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Dresdner Journal : 07.05.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189005073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900507
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900507
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-05
- Tag 1890-05-07
-
Monat
1890-05
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 07.05.1890
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18S0 104 Mittwoch, den 7. Mat, abends. U»»»»»pr«1»r ?ür Or»»a»o viart»(jitt»rUeti 1 N»rtc ö0 kt, ixi Na» N»i»«rl. äout»vt»«v ko>t»o«t»1t«» ^isrtol- jaNrllod S tt»rk; »oiieryittb «i« äsut»vt>ai» L«»oN« tritt kost- nuck 8teo>p«i»ii»vNi»^ ttioru Lio»«lr>» Uuwwsru: 10 kk. ^»NNi»4>rll»r»redNNre»r kür äs» L»au» siosr 2«U« Kivivar Sekritt »0 kk. Vater ,, kiaxv«aät" Lie L«1» öv kk. Lei Tvbattav- vvä LiNerai»t» satepr. üukevll»?. Lr«edeta«»: INAllod vüt <i«r 8ovv- v. ksisrt»K« »beväi. korvipraott-Avsottlu»«: Ur. 1LSK. DreÄmrAonmal. Lür die Gesamtlettung verantworttichr ^ofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- und Runstgeschichte. re» A»ttvS1^»x«» »»Mkrt«« Let^itUi F>. Lr^»<1»t«tt«r, Nmaaü—toaLr ä« vreiüaer ^ourvvli; Lamdar» >«ll» wt«» l<«tp«tU >»»«I Ireel»» Kr»vk1»r» ». ».! 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DreSdn. Journ.) Wie auS Sansibar gemeldet wird, hat Reichs- kommtssar Major Wißmann Kilwa eingenommen. München, 7. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Se. Königl. Hoheit ter Prinzregent genehmigte die Entlassung deS KriegSministerS v. Heinleth unter Verleihung deS GroßkreuzeS de- Verdienst- ordenS der bayerischen Krone und ernannte den Generallieutenant Safferling zum Kriegsminister. Paris, 7. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern abend kam eS in Lille zwischen einer Patrouille und streikenden Arbeitern zu einem Handgemenge, zwei Arbeiter wurden verwundet, sieben verhaftet. Lie Lage in Tourcoing hat sich gebessert. Rom, 7. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die „Agencia Stefani" ist zu der Erklärung ermäch tigt, der König habe die Haltung deS Minister präsidenten Crispi im Ministerrate anläßlich der Senatsabstimmung über die Reform der öffent lichen WohlthätigteitSanstalten vollständig gut ge heißen. Im Ministerrate sei die Auflösung der Kammer nicht diskutiert worden. Madrid, 7. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Heute wird in allen Berufszweigen wieder ge- arbeitet. Die Stavt ist ruhig. Kleine Gruppen von Arbeitern begaben sich in die GaSfabriken und versuchten die dortigen Arbeiter zur Arbeitsein stellung zu verleiten, sie wurden jedoch von der Polizei hieran gehindert. Philadelphia, 7. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) LOW Zimmerleuten wurde von ihren Arbeitgebern der achtstündige Arbeitstag bewilligt, die Arbeit geber der übrigen Streikenden lehnten die Forder ung ab. Die meisten Arbeitgeber in Brooklyn bewilligten die Forderungen der Zimmerleute. Montreal, 7. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Lie Irrenanstalt Longuepointe (Quebec) brannte gestern ad. ES sollen hierbei 150 Personen um gekommen und 100 verletzt sein. Dresden, 7. Mai. Die Eröffnung des Reichstages. In der herkömmlichen feierlichen Weise ist gestern der deutsche Reichstag durch Se. Majestät den Kaiser eröffnet worden. Es ist das erste Mal seit der Thron besteigung Kaiser Wilhelms II., daß ein neugewählter Reichstag in Berlin zusammentritt und ernste und be deutsame Ereignisse haben sich vollzogen, seitdem die Vertreter des deutschen Volkes am 2b. Januar d. Js. ihre letzte Sitzung in der Reichshauptstadt abhielten. Die Wahlen