Volltext Seite (XML)
Johannes Brahms schrieb sein einziges, im Jahre 1878 komponiertes Violinkonzert D-Dur, op. 77, für seinen langjährigen Freund, den berühm ten Geiger Joseph Joachim, der ihm auch bei der Ausarbeitung der Solo stimme in violintechnischen Fragen ratend zur Seite stand (ohne daß Brahms allerdings auf alle Änderungsvorschläge Joachims eingegangen wäre). „Nun bin ich zufrieden, wenn Du ein Wort sagst und vielleicht einige hineinschreibst: schwer, unbequem, unmöglich usw.“, können wir in einem Brief vom August 1878 an Joachim lesen, den der Komponist ihm zusammen mit der zu begutachtenden Violinstimme schickte. In seiner Antwort darauf bemerkte der Geiger, daß „das meiste... herauszukrie gen“ und ein Teil sogar „recht originell violinmäßig“ sei. Bereits am Neu jahrstag des folgenden Jahres wurde das in einer glücklichen, fruchtbaren Schaffensperiode entstandene Werk (auch die 2. Sinfonie D-Dur und das 2. Klavierkonzert B-Dur stammen aus dieser Zeit und zeigen manche dem Violinkonzert verwandte Züge) mit Joachim als Solisten unter Brahms’ Leitung in Leipzig uraufgeführt. Das Konzert, das sich in bezug auf Aus sage, Form und Anlage außerordentlich vom Typ des zeitgenössischen Virtuosenkonzertes unterscheidet, war vom Komponisten zuerst viersätzig geplant worden. Da Brahms aber „über Adagio und Scherzo gestolpert ist“, komponierte er den Adagio-Satz neu und ließ die beiden ursprüng lichen Mittelsätze wegfallen. Trotzdem ist die ausgesprochen sinfonische Anlage des Konzertes unverkennbar. Schon Clara Schumann äußerte nach dem Kennenlernen des ersten Satzes, „daß es ein Konzert ist, wo sich das Orchester mit dem Spieler ganz und gar verschmilzt“. Niemals ist die virtuose Violintechnik hier Selbstzweck, wie bei so vielen zeitgenössischen Solokonzerten, sondern in vertiefter, gehaltvoller Gestaltung stets als dienendes Glied in den sinfonischen Ablauf eingefügt, wobei (für Brahms’ Zeit ganz neue) große Aufgaben an den Solisten gestellt werden. In seiner größtenteils lyrisch heiteren, innig-warmen Grundstimmung, seiner klas sisch ausgewogenen Form gehört das Brahms’sche Violinkonzert zu den schönsten, vollendetsten und berühmtesten Werken dieser Gattung. Das weiche, in ruhigen D-Dur-Dreiklängen auf- und absteigende Haupt thema des großangelegten ersten Satzes (Allegro non troppo) erklingt ein gangs in Bratschen, Violoncelli, Fagotten und Hörnern und findet seine Weiterführung in einer sehnsüchtigen Oboenmelodie. In der ausgedehnten sinfonischen Orchester-Einleitung werden noch weitere Nebengedanken entwickelt. Darauf setzt nach einem rhythmisch scharf betonten, später vom Solisten erweiterten Seitenthema kadenzartig das Soloinstrument ein, in gleichsam improvisatorischen Umspielungen zum Hauptthema findend. Nachdem auch das eigentliche zweite, sehr kantable Thema von der Solo violine vorgetragen wurde, werden im spannungsvollen Durchführungsteil die verschiedenen Themen und Motive in mannigfachsten Ausdrucks schattierungen verarbeitet. Die an die Reprise anschließende Kadenz des Solisten hat Brahms nicht selbst ausgeschrieben. In den höchsten Lagen der Violine ertönt danach noch einmal friedvoll die Anfangsmelodie, dann beschließt eine kurze, kraftvolle Coda den Satz. Ein wunderschönes, echt „Brahms’sches“ Adagio bildet den Mittelsatz des Werkes. Der poesievolle dreiteilige Satz wird von den Bläsern einge leitet, wobei die Oboen, von den übrigen Holzbläsern und zwei Hörnern begleitet, das liebliche F-Dur-Hauptthema zum Vortrag bringen, das dann von der Solovioline aufgegriffen und variierend weitergesponnen wird. Nach einem leidenschaftlichen, weitgehend vom Solisten getragenen fis- Moll-Mittelteil wird das Anfangsthema wieder aufgenommen; arabesken- haft umspielen die Figuren des Soloinstruments den Oboengesang. Das abschließende feurige Allegro giocoso, in Rondoform aufgebaut, be ginnt sogleich mit dem durch den Solisten erklingenden, ein wenig unga risch gefärbten tänzerischen Hauptthema, das durchweg in Doppelgriffen erscheint. Von den Seitenthemen des Finalsatzes wird besonders ein ener gisch-markantes, aufsteigendes Oktaventhema der Violine bedeutsam, daneben eine zarte, lyrische G-Dur-Episode. In einer Stretta gipfelnd, die das Rondothema noch einmal in rhythmisch veränderter Form bringt, beendet der glanzvoll virtuose, spritzige Finalsatz mit einer Fülle origi neller Einfälle das Konzert. Dr. Dieter Härtwig / Urte Härtwig Vorankündigung: Steinsaal Deutsches Hygiene-Museum Dienstag, 28. April 1964, 19.30 Uhr 4. Kammermusikabend der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Anrecht D und Frei verkauf! Werke von: P. Kurzbach, B. Bartok und L. v. Beethoven Kongreßsaal Deutsches Hygiene-Museum 2.13. Mai 1964, jeweils 19.30 Uhr 13. Außerordentliches Konzert Dirigent: Gerhard Rolf Bauer Solist: Prof. Julian von Karolyi, München Werke von: J. Haydn, W. A. Mozart und L. v. Beethoven Freier Kartenverkauf! 9. Mai 1964, 19.30 Uhr 14. Außerordentliches Konzert Gastdirigent: Edgar Doneux, Brüssel Solist: Gustav Schmahl, Berlin A. E. M. Gretry: Suite sur Cephale et Procris A. Dvorak: Violinkonzert a-Moll H. Berlioz: Phantastische Sinfonie op. 14 Freier Kartenverkauf! 12. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1963/64 III 9 14 EMZ 464 2 It-G 009/26/64