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königlich Sächsischer Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 2U. > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hoftat DoengeS in Dresden. Freitag, den 13. September 1907. Bezug-pret-: Beim Bezüge durch die Expedition, Broß« Zwingerstraße 20, sowie durch die Post im Deutschen Reiche » Mart vierteljährlich. Einzeln« Nummern 10 Ps. — Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher Nr. 129b. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der « mal gespalt. Ankündigung-fett« 2b Ps., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum aus »mal gesp. Textseile im amtl. Teile «0 Pf., unter dem RedaklionSftrich (Eingesandt) 7b Pf. PreiSermäßigg. aus BejchäflSanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem in den Ruhestand getretenen Postmeister Richter m Großröhrsdorf das Ritterkreuz 2 Klasse des Albrechtsordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der ordentliche Professor an der Uni versität Leipzig Geh. Rat Or. Pseffer das ihm verliehene Kommandeurkreuz 1. Klasse des König! Schwedischen Nord- sternordcns annehme und trage. Die Ziehungsliste der Staatsschuldenverwaltung für den Termin Michaelis 1907 wird in der gegenwärtiger Rümmer des Dresdner Journals beigefügten besonderen Ziehungslistenbcilage amtlich bekannt gemacht. Dresden, den l3. September 1907. Ter Landtagsausschutz zu Verwaltung der Staatsschulden. Eo brueuuungeu, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereich« deS Evangelisch - luthrrische n LandeSkonsistoriumS ist im regelmäßigen Verfahren zu be setzen: das Pfarramt zu Pegau (Borna) — Kl IV (H> — Kollator: Der Stadtrat. — An gestellt bez. versetzt wurden: I'. F. O F Niedner, Pfarrer in Langenbuch, als Divisionspfarrer in Riesa (Großenhain); ft. E O. Rösler, Pfarrvikar in Kändler, als Pfarrer daselbst (Chemnitz II); ft K F Helbig, Pfarrer in Groitzsch, als Pfarrer in Gröbern mit Großdobritz (Meißen).^ (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) tlichtnmtlicher Teil. Vom Königlichen Hose. Dresden, 13. September. Se. Majestät der König hat Sich heute früh von Pillnitz aus zu Pferde nach dem Manövergelände bei Wendischcarüdorf begeben und wohnte von dort aus den DivisionSmanöoern der 1. Division Nr 23 bei. Rach übungSschluß kehrte Se Majestät im Automobil nach Pillnitz zurück — Ihre Majestät die Königin «Witwe besichtigte gestern nachmittag unter Führung deS Verwalters des König Albert- Parkes, Stadtrat Kammsetzer, das in diesem Parke errichtete König Albert-Denkmal Zeitungsschau. Welch häßliches Spionagesystem in der Partei der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" betrieben wrrd. das zeigt wieder einmal ein in Hamburg-Altona verteiltes Flugblatt des Verbands deutscher Gastwirtsgehilfen, OrtS- verwaltung Altona, das an die organisierten Arbeiter und sozialdemokratischen Parteigenossen gerichtet ist. Es lautet wörtlich: .Kontrolliert in Euren VerkehrSlokalen die Kellner und TestillationSgehilseu auf ihre Zugehörigkeit zum Verband deutscher GastwirtSgehilsen. Organisierte Arbeiter wollen nicht von Leuten bedient sein, die Lurch ihre Indifferenz den Interessen ihrer Arbeits kollegen im Wege stehen. Wir machen auf die Beschlüsse der Generalkommission der Gewerkschaften aufmerksam, wonach jeder Arbeiter in dem Berufe organisiert sein muß, in dem er länger als