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Nummer 115 - 24. Jahrgang ftnal wöchtl, Bezugspreis: für Mai 3,50 etnschl. Bestellgeld, «nzc gcnprelje: Tie Igesp. Petil»e>1e 30 Stelle,igeiuche 2V Tie Pettt-Reklamezeile 89 Millimeter breit, 1 Osfertengebühr sür Selbst abholer 2st H, bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuichlag. Einzel-Nr. 10, Sountags-Nr. 1Ü -Ä. Geichüstlicher Teil: Joses Fohmann. Dresden. SiicklWe Mittwoch, 20. Mai 1926 Im Falle höherer GswaU erlischt ,ede Verpflichtung ems Lieferung sowie Erfüllung von Anzeigen-Austrägen u. Leistung von Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernruf übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Verant- Wortung. Unverlangt eingesandte und mit Rückporto nicht versehene Manuskript« werde» nicht aulbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 5 bis 6 Uhr nachmittag«. Hauptschristleiter: Dr. Josrs Albert. Dresden. volrsMung «eschiiftsftell». Truck »nd «erlaa, Saxonia. Buchdruckers, Gmb.h..Dre«den-A. I». Hotbetnstrake 4«. gernri» 32T--2. Postscheckkonto Dresden >4787, Bankkonio Bassense 0 FrtSschc, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Eachsischcn BolkSzettiing Dresdeu-SIItst. >8. Holbeiuklrape 48. gernrut 827L3 und!BS!i8, Amerika machl ernst SWMsel« Oll MWem Neupork, 19. Mai. Nach Washingtoner Meldungen wird dem Kongreß ein Antrag zugehen, der verlangt, das, die Kriegsschuld' »erstaaten, die bisher der Schuldcnregclung aus dem Wege ginge», so lange kein« privaten Städteanleihe» erhalt«» solle,», bis die Schuldensrage geregelt ist. Präsident Coolidge ist gegen eine solche Vergebung von Anleihen sür diese Länder, ebenfalls führende Mitglieder des Parlaments, so daß mit der Annahme des Antrages gerechnet wird. Ti« Mahmwte, die die Schnldnerstaaten an ihre Verpflich tungen aus dem Kriege erinnert, ist an folgende Staaten ge gangen: Frankreich, Italien, Belgien, Griechenland, Litauen, Ru mänien, Estland, die Tschechoslowakei und Sudslawien. An Moskau ist keine Note gegangen, weil die Sotojeiunion „de jure' von Amerika nicht anerkannt ist. Gleichzeitig wird die folgende S ch n l d e n l i ste einschließlich der Zinsen bis 31. Dezember 1921 bekanntgegeben: Frankreich . Italic» . . . . Belg«» . . . . Polen . . . . Tschechoslowakei . Sitdflawien . , Rumänien . . Estland . . . . Griechenland . . Lettland . . . 4131 224 351 Toflar 2 097 347 121 Dollar 471 333 713 Del ar 178 559 999 Dollar 105 528 439 Dollar 6113!« 050 Dollar 45 605 447 Dollar 17 488 685 Dollar 17S5N 000 Dollar K389V92 Dollar. Finnland hat seine Schulden von 8 515000 Dollar bekannt lich abgezahlt. Ta die eigentlichen Kchrgsschuldeu Belgien er- lassen worden sind, handelt es sich bei der für Belgien erwähnten Summ« um Ernährung-?- ,,„d Wiederaufbananleih«» der Nach^ kriegSzeit. Re uyork, 19. Mai. Der Unterstaaissekretär Deiveq ist »ach Europa abgereist, um mit den Schuldnerstaaten über den Standpunkt Amerikas in der Frage der Schuldenregulicrung zu beraten. Man erwartete, daß die Schuldenkommissio» des Senats sofort zusammentreten wird, nachdem der Senator Smoots aus Europa zuritckflekehrt Ist. Der Vorsitzende des Reprüsitanlenhauscs, Longivorth. ist »ach Paris zum Sni- diun, der Schuldensrage abgereist und wird voraussichtlich auch Berlin und London besuche». Frankreich mag aber nichi zahlen Paris, 19. Mai. Der „Temps" glaubt zu wissen, daß die französische Regierung in spätestens vierzehn Tagen Großbritan nien »nd den Vereinigten Staaten einen genauen Plan zur Be zahlung der Kriegsschulden unterbreiten wird. Das Blatt nimmt mit auffälligem Nachdruck gegen jede geschäftsmäßige Behand lung des Schuidenproblems Stellung. Es würde eine schreiende Ungerechtigkeit bedeuten, so schreibt das Blatt, wollte man die Schulde», die Frankreich für die gemeinsame Sache während des Krieges aufnahm, einsordern, ohne der Nichterfüllung (?) der deutschen Reparationsverpflichtnngen Rechnung zu tragen. Die Gerechtigkeit erfordere zum mindeste» eine