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Nummer 18t — LS. Fahrga«^ Erscheint «mal n-»che„tl!ch «lt den Ilk»sttl»«1«n SrattttetlaaM „Die Welt' und .Für unsere Nein»» Leut,', sachte den thA beilage» .llnler-attung und Nissen". „Airch, und Weil", „Dle Welt der Frau", „AerzMcher Ratgeder", .Literarisch, Beilage", „Ftlmrundschau". Monatlicher Bezugspreis 3.- Ml. einsch^. Bestellgeld. «I»,einummer 1« Sonntagnummer 8« Hauptschristleiter: Dr. G. DeSezhk, Dresden. Sonntag» Ken 7»August t-L7 sendiuig durch die Post autzerdem Porto,uschütg. Im Fass« höherer Gewalt erlischt jede Bechflichtung auf Lieserung sowie Srsllllung v. «n,eigen-«usttögen u. yeistung.v. VqgdenerssL- GeschMicher Teil: Art»» Len,, Dresden. GeschSftSftell«, Druck».Verlagi Germania.«^», sur Berlag und Druckerei, Filiale Dresden. Dresden-«, l. Poliersiraße l7. FeninisLlvlS. Postschecklonto Dresden 270Z. Bauklonto: Gtadtdank Dresden Nr. «171» Für christliche Politik und Kultur Redaktion de» GSchsische« B»tt«i»t1iuta Dresdeii-Alistadt 1. Polierstrahe 17. Fernruf 20711 und »1012. Dinge» -ie auch uns angehen Während sich die Völker mit innerpolitischen Zug stücken unterhalten — Deutschland mit der „Neichsvan- nerkrise", Frankreich mit der Heeresreform, Amerika mit dem Fall der Anarchisten Sacco und Banzetti — ziehen über den Horizont der internationalen Politik drohende Erscheinungen wie ferne Gewitter. Die Beachtung, die sie in Deutschland finden, ist nicht übermäßig groß. Den noch können die Entscheidungen, die sich hier vordereiteil, auch für uns von höchster Bedeutung werden. Da ist in Genf die Konferenz der drei gro ßen Seemächte England, Japan und Amerika er gebnislos abgebrochen worden. Ziel der Konferenz war gewesen, eine Beschränkung nach Zahl und Größe auch für die mittelstarken und kleinen Kriegsschiffe zu erreichen, ähnlich wie die Konferenz von Washington 1921 eine solche Beschränkung erreicht hatte für die Groß- kampfschisse. Der Plan scheiterte, weil England bei der weitreichenden Verzweigung seines Weltreiches Wert legen muh auf eine große Anzahl kleiner und schneller Kreuzer, während Amerika, dem nicht ein gleich großer Apparat von Kohlenstationen zur Verfügung steht, grö ßere Kreuzer auf Kiel legen will, die fast an die Klasse der Linienschiffe heranreichen. Dieser Gegensatz hat sich nicht überbrücken lassen. Man ist auseinandergegangen mit der Versicherung, daß ein Krieg zwischen Amerika und Großbritannien ein Ding der Unmöglichkeit sei; das ändert aber nichts an der Tatsache, daß diese beiden Brächte weiterrüsten. Gegen wen denn? Nach Vernich tung der deutschen Flotte kommen nur noch die drei Mächte der Konferenz überhaupt ernstlich für einen Krieg zur See in Frage. Man kann ruhig den Versicherungen glauben, daß London und Washington gegenwärtig kei nen Krieg zur See wollen. Sie halten sich aber diese Möglichkeit offen. lieber die Gründe des englisch-amerikani schen Gegensatzes, der hier so offen zutage getre ten ist, werden mannigfache Erörterungei. angestellt. Die große Entwicklung dieses Gegensatzes liegt freilich vor aller Augen. Das Ergebnis des Krieges war für Eng land, daß es einen Konkurrenten, Deutschland, los ge worden war, dafür aber einen viel gefährlicheren in Amerika erhalten hatte. Das zeigt sich schon äußerlich in der Tatsache, daß die Flotte- der Vereinigten Staaten heute ebenso stark ist wie die Englands. Zum ersten Male seit einem Jahrhundert gibt es eine Streitmacht, die mit Aussicht auf Erfolg der „großen Flotte" des bri tischen Weltreiches gegenübertreten