sechs Wochen beschäftigt ist. Wer ständig in zwei Berufen tätig ist, muß auch in beiden Berufen organisiert sein. Jeder organisierte Gastwirtsgehilfe ist mit einer Kontrollkarte versehen.' Diese Gesinnungsschnüffelei ist so recht der Sozialdemo kratie würdig. Wenn irgendwo einmal ein Genosse wegen seiner sozialistischen ltberzeugung eine Zurücksetzung erfährt, dann erhebt sich in der ganzen sozialdemokratischen Presse ein lebhafter Schrei der Entrüstung Daß die Genoffen selbst aber sich der traurigen Mittel der Spionage und der Dentin« ziation bedienen, um Nichtorganisierte Arbeiter aus Lohn und Brot zu bringen, dagegen haben die Parteiführer nicht nur nicht« einzuwenden, sondern sie fordern dazu sogar dringend auf, wie da» vorstehende Beispiel zeigt Theoretisch machen sich ja die Schlagworte von der Gleichheit und Brüderlichkeit sehr hübsch, in die Praxi« übersetzt bedeuten sie aber weiter nicht« al« einen Freibrief de« ÜberzeugungStreuen organisierten Genoffen gegen jeden, der sich trotz aller dieser Zwang«, mittel nicht für die sozialdemokratischen Zukunft-ideale be geistern kann In einem Leitartikel des „Vorwärts" fand sich neulich! folgende nicht recht verständliche Stelle: „Einer der Hauptvorzüge des wissenschaftlichen Sozialismus ist sein historisches Denken. Er betrachtet deshalb den Kapitalismus als daS notwendige Durchgangsstadium zum Sozialismus. Gleichwohl bekämpft der Sozialismus prinzipiell den heutigen Kapitalismus, dessen Existenzberechtigung er verneint, dessen Umwandlung in die sozialistische Geschäftsordnung er mit allen Kräften anstrebl ' Dazu bemerkt das „Solinger sozialistische Partei blatt", daS dem „Vorwärts" schon einmal vorgeworfen hat, er schreibe „Ouatsch" und dann feststellte, die Schreibweise des „Vorwärt-" habe sich nicht geändert, folgendes: „Der wissenschaftliche Sozialismus betrachtet den Kapitalismus als notwendiges DurchgangssOdium, gleichwohl verneint er die Existenzberechtigung deS heutigen Kapitalismus. Ein Musterbeispiel dafür, in welche Wirrnisse man mit der .theoretischen' und „prin zipiellen' .Aufklärung' geraten kann! Bis zu welchem Tage ist der Kapitalismus ein notwendiges Durchgangsstadium gewesen? Seit wann besitzt er keine Existenzberechtigung mehr? Weshalb be-aß er ursprünglich als .notwendiges Turchgangsftadium' Existenzberech tigung? Und weShalb besitzt er heute diese Existenzberechtigung nicht mehr? Was hat sich zwischen dem Kapitalismus, der ein not wendige- Turchgangsftadium war, und dem heutigen Kapitalismus, der keine Existenzberechtigung mehr besitzen soll, geändert? DaS sind Fragen, dir jedem denkenden Leser bei der Lektüre der obigen Stelle aus dem „Vorwärts' aussteigen müssen ' Diese Fragen steigen anscheinend nur wenigen „Vorwärt«" - Lesern auf, was aber kein Beweis dafür ist, daß Las Solinger Sozialistenblatt unrecht hat Auf dem internationalen sozialistischen Parteitage zu Stutt gart rühmte August Bebel mit Berechtigung die Lpferwillig- keit der deutschen Genossen, die allmonatlich die Partei kasse mit reichen Spenden versieht. Die Vierteljahrsmonate sind besonders ergiebig, da außer den Spenden der einzelnen Parteiorganisationen noch die Überschüsse au« den parteiamtlichen Preffeunternehmungen der Paiteikasse zufließen Der Uberschuß des „Vorwärts" allein beträgt jährlich rund 170700 M Um den anderen Genoffen recht eindringlich zu Gemüte zu