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Nr. 578 Hauptschrtftl-tter: Dr. Lverth, Leipzig Montag, den 11. November Verlag: Dr. Retnhold L Co. Leipzig 1918 1 Ende der Feindseligkeiten Der Waffenstillstand unterzeichnet vtb. Amsterdam, 11. November. (Drahtberlcht.) Das niederländis6)e Pressebureau Radio hat «inen drahtlosen Bericht aus Paris aufgefangen, datz der Waffenstillstand um S Uhr morgens französischer Zeit unterzeichnet wurde und um 11 Uhr französischer Zeit in Kraft tritt. Foch schickte folgendes Radiolelegramm an die Oberkomman dierenden: Die Feindseligkeiten werden an der ganzen Front vom 11. November 11 Uhr vormittags französischer Zeit an eingestellt werden. Die alliierten Truppen dürfen, bis «in neuer Befehl eintrlfft, die an diesem Tage und zu dieser Stunde erreichten Linien nicht überschreiten. Berlin, 10. November. (Amstich.) Heute morgen fand eine Besprechung der Staatssekretäre statt. Nach Bekannt gabe der Bedingungen des Waffenstillstandes wurden die Be dingungen angenommen. Entsprechende Weifungea sind -er Friedensdelegation gegeben worden. . Zur Beleuchtung der Waffenstillstandsbcdingungen sei be merkt, daß die deutschen staatlichen und privaten Bahnen 1915 32 272 Lokomotiven, 19 373 Gepäckwagen, 228538 gedeckte und 498507 offene Güterwagen besahen. Der normale Zugang be trug jährlich rund 1000 Lokomotiven und 32 000 Güterwagen. Deutsche Note an Lansing Heule nacht ist folgende Rote an denStaalssekretLr Lansing nach Washington gefunkt worden: Herr Staatssekretär! Ueberzeugt von der Gemeinsamkeit der demokratischen Ziele und Ideale hat sich die deutsch« Regierung an den Herrn Präsidenten der Bereinigten Staaten mit der Bitte gewandt, den Frieden wiederherzustellen. Dieser Friede sollle Grundsätzen entsprechen, zu denen Präsident Wilson sich stets be kannt hat. Er sollte eine gerechte Lösung aller strittige« Fragen und eine dauernde Versöhnung aller Völker zum Zwecke haben. Der Präsident hat ferner erklärt, daß er nicht mit dem deutschen Volke Krieg führe und «S in feiner friedlichen Entwicklung nicht behindern wolle. Di« deutsche Regierung hat die Bedingungen für den Waffen stillstand erhalten. Nach einer Blockade von fünfzig Monaten würden diese Be dingungen, insbesondere die Abgabe der Verkehrsmittel und die Unterhaltung der Besatzungtruppen bei gleichzeitiger Fortdauer der Blockade die Ernährungslage Deutschlands zu einer verzweifelten gestalten und den Hungertod von Millionen Männern, Frauen und Kindern bedeuten. Wir muhten die Bedingungen annehmen. Wir machen aber den Präsidenten Wilson feierlichst und ernst darauf aufmerksam, daß die Durchführung der Bedingungen dem deutschen Volke das Gegenteil der Gesinnungen erzeugen muh, d:e eine Voraussetzung für den Neaufbau der Völkergemeinschaft bil den und einen dauerhaften Rechtsfrleden verbürgen. Das deulsche Volk wendet sich daher in letzter Stunde noch mals an den Präsidenten mit der Bitte, auf eine Milderung der vernichtenden Bedingungen bei den alliierten Mächten hinzowirken. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes. Kein Trisdr rmt siasm bolschewistischen As-xischknird Berlin, 10. November. Der deutsche Gesandte im Haag und Brüssel berichtet, dah nach ganz zuverlässigen Nachrichten aus Entenlekrelsen die Entente mit einem bolschewisti schen Deutschland keinen Frieden schlichen würde, weil sie in einem folchrn Staate keine Regierungsgewalt finden wurde, deren Autorität und Dauer genügend verbürgt sein würde. Die Entente wurde sich berufen fühlen, in diesem Falle la Deutschland ein z »marschieren und in Deutsch land Ordnung zu schaffen. Hindenburg auch in Holland Haag, 11. November. (Elg. Drahtberlcht.) Amtlich wird gemeldet: Nachdem der Bericht eingegangen war, dah der Deutsche Kaiser auf holländischem Gebiet angelaugl war, wurde der Kommissar der königlichen Provinz Limburg beauftragt, sich mit dem Gesandten uad Kabinettschef des Ministers des Aeuhern van Trooslwyk sowie dem Generalsekretär Haanema «ach Maastricht zu begebe«, um wegen des vorläufige, Aufenthaltes und der später zu