vom 20. Februar d. Js. haben die Zu sammensetzung des Reichstages von Grund aus geän ¬ dert. Die Kartellparteien, welche bei den SeptennatS- wahlen von 1887 die Mehrheit erhielten, haben einer aus Ultramontanen, Deutschfreisinnigen und Sozial demokraten bestehenden Oppositionsmehrheit weichen müssen, und die politische Lage bildet heute ein wesentlich anderes Bild als zu Beginn dieses Jahres. Der große Staatsmann, der länger als zwei Jahr zehnte an der Spitze des neubegründeten deutschen Staats wesens gestanden und dessen gewaltige Stimme so oft und eindrucksvoll im Reichstage erklungen, ist von seinem Posten zurückgetreten; diese Thatsache allein bedeutet schon ein außergewöhnliches Ereignis, welches not wendigerweise auf die gesamte innere Politik des Reiches die weitgehendste Rückwirkung ausüben muß. Fürst Bismarck nicht mehr am Ruder und eine Oppo- sitionsmehrheit auf den Bänken des Reichstages — mit diesen wenigen Worten kennzeichnet sich die tief greifende Veränderung, welche sich im Laufe der letzten Monate vollzogen hat und die nicht ohne Bedenken wäre, wenn man nicht zu dem deutschen Volke das Vertrauen haben könnte, daß sein gesunder Sinn das neuerstandene Reich vor Erschütterungen zu bewahren wissen wird. Die deutsche Nation hat wiederholt ge zeigt, daß sie an den großen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte nicht rütteln lassen will und hierin liegt die Gewähr, daß sich auch in dem neuen Reichs tage patriotische Männer genug finden werden, um dem Reiche zu geben, wessen es zu seiner Erhaltung und Stärke bedarf. Und über solche Fragen wird, wie aus der gestern mitgeteilten Thronrede hervorgeht, der deutsche Reichs tag auch diesmal zu verhandeln haben. Eine der wich tigsten derselben betrifft die Militärvorlage, deren Grundzüge der „Reichsanzeiger" in diesen Tagen mit teilte. Es wird darin eine Erhöhung der dauernden Militärausgaben um 18 Millionen Mark gefordert, um dem deutschen Reichsheere jene Stärkung und Er höhung der Schlagfertigkeit zu gewähren, welche durch die außerordentlichen Anstrengungen der übrigen Mi litärmächte und durch die sich hieraus erbebende Not wendigkeit bedingt wird, daß das Reich seinen Bundes genossen ein starker Freund und den übrigen Staaten eine achtunggebietende Macht sein muß, wenn es sich einer ruhigen Fortentwickelung im Innern erfreuen und den Frieden nach außen erhalten will. Mit Nach druck weist die Thronrede hieraus hin, indem sie zu gleich hervorhebt, daß es die oberste Aufgabe des Reiches sei, durch Pflege der geschlossenen Bündnisse und der mit allen auswärtigen Mächten bestehenden freundschaftlichen Beziehungen den Frieden zu schützen, und der Überzeugung Ausdruck giebt, daß es gelungen sei, im Auslande das Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieser Politik zu befestigen. Eine andere Frage von nicht minder weitgehender Bedeutung, die den Reichstag beschäftigen wird, ist die auf den Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung bezüg liche. Die Ergänzung dieser Gesetzgebung wird in der Thronrede als die dringlichste Aufgabe des Reichs tages und als die wichtigste Kulturarbeit der Gegen wart bezeichnet. Die Thronrede bedenkt jener Be- webungen, welche seit Jahresfrist die Arbeiterwelt er griffen und den Frieden zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern aufs ernstlichste gefährdet haben. Diese unser gesamtes wirtschaftliches Leben schwer bedrohende Bewegung ist von der Reichsregierung zum Gegen stände eingehendster Prüfung gemacht worden, die das Ergebnis geliefert hat, daß die Sicherung der Sonn tagsarbeit, die Beschränkung der Frauen- und Kinder arbeit nach den Vorschlägen des