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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 13. Februar 1863. 7. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von Lieser Zeitschrift erscheint alle Freitage «ine Nummer. Der Preis für Len Viert eljabrgang beträgt 10 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl iin Ler ReLaction), als auch in Ler Druckerei L. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz Les Blattes entsprechen, mir großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. Hie Redaktion Umschau. Aus Polen erhalten wir wenig Nachrichten, da die Posten und Bahnzüge von den Insurgenten angehalten werden. Die Sache muß für die Russen schlecht stehen; die Grenzstädte sind ohne Ausnahme in den Händen der Aufständischen, die durch Weg nahme der Zollkaffen sich auch reichlich mit Geld versehen Haden. Auch Kanonen sollen sich in ihrem Besitz befinden. Die Leitung des Aufstande« ist in den Händen eines Nationalausschusses, dessen Mit glieder Niemand kennt, dessen Befehle aber überall rcspektirt werden. Die militärischen Führer heißen Lantiewitich und Frankowski, die beide unter Gari baldi gedient haben. Doch heißt es, daß Mieros- lawski und Wisotzki, die sich in früheren Revolutio nen als Generale ausgezeichnet haben, bereits im Lande wären und den Oberbefehl übernehmen würden. Die einzelnen Banden ziehen sich jetzt zusammen, werden in der Eile cxercirt, erhalten Waffen und militärische Führer und cs scheint, als solle in der Kürze ein Hauptschlag ausgeführt werden. Da die Flinten für die große Zahl Herzuströmender nicht zureichen, so besteht die Mehrzahl aus Sensenmän nern; und die Sense, an einer langen Stange befestigt, ist eine sehr gefährliche Waffe, wie die Russen in früheren polnischen Kämpfen Erfahren haben. Man glaubt, daß kaum 70 bis 80 Tausend Soldaten in Polen stehen un^ wenn man die Zahl abrechnet, die zur Besatzung der Hauptstadt und der Festungen nothwendig find, bleiben lange nicht genug übrig, um den Ausstand zu unterdrücken. Die Polen rühmen sich, bereits 200,000 Mann unter Waffen zu haben. Zwar rücken für die Russen von Petersburg her Verstärkungen nach, aber sie können die Eisenbahnen nicht benutzen, da die Insurgenten alle aus Holz gebauten Brücken verbrannt haben. Auch die doppelte Zahl Russen wird nicht genügen, das Land von der scklestichen Grenze bis nach Lithauen hinauf zu beherrschen. Sollte cs den Polen gelingen, vor Eintreffen der Verstärkungen einen Hauptschlag auSzuführen, viel leicht Warschau wegzunebmen, so muß Rußland einen sehr schweren Stand bekommen und vielleicht das ganze Jahr hindurch Menschen und Geld opfern. Aus östreichisch Polen kommen zahlreiche Zuzüge bei den Insurgenten an und die östreichische Re gierung, seit Jahren mit Rußland gespannt, scheint nicht böse zu sein über die Verlegenheiten des Nachbars. In preußisch Polen ist die Ruhe nicht gestört worden, doch hat die Regierung 2 Armeecorps mobil gemacht, um jedem Versuche energisch ent gegen zu treten. Vielleicht wird Preußen auch in Polen kinschreiten, da einige preußische Soldaten, die sich zu nahe an die Grenze gewagt hatten, von den Insurgenten überfallen und ihrer Kleider und Waffen beraubt worden sind. Eine Abtheilung Russen, gegen 400 Wann stark (Kosaken), die von ihrem Corps abgeschnitten worden waren, sind am 9. über die Preuß. Grenze getreten und dort entwaffnet worden. Eine Anzahl Verwundete und Versprengte bewies, daß drüben schon harte Kämpfe stattgefuuden haben. Daß die Bauern in Polen den Edclleuten und Geistlichen nicht mehr so blindlings folgen, beweisen folgende Geschichten: Ein polnischer Slarost kam in die Gemeinde schenke und predigte den Bauern als Apostel der polnischen Freiheit und Brüderlichkeit. Die jungen Gelbschnäbel waren nahe daran, den vor-