treffenden Mahnahmen für den Aufenthalt des ehemaligen deulsche« Kaisers Erwägungen anzustellen. Es verlautet von zuverlässiger Erik«, dah unter den Begleitern des ehemaligen Kaisers der frühere General- stabSchef von Hindenburg fei. Die Blätter melden: Heute früh 7 Uhr trafen in Eysden auf der Straße von Bise her 10 Automobile mit kaiserlichem Wappen «in. Die Insassen waren der Kaiser, der Kronprinz, Generalfeldmarschall von Hindenburg, höhere Offiziere und Hofwürdenlräger, im ganzen 51 Personen. Sie verliebe« Spa um 5 Uhr morgens und fuhren über Bervicrs nach Baliice. Um 8 Uhr früh traf in Eysden ein Hofzug mit den Archiven und dem Personal des Großen Hauptquartiers «in. Die Automobile wurden auf Waggons geladen, und mil der Eisenbahn fehlen der Kaiser und sein Gefolge die Reise in nördlicher Richtung fort. Internierung des Kaisers? Amsterdam, 10. Rovcmbermilternachls. (Drahtberichk.) Aus z.verlässiger Quelle verlautet- dah die holländische Regierung die Internierung des Kaisers (? bezieht sich wohl auf die militärische» Be- g eNer des Kaisers. Die Schriflllg.) beschlossen habe. Der Kaiser be finde sich noch in EySde« und fährt morgen «m 8 Uhr IS »ach Mtd- dach.'ca. Haag, 11. November. (Elg. Drahtberlcht.) Der Kaiser war gestern in EySden und fuhr heule früh im Sonderzug nach Maastricht, von wo er sich am Nachmittag im Aula nach Amerong« begeben wird. Dort wird er auf dem Schloß des Grafe» Dentinck wohnen. Vorläufig blcibl er noch zwei Tag« la Ameronge in Erwartung des Beschlusses der holländischen Regierung. ' Haag, 11. November. (Elg. Drahtberlcht.) Der StattonS- chef in Eysden hak den kaiserlichen Hoszug ln zwei Teilen befördern lass n. Der Zug hielt in Bise pnd bestand aus fünf Wogen. Um g;; Uhr traf der Zug in Eysden ein und fuhr nach Maastricht. Heute, am Morgen t-es 10. November, traf der ehemalige Deutsche Kaiser in Z i v i l k le i d e r n in EySden ein. Der Bahnhof ist abgesprrrt. DaS Publikum begrühke den Kaiser mit Achtung. * Haag, 11. November. (Drahtberlcht unseres Sonder berichterstatters.) Der .Nieuwe Rotterdams«-« Courant' bringt über den Kaiser einen bemerkenswerten, sachlich gehaltenen Leit artikel, in dem unter anderem gesagt w rd: .Der Kaiser war eine Per- sönlichkeit, Ober die seine Zo «genossen fthr verschieden urteilten, ja auch dle spätere Geschichte Noch sehr verschieden urteilen wird. Sein impulsiver Charakter, sem manchmal zu stark hervortretendes, dann periodenweis« wieder zurückhaltendes W.sen machen di« Beurteilung äußerst schwierig. Trotz seiner Vorliebe für eine etwas prahlerische mik« en sctne war der Ka ser kein Theakerspieler, sondern, wenn auch mehrfach verblendet, stets aufricht g. Der Kaiser fällt n cht wegen be stimmter Eigenschaften seiner Person, noch wegen bestimmter Taten, di« «r auf seinem Gewissen hat, sondern als Symbol des imperialistischen Systems, das Deutschland zur Grvtze, aber auch zum Verderben führte, trotzdem der Kaiser aufricht g sich als Friednisfürst beze'chnet«. Er wollte bestimmt lieber den Fried«« als d«n Krieg, glaubt« jedoch d«n Friede» nur durch ««»« forderte oülilärtfche BewaffirmiL »a»e»klich durch die Schaffung einer großen Flotte sichern zu können, Bestrebungen, die häufig zu stark beleuchtet wurden. Das Symbol militärischer Groß tuerei und deS Säbelklirrens wurde mit dem Kaiser geopfert. Den Ko'ssr trifft — davon sind wir überzeugt — keine unmittelbare Schuld am Kriege, aber ein stärkerer Widerstand gegen die zum Kriege traben den Kräfte wär« vielleicht am Platze gewesen. DaS Opfer ist jetzt ge bracht, aber zu spät für den Frieden mit dem Ausland und selbst für den inneren Frieden, wenn auch der revolutionäre Strom jetzt etwas weniger ungestüm fließen dürste.' Mr Kaiserin. D^lln, 10. November. (Drahtberlcht.) Wie der Arbritier- and Soldatrnrat mttteill, ist in Maastrich auch dte frühere Kaiserin eingekrvffe«. Demobllifferunq in Holland Haa^ 11. November. (<5ig. Drahtberlcht.) Gestern Sonntag irachmittag beschloß die holländische Regierung die Demobili sierung der holländischen Armee. Inzwischen wurde aber