letztenReichstages in Aus sicht genommen worden ist. Aber die gesetzgeberische Sorge der Reichsregierung geht noch über diesen Rahmen der Arbeiterschutzgesetzgebung hinaus. Auch dieBestimmungen der Gewerbeordnung hinsichtlich des Schutzes der Ar beiter gegen Gefahr für Leben, Gesundheit und Sitt Majestät zurück und erklärte daraus, einen vor ¬ tretend, aus Befehl Sr. Majestät im Namen der ver bündeten Regierungen die Sitzungen deS Reichstages für eröffnet Se. Majestät der Kaiser verließ daraus, während der bayerische BundeSbevollmächtigte Bras Lerchenfeld-Kösering, vor tretend, ein dreimalige- Hoch aus Se Majestät den Kaiser auS- brachte, den Thron und, nachdem Allerhöchstderselbe di« Ber- Tagesgeschichte. Dresden, 7. Mai. Ihre Majestäten der König und die Königin werden sich morden, am 8. d. Mts., vormittags 10 Uhr 20 Min. zu einem mehrwöchigen Aufenthalte nach Schloß Sibyllenort begeben. In der Allerhöchsten Begleitung werden sich be finden: Oberkammerherr wirkt. Geh. Rat Graf Vitzthum v. Eckstädt, die Flügeladjutanten Oberst Schmalz und Major v. Haugk, Frau Oberhofmeisterin v. Pflugk, Hofdame Gräfin Einsiedel und Kammerherr v. Minckwitz. An der gestrigen Hoftafel in der Königl. Villa zu Strehlen nahmen auch Se. Königl. Hoheit der Erb- großherzog von Oldenourg und Ihre Hoheit die Her zogin von Schleswig-Holstein teil. Dresden, 7. Mai. Das soeben hier eingegangene 13. Stück des Reichsgesetzblattes enthält als ein zigen Gegenstand: Nr. 1890) Gesetz vom 3. Mai 1890, betreffend die Abänderung der Militär-SttafgerichtS- ordnung. * Berlin, 6. Mai. Se. Majestät der Kaiser kam am heutigen Vormittag um ^9 Uhr von der Wild parkstation aus über Potsdam nach Berlin und begab sich nach erfolgter Ankunft hierselbst nach dem hiesigen königl. Schlosse. Daselbst hörte Se. Majestät mehrere Vorträge und wohnte dann in der Kapelle des Schlosses mit den z. Zt. hier anwesenden Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften dem Gottesdienste bei, welcher der Eröffnung des Reichstages voraufging. Mittags l2 Uhr begab sich der Kaiser zur Eröffnung des Reichstages mit den übrigen hohen Herrschaften in den Weißen Saal des königl. Schlosses. Stach beendeter Eröffnungsfeier nahm Se. Majestät dann mehrere militärische Meldungen entgegen und trat um ^2 Uhr die Rückreise nach dem Neuen Palais bei Potsdam an. Dort fand dann später zur Feier des Geburts tages Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Wilhelm, Kron prinzen des Deutschen Reiches, geboren 1882, eine größere Familientafel statt. — Bei der aus Anlaß der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers in Altenburg am 4. d. M. stattgehabten Galatafel sprach Se. Hoheit der Herzog von Sachsen- Altenburg Sr. Majestät in herzlichster Weise Seinen Dank für die Ihm und dem Lande durch den Aller höchsten Besuch zu teil gewordene Auszeichnung aus, hervorhebend die nahe Verwandtschaft und die innige Freundschaft, die beide Herrscherhäuser seit langer Zeit mit einander verbinde, und wie Er persönlich mit auf richtiger Dankbarkeit auf das Bündnis mit dem Hoch sellgen Großvater und Vater Sr. Majestät zurückbliae. Der jetzige Allerhöchste Besuch berechtige zu der Hoff nung, daß diese Beziehungen auch in Zukunft aufrecht erhalten bleiben würden, und wolle Er nach Kräften darauf hinwirken, dieselben noch immer enger und fester zu ziehen und stets treu zu Sr. Majestät stehen. Der Trinkspruch des Kaiser- lautete: Wollen Ew Hoheit Meinen innigsten Dank anzunebmen geruhen für die herzlichen Worte und für den fchönen Empfang, den Ihr Land und Ihr HauS Mir bereitet haben. Ich habe e» gesehen aus den Gesichtern und vernommen auS den Mclnden Zurufen