könnte. Gefähr licher als diese militärische Stärke ist die finanzielle: Amerika hat England, den allmächtigen Geldgeber der Vorkriegszeit, auf weiten Gebieten verdrängt. Nicht die Londoner, sondern die Neuyorker Börse bestimmt heute den Geldmarkt in erster Linie. Auf Jahrzehnte hinaus hat England sclpvere Jahresleistungen zur Abdeckung der Kriegsschulden an Amerika zu zahlen. Und den Kampf um d>e Rohstoffquellen der Erde hat die amerikanische Wirtschaft erfolgreich mit der englisäzen ausgenommen. Großbritannien verteidigt sich, Amerika führt im Be wußtsein seiner Kraft aus allen Gebieten den Angriff. Mit friedlichen Mitteln, heute. Wer aber kann sagen, ob bei dieser Auseinandersetzung das letzte Mittel immer außer Betracht bleiben wird? Die anderen Großmächte nehmen bei diesem Gegen satz der größten Spieler auf der Bühne der internatio nalen Politik ihren Vorteil wahr. Japan hält sich an England; es fühlt sich im Stillen Ozean von Amerika bedroht, teilt außerdem mit England das Interesse, eine Einigung der chinesischen Machthaber zu verhindern. Rußland hofft ein Nachlassen des Druckes, den Eng land seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gegen die Sowjets aufgewenüet hat. Alle Geldmärkte schienen für Rußland gesperrt. Wird nun eine Lücke in der antibolschewistischen Front entstehen? Wenn man das Interesse sieht, das die amerikanische Standard Oil Senke r Die Welt (Illustrierte Wochenbeilage) Die deutschen Sender (Funkbeilage) Unterhaltung und Wissen Recht für alle. Aerztlicher Ratgeber. Turnen. Sport und Spiel Filmrundfchau Auf Wunsch aus unserem Leserkreise bringen mir I» der heutigen Nummer nochmals eine vollständige und übersichtliche Zusammenstellung der ab I. August gültigen Postgebühren. WWW»»»»————— > ' Vorwürfe und Freundschafksbekeuerungen in Amerika und England — Die Schuldfrags Washington, 3. August. Staatssekretär Kellogg gab zum Fehlschlagen der Genfer Konferenz folgende Mitteilung aus: „Ich bedauere natürlich, dag es der Genfer Konsereuz nicht gelang, eine Einigung Uber die Seeabrüstung zu erzielen. Sir wurde vom Präsidenten vorgeschlagsn in der Hoffnung, eine beträchtliche Nerringerung der Bauprogramme herbeizuführen. Er glaubte, dag, wenn drei Seegrohmächt« eine solche Beschrän kung verabreden, damit das Wettrüsten und die großen Lasten der beteiligten Länder vermieden und der Welt ein moralisches Beispiel gesetzt würde. Wir sahen keinen Anlutz, der die Sicher heit dieser Mächte bedrohen oder ein größeres Vauprogramm rechtfertigen könnte. Es stellte sich jedoch als unmöglich heraus, die Seerüstung«» zu verringern oder auf eine nach unserer An sicht angemessene Höhe zu beschränken. Was wir erstrebten, das war eine Ausdehnung der Grundsätze des Wa shingtoner Abkommens auf andere Kriegs schi f s t y p e n. Es ergab sich jedoch, daß dies nicht möglich war, ohne eine beträchtliche Erhöhung unseres Kreuzerprogramms und das halten wir weder für erforderlich noch für zweckmäßig. Ich glaube nicht, daß die Bereinigten Staaten einer solchen Aufrüstung mit allen sich daraus ergebenden Folgerungen ihre moralische Billigung geben können. Wir schlugen 300 00» To. für Kreuzer vor, aber wir beabsichtigten nicht, diese Zahl um 126 000 To. oder noch mehr zu erhöhen, nur um einen Vertrag zu schließe». Nach dem Abschluß des Washingtoner Abkommens beschnitten die Bereinigten Staaten ihr Bauprogramm für Linienschiffe erheblich und zerstörten die größte Linienschifsloite der Welt. Mr brachten größere Opfer als irgendein anderes Land, indem wir 780000 To. in