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Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. M 323. Montag dm 19. November. I8«6. Bekanntmachung, In dem Rath--Vorrath-hofe sollen Dienstag den 20. November dieses Jahres früh von 0 Uhr an nachbenannte Gegenstände 3 Rammmaschinen mit eisernen Bären, 2 Satz Hausschrauben, 1 Tonnenschnecke 2 Fußwinden, 3 Paternosterschnecken, 3 Paar Flaschenzüge, 1 Centrifugalpumpe, 2 hölzerne Winden, ferner kleine Eisenbahnwagen u. dergl. Räder, Drehscheiben, Walzenwagen, Kastenkarren, Laternen, eine sog. Katze, Schraubenschlüssel, Kanthaken rc., altes Kupfer, Messing, Blei, Zink, Schmiede- und Gußeisen, so wie sehr gut gehaltenes verbleites Eisenblech, weiche- Bauholz und Breter, THÜren, Fenster, Läden, Leitern, Tische, Schränke, Kubikmaße, Ofentheile, Wasser rinnen, 2 vierrädrige Wagen, ferner hartes und weiches Brennholz in kleineren Partien und unter den an Ort und Stelle bekannt zu machenden Bedingungen an die Meistbietenden verkauft werden. Leipzig, den 13. November 1866. Des Raths Deputation zum BorrathShofe. Verschiedenes. * Leipzig, 18. November. Im Dr. Jour, lesen wir heute: Die „Dresdner Nachrichten" sprechen die Befürchtung au-, daß auch die kaiserlich französische Gesandtschaft hier über kurz oder lang ihre Functionen einstellen werde. Auf Grund eingezogener Erkundigung können wir versichern, daß zu einer solchen Befürch tung zur Zeit keine Veranlassung vorliegt. Ferner zeigt da- Dr. Iourn. an, daß in der 2. Kammer auch eine Regierungsvorlage über da- Reichswahlgesetz für den norddeutschen Bund ein gegangen sei. * Leipzig, 18. Novbr. Der Berliner Correspondent der New-Anker Tribüne berichtet über eine angebliche Unterredung mit dem Grafen Bismarck. Die Unterhaltung berührte hauptsäch lich amerikanische Verhältnisse. „In unseren Beziehungen zu den Vereinigten Staaten", sagte Graf BiSmarck, „war ich mir immer klar. Die preußische Junker-Partei, zu der man wich rechnet, suchte beim Ausbruch des amerikanischen Kriege- den König zu bestim men, daß er den Süden anerkenne. Ich habe unbeugsam dagegen gearbeitet, da ich stets den Norden für den wahre« Verbündeten Preußen- gehalten und mit dem Süden nicht- gemein habe. Die preußische Regierung hat in ihrer Freundschaft für die amerika nische nie geschwankt". Diese Worte sprach er im selbstbewußten Ton und seine Augen leuchteten mehr wie gewöhnlich. „Diese unsere Politik ist traditionell", fuhr er fort, „Friedrich der Große war, wenn ich mich recht erinnere, der erste europäische Souverain, der Ihre Unabhängigkeit anerkannte. Ich bin herzlich froh, daß Amerika unsere Freundschaftsgesinnung versteht und erwiedert". Hier schaltete er eine Bemerkung ein, die wenigsten- mir neu war und , wie ich glaube, auch nicht in Amerika bekannt ist. „Beim Beginne unsere- Kriege-", sagte BiSmarck, „war Oesterreich zur See stärker, als wir, und Italien war un- noch nicht gesichert. Da machte man mir den Vorschlag, daß einflußreiche Seeofficiere de- Süden- mit 5000 Manu und paffenden Schiffen sich mit un- verbinden sollten. Sie würden nicht al- conföderirte Marine, sondern al- Private zu uns stoßen, und eS waren in dem Aner bieten die Namen der hervorragendsten Officiere aenannt. Ich berieth die Sache mit Ihrem Gesandten, um zu erfahren, ob die Annahme einer solchen Offerte die amerikanische Regierung be leidigen könne, und Herr Wright berichtete darüber nach Washington. Er erhielt Instructionen, um die Sache zu hivtertreiben und so erklärte ich sogleich, nichts mit dem Anerbieten zu thun haben zu wollen." * Leipzig, 18. November. Eine volkSwirthschaftlich bedeut same Folge der Einverleibung von Hannover, Kurheffen rc. in den preußischen Staatsverband sind die sich daran knüpfenden Fortschritte der