Ihrer Bevölkerung, wie der Bedankt an die Kaiftrznt, der Bedanke an das Reich fest gewurzelt und ausgebildet ist in Ihrem Bolke. Stehen Wir doch hier auf historischem Boden und ist doch gerade hier dieses alte Schloß mit der alten deutschen Kaisergeschichte verwoben und verwandt, wie selten eines im deutschen Reiche. Stammt doch das Wappen der Altenburger auS einer der schönsten Blüten de- Volke-, der Treue: erhielt hier doch die Treue eines Altenburger Kinde- einem alten deutschen Kaiser da- Leben, t'iäeiitvr st oonitantsr hat hier da- Volk stet- zu seinem Fürsten und der Fürst zum Volke gestanden, treu haben Sw. Hoheit Meinem Herrn Groß- vater zur Seite gestanden und da- Reich mit aufrichten helfen, Ihre Landeskinder aber haben geholfen, bei Beaumont und Sedan deS Reiche- Herrlichkeit wiederherzustellen Ich erhebe daS BlaS und trinke aus da- Wohl Ihres Hauses und Ihre- Lande-. Se. Hoheit der Herzog und Ihre Hoheit die Herzogin, Sie leben hoch! hoch! hoch! — Die feierliche Eröffnung der ersten Session der 8. Legislaturperiode des Reichstags fand heute mittag um 12 Uhr im Weißen Saale des Königl. Schlosses statt, nachdem ein Gottesdienst für die evan- gellschen Mitglieder in der Schloßkapelle, welchem Se. Majestät der Kaiser mit hohem Gefolge beiwohnte, so wie für die katholischen Mitglieder in der HedwigS- Kirche vorhergegangen war. Die Abgeordneten zum Reichstage hatten sich in großer Anzahl im Weißen Saale versammelt und e- waren, wenn auch vorzugsweise die konservativen, so doch auch alle anderen Parteien — mtt Ausnahme der Sozialdemokraten — vertreten. Die zu der Feierlichkeit besohlene Beneralität und die hohen Beamten nahmen btt dem seierlichen Vorgänge nach der Lustgartrnseite zu Ausstellung. Die Rückwand deS Thronsessel-, der sich auf einer von purpurnem Plüsche verdeckten Estrade befand, war mtt goldfarbenen Seidenstoffen drapiert. Zu beiden Seiten de- Throne- hatte ein Leibpage in kleidsamer Tracht, dir Schloß- gardekompagnie an der Sette nach der Schloßsrriheit Aufstellung genommen Nachdem inzwischen Se. Majestät mtt Gesolge vom Botteedienst in der Schloßkapelle in Seme Bemächer zurück gekehrt war und die Schloßgardecompagnie die Honneur- er wiesen hatte, betraten demnächst der Reichskanzler Beneral v. Caprivi mit dem Stellvertreter des Reichskanzlers, StaatS- minister v Boetticher, denen sich die Mitglieder des preußischen Staal-ministeriumS und die BundeSbevollmächtigten der anderen Staaten in üblicher Reihenfolge anschlossen, den Weißen Saal. Darauf machte der Reichskanzler Beneral v. Caprivi Sr. Mai dem Kaiser Meldung von der erfolgten Ausstellung der Versamm lung. Alsbald gab der Marschallstab das Zeichen von dem Herannahen Sr. Majestät. Allerhöchstderselbe erschien, gefolgt von den Prinzen deS königlichen Hauses und dem Prinzen Rupprecht von Bayern, welche zur Rechten de- Throne- Auf stellung nahmen. Se. Majestät wurde beim Eintritt in den Saal von einem dreimaligen Hoch begrüßt, das von dem Alters präsidenten Grasen v. Moltke ausgebracht wurde. Se. Majestät, welcher die Uniform der Gardes du Corps angelegt hatte, be stieg darauf den Thron, bedeckte Sich mit dem Helm und nahm au- den Händen des Reichskanzlers, General v. Caprivi, die Thronrede entgegen, welche Allerhöchstderselbe unter ausdrucks voller Betonung verschiedener einzelner Stellen verlas. Nach der Verlesung der Thronrede, die an verschiedenen Stellen mtt lebhaftem Beisalle begleitet wurde, empfing der Reichs kanzler General v. Caprivi dieselbe aus den Händen Er. lichkeit, sowie die Bestimmungen über den Erlaß der Arbeitsordnungen, über die Arbeitsbücher rc. sollen einer Durchsicht unterzogen werden Die Thronrede