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SWsche WlksMung «Erscheint täglich «ach«, mit Ausnahme der Eorur- a. Festtage. ve-ngSpreiSt MerteljShrl. IMk.80 Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 6888. Bei auherdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer IO Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht «nd Freiheit. vricd<lnitltettl, HeOalrtioi, una SercbaNrrteller Dresden, Pillnitzer Straße 43. Inserat» werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 18 Pf. berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt l. Nr. 1366. Nr. S44 «atholikenr Chrysanthus. 25. OElllötr 1903. Protestanten: Wilhelm. S. Jahrgang. Schutz gegen die Sozialdemokratie. Geheime Konferenzen, in denen über die Mittel und Wege beraten wird, um die Sozialdemokratie erfolgreich zu bekämpfen, werden laut offiziöser Mitteilung gegenwärtig in Preußen abgehalten. Andeutungen der „Berliner Politischen Nach richten" zufolge handelt es sich um einen „ans den bürger- lichen Parteien heraus" gemachten Versuch, „der Ausbreitling der sozialdemokratischen Propaganda einen Damm entgegen zustellen. ohne von der Regieruna zu verlangen, das; sie ihre bei der ganzen Parlamentarischen Lage aussichts losen Bemühungen erneuert, der Vergewaltigung der nicht wirklich zur Sozialdemokratie gehörenden Arbeiter auf gesetzgeberischem Wege ein Ende zu bereiten". Wenn sich das wirklich so verhält, dann können wir uns von den Konferenzen keinen großen Erfolg versprechen, denn wenn es ein wirksames Mittel gibt zur Bekämpfung des zunehmenden Einflusses der Sozialdemokratie in den Arbeiter kreisen, dann ist es gerade der Schutz der nichtsozial demokratischen Arbeiter gegen rechtswidrige Ver- gemaltigung seitens der Sozialdemokratie. Es sind erst in jüngster Zeit wieder eine ganze Reihe von Fällen vor gekommen, in denen Arbeiter, die nichtsozialdemokratischen Verbänden angehörten, gezwungen wurden, entweder die Arbeitsstelle zu verlassen, oder einer sozialdemokratischen Organisation beizntreten. Die Arbeitgeber hatten eben nicht den Mut oder nicht die Macht, dem sozialdemokratischen Terrorismus entgegenzutreten. Wie solche Erfahrungen aus den Arbeiter, der sich bisher von der Sozialdemokratie ferngehalten hat, wirken müssen, liegt auf der Hand. Es ist kein Wunder, daß die Anhängerschaft der Sozialdemokratie in den Kreisen der industriellen Arbeiter immermehr wächst. Hier liegt eine Pflicht des Staates vor. dem Arbeiter das Recht auf Arbeit zu wahren. „Koalitionsfreiheit" ist nicht gleichbedeutend mit „Zwang zur Koalition". Deshalb bleibt erstere gewahrt, auch wenn letzterer bekämpft wird. Mit Rücksicht auf die bestehende Gesellschaftsordnung und auf die drohende Gefahr einer Störung derselben durch den jetzt geübten Koalitionszwang hat das Reichsgericht in wiederholten Entscheidungen sich zu Grundsätzen bekannt, die es ermöglichen, diejenigen Personen zu bestrafen, die das Recht der Arbeitswilligen auf Arbeit in so empfindlicher Weise kränken, wie das in jüngster Zeit wieder mehrfach der Fall war. Allein dadurch werden doch nicht die Anstifter zu solchen Straftaten, d. h. die Leiter der Arbeiterbewegung getroffen, und deshalb ist ein stärkerer Schutz der Arbeitswilligen geboten, als er zurzeit besteht. Aus der Beeinträchtigung des Rechtes ans Arbeit erwächst dem Gemaßregelten, ganz abgesehen von dem strafwürdigen Eingriffe an sich, ein Vermögensnachteil, wegen dessen er einen Anspruch auf Entschädigung gegen die Urheber und Anstifter erheben kann. Allein überwiegend sind diese nicht in der Lage, ihn schadlos halten zu können. Eine erfolg reiche Geltendmachung des Entschädigungsanspruches ist deshalb nur zu erwarten, wenn es gelingt, die Gewerk schaft für die Handlungen ihrer Organe verantwortlich zu machen, d. h. das Gesamtvermögen für die auf deren Verhalten ursächlich zurückführbaren Entschädigungsansprüche beschlagnahmen zu können. Daß dies nach heilte geltendem Rechte bereits