Freizügigkeit. Die königl. preußische Regierung läßt eS sich angelegen sein, in Folge der Einverleibung der neuen Provinzen in den preußischen Staat auch auf dem Gebiet der Freizügigkeit und de- Gewerbebetriebe- diejenigen Con- sequeuzen w ziehen, welche den Interessen der alten wie der neuen LandeStheue entsprechen. Was besonder- die gegenseitige Frei zügigkeit anbelangt, so ist eonstatirt worden, daß e- nur einer ausdrücklichen Anerkennung, nicht einer neuen gesetzlichen Anord nung in dieser Beziehung bedarf. Die vollzogene Besitzergreifung macht der früheren staatlichen Existenz der einverleibten Provinzen ein Ende und nimmt dieselben in den preußischen StaatSverband auf; eö versteht sich also auch von selbst, daß da- Verhältniß der besonderen Staatsangehörigkeit mit diesem Act aufgehört hat. Damit fallen denn auch alle Hindernisse hinweg, welche der Niederlassung von Angehörigen de- einen Gebiets auf dem anderen bisher ent- gegenstavden, und e- kann daher eine solche Niederlassung fortan nur nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen beurtheilt und behandelt werden. Durch eine Verfügung de- Minister- de- Innern sind die Behörden in den neuen Provinzen mit den be züglichen Anweisungen versehen worden, und von Seiten der Minister des Handel- und der Finanzen sind die gleichen Grund sätze in Bezug auf die Befugniß zum Gewerbebetrieb als natür liche Consequenzen der vollzogenen Einverleibung aufgestellt. * Leipzig, 17. November. Mehrfach wiederholter Besuch in der Weiß'schen Singspielhalle hat un- nur in der Ansicht bestärkt, daß mit ihr dem hiesigen Veranügungsleben ein neuer achtungswerther Factor gewonnen sei; als erster Versuch der Art in Leipzig darf sie prätendiren, wirklich eine Lücke auSgefüllt zu haben und scheint den Winter über ganz gut sich halten zu kön nen. Da- Publikum der gebildeten Claffen schenkt ihr fortdauern de- Wohlwollen und namentlich erfreuen sich dieser Gunst die Concerte „ohne Tabakrauch". Bereit- fast alle größeren Städte besitzen ihr ebaotant; warum also sollte „Klein-PariS" ge rade Zurückbleiben? TS ist sicher löblicher und ersprießlicher, sein GlaS Wem oder Bier zur abendlichen Restaurirung unter den Klängen eine- hübschen Musikstücks oder während der Declamation eine- harmlosen Schwanke- zu genießen, al- dabei sich über poli tischem Kannegießen zu erhitzen oder gar dem schlimmen Gott Zu fall im Kartenspiel Opfer darzubringen. Schade nur, daß die Localität nicht eben die vorteilhafteste; auch wäre zu wünschen, daß die „reservirteu Plätze" sich fest numeriren ließen. — Herr Director Otto Weiß ist nun gleichfalls in die Reihe der Mit wirkenden einaetreten und hat, mit einer wohlklingenden lyrischen Tenorstimme oegabt, sich al- geschmackvoller, gutgeschulter Lieder und Ariettensänger bewährt. Den Damen Grahn und Troll glauben wir heute noch einige weitere Worte der Anerkennung zu schulden. Ersten ist die Primadonna der Gesellschaft, die sich selbst an colorirte GesangSpiecsn aus italienischen Opern und an klassi sche Aufgaben, wie die Fidelio-Scene: „Abscheulicher, wo eilst Du hin" wagt und mit ihnen doch auch ganz leidliche Erfolge erzielt; ihr Sopran hat markigen Klang, ihre Technik ist mindestens schon au- den Rudimenten heraus und eS wohnt ihr offenbar ein gewisser dramatischer Nerv und Zug inne. Frl. Troll- Bereich sind dagegen in erster Linie österreichische Volkslieder im Dialect; sie vertritt den Wiener TypuS, Frl. Brünivg — die dritte im Bunde und die eigentliche Soubrette — den Berlinischen, in jener steckt ein Theilchen Iosefine Gallmeyer, in dieser ein Stückchen Ottilie Gene'e. Man denke nur, wa- die Vorgenannte anlangt, an das „Aber ich könnte verdorben werden" (au- der Faust-Parodie) oder den „lustigen-Postillon" (Locali-