spricht daS Vertrauen auf die bereitwillige Mitwirk ung deS Reichstages bei diesen Reformen aus und knüpft daran die Hoffnung, daß die arbeitende Be völkerung durch den gewissenhaften Ernst, welchen man den auf Besserung ihrer Lage gerichteten zu Teil wer den läßt, sich um so mehr der Gefahren bewußt wer den dürfte, die ihr aus der Geltendmachung maßloser und unerfüllbarer Anforderungen erwachsen müssen. Mit Dank gedenkt die Thronrede der vor kurzem ge schlossenen Beratungen der internationalen Arbeiter schutzkonferenz. Die Hoffnung, daß die hier gelegte Aussaat für die guten Beziehungen der Völker zu ein ander nicht ohne einigende Frucht bleiben werde, bil det den Übergang zu dem dle friedliche Lage berühren den, bereits besprochenen Teil der kaiserlichen Kund gebung. Den letzten Teil der Rede bilden die auf die Lage der Dinge in Ostafrika und auf die in Aus sicht genommene Erhöhung der Beamtenbesoldungen bezüglichen Stellen. — Am Schluß wird der Wunsch ausgesprochen, daß eS gelingen möge, die dem Reichs tage obliegenden Arbeiten zu einem gedeihlichen Ab schlusse zu bringen, um dadurch neue feste Bürgschaf ten fiir die innere Wohlfahrt und die äußere Sicher heit deS Reiches zu gewinnen. Möge der neue Reichs tag diese Erwartung erfüllen und eine erfolgreiche und nutzbringende Thätigkeit entfalten zum Wohl und zum Heile des Vaterlandes! Feuilleton. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 6. d. Mts.: „Margarethe". Oper in vier Akten von CH. Gounod. (Hr. v. Bandrowski als Gast.) Als Erster in der Reihe der Sänger, welche sich um die von Hrn. Gudehus kürzlich freigegebene Stel lung des Heldentenors an unserer Oper bewerben, gastierte in der gestrigen Aufführung der „Mar garethe" Hr. v. Bandrowski, gegenwärtig Mitglied des Frankfurter Stadttheaters. Seine sympathisch klingende Stimme entbehrt der Tiefe und nimmt in der Mittel lage zum Teil eine barytonale Färbung an, erreicht aber in der Höhe, etwa von k bis 8, bei leichtester Ansprache viel Glanz und Kraft; seine Gesangsweise ist frei von erheblichen Fehlern und üblen Manieren der Tonbildung und des Vortrages, munkalisch korrekt in der Phrasierung und deutlich in der Aussprache und sein Spiel zeigt Überlegung und angehende Ge wandtheit. Charakter und Fülle der Stimme, sowie auch die stattliche Erscheinung verweisen ihn auf heroische Rollen, doch weiß er auch lyrische Momente zur Gel tung zu bringen, wie gestern seine geschmackvolle, durch sichere Beherrschung des merrn voe« ausgezeichnete Wiedergabe der Cavatine im 2. Akt und der warm empfundene Vortrag in der Liebesszene bewiesen. Wei tere Ausbildung des Falsetts und Festigung der Ton gebung sind zwei wesentliche Aufgabenvunkte für die allernächsten Studien deS talentvollen Gastes. DaS Publikum nahm die Faustdarstellung de- Hrn. v. Bandrowski fehr freundlich aut. Der Sänger wird am Donner-tag als Rienzi, am Sonnabend al- Sieg ¬ mund sein Gastspiel fortsetzen und am Sonntag als Fra Diavolo beenden. -v- Kunstverein. Während an Ölgemälden in letzter Woche nur wenige neue Erzeugnisse zur Ausstellung gebracht worden sind, bietet der Kunstverein diesmal in einem besonderen Saale eine die Aufmerksamkeit in hohem Grade fesselnde und lohnende Zusammenstellung von Aquarellen des verstorbenen Professors Woldemar Rau. In gegen fünfzig bedeutenden Blättern sehen wir hier landschaftliche und architektonische Motive teils »n leichten aber ausdrucksvollen Skizzen, teils in stärkerer Ausführung, die alle zu uns sprechen, wie die wechselvollen Abschnitte aus einer umfassenden und eingehenden Lebensbeschreibung, welche das eigenste Vermächtnis des Verstorbenen wäre. Denn es um fassen die