möglich sei, ist zwar nicht zweifelsfrei, aber doch immerhin in so hohem Grade wahrscheinlich, daß für die nichtfreien, d. h. die christlichen Gewerkschaften und für die Verbände der Arbeitgeber es sich verlohnt, einen diesbezüglichen Rechtsstreit gerichtlich anhängig zu machen. In England, dem Mutterlands der Koalition, wurde die Trade Union, d. h. der Gesamtverband, zum Ersätze des Schadens verurteilt, der durch den Ausstand der Eisenbahn bedienstelen verursacht war. Auch das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch und das Strafgesetzbuch bietet hinreichende Anhaltspunkte, um die freie Gewerkschaft mit ihrem Ver mögen für die durch ihre Organe verursachten Entschädigungs ansprüche haftbar zu machen. Sollte aber diese Rechts anschauung gerichtliche Anerkennung nicht finden, dann müßte das Einfügen einer diesbezüglichen RechtSregcl, sei es in die Gewerbeordnung oder in das Bürgerliche Gesetzbuch angeregt werden, wie solches der Deutsche Tischlertag und der Jttnungsverband Deutscher BaugewerkSmeister erst unlängst beschlossen haben. Wir sind überzeugt, daß der Reichstag zu einer derartigen, gleichzeitig der Bekämpfung der Sozialdemokratie dienenden Maßnahme gerne die Hand bietet. Politische Rundschau. Leutschland. - DaS religiöse Bekenntnis deS Kaiser« bei der Kon- firi.iztlonsfeier seiner Skhne ist. wie wir vorausahnten, so- wohl von der orthnd^n. als auch von der modernen Theologie für sich uuSgenützt worden. Beide behanpten, er habe in ihrem Sinne gesprochen. Die „Saalezeitung" bringt nachgerade einen Jubelartikel und sagt, der Monarch habe die religiöse „Persönlichkeit" Christi in einem Sinne hervorgehoben, wie eS in den letzten Jahrzehnten von fast allen Kathedern der theologischen Fakultäten, insbesondere der Ritschlschen Schule, gesagt sei. Der Kaiser gehe mit der modernen Theologie de: Weg der „Verinnerlichung" des Dogmas vom Physisch-Wunderbaren an der Person Christi znm „Wunder" seiner religiösen Persönlichkeit. Es läßt sich allerdings nicht verkennen, daß für diese Auf fassung vieles spricht, trotzdem nötigen die Worte des Kaisers nicht zwingend zu einer Auslegung im Sinne des Ritschlianismus. Die Orthodoxen belieben daher das gleiche Spiel in entgegengesetztem Sinne. Darüber braucht man sich nicht zu wundern. Die liberale Theologie hat es seit einem Mcnschenalter verstanden, die Ausdrücke der theolo gischen Bestimmungen vollständig anders zu verstehen. Hält man an dem ursprünglichen Sinne der Worte fest, wie sie der Kaiser sprach, so wird man sagen müssen, daß die Rede „gläubig" klingt. Aber Harnack versteht die Worte ganz anders. Der liberale Theologe bekennt freudig die „Gottessohnschaft" Christi und proklamiert als seinen leiten den Grundsatz, daß „allein in Christo das Heil" sei. und doch gibt er zu, wenn man ihm näher rückt, daß in seinen Augen Christus ein bloßer Mensch und demgemäß auch seine religiöse Auffassung als eine rein subjektive und un- § verbindliche aufzufassen sei. Durch diese Kunst des Um- deutens hat die liberale Theologie verstanden, äußerlich am Christentum festzuhalten und dasselbe zugleich innerlich vollständig auSzuhöhlen. — Der Präsident des Reichs-Militärgerichts, General der Infanterie, Freiherr Jnlins v. Gcmmingen, ist am Freitag im Alter von l>0 Jahren gestorben. Der Verstorbene machte die Feldzüge 1866 und 1870/71 mit, 1888 wurde er Chef des Generalstabs, 1000 wurde er znm Präsident des Reichsmilitärgerichts ernannt und 1002 znm General der Infanterie befördert. — Die Generalsynvdc in Berlin faßte neuerdings den Beschluß, daß die Kirche den Zweikampf mit tät licher Waffe als sündhaft verwerfe. Sie hoffe zu Gott, daß er unserem Volke und seinen Gebietern Gnade und Weisheit geben möge, diesem Nebel — insonderheit ans dem Wege eines wirksamen Schutzes der Persönlicheil Ehre — fortschreitend entgegenzutreten, bis wir davon erlöst sind. — Eine Borlage über die Aendcrnng des Biirsen- gcsetzes wird von der „Voss. Ztg." für