führen, welche materielle Macht Lie Berliner Genoffen besitzen, macht eine für den Essener Parteitag bestimmte Broschüre eine Statistik auf, nach der daS sozialdemokratische „Groß"-Berlin allein im Vorjahre an Beiträgen gegen 206 500 M. der Zentralkaffe zu führte. Außerdem ist für Groß-Berlin noch der größte Teil des Überschusses aus dem „Vorwärts" hinzuzurechnen Aus Berlin folgt Hamburg mit 101500 M, dann das Königreich Sachsen mit rund 65000 M, die preußischen Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover 20600 M und 18 500 M, die Rheinprovinz mit 15 500 M, die Provinz Sachsen mit 13 500 M. und dann kommt erst da« Königreich Bayern mit 11 700 M Gegenüber der finanziellen Opserfreudigkeit Ler Genossen bleiben die Mitglieder der bürgerlichen Parteien leider weit zurück. Deutsches Neich. Der Kaiser in Wilhelmshöhe. (W. T B.) WilhelmShöhe, 12. September Se. Majestät der Kaiser hörte heute vormittag um '»10 Uhr den Vortrag des Ches« des Militärkabinetts, unternahm darauf einen Spaziergang und empfing sodann den japanischen Botschafter Zur FrühstückS- tafel bei dem Kaiseipaar waren geladen der japanische Bot schafter, der heute früh hier eingetrcffene Staatssekretär des Auswärtigen v Tschirschky und Bögendorff und Graf Lanza« Mazzarini und Gemahlin Nachmittags unternahm das Kaiser paar eine Spazierfahrt im offenen Zweispänner in den Habichts- wald. XVI. Internationale Friedenskonferenz. (W T B ) München, 12. September Der internationale Friedens» kongreß nahm eine Reihe von Resolutionen an, unter ihnen auch eine, die sich mit Ler Marokko-Frage beschäftigt Diese Resolution spricht den Wunsch au«, daß die Unternehmungen Frankreichs und Spanien« in Marokko sich ausschließlich auf die Wiederherstellung der Ordnung und auf den Schutz der Fremden beschränken mögen, und daß die Einrichtung einer Polizei in Marokko, selbst wenn sie einer begrenzten Anzahl von Mächten übertragen bleibt, stets einen ausgesprochen inter nationalen Charakter behalte Denkmäler für (*ugen Richter. (W. T B) Berlin, 13 September. Auf dem Begrüßungilabend der Freisinnigen Volltpartei teilte der Äbg Müller-Sagan, der Vie Delegierten im Namen der Par.eileitung willkommen hieß, mit, daß in der gestrigen Sitzung einstimmig beschlossen worden sei, Eugen Richter ein Denkmal au« Stein und Erz sowohl in Berlin als auch in Hagen i Wests zu setzen Koloniales. Hamburg, 13 September Gestern abend ist hier der RcichSpostdampfer „Prinzessin" mit dem Ablösungs ¬ transport der Kreuzer „Bussard" und „Seeadler" aus Ost- afrika eingetroffen Die Heimkehrenden werden nach Kiel befördert Ausland. Zur Zweiten L»aager Friedenskonferenz. (Berl Lokalanz) Paris, 12. September Bourgeois, Ler den Haag aus kurze Zeit verlassen hat, hatte heute eine Unter redung mit Pichon Er hat ihm mitgeteilt, daß die Friedens konferenz voraussichtlich nach dem 15 d M die entscheidenden Beschlüsse fassen werde, und daß ihr Schluß gegen den 30 Sep tember zu erwarten sei. Zur Lage in Österreich. (W T B) Wien, 12. Sevtember. Einer Abordnung des sozial demokratischen ReichsratSverbands, die für die Einfühlung des allgemeinen Wahlrechts für die Landtage eintrat, erklärte Ler Ministerpräsident, die besondere Aufgabe der Landtage als Ver- waltungtzkörper bedinge, daß die ökonomische Struktur der Be völkerung, die Verhältnisse in Stadt und Land und gewiße politische und soziale Momente in