Arbeiten zeitlich wohl fünfzig Jahre künst lerischer Wanderschaft, welche bald in die Felsgruppen und an die Brandungen von Capri, bald zu den Gipfeln und in die Thäler der Alpen, nach den Hainen deS Nordens und dann immer wieder zurück in die freundlichsten Landschaften der Heimat führte, und von welcher der Künstler die oft außerordentlich charakte ristisch erfaßten schönsten Eindrücke sich und uns auf- bewabrt hat. Er weiß seine Mittel aufs beste zu be nutzen und uns das Gefühl zu geben, daß hier ein Maler sich an uns wendet, der in der vorphotographischcn Zeit seine Ausbildung vollendete, dem die allezeit offene Camera seines Künstlerauges mit dem Strahle der Schönheit belichtet war und der eS verstand, nicht nur Formen und sogenannte Töne, sondern insbesondere Eindrücke und Stimmungen gemeinverständlich wieder ¬ zugeben. Die Blätter sind sämtlich verkäuflich, und wem es vergönnt ist, solche Kunstwerke zu erwerben, für den ist auch der Ümstand günstig, daß einzelne Gruppen, die sich aus denselben herausheben lassen, wie z. B. die Bilder von Capri, im Grade der Aus führung einander entsprechen. Marie Schottin (Bremen) hat ein kleines hüb sches Genrebild in Öl ausgestellt, ein Großmütterchen darstellend, welches, die Hände mit der Arbeit im Schoße, dem leisen Gesänge der Vögel lauscht und sich dabei den Erinnerungen an die Vergangenheit hingiebt. Der Größe nach dazu passend ist gegenüber eine be achtenswerte Landschaft „Der hohe Göll" von Bernh. Mühlig (Dresden) ausgestellt. Das ausgleichende Entgegenkommen, welches die Kommission durch die zeitweiligen Umhängungen zeigt, giebt die Gewähr, daß man diese kleinen Gemälde bald an günstigerer Stelle als jetzt wird bettachten können. Fritz Rentsch (München) hat vier Studien in Öl eingesandt — Vorstudien zu kräftigerer Farben gebung. Sehr ansprechend ist eine Porttätbüste des ver storbenen Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, Friedrich Franz II., von Professor Hultzsch (Dres den), in Bronzeguß auSgeführt von Pirner und Franz, hier. 8- Die wilde Rose. Eine Erzählung »ö (Fortfttzung.) Und noch ehe Regina e» verhindern konnte, hatte ZachinSky einen Kuß aus ihre Stirn gedrückt und war dann hinausgeeilt. Einen Moment stand das Mädchen wie betäubt da, im nächsten Augenblick ergriff sie ein Tuch, tauchte es in Wasser und rieb sich ihre Stirn, kaum darauf achtend, daß Antonie eingetteten und jetzt neben ihr stand. „Was thust Du?" rief die Freundin, ihr Treiben nicht ohne Verwunderung beobachtend. Regina wandte sich zu ihr. ,Zch reinige meine Stirn von einem Judaskuß!" sagte sie scharfen Tons. Vor dem Bett ihrer Freundin, der Frau Babette Felding, saß die inzwischen ebenfalls zur Witwe ge wordene Schulmeisterm aus Jlsebach, Frau Auguste Schulz. Zwischen beiden hatte sich ein recht inttmeS Verhältnis entwickelt. Frau Babette klagte, daß ihr rheumatisches Leiden sie die Nacht nicht habe schlafen lassen. „Nun, haben Sie nur Geduld", begann jetzt die Witwe Schulmeisterin. „Alles hat seine Zeit. Heute sehen Sie übrigen- viel besser au-, als in den letzten Tagen." „O, Frau Schulz, der Gram um meine eigensinnige Stieftochter hat mich alt gemacht. Sehen Sie doch her, hier an den Schläfen ist mein Haar schon weiß geworden." „Was Sie da reden!" lächelte Frau Schulz; doch diese- Lächeln machte ihr langes mageres Gesicht mit dem spitzen Kinn und der noch spitzeren Nase noch häßlicher „Bei so schönem dunklen Haar, wie da» Ihrige ist, kann sich schon mal solch' Helles Stteifchen finden, im ganzen sind Sie noch eine junge Frau und können ganz gut zum dritten Male in den lieben Ehe stand treten."
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