die nächste Reichs- tagssession angekündigt. Zugleich werde eine Aendernng des Stempelgesetzes beantragt werden, durch welche die Umsatzsteuer ans die Sätze vor dein Gesetz vom 1-1. Juni 1000 ermäßigt wird. — Die Gründung eines apologetische» Instituts in der Schweiz ist ans dem letzten Schweizer Katholikentag be schlossen. Die Hauptaufgabe des apologetischen Instituts ist die Abfassung und Massenverbreitung volkstümlich gehaltener Broschüren in Fällen bedeutender antikirchlicher Bewegungen, ebenso die Massenverbreitung von Separatabdrücken und einzelnen Nummern von Zeitungen mit beachtenswerten apologetischen Artikeln in der ganzen Schweiz oder in einzelnen besonders bedrohten Gegenden. Eine ähnliche Einrichtung, Zentralauskunftsstelle für die katholische Presse genannt, haben wir schon seit einigen Jahren in Deutsch land. Dieselbe hat sich miss Beste bewährt und beweist die Notwendigkeit der systematischenlleberwachnngdergegnerischen Presse, sowie der energischen Abwehr aller Angriffe von Tag zu Tag deutlicher. Auch in Oesterreich hat sich diese Einrichtung außerordentlich bewährt, und es wäre sehr zu wünschen, wenn die übrigen Länder, besonders Italien, Nachfolgen würden. Ein besonderes Interesse an diesen apologetischen Instituten und der „Zentralanskunftstelle" nimmt offenbar der Klerus, gegen den sich in erster Linie die Angriffe der kirchenfeindlichen Presse richten. Ein einzelner ist hier machtlos; wie die Angriffe systematisch, organisiert und prinzipiell geschehen, so muß es auch bei der Abwehr sein, und dazu ist in jedem Lande eine derartige Organisation not- wendig, wie wir sie in Deutschland in der ZentralauSkmifts- stelle (0. 8.) (Leiter: I)r. Kaufmann, WeiSmes, Bezirk Aachen) haben, und diese einzelnen AnSkunftSstellen müssen wieder unter einander in Verbindung stehen. Nur fehlt bis jetzt noch eine gemeinsame finanzielle Unterstützung, ohne welche nichts erreicht werden kann, jedoch werden auch da hoffentlich sich Mittel und Wege finden lassen. — Das Verhalten der polnischen Oderschlefier hat in den süddeutschen Zentrumskreisen doppelt unangenehm be rührt ob der Kurzsichtigkeit der treibenden polnischen Kreise. Obwohl jedermann, der ein wenig in der Politik sich ans kennt, weiß, daß Dankbarkeit eine Blume ist, die hier sich nie entfaltet, so hat man doch nicht damit gerechnet, daß die Undankbarkeit der Polen eine solch große sein würde. Solange das Zentrum besteht, hat dieses stets treu und offen die Interessen der Polen verteidigt, soweit dieselben berechtigt waren; das wurde in den letzten Jahren ebenso gehalten, wie vor einem und zwei Jahrzehnten. Was hat nun die polnischen Oberschlesier zu ihrer politischen Schwenkung veranlaßt? Die Ursache liegt nicht beim Zentrum; die Polen allein sind es, die sie hervorgernfen haben. Noch bei den letzten Reichstagswahlen hat es wahrlich das Zentrum an Entgegenkommen nicht fehlen lassen, aber schon damals wurde das von den Polen nicht anerkannt. Wer allerdings das Verhalten der polnischen Reichstagssraktion seit einigen Jahren genau verfolgt hat, ist von der heutigen Konstellation durchaus nicht über rascht. Wir erinnern nur an die Beratung der lox Heinze, wo doch eine allgemein christliche Frage ans der Tages ordnung stand; trotzdem haben die Polen die Obstruktion mitgemacht und sich nachher mit nahezu lächerlichen Aus reden zu rechtfertigen gesucht. Seit einer Reihe von Jahren konnte man beobachten, wie innerhalb der polni schen Fraktion der radikale Flügel immer mehr Oberwasser gewann, und jetzt hat er gesiegt. Das ist auch eine Frucht des HakatiSmns. Ueber die künftige Stellungnahme der ZentrumSfraktion zur polnischen Fraktion haben wir uns hier nicht weiter auszulassen. Das Zentrum wird, wie bisher jede gerechte und berechtigte Forderung des polnischen VolksteileS unterstützen, weil eben Gerechtigkeit seine Richt schnur ist; persönliche und sachliche Verstimmungen dürfen und können hier nicht den Ausschlag geben. Das