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WMlM TngMU und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg Mittwoch, den 8. Jum 12S 1881 Inserate pro Zeile IV Pf., unter Eingesandt 20 Pf. —— Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. —— Bekanntmachung. Künftigen Montag, den 13. dieses Monats, Nachmittags 5 Uhr soll das auf den communlichen Angergrundstücken anstehende Gras unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen an Ort und Stelle meist bietend verkauft werden. Der Versammlungsort ist bei der Steinbrücke. Waldenburg, den 7. Juni 1881. Der städtische Forst- und Wirthschafts Ausschuß. Limmer, Stadtrath. "Waldenburg, 7. Juni 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser leidet an einer unbedeutenden Heiser keit, infolge deren die Abreise nach Ems beschleunigt werden soll und wahrscheinlich schon am 8. d. statt finden wird. — Die Kaiserin begiebt sich Mitte dieses Monats von Baden zu längerem Aufenthalt nach Koblenz. Der bereits erwähnte, beim Bundesrath einge gangene Antrag geht dahin, daß der durch die Be schlüsse vom Mai 1879 und April 1880 für den Umlauf der Reichskassenscheine in Abschieden zu 20 und 5 Mark bestimmte Betrag von je 40 Mil lionen Mark je 10 Mill, herabgesetzt werde. Die Reduction soll theils durch Umtausch gegen 50 Mark- fcheine neuer Ausgabe, theils im Wege der jährlich erfolgenden Einziehung von 3,659,320 Mark in Reichskaffenscheinen stattfinden. Begründet wird der Antrag mit der geringen Beliebtheit der 5 und 20 Mark-Scheine. Für die 50 Mark-Scheine wird Pflanzenfaserpapier verwendet, das wirksamen Schutz gegen Fälschung bietet. Mit der Ausfertigung der neuen Scheine wird demnächst begonnen. Seitens der am 29. Mai in Berlin zusammen getretenen, der nationalliberalen Partei ange hörigen Mitglieder des Reichstags sowie die Volks vertretungen deutscher Einzelstaaten hat man sich zu einer Erklärung geeinigt, in welcher die bis her befolgte Politik energisch vertheidigt und die Nothwendigkeit des festen Zusammenhaltens betont wird. Das erwähnte Schriftstück, welches von 185 Abgeordneten unterschrieben ist — von sächsischen Abgeordneten finden wir darunter die Herren Ahnert, Georgi, Grimm, Holtzmann, vr. Krause, Kramer Mi., Landmann, Niethammer, Penzig, vr. Stephani und Ullrich — schließt mit folgenden Worten: „Un abhängig in sich geeinigt, frei von Verbitterung, zu ernster Arbeit entschlossen, wird die nationalliberale Partei auch unter gesteigerten Schwierigkeiten fer ner ihre politische Pflicht erfüllen. Parteien, welche gleiche oder ähnliche Ziele verfolgen, werden uns zur Verständigung und zu gemeinsamem Wirken immer bereit finden." Dem Hof- und Domprediger Stöcker, bekannt durch die Judenbewegung, der gleichzeitig Vorstand der Berliner Stadtmission ist, hat Kaiser Wilhelm mittelst eines sehr anerkennenden Schreibens aber mals 2000 M. aus seiner Privatschatulle überweisen lassen, um „die Zwecke dieser wohlthätigen Institu tion" auf dem schwierigen Berliner Arbeitsfelde weiter zu fördern. Nachdem die Hamburger Bürgerschaft den Be ginn der mehrtägigen Berathungen über den Zoll anschlußvertrag erst auf den 15. Juni festgesetzt hat, eine Beschlußfähigkeit des Reichstages aber keineswegs über den 24. Juni hinaus zu erzielen ist, so hat die Reichsregierung die Einbringung einer Vorlage über den Hamburger Zollanschluß in dieser Reichstagssession definitiv aufgegeben. In Ems ist am 1. Feiertag abends der König von Schweden zum Kurgebrauch eingetroffen und in dem Hotel zu den vier Jahreszeiten abgestiegen. Frankreich. Die gambettistischen Kreise sehen der Entscheidung des Senats über die Frage des Listenscruti- niums mit einer großen Kaltblütigkeit entgegen. Sie hoffen trotz der feindseligen Haltung des Senats auf Annahme des neuen Wahlsystems. Nachrichten aus Oran vom 5. d. zufolge ist der Aufseher über die Telegraphenverbindungen, Brin- gard, mit den ihm zugetheilten Bedeckungsmann- schasten zwischen Frendah und Geryville überfallen und ermordet worden. Die Zahl der Ermordeten beträgt 26. Vier Truppencolonnen sind bereits abgegangen, um die Insurgenten von Boumena, welche diesen Ueberfall verübten, zu züchtigen. Wie die „Agence Havas" vernimmt, wird ein Theil des tunesischen Expeditionscorps binnen Kurzem nach Frankreich zurttckkehren. England. Die beurlaubten Offiziere der in Irland statio- nirten Regimenter sind beordert worden, sofort zurückzukehren. 