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Züfarntr pro Zeile 10 Pf., Auges. 20. Pf. AMdiLiou: Waldenburg, Obergaste 291L. Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt siir de« Stadtrath zu Waldenburg. 198. Donnerstag, den 27. August 1891 Witteruugsbericht, ausgenommen am 26. August, nachm. 4 Uhr. Narometerstaud 760 WM. reductrt auf den Meeresspiegel. Thermometerstaud -s- 23° 0. (Morgens 8 Uhr -s- 20°.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 45°/o. Thaupuukt -s- 12 Grad. Windrichtung: Südwest. Daher Wttternngsausfichtev für den 27. August: Ziemlich heiteres Wetter mit mäßigem Wind bei wärmerer Temperatur. Aufgehoben wird die für heute Donnerstag Nachmittag im Schützenhause zu Waldenburg angesetzte Auction. Waldenburg, am 27. August 1891. Richter, Gsrichtsvollz. *Walveuburg, 26. August 1891. Unter den Beschlüssen, welche vom internationalen socialistischen Congreß in Brüssel gefaßt worden sind, befindet sich auch ein solcher, welcher gegen den „Mi« lttarismus" protestirt. Dazu findet sich in der Ein leitung des Buches des Grafen Moltke über den deutsch- französischen Krieg die Bemerkung, daß heute die Kriege nicht mehr so sehr von den Fürsten, sondern von der Bevölkerung gemacht werden, und wenn man noch et was weiter gehen will, von bestimmten Theilen der Bevölkerung. Diese Erscheinung hat sich in den letzten großen Kriegen schon ohne Ausnahme gezeigt. Daß es 1866 nicht Kaiser Franz Joseph in ersten Reihe i war, welcher den Krieg herbeisührte, ist bekannt; der Krieg mochte über lang oder kurz eine politische Noth- Wendigkeit sein, den directen Anstoß gaben gewisse Kreise in Wien. Der dritte Napoleon war noch viel - weniger ein Freund des deutsch-französischen Krieges, und erst recht nicht war Kaiser Alexander II. von Rußland für den Türkenkrieg von 18/7/78 eingenom men. Es machten sich in Frankreich, wie in Rußland - Volksströmungen zu Gunsten des Krieges geltend, die - dann allerdings von einflußreichen Personen in der i Näbe des Herrschers unterstützt wurden. Sowohl 1870/71, wie 1877/78 hat man gesehen, welchen traurigen Erfolg dieses blinde Daraufloswüthen hat, . beide Staaten sind schwer geschädigt, Frankreich in Folge seiner schweren Niederlagen, Rußland trotz seiner s Siege, die frelltch so mühsam errungen waren, daß sie einer halben Niederlage gleichkommen. Trotz dieser bitteren Erfahrungen ist in beiden ! Staaten, rechts und links von unseren deutschen Gren- : zen, auch nicht das Geringste gebessert, und in den ' letzten Monaten hat sogar die Kriegslust der Bevölke- s rung reißend zugenommen. Man kann gegenüber der s Art des Empfanges, welchen die Franzosen >in Ruß- .' land bei ihrem Floltenbesuche erhalten haben, gleichgiltig s bleiben; daß die russischen Offiziere vor Freude wie ? außer Rand und Band waren beim Erblicken der - französischen Gäste, kann nicht überraschen, daß der ; Czar die Marseillaise stehend anhörte, kann nur die« jenigen enttäuschen, welche von ihm shochdachten, daß ; die betrunkene Bevölkerung denen zujubelte, denen zu s Ehren so und so viel Branntweinfässern der Boden eingeschlagen war, ist nur russisch. Aber daß heule jeder echte Russe vom Beamten bis zum Straßenlump nur von den „verfluchten" Deutschen spricht, die der Czar vernichten wird und vernichten muß, das ist nicht gleichgiltig. Der Panslawismus hatte bisher vor allen Dingen seinen Einfluß auf höhere Gesellschaftskreise, Offiziere und Beamten, ausgedehnt. Nun