Zentrum wird gerade ans die Maßnahmen der preußischen Regie rung in den Polnischen Landesteilen auch künftighin ein wachsames Auge haben, denn dort ist der Wetterwinkel eines neuen Kulturkampfes. Fürst Bismarck hat es schon in seinen Gedanken und Erinnerungen öfters ausgesprochen, daß der nächste Kulturkampf in Polen sich abspielen werde; ein Kulturkampf im Osten aber wird seine Rückwirkung ans ganz Deutschland ansüben. Das müßten auch die Polen bedenken: ihr Verhalten kann für den gesamten Katholizismus in Deutschland von den schwersten Folgen sein, und deshalb ist auch ihre Verantwortung nicht gering. Oefterreich-Ungarn. — Die ungarische Ncnncrkommissien hat angeblich be raten und auch Beschlüsse bez. der Armeesprache gefaßt, die Minister Lukacs dem Kaiser vorlegen soll, über den Inhalt ist aber nichts bekannt. Unterdessen befleißigt sich die magyarische Presse eines fast revolutionären Tones gegen den Kaiser und Oesterreich. Kaltblütigere Zeitungen meinen, das Ende vom Liede werde der Untergang der ungarischen liberalen Partei sein, da sie vom Radikalismus jetzt schon überflügelt sei. — Ein weit angenehmeres Bild bietet die ungarische Katholikcnversammlung. Am dritten Tage sprach ^ Bischof 1)r. Wolafka über „Aufgaben der Katholiken gegen- ! über dem Sozialismus". Der Redner hob hervor, man > könne nicht alles am Sozialismus verwerfen, wie auch ^ nicht alles annehmen. Um die wahren, gesunden, berech tigten Ideen und Forderungen heransznfinden, müsse die soziale Frage studiert werden, das Volk aber ernüchtert werden von utopistischen Phantasien, der Arme und Arbeiter müsse geschützt und dessen materielle Besserstellung und moralische Hebung müsse von Stufe zu Stufe fortschreitend erstrebt werden. Mit freimütigen Worten berührte Redner auch manche Wunde im katholischen Lager. Großen Beifall fand die Rede des Pfarrer Törük über die Rettung der kleinen Landwirte und Gewerbetreibenden. Er verlangt Schaffung von landwirtschaftlichen Kammern. I)r. Nyäray betonte die Notwendigkeit der Getreide-Lager- Häuser zur Hintanhaltnng des Zwischenhandels. Propst Schiffer bat die Pfarrer und Eltern, die jungen in die Stadt ziehenden Leute dem Gesellenverein zu empfehlen. I)r. Frei legte für die menschliche und christliche Behandlung der Dienstboten in den Familien eine Lanze ein und forderte Dicnstboteiiheiine, Mädchcnpatronage-Vcrcine nsw. Frankreich. — Das kurz schon erwähnte Vertrauensvotum, welches die Regierung erlangt hat, geht ans folgende Vorgeschichte zurück. Im Parlament wendete Aynard (Progressist) sich gegen Combes, dem er vorwirst, er vernachlässige die all gemeine Politik und beschäftige sich lediglich mit der reli giösen Frage. Seine Politik sei nur ein religiöser Krieg. Redner befürwortet eine Politik der Freiheit und weist die Beschnldignng zurück, daß die liberalen Republikaner sich mit der Rechten verbündet hätten. — Im weiteren Ver laufe der Sitzung kam es zu Reibereien zwischen Motte «Progressist), welcher die ihm von Sembat «Sozialist) zu- gerufene Bezeichnung „Ausbeuter" znrückwies und Sembat. der erklärt, er übernehme die Verantwortung fiir seine Worte. Bourgeois droht, er werde den Präsidentensitz ver lassen. Schließlich werden 7 Tagesordnungen eingebracht. Combes erklärt, er nehme nur die von Sarnen eingebrachte an, in welcher eS heißt, die Kammer billige die Erklärung der Negierung, und gehe unter Ablehnung jedes Zusatzes zur Tagesordnung über. Diese Tagesordnung wurde, wie berichtet, als Vertrauensvotum für die Regierung mit zirka lOO Stimmen Mehrheit angenommen. Oftafien. — Der japanische Gesandte in Paris, Motono, erklärt das Gerücht von einer nahen Kriegserklärung zwischen Rußland nnd Japan für unbegründet. Man könne nicht einmal von Kriegsdrohungen sprechen. Der Gang der Ver- Handlungen in Tokio sei ein befriedigender. Japan suche eine Bürgschaft für seine sehr berechtigten Interessen zu er langen, hege aber die versöhnlichsten Gesinnungen: Rußland l ^ 1