Revidiernng der Kriegsschulden entsprechend der Verminderung der denische» Reparationsschuld, die Frankreich notgedrungen unter dem ge meinsame» Druck Englands und der Bereinigten Staaten Hai zugestehcn müssen. Schließlich würde es den Gipfel der politi schen Unmoralität bedeuten, wenn Frankreich von den Alliierte» mit weniger Wohlwollen »nd Großmut behandelt würde, als man selbst Deutschland gegenüber an den Tag lege. (!!) England und die Sicherheilsnole 8Mll IM «MW London, 19. Niai. Unter der Ueberschrist „Wachsen der Hindernisse für den Sicherheitspakt" schreibt der diplomatische Berichterstatter des „Daily Telegraph", morgen werde das Kabinett Briands Entwurf für die Antwort auf die britischen Sicherheitsvorschläge prüfen. Es müsse entschieden werden, ob das britisch« Kabinett dem Quai d'Orsay Abände rungen Vorschlägen soll« oder nicht. Briands Antwort iverde in Berlin als französische und nicht als interalliierte Antwort unter breitet werden. Einige Minister meinten, Großbritannien würde, wenn es an einer Aenderung des französischen Wortlautes teil nehme, für den Inhalt mit verantwortlich ivevden. An dererseits werde auch die Ansicht vertreten, daß, wenn die fran zösische Antwort in einer Form erfolge, die künftige« Verhand lungen beeinträchtigten, die Folgen ernstlich sein könnten. Viel leicht iverde sich das Kabinett morgen in seiner Sitzung damit begnügen, Paris um Aufklärung über die genaue Bedeutung gewisser unbestimmter Sätze in der Note zu bitte». London wünsche nicht, di« Kraft des Versailler Vertrages bezüglich der Ost- »nt» Siidgr« nzen Deutschlands zu schwä chen, obgleich es diese Grenzen durch einen besonderen Pakt nicht garantiere. Ebensowenig könne die britische Negierung neue Bestimmungen anerkennen, die die Bedeutung des Artikels 19 der Bölkerbunbssatzung oder des Artikels 30 des Versailler Vertrages über ^ne ücutsch-iffterveichische Vereinigung außer bei Zustimmung des Völkerbundsrates entstellen würden. Die nächste Antwort, die die Nationen auf dem Kontinent Ehambrrlain süt seine unternommenen Bemühungen um die Befriedung erteilen könnten, fei. einer Regelung, die Großbritannien wünsche »nd die sie selbst zu wünschen behaupten, nicht unnütz Hindernisse zu bereiten. Plan hoffe, daß es der Botschafterkonferenz während des Wochenendes gelingen werde, in dem Mantelbrief über die A b - riistung die verschiedenen alliierten Standpunkte zu erwähn nen. Es verlautet, daß die Forderungen, die von Deutsch land erfüllt werden müssen, positiv und scharf sein iverde». Bei ihrer Erörterung habe Großbritannien eher an die europäi sche Sicherheit als an seine eigene gedacht, denn es herrsche all gemein die Ueberzeugung imter den Sachverständigen, daß Deutschland bereits im wesentlichen entivaffnct sei und in keiner Weise eine ernste Drohung für England ivährend einer beträcht lichen Zahl von Jahren bedeuten könne. Wann wir- die Enlwastnungsnoie übergeben? Paris, 19. Mai. Der „Soir" will erfahren haben, daß die Abrlistungsnote Deutschlands am Mittwoch kommender Woche, spätestens am Donnerstag übergeben wird. Brüssel. 19. Mai. Wie hier n» wohl unterrichteter Stelle bekanntgewvrdeii ist, ist die Not- der Entente in der Kontroll frage nunmehr soweit fe ctiggestellt, das, nur »och einzelne Textredaklioneu vorzunehme,, sind. Tie Entente befleiß,ige sich einer sehr gemäßigten Sprache, lasse aber in ihre» sachlichen Forderungen alle bisherigen Darlegungen von deutscher Seile völlig unberücksichtigt. Es wirb verlangt, daß große I » dustrie - werke, di« früher Waffe,, geliefert Hab«», wie Krupp, Deutsche Werke und andere, neue Nirsenz«rstörniigen in ihren Anlage» vor nehmen. In ebenfalls gut »nterriichtete» Kreise,, verhehlt man sich aber nicht, daß die Erfüllung dieser Verpflichtungen für die bc- be^effenden Werfe eine fist katastrophale Wirkung liaben muß, Reiter wird die vollkommene Entkascriiierniig der Schutzpoli zei gefordert »nd daran fcstgcs,alten, dos, da-S Trupvenaint in, Reichswehr,,,inisterinni eine Fortsetzung des großen Generalstabs ist. Es wird verlangt, daß es vollkommen nnwrganisiorl wird »nd daß Garantien bestimmter Art dafür geschaffen würde», die auch in Zukunft das Wiedererstehen eines Generalstabes „»möglich machen. Gesetzliche Vorschriften würde» Weiler gegen die Wieder holung kurzfristiger Einstellungen in die Reichswehr verlangt. Bon den Einzelflnder,ingen sei besonders hervorznheben, daß Königsberg weiter entfestigt werden soll- Gegen König und Regierung. A-Sy. Belgrad. 