hat man aber auch glücklich dem Pöbel weis gemacht, daß der Deutsche ; ausgerottet und vertilgt werden muß, wenn es dem s Russen gut gehen soll. Für eine Bevölkerung von s der Kulturstufe der russischen genügt der blinde Haß s ohne Gründe, und wenn Jemand den russischen Mu- ; schiks erzählt, daß sie jeden Tag eine Flasche voll f Branntwein extra bekommen, wenn die Deutschen aus - der Welt geschafft seien, so glauben sie auch daran. ' Von kleinen Beispielen kann man auf große schließen; nun, was sagten die russischen Auswanderer im städti- - schen Obdach in Berlin, in welchem sie wochenlang s umsonst genährt waren, als sie nun für guten Tage lohn arbeiten sollten? „Für deutsche Hunde arbeiten wir nicht!" Dieser furchtbare Deutschenhaß findet sich doch ganz gewiß nicht blos bei diesen Auswanderern, denen in Deutschland nur Gutes erwiesen ist, sondern ziemlich überall. Jahrelang, seit dem Berliner Congreß von 1878 hat man in Rußland den Haß gegen Deutsch land gesät, und nun ist die Saat aufgegangen. Man schreit: Krieg mit den Deutschen! Der Czar sagt's nicht, der Pöbel schreit's, und ein Glück ist es, daß die Leidenschaften dieses Pöbels sich auch einmal gegen den Czarthron richten können, wenn die Dinge nicht so gehen, wie man erwartete, daß sie gehen könnten. Wäre dem nicht so, Kaiser Alexander hätte wohl schon die Faust am Säbel. Noch viel deutlicher, wie in Rußland, tritt dieselbe Erscheinung in Frankreich zu Tage. Ein französischer Staatsmann, unstreitig der fähigste, den die französische Republik heute besitzt, Jules Ferry, hat es bekanntlich j einmal versucht, mit dem deutschen Reiche, wenn nicht / gerade in Freundschaft, so doch in gutem Einvernehmen - zu leben. Welchen Dank hat Ferry davon gehabt? f Er wurde gestürzt und kann es heute noch nicht wie- i der wagen, sich um eine Ministercandidatur zu be° s werben. Manche französische Regierung, sehr viele ! einsichtige Politiker in Paris haben gewiß die ernste ! Neigung gehabt, mit Deutschland zum Frieden zu s kommen, aber die Furcht vor der von den Revanche- s männern trre geleiteten Bevölkerung hat sie gehindert, ' diese Absichten in Thaten umzusetzen. Wer erinnert ! sich denn nicht, wie schmähliche Scenen sich während ? des Aufenthaltes der Kaiserin Friedrich in Paris er- ' eigneten, wie die französische Regierung zu den Flege- - leien ihrer lieben Bürger auch nicht eine Silbe sagte? Und weiter, welche schamlosen Verdächtigungen hat nicht i die Pariser Presse über den bekannten unbedeutenden ! Unfall des deutschen Kaisers verbreitet, ohne daß eine einzige Behörde einschritt? Alles das ist französisch. Auf den Wahnsinnstaumel, in welchen das gesammte Volk nach dem Flottenöesuch in Kronstadt verfiel, wol len wir noch gar nicht weiter eingehen, nur eine ein zige Frage möchte angesichts desselben aufgeworfen werden, nämlich die: „Was würden dis Folgen ge wesen sein, wenn während dieses Taumels ein neuer Schnäbelezwischenfall stattgefunden hätte?" Darauf giebt es nur eine Antwort: „Ein Krieg!" Die Franzosen sind wohl in ihrer gegenwärtigen Tollheit noch nicht so vermessen, daß sie annehmen, der Czar werde zugleich mit ihnen gegen Deutschland losschlagen, k aber das glauben sie doch ganz bestimmt, daß Rußland ; sie nicht im Stiche lassen wird. Die Franzosen, das i französische Volk, will heute mehr denn je den Krieg, ° davon läßt sich gar nichts fortreden, es kümmert sich - nicht um des Krieges Schrecknisse, Gefahren und Ver luste, man will kurzer Hand den Krieg, und wenn ; dieser Wille in deutlicher Weise einmal auftritt, dann ! wird keine französische Regierung, mag sie heißen, l wie sie will, im Stande sein, den Krieg zu verhindern. ' Mit der Thatsache müssen wir rechnen, daß wir / heute einen Fürstenbund in Europa haben, welcher : mit aller Gewalt bemüht ist, den Krieg zu verhindern, den Staaten und ihren Bürgern den Frieden und - die Friedensarbeit zu erhalten, daß wir aber zwei Nationen haben, die in ungenirtester Weise auf den Krieg hinarbeiten, die im gelindesten Falle ihn nur als Frage der Zeit bezeichnen. Die Beantwortung der Frage, wie lange Europa noch Frieden haben wird, ist zum guten Theil von der Beantwortung der anderen abhängig: Wie lange werden sich in Ruß land und Frankreich die Volksleidenschaften noch bannen lassen? In Frankreich werden sie im Zaum gehalten nur durch die bisherige ruhige Haltung des Czaren; ein einziger Wink von diesem, und das französische Volk würde seine Regierung zum Kriege mit Deutsch land zwingen. Buchstäblich wahr ist es also, daß heute der Schutz des Friedens bei den Fürsten liegt, während wildbe wegte Volksleidenschaften ihn bedrohen. Zum guten Glück riskirt der Czar aller Reußen bei einem Welt kriege ein ganzes Stück mehr, als ein kiLugais'-, er hat es nicht so eilig mit dem Los schlagen, und wir brauchen uns deshalb keinen über- großen Sorgen hinzugeben. Aber was will, darüber muß man doch nachdenken, der schneidigste „Militaris mus" bedeuten im Vergleich mit der wahnwitzigen Kriegssucht zweier Nationen? Politische Rundschau. Deutsches Reich. Unser Kaiser arbeitete am Dienstag im Neuen Palais zu Potsdam unt den höheren Marinebehörden und hörte alsdann den Vortrag des Generalstabschefs von Schlieffen und des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke. Am Nachmittage sahen die Majestäten die Minister Graf Zedlitz und Thielen, und andere hochstehende Personen als Gäste bei sich im Neuen Palais. In München zur Beiwohnung der bayerischen Manöver wird der Kaiser am 7. Septem ber abends eintreffen. Die Wiederabreise erfolgt am 11. vormittags. Die große Parade findet am 8., die Manöver finden am 9. und 10. September statt. Ueber das Verhältniß des Fürsten Bismarck zu den Kaisern Friedrich und Wilhelm II. schreibt die „Münch. Allg. Ztg.": Wir möchten die Mittheilung eines englischen Schriftstellers berichtigen, welcher kürz lich ein Buch über Kaiser Wilhelm II. veröffentlicht hat. Der Autor erzählt darin, daß, als der Kron prinz im Frühling 1887 von der ergebnißlosen Kur in Ems in Kenntniß der Natur seines Leidens nach Berlin zurückgekehrt sei, er dort eine Thronentsagung unterzeichnet habe, in welcher er für den Fall, daß er feinen Vater überlebe, zu Gunsten seines ältesten Sohnes auf den Antritt der Regierung verzichtete. Außer dem Kronprinzen hätten nur Kaiser Wilhelm I., der jetzige Kaiser und Fürst Bismarck von diesem Schriftstück gewußt, welches der Kanzler in das Hausarchiv nieder - gelegt habe. Erst später habe die Kronprinzessin da gegen Einspruch erhoben. Die ganze Geschichte ist er funden, Kaiser Friedrich hat weder jemals eine Thron entsagung unterzeichnet, noch ist ihm eine solche von irgend einer Seite zugemuthet worden. Kaiser Wil helm I. hat noch in seinen letzten Lebenstagm, wenn er der Krankheit seines Sohnes gedachte, mit keiner Silbe einem Gedanken an einen Thronverzicht des letzteren und an eine andere Regelung der Thronfolge