bekannt, daß zu erwarten steht, daß die von Deutschland freigegebenen Kriegs- ge angcnen der Alliierten sich in großer Anzahl über Holland nach ihrer Hrimat begeben werden. Am diese Bewegung in geordneten Bahnen zu halten, soll trotz der Demobilisation eine gewisse Anzahl von Truppen zur Verfügung bleiben. Haag, 10. November. (Korresp. Bureau.) Auf dte Nachricht von der Anwesenheit des Kaisers an der Grenze, bsgaben sich am nachmittag mehrere amtliche Persönlichkeiten, darunter der deutschen Gesandte, i. -rthin. Neuer Protest Wilsons wegen der amerikanische« Kriegsgefangene«. Haag, 1t. Rooember. (Elg. Drahtberlcht.) Aus Washing- lo» wir- gemeldet: Der Minister des Aeuhoru macht folgendes bekaant: Das Ministerium des Aeußern hat den spanische« Gesandte» i» BerN» ersucht, alsbald durch Vermittlung d^s amerikaaischen Gesandten la Der» del der deutschen Regierung in folgeader Angelegenheit «»ergische» Protest zu erhebe«: 1. Daß amerikanische Kriegsgefangene gezwungen werden zu arbeiten, auch wen» sie krank und körperlich dazu un fähig sind, r. daß amerikanische Kriegsgefangene gezwungen werde» Arbeiten z» verrichten, di« mit ihrer und ihrer Familie Stellung unvereinbar find, S. datz sie sofort ans de« Bergwerken, in denen sie beschäftigt sind, entlasten werden. Der spanische Gesandte ward« ersucht, der deutschen Regierung mit- zutcile», datz di« Regierung der Vereinigten Staaten darauf bestehe, dah der Beraubung von Postpaketen an amerikanische Ge fangen« eine End« gemacht werde. Ferner ersuchtr die amerikanische Regierung am Information, ob «s auf Wahrheit beruht, dah sich in B andenburg «in Gcfangenlager befindet, in dem nur Offizier« der amerikanischen Kauffahrteischiff« untcrgebracht seien. Die Not« sucht di« Aufmerksamkeit der deutsche» Regierung darauf za lenken, dah nach dcn jüngste« Berichte» eia Amerikaner, namens David ssohnso», sich noch immer in Brandenburg besiadet entgegen der Erklärung der deotschen Regierung, dah Johnson in ei« OsstsicrSg«fa»g«alager gebracht ward«, sei. Schließlich bemerkt di« amerikanisch« Regierung, datz die deutsch«» Angehörige» der Kauf fahrteischiff« l» Amerika gemätz ihrer Stellm,g behandelt «uh iut««iert s«i«. Sicherheitsdienst Der Arbeiter- und Soldatenrat irr Leipzig bestimmt im Interne der öffentliche« §Hcherheit 1. Waffen und Munition dürfen nur von Personen getragen werbe», die von der unterzeichne ton Sielte bestimmt find und de« Ausweis -eS Sicherheitsdienstes bei sich haben. 2. Erkennungszeichen des Sicherheitsdienstes ist rot« Armbtzch« »M Aufschrift »Sicherheitsdienst des Arbeiter- and SoldatearateS*. 3. Der Arbeiter- und Soldatenrat erteilt den Unterzeichnete« dl» volle BefehlSgewalt in den angegebenen Einzelheiten. 4. EL werden Konrpanicn des Sicherheitsdienstes formiert, welche heute dcn regelmäßigen Wachldienst im Sladtgeb'.et übernehmen, fowi» eia berittener Petro« llc»dienst im Bereich der AmlShauplmannschaft. 5. Die vom Arbeiter- und Soldatenrat anerkannten Behörde^ deren Dienstbereich rom Sichrhcllsdicirfi betroffen wird, habe» pch so» fort mit der Dienststelle des Soldatenrates im Generalkommando W Verbindung zu setzen. 8. Die im Interesse des öffentlichen Dienstes und zur Koutrallg befohlenen Mllikärpersonen kragen am linken Arm eia« weiß« Btab« mil der Aufschrift , . Konlrolldienst '' Arbcfter- und Soldatenrat, Leipzig. Diese Personen führ:n außer der Armbinde «me« rote» BaswM bei sich» der vo» den Unterfertigte« unterzeichnet ist. 7. Den Anweisungen des Sichcrhekl^ienst« und Koatrolldle«stes ist unter allen Umständen Folg« zu leisten. 8. Die Vorschriften aller bish«rigen m ülSrischo« und SftenkNchpP Dienststellen sowie dle Militärgesetze, soweit diese «ich» vo« Arbeffo »ad Soldatenrat eingeschränkt oder aufgehoben stob, bleibe» kn «ist»« Umfange in Kraft. 9. Wer das Leben der Dcvö k rung und die öffentlich« StcherheL durch Mord, Gewalttat, Raub, Brandstiftung, Diebstahl oder ln einer Form gefährdet, daß die Größe der revolutionären Bewegung gefährdet oder eingeschränkt werden könnte, hat auf Grund der äbernommeae» Machtbefugnