages Viereck. Wir müßten gegen die Anarchie gut gewappnet sein, die außerordentlichen Zustände unserer Zeit erforderten auch außerordentliche Sicherheitsmittel. Was Viereck von dem Ursprung der Attentate gesagt, sei doch mehr als sonderbar. Nachdem noch Lenzmann (Demokrat) CommissionSberathuug befürwortet, um zu prüfen, ob da» Gesetz nicht zu verbessern sei, wurde der An trag Viereck, wie schon gesagt, abgelehnt. Sächsische» Landtag. Die Sitzung der Zweiten Kammer begann gestern um 11 Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst der mündliche Bericht der Finanzdeputatiou L über die Petition der Gemeinde Bernsbach und Umgegend wegen Verlegung der Bahnstation Lauter, welche» Heger giebt. Di« Deputation beantragt, die Petition der Re gierung zur Kenntuißnahme zu überweisen. Nach Befürwortung diese» Anträge» dnrch die Abgg Möbius und Kirbach wird derselbe an genommen. — Alsdann giebt Abg. v. Bosse den mündliche« Bericht der GesetzgebnngSdeputatio» über da» VereinigungSv«fahren mit der Ersten Kammer über die Aufenthaltsverbot« gegenüber bestraften Personen. Der VereinignngSvorschlag enthält verschieden« Bestimmungen, nach welchen unter gewissen Bedingungen da» Aufenthattsnerbot auf gehoben ist. Dieser Vorschlag gelangt mit alle» gqeu 2 Stimmen zur Annahme. Anch dem VereinigungSborschlage betreffs der Be stimmungen über Rindviehjuchtgenvffenschafte«, wozu Abg. v. Kirch- bach den Bericht giebt, tritt die Kammer ohne Debatte bei. Damit schließt die Sitzung um halb 12 Uhr.
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