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WöcbrnklLü erscheinen drei Nunnnern. Pränumeration?- PMS 22; Sgr. (s LI>!r.) Ottrtttbchrtich, 3 ^htr für da» ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Thci!cn der Prenkischc» Monarchie- a g a z i n für die Man vrä»umerirt ans dieser Beiblatt dcr Ällg. Pr- Ltaais- Zeiiung in L^erlitt in der Expedition (Mehren - LtraSe Nr. 3't): in der Provinz so >rie im Anslande dci de» Wohllobt. Pos» - Aenitcr». Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den 1l>. Fcbrnar 1838. Italien. Italiens neueste Literatur. Von Forlunatu Prandi. Zwischen der ersten und zweiten Französischen Revolution liegt eine Epoche der Jtaliämschen Poesie, die von dem Glanze eines einzigen Namens ausgefüllt wird, dem die übrigen Dichter der Nation als Geister zweiten Ranges sich umerordnen. Dieser Mann, der Koryphäe seiner Zeit, ist Monii, dessen Einstuß erst mit seinem Tode im Jahre 1827 aufhön- Zwei Genien, Dame und die Frei heit, bildeten den Mittelpunkt m dein Idcenkreisc dieses Dichters, der zwar nicht , neue Bahnen brach, aber die Vorgefundenen so glanzend und kühn betrat, daß inan ihn bald als Meister verehrte und nachahnilc. Der Geist der Verjüngung durchdrang die Länder Luropcns und stürzte die Herrschaft der Akadcuuccu. Eesarom, Parini, Alfieri sind die Vorläufer in der literarischen Revolution; aber gefeierter als diese, wirkte Monti auch umfassender; er tauchte seine Feder in die lebensvollen Farben der neuen Zeit und fand in dem Studium Dame's, dessen Kraft und Originalität plötzlich ge fühlt und der zierlichen Muse Pewarka's vorgezogcn wurde, die Schätze der alten. Männer wie Manfredi, Lazzarini, Zanoui, die im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts für mustergültig pas- sinen, mußten der neuen Richtung Plag machen. Avgeschünelt war die sklavische Gebundenheit der Akadcmiccn, in Mißkredit gerathcn die Nachbildung antiker Formen; man fand keinen Ge fallen mehr an dem einförmigen Gebrauch abgenutzter Bilder und Rhythmen, nachdem der Weg zu höherer Vollkommenheit gefunden ivar. Monti ist der König in der Umgestaltung der Form, die der Umgestaltung im Reiche der Ideen stets vorangcht. Empfänglicher für die Welt der Sinne als für die Tiefen der Reflexion, phan- tasicrcichcr Dichter, aber mittelmäßiger Kenner des menschlichen Herzens, war ihm nur die Außenseite, die Leiblichkeit der Kunst zu gänglich. Ein bewundernswürdig geschickter Versifikator, überströ mend von ausdrucksvoller, blühender, feuriger Sprache, spielend inil den Schwierigkeiten des Meirums und den Fesseln des Reims, unumschränkt gebietend über alle Nüancen dichterischen Wohl lauts, überstieg cs dennoch das Maaß seiner Einsicht, daß auch die Kunst eine Seele habe, ohne welche ihre Wirkung — cm kurzer Rausch, ihr Loos — ei» Eimagslebcn ist. Unter Momi's Meisterhand lebten die Formen auf, erlangten sic Frische, Fluß und Glanz; aber seine Poesie ohne Kern und Gehalt erhob sich wie ein schimmerndes Meieor, erhellte eine Spanne Zeit den Ge sichtskreis mit ihrem Lichte, um schnell in Nacht und Vergessen heit zu sinken. Monti wird nicht mehr gelesen; nur wenige Oden und Lieder möchten den Namen des Dichters auf die Nachwelt bringen, der sich in mancher Beziehung mit den Troubadours des Mittelalters vergleichen läßt- Momi's Geschick ist das Geschick jeder Poesie der Sinncn- und Gefühlswelt, reich an Bildern und Formen, aber vergäng lich wie die Materie, der sic in ihrem innersten Wesen angchön. Ohne geistige Zeugungskraft, ohne lichte und siegreiche Weltan schauung, von flackernder Begeisterung, aber ohne Wahl und Prinzip, ein Wiederhall aller Töne, die an sein Ohr schlugen, drang er selbst niemals in jene Tiefen, wo der Born der Kunst lauter und beseligend fließt, lernte er nicht seinen Gebilden wahres Leben einhauchen, erfaßte er nicht mit allgewaltigen, hinreißen den, in ihren Kreis bannenden Gedanken, ja er ermüdete zuletzt durch den Gleichklang schöner Phrasen und schimmernder Bilder, denen die Neuheit Reiz verlieh. Monii ist mit Unrecht mit Dame verglichen worden. Dame's Charakter war stark, unge zügelt, leidenschaftlich in seiner Zu- und Abneigung, Momi's schwach und unterwürfig, keinem Systeme, selbst seinem politi schen nicht getreu; Dame übte die Herrschaft über die Gedanken, Momi über den Ausdruck: in Dame's gewaltigem Haupte nahm die Phantasie den zweiten Rang ein; ihr voran ging die ruhige Uebcrlcgung und stcckie der Begeisterung im Voraus ihre User ab, bei Monti war sie Alles, sein Einziges- Dennoch erwarb die Frische und die Kunst seiner Erzeugnisse dem Dichter Anhän ger, umer denen allein Cäsar Arici aus Brescia, der, bei gänz lichem Mangel an