17. Mai. Die „Politika" bringt heute einen Bericht über die Auf deckung einer bolschewistische» Verschwörung in Jugoslawien. Nach diesem Bericht erhielt di« jugoslawische Negierung bereits vor einem Monat von einer fremden Regierung die illachricht, daß auf Moskauer Initiative in Jugoslawien mehrere Attentate vorbereitet werden. Nach zwei Wochen kam eine neue Verständi gung »ach Belgrad, die gleichfalls von einer Jugoslawien be freundeten Seile stammte. Diesem Berichte zufolge plante man nach dem Muster der bulgarischen Attentate eine Reihe von Anschlägen Es sollten zuerst Attentate gegen den König, gegen den Ministerpräsidenten Paste und mehrere andere Poli tiker ansgesührt wevden. Außerdem sollten das königliche Pa lais, die Gebäude des Ministeriums des Aeußern und Innern wie des Präsidiums, das Kriegsministerium, die Polizeidircktion, Skuptschina, Staatsdruckerei und die Druckereien großer Bel grader Blätter in die Luft gesprengt werden. Mit der Ausfüh rung der Attentate wurden durchwegs Mazedonier betraut. Der Polizei gelang es erst nach fieberhaften Recherchen, die Faden der Verschwörung aufzudecken. Nach den polizeiliche» Feststellungen sollte das erste Attentat am 15. Ntai mittags gegen de» König versucht werden. Jedoch hatte die Polizei schon vor einigen Tagen die zwei Bulgaren verhaftet, die angeblich Anschläge gegen in Jugoslawien lebende ehemalige bulgarische Minister planten. Mit der Berieslung dieser Leute hatte die Berschwörerbande ihre Leitung verloren, so daß die übrigen Ver schwörer aktionsunsähig wurden. Bisher befinden sich insgesamt etwa 70 Personen in polizeilichem Geivahrsam. Unter den Ver hafteten befinden sich einig« Russen, Ungarn, zum größten Teil aber Bulgaren. Ihren Berufen »ach sind sie Ingenieure, Stu denten, gewesene Offiziere »nd Arbeiter. Bei den meisten über hasteten wurden Revolver gefunden, die sie unter den, linkest Arm in einem besonders für diesen Ziveck hergestellten Futteral trugen. Angeblich soll em Teil der Attentäter aus Wien nach Jugo slawien gekommen sein. Es dürsten daher seitens der jugo slawische» Regierung nicht nur in Sofia, sondern auch in Wie» diplomatische Schritte unternommen werden. Wim Ser iMMM Meiislmllleiiz Gens, 19. Mai. Heute vormittag 11 Uhr hat di« 7. Inter nationale Arbeitskonferenz ihre öffentliche Tagung im Großen Saalgebäude der Stadt Genf begonnen. Der Montag war einer Sitzuna des Nerwaltunasrate» e»»» Kns»rnas!,->ne>ion ss,-Kai»a> Die französische Regierung nach den Wahlen (Bon unserem Pariser Korrespondenten.) Paris. Mitte Ria, Seit einigen Tagen beschäftigten sich die Pariser Zeitungen lebhaft mit den Folgen, die der Ausgang der Kommunalwahlen wohl ciuf die Negierung und ihre Politik l>aben kann. Man erinnere sich nur, unter welchen Umstünden das eigen artige Kabinett gebildet wurde und besehe sich etwas genauer das Resultat der Wahlen, so wird diese lebhafte Zeiiungsdebaiie leicht verständlich. Das Ministerium Herriot ivar umgeworfen worden, weil es, besonders in Steuersachen, eine allzu sozialistische Politik betrieben und so dem Senate sehr mißfallen hatte. Da darauf hin ein Konflikt zwischen der radikalen, sozialistischen Kammer- Mehrheit und dem sehr gemüßigten Senat in der Luft lag, mußte eine Negierungssormel gefunden iverde», die alle beiden befrie digte: ein Kabinett, das im Parlament die Linksmehrheit wahrte und größtenteils aus Linksleuten bestand, aber nur eine ge mäßigte Politik, eine Politik der Mitie