400 Mann Gardetruppen mar- schirten von Dublin nach New-Pallas ab, um das dortige Castell zu besetzen und die Ordnung herzu stellen. Die Truppen sind beordert zu schießen, falls Widerstand geleistet werden sollte. Rußland. Das Mißtrauen, welches dem Grafen Jgnatieff von verschiedenen Seiten entgegengebracht wird, soll auch den Zaren in dem Glauben, daß der jetzige Minister des Innern der rechte Mann für die schwierige Lage Rußlands sei, bereits schwankend gemacht haben. Aus Rußland werden wieder Verhaftungen und zwar vieler Personen der besseren Gesellschaft, darunter aus Woronesch die Arretirung eines Re gierungsbeamten, gemeldet, bei welchem viele Pro- clamationen und über 200 Stück Druckblätter ge funden wurden. Die Zahl der in der Festung internirten Offiziere wird jetzt auf 26 angegeben, darunter ein naher Verwandter eines hohen Staats beamten und ein Potpolkowniky (Oberstlieutenant). Durch kaiserliche Ukase werden der Kriegsminister Graf Miljutin und der General-Gouverneur von Finnland, Graf Adlerberg III., auf ihre Bitte wegen ihrer zerrütteten Gesundheit (?) von ihren Stellungen enthoben. Wannowski wird zum Kriegs minister, Generalstabschef Graf Heyden zum Ge neral-Gouverneur von Finnland ernannt. Dem Grafen Miljutin wurden die Portraits des verstor benen und des jetzigen Kaisers, mit Diamanten auf der Brust zu tragen, verliehen. Durch Verordnung des Ministers des Innern ist der in Moskau erscheinenden Zeitung „Rußky Kurier" auf die Dauer von drei Monaten der Einzelver kauf entzogen und das Moskauer illustrirte Jour nal „Licht und Schatten" auf sechs Monate sus- pendirt worden. Nach einer Depesche des „Golos" aus Mirgorod (Gourvernement Poltawa) vom 5. d. wurden in zwei Dörfern die jüdischen Inhaber von Aus schanklokalen von den Bauern trotz der Ermah nungen seitens der Geistlichen gemißhandelt; jü disches Eigenthum wurde weder geplündert noch beschädigt. In Rodosta fand eine Sträflingsemeute statt. 15 Verbrecher wollten ausbrechen, wobei es zu einem hartnäckigen Kampfe mit den herbeigeeilten Zaptiehs kam. Während die Zaptiehs von den Waffen Ge brauch machten, hieben Meuterer mit allen vorhan denen Möbelstücken drein. Schließlich wurden die Letzteren bewältigt. Der Rädelsführer, Batumli Osman, ist todt, zwei Verbrecher und zwei Zaptiehs sind verwundet. Griechenland. Der Kriegsminister hat in einer Ordre an den Commandanten der griechischen Ostarmee diejenigen Truppentheile bezeichnet, welche die erste Section der von der Türkei an Griechenland abzutretenden Gebiethstheile besetzen sollen, und zwar 3 Bataillone Infanterie, 3 Bataillone Jäger, 1 Artillerieabtheilung, 1 Genieabtheilung, 2 Escadrons Kavallerie, 6 Sec- tionen Fußgendarmerie und 1 Section reitender Gendarmerie. Bulgarien. In Sofia sind zahlreiche Deputationen aus allen Theilen Bulgariens eingetroffen, um dem Fürsten das Vertrauen und die Ergebenheit der Be völkerung auszudrücken. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 7. Juni. Wie in unserm Blatte bereits mehrfach erwähnt, findet übermorgen — Donnerstag — von Nachmittag 2 Uhr ab in der Aula des hiesigen Schullehrerseminars die Jahres versammlung des Vereins sächsischer Seminarzeichen lehrer statt. Dieser Verein, dem auch eine Anzahl Lehrer von gewerblichen und andern Schulen ange hören, verfolgt den Zweck, den Volksschul- und Seminarzeichenunterricht nach Möglichkeit zu fördern. Die diesjährige Vereinsversammlung wird insofern ein allgemeines Interesse bieten, als sie sich u. a. die Aufgabe gestellt hat, nachzuweisen, wie der Zei chenunterricht in der Volksschule für das gewerbliche Leben ein fundamentaler sein soll und wie im Ge werbe die in der Volksschule gebotenen zeichnerischen Fundamente zu verwerthen sind. Zu diesem Zwecke wird der bekannte Gewerblehrer Enke aus Grün hainichen einen Vortrag über: „das Zeichnen und seine Anwendung im Gewerbe" halten. Die Aus stellung, welche denselben Gedanken durch Vorfüh rung von Schülerarbeiten veranschaulichen soll, wird durch Zeichnungen aus 3 Volksschulen diese Funda mente zur Anschauung bringen und durch Arbeiten aus 3 gewerbl. Schulen die Verwendung dieser Mittel im gewerbl. Leben zeigen. Die ausgestell ten Schülerarbeiten der hiesigen Seminaristen aus dem vergangenen Unterrichtsjahre sollen erkennen lassen, wie auch das Seminar bei der Bildung des künftigen Volksschulzeichenlehrers auf den ausgespro chenen Grundsatz Rücksicht nimmt. Die Ausstellung eines Seminarzeichenlehrganges in Schülerarbeiten vom Jahre 1870 dürfte auch dem Laien auf dem Gebiete des Zeichnens die Wandelung und Fort schritte der Methode erkennbar machen. Es sei be merkt, daß die Verhandlungen des Vereins öffent liche sind und Gäste gern gesehen werden. Ebenso hat zur erwähnten Ausstellung Jedermann Zutritt. *— Am ersten Feiertag gegen Mittag wurde hier in der Obergasse das Pferd eines Einspänners scheu, dasselbe fuhr mit der Deichsel in ein dortiges Schaufenster und zertrümmerte mehrere Fenster scheiben.