Linienschiffen auf Abbruch gaben. Wir hatten Anlaß anzunehmcn, daß Groß britannien sich zu einer wirklichen Verminderung seiner Eeeriistung entschließen würde und unsere Delegierten arbeiteten eifrig und gewissenhaft auf dieses Ziel hin. Japan war sogar bereit, noch unter unsere Höchstziffer zu gehen. Ich glaube jedoch nicht, daß die Erörterungen in Genf zwecklos waren und bin sicher, daß das Mißlingen einer Einigung im gegenwärtigen Zeitpunkt die freundlichen Beziehungen zwischen der britischen Regierung und den Bereinigten Staaten nicht trüben wird. Ich halte das jetzige Ergebnis nicht sür endgültig und bin überzeugt, daß di« in Genf geleistete Arbeit den beteiligten Regierungen die Grundlage zu weiteren Besprechungen geben und es ermög lichen wird, die auseinandergehenden Ansichten zu einer Ueber- einstimmung zu sichren, und in naher Zukunft ein Abkommen über die Beschränkung der Hilfskriegsschisfe zu schließen." London, 5. August. Abfällig« Kritik an der britischen Politik auf der See abrüstungskonferenz wird außer von dem Arbcitcrblatt ..Dailu Company für die russischen Petroleumquellen zeigt, die noch gestern für die englische Royal-Dutch-Shell-Gruppe gesichert schienen, möchte man es fast glauben. Hier bietet sich für die geschickte Diplomatie der Russen die erste Ge legenheit seit langer Zeit, sich von den Mißerfolgen in China und London zu erholen. Sehr merkwürdig ist die Art, in der Frankreich die neue Lage auszunuhen sucht. Poinaree, der während der Krankheit Briands sehr energisch die Führung auch in außenpolitischen Dingen wieder in die Hand genom men hat, will offenbar das durch den Versailler Vertrag gegebene Uebergewicht Frankreichs auf dem europäischen Kontinent, das nach London und Locarno erschüttert schien, wieder Herstellen. Diese Taktik ist nicht neu; schon in früheren Jahren hat es Frankreich verstanden, von England freie Hand gegen.Deutschland zu erlangen durch Zugeständnisse auf anderen Gebieten. Die Aus leg ung des Locarno-Bertrages und der Völkerbundsakte ist der Gegenstand der Ausein andersetzung, die der französische Ministerpräsident her aufbeschworen hat. Zuerst hat der belgische Kriegs minister de Broqueville — gewiß nicht ohne vorherige Verständigung mit Paris — die Diskussion begonnen mit der Behauptung, Deutschland habe immer noch nicht abge rüstet, sondern bilde in der Reiäzswehr nach dem alten „Krümper-System" Reserven aus. Poincare führte dann den Angriff in seinen Sonntagsreden von Luneville und Orchies fort, indem er wieder einmal feierlich vor aller Welt die alleinige Kriegsschuld Deutschlands glaubte feststellen zu können. Ausgerechnet die Londoner „Ti mes", das offiziöse Blatt der englischen Regierung, unter strich diese Ausführungen Poinaeres — ein ziemlich Heralb" nur noch von „Daily New» und „West» minst er Gazette" geübt. „Daily Thronte!«" schiebt den Amerikanern die ganze Schuld an dem Miß erfolg zu. Die konservativen Blätter verteidigen sämtlich in maßvollen Wendungen die von den britischen Vertretern gegen über Amerika eingenommene Haltung und betonen die freund« schajtlichen Gefühle, mit denen man auseinandergegangen setz Ausgesprochenes Vergnügen äußert „Daily Expreß". Das Blatt Lord Beavcrbroocko schreibt: Was soll jetzt geschehen? Dia Antwort lautet: Nichts. Großbritannien, dis Vereinigten Staaten und Japan werden fortfahren, wie früher, soviel« Kriegsschiffe zu bauen, wie die Umstände nötig machen, und keine darüber hinaus. „Daily Telegraph" sagt: Die wahre Lehr« von Genf ist, daß die Herabsetzung der Rüstungen eine