treibe» würde. Das kam ja auch iu der Regierungserklärung, die vom Geiste oes Kampfkabinetts Herriot so verschieden war, deuiiich zum Aus druck. So umsaßt die jetzige Linksregierung mit dem gemüßig ten Rechtsprogramin Leute wie Steeg und Cl>aumet, die mit der Rechten gute Beziehungen haben, und dann besonders Caiilanx, der gegen die Kapitalsabgabe ist. Unter diese» Umstünden war das Kabinett der Gesahr aus- gesetzt, die Minorität oder vielmehr einzelne Teile der Minder heit nicht zu gewinnen, dagegen links di« Sozialisten zu ver lieren, das heißt: in Minderheit gesetzt zu werden. Allerdings scheinen die Kommunalwahlen, von außen ge sehen, eine neire Verstärkung, eine Konsolidierung des Links blockes zu bedeuten. Doch die Tatsache, daß die Kommunisten diesmal mit der Linken zusammen kämpfte», Hai das Gleich gewicht zwischen den radikale» Bürgerlichen und den Sozialisten im Linkskartell selbst zugunsten der linkeren der beiden Grup pen verschoben. So hat nicht eigentlich das Kartell als solches gesiegt, son dern die Sozialisten. Sie haben die Mehrheit in Marseilles, Bordeaux, Toulouse, Straßburg, Nantes und anderen großen Städten inne. Bestärkt durch diesen Sieg, in dem sie die Zustimmung zu ihrem Kampfprogramm vom Mai 1924 sehen, beginnen sie nun von neuem, gegen den Senat einzustürmen, da sich das Volk für die Feinde des Senates erklärt l)abe und um von der Regierung, die ihnen nicht gerade hold ist, eine sozialistische Politik zu ver langen. Wird nun die Negierung dem Drängen der Linke» nach geben und ihren C!>arak>er ändern? Das scheint unwahrschem- lich in einem Kabinett, wo Briand und wo Caillaux sitzen, die es sicher nicht mit dem Senat verderben wallen. Und andererseits scheint Herriot, der Sozial-Radikale, mii seinem Freunde Blum zu intrigieren. Alan raunt sich zu, daß sie ihre Ministerliste schon fertig Hütten: dieses neue Ministerium Herriot würde na türlich noch weiter links stehen als das vorige und es nach dem Ausgang der letzten Wahlen bedenkenlos ,vagen, den Kamps mii dem Senate aufzunehmen, ja. beide würden jetzt eine Kammer- auflösung nicht mehr befürchten, da sie das Volk hinter sich fühle». Da ist »nn für die Minderheit in der Kammer guter Ra! teuer. Bald wird das Pnrlaineut wieder zusammentreten, und da wird man sich vor allein über die Frage unterhalten, ab die Rechte oder ein Teil von ihr das Ministerium Painleve nötigen falls unterstützen würde, falls ihm die Sozialisten untreu werden. Wird etwa die Kammerrechie, die gestern noch so gegen Caillaux hetzte, dann wünschen, ihn in der Regiernng zu haften, da er ja das Kapital beschützt, während Leon Blum sofort zur Kapitals- abgabe drängen würde. Schon setzen sich einige Rechtszeitungen, darunter auch der „Figaro", mit seinem Direktor Lucien Romier, einem Journa listen, der zurzeit sehr a la mode ist, für die Unterstützung des jetzigen Kabinetts ein. Den» wenn es bis jetzt auch noch n cht Bertrauensstimmen von der Rechten erhalten l>at, so erlaubt ihm seine Zusammensetzung und besonders sein Geist, ein Konzen trationskabinett zu werden »nd eine „answechselbare Majori tät" zu erhalten. Höchstens Painleve selbst, der ja viel mehr dem Kabinette den Namen gibt als seinen Geist bestimmt, könnte einem solchen jeweiligen Wechsel vielleicht feindlich sein, doch wären ivahrscheinlich Briand und sicherlich Caillaux. die ja dem Kabinette sein eigentliches Gepräge geben, nicht abgeneigt, mi! einer Mehrheit der Mitte zu regieren. Auf jeden Fall dürfte uns di« Rückkehr der Abgeordneten nach Paris und der neue Zusammentritt der Kammer Ucber- raschungen bringen. Friedrich Beith amtes Vorbehalten. Die Konferenz ist durch eine Rede des Vor sitzenden des Berwaltungsrates, des französischen Regierungsver- treters Arthur Fon tarn e, eröffnet worden. Hieran soll sich die Wahl des Präsidenten schließen, di« aller Voraussicht nach auf Bencsch fallen wird. Wetter wird eine Ansprache des Di- reklors des Internationalen Arbeitsamts, Albert Thomas, er-