angemessener Werse berück sichtigt würden Insbesondere könne von einer Berücksichtigung der BesteuerungSverhältniffe nicht vollkommen abgesehen werden Abgesehen von diesen Einschränkungen bekenne sich die Re gierung zu dem Gedanken einer möglichsten Erweiterung des Landtagswahlrechts und werde alles zum Abschluffe emes Reformwerks aufbieten, daS allen maßgebenden Verhältnissen gerecht werde Bezüglich der Frage der Wahlrefoim für den böhmischen Landtag erklärte der Ministerpräsident, die Re gierung sei bestrebt, durch eingehende Verhandlungen mit den Parteien die Aktion vorzubereiten und möglichst bald der Er» Weiterung de« Wahlrechts zum Durchbruch zu verhelfen Von den französischen Liorpsmanövern. (W T B) Angouleme, 12 September Bei einem Tiner zu Ehren der fremdländischen Offiziere, die an den Manövern teilgenommen haben, gab der Kriegsmimster der Achtung der Regierung Aus druck für die Offiziere und die Armeen sowie seiner ehrerbietigen Ergebenheit für die hier vertretenen Souveräne und Staats oberhäupter Der belgische General Timmermans als Doyen der fremden Offiziere rühmte die Eigenschaften der französischen Armee, dankte für den Len Offizieren bereiteten Empfang und schloß mit einem Hoch auf den Kriegsminifter, das framösUche Heer und den Präsidenten Fallii-res. Iswolsky über die auswärtige Politik Rußlands. (MagdebZtg) Karlsbad, 12 September Der russische Minister des Äußern Iswolsky erklärte in einer Unterredung, da» Abkommen mit England beziehe sich auf Persien, Tibet und Afghanistan und verletze in kerner Weise die Rechte anderer Staaten Die Zusammenkunft in Swinemünde habe die traditionelle Freundschaft »wischen Rußland und Deutschland, deren Ausgestaltung er sich rur Ausgabe gemacht habe, deutlich zum Ausdruck gebracht. Zum Fürften Bülow habe er alte freundschaftliche Beziehungen Die Allianz mit Frankreich sei und bleibe die unwandelbare Grundlage Ler äußeren Politik Rußlands, störe aber durchaus nicht die Pflege der Freundschaft und guten Nachbarschaft zu Deutschland Bezüglich Marokkos setzten die Mächte volles Vertrauen in die Mission Frankreichs Im fernen Osten sorgten Japan und Rußland für die Auf rechterhaltung LeS LtLtUS HUO. Von den Parteien in Rußland. (Berl Lokalanz) Moskau, 12. September Die Partei der friedlichen Erneuerung löste sich wegen Mangels an Mit gliedern auf. Zum Bandenwesen auf dem Balkan. Tic „Franks Ztg" meldet au« Saloniki, daß türkische Truppen rn Makrijewo eine in einem Hause versteckte acht- köpfige griechische Bande niedcrmachtcn. Ein Gendarm wurde dabei getötet. Zur Lage in Makedonien. Wie in einem Teile Ler gestrigen Auslage (unter den Drahtnachrichten^ nach einer Meldung des „K K Ofterr-Ungar Tel «Korr-Bur " bereits mrtgeteilt wurde, hat sich die Pforte vertraulich Kenntnis verschafft von dem Programm der mace- donischcn Justizreform, das die Botschaften der Ententemächte im vergangenen Monat den übrigen Botschaften übergeben haben, und geht mit der Absicht um, alle Varia enthaltenen Maßregeln sowie ihre eigenen Beschlüsse durchzv führen, um durch den Hinwci« auf diese Durchführung den fremven Reformen zuvorzukommen Zur Lagt in Persien. (W T B) Teheran, 12. September Nach lebhafter B.raruna faßte daS Parlament den Beschluß, dem Beseht Les Schab», welcher der Protestscputation unv Lem Präsidenten mngetcill werten war, Gehorsam zu leisten und dem neuen Kabinett eine Prob.»