viel kom pliziertere Sache ist, als der gewöhnliche Mann annimmt, und daß Amerika, das sich völliger Sicherheit und Einheit erfreut, die Schwierigkeit, die das Problem sür Großbritannien und Europa bietet, erheblich unterschätzt. „Morning Post" sagt: Die Konferenz hat wenigstens den Zweck gehabt, die Heranwachsende Generation an die Not wendigkeit des Schutzes der Seevcrbindungen des Reiches zu erinnern. Andererseits kann durch einen offenen und sreund- schaftlichen Meinungsaustausch niemals besonderer Schaden an gerichtet werden. Die radikale „Daily New s" spricht im Zusammenhang mit der Konferenz von einem „unglaublichen Wahn sinn" und sagt: Weder Großbritannien noch Amerika können sich ihrer schweren Verantwortlichkeit durch erneutes Vorträgen ihrer Auffassung entziehen. Der erste Fehler war die hastige Einberufung der Konferenz ohne angemessene Vorbereitung. Der zweite Hauptfehler war, daß den Marinesnchverständigen er laubt wurde, die Hauptrolle zu spielen, d. h. also Männern, deren berufliche Pflichtaufsassung sie veranlassen mußte, so wenig wie möglich nachzugeben und das ganze Problem auf das tiess Niveau technischer Berechnungen zu bringen. Der Genfer Korrespondent der „Times" sagt: Der ameri kanische Delegierte Eibson habe in seiner gestrigen Rede einen von den anderen verschiedenen Ton angeschlagen und die Kon ferenz aus der Atmosphäre der Versönlichkeit in die der Polemik zurückgeworfen. Es sei die stärkste Annäherung an eine „Kamp s. rede" geipesen, die die Konferenz erlebt habe. Der Washing toner Korrespondent der „Times" schreibt: Jeder Senator, mit dem man die Frage neuerdings erörtern konnte, scheint von de« fixen Idee besessen zu sein, daß der Wunsch der britischen Re gierung „über den neutralen Handel in Krscgszeiten eins Polizeiaufsicht ausznüben", den Felsen bildete, an dem die Kon ferenz scheiterte.' deutlicher Wink, daß England sich in diese kontinentalen Angelegenheiten nicht einmischen will. Schließlich Kain als Abschluß die französische Note an den Völkerbund, die eine Investigation, also eine vom Völkerbund aus vorgenommens militärische Kontrolle in Deutschland for dert. — Keine Rede ist mehr von der Herabsetzung der Truppenzahl im Rheinland. Dafür aber hat der Ver traute der französischen Regierung, Sauerwein im „Ma tin" die Möglichkeit angedeutet, daß Deutschland durch einen dauernden Verzicht auf den Anschluß Deutsch- Oesterreichs die R ä u m u u g erlangen könnte. Und der italienische Ministerpräsident Mussolini hat die Wiener Unruhen zum Anlaß genommen, um seinen alten Grund satz zu wiederholen, daß der Anschluß ausgeschlossen sei. Kein Mensch kann behaupten, daß die außen- politische Lage Deutschlands unter diesen Umständen eine günstige sei. Die Gefahren, die sich aus den außenpolitischen Spannungen ergeben, sollte man lieber überschätzen als unterschätzen. Die Reichsregierung, die am 10. August wieder einen Kabinettsrat ab hält, wird sich mit diesen Dingen ernsthaft zu beschäftigen haben. Ob eine neue „große Aktion" Deutschlands in der Außenpolitik zu erwarten ist, von der manche wissen wollen, steht dahin. Aus jeden Fall wird die Regierung der Unterstützung der ge samten deutschen O e f f.e n t l i ch k e i t bedür fen, wenn sie die Winkelzüge der Gegner durchkreuzen will. Dazu ist allerdings notwendig, daß sich alle Deut schen, ohne Unterschied der Partei, darüber klar sind, daß nicht die innerpolitische, sondern die außenpolitische Entwicklung sür das Leben und die Freiheit unseres Vol kes in erster Linie entscheidend ist. Dyk.