Originalität, sich aus einen fließenden Vcrsr bau verstand, sich einen Namen erwarb. Er glaubte sich zu einer großen Rolle berufen, seitdem seine Elegie auf den Tod Joseph Vcnti's Beifall gefunden, aber Ugo Foscolo mit seiner scharfen Kritik wies ihn in die gebührenden Schranken zurück und schloß ihn von der Reihe echter, d. h. ursprünglich schaffen der Dichter aus. Arici, diesen Wink beherzigend, beschränkte sich auf das ihm von Natur angewiesene Gebiet, auf den Anbau der rhetorischen Form und lieferte einen schlagenden Beweis seines Talentes in seinem Gedichte „Von dem Ursprung der Ouellen", einem sich glcichhleibendcn Fluß von Anmuth und Wohllaut, aus dein inan gern einen kurzen Genuß schöpft, das sich aber keinen bleibenden Wcrih durch den Mangel an crha-- denen und neuen Gedanken zu sichern im Stande war. Mil seinem und des Meisters Abscheiden schwand auch ihre Schule, die ihre Blüchc gehabt, aber für nachträgliche Früchte nickt geeig net war. Hatte Monti dem klassischen Styl sein alles Bürger recht genommen und ihn um sein 'Ansehen gebracht, so erging es seinem poetischen Materialismus nicht bester; er sank mü ihm ins Grab. — Noch in seinem Alter sah der Dichter mit Schmerz ein neues Geschlecht andere Wege einschlagen und in ihm ver schlossene Regionen sich aufschwmgen. Mit einem Fuße im Grabe suchte er gegen die öffentliche Richtung anzukämpfen und unternahm mit kraftloser, fast erstorbener Hand den ungleichen Kampf zur Bercheidigung der heidnischen Mythologie. Aber die Schildcrhebung des alten Dichters, der mit einer Sündfluth von Gemeinplätzen sich über die Barbarei der Neuerer ergoß, fand nirgends Theilnahme oder Beachtung. Zurnckgewiesen hüllte er sich in den Faltenwurf seines Mameis und starb ohne Laut wie ein besiegter Gladiator- Dic literarische Umwälzung nahm indes; ihren ungehinderten Fortgang. Die Poesie der Akadcmiccn war vernichte,, begraben dic Poege der Töne und Farben. Welches neue Ziel wird man sich steckenk Eine unermeßliche Perspektive Hal sich erschlossen: Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, Alles eignet sich zum Stoff der Dichtkunst; jede Fessel ist abgestrcift, der Mensch und dic Natur, die Welt des Scyns und der Ideen, Gon und Schöpfung sind Gegenstand neuer Sangcswcisen- Zerschlagen sind dic von Grammatikern erbauten Äcrkcnhüren klassischer Beschränktheit, niedergelassen ist das Gitter, durch welches man da- Universum bisher betrachtet, dic Freiheit vollständig errungen; aber was wird nach dem Siege, der, sv groß er ist, doch nur Zerstörung, nicht Wiederaufbau war? Die Vergangenheit ist von ihrem Throne gestürzt, aber die Zukunft steht nackt ohne Plan, ohne Ziel; der frcigcwordenc Blick schweift in die Uncrmeßlichkeit — wird er sich darin verlierens Es besteht kein Staat ohne politisches, keine Poesie ohne lite rarisches Glaubensbekenntnis;, und je größer die Freiheit, desto schwieriger ihre rechte Anwendung. Dwscr schranken- und boden lose Romantizismus mußte noch schneller seine Sterblichkeit füh len, als die Schule Momis, als dic Klassiker. Er versuchte ab wechselnd sein Heil in den Erinnerungen der Vergangenheit, d. h. des Mittelalters, und den Hoffnungen einer zweifelhaften und unentwickelten Zukunft, d. h. einer träumerischen Mystik. So stand es im Jahre 1830. Aber schnell war erschöpft, verraucht, was die romantische Schule Ausschweifendes zu Tage gefördert hatte. Man kam zu der Einsicht, daß mit dem bloßen Phamasiren sich noch keine National-Litcratur gestalten werde, daß nur gründliche, Geist und Geschmack des Volkes veredelnde Poesie Großes be wirken könne. Solche Grundsätze schlossen die schwachen Elegiecn von Vicwrclli und Fruqoni eben so wie die Schule Momi's für immer von der neuen Genossenschaft aus. War ihre Stelle auch noch nicht ersetzt, so strebten doch schon dic ersten Geister der Nation, zur Förderung des hohen Zweckes nach Kräften bcizu- «ragen, und wenn ihre Werke auch weniger wohlklingend und glänzend waren, so gewann das Bett, in welchem der Strom Italischen Denkens flöß, an Tiefe und Fülle. Volkserziehung hieß das neue rcsultaireichc Problem, dessen Lösung der höchsten Anstrengungen und Geister wcnh war. Und ein Königlicher Schatten, der Geist Dante's schwebte über diesem Geschlechte, dessen Schweigen mehr sagte als ehemals das rasche Won ; denn in diesem Schweigen lag die Scheu vor alter Leichtfertigkeit; das Won wurde ernst und sittlich. Diese Wiedergeburt ging von dem männlichen Geiste Dante's aus: in den Lebensguellen seiner groß artigen und volksthümlichen Poesie suchte man Kraft und Fülle für den erstorbenen Zeitgeist. Zahlreiche Ausgaben der flicina Lomeäis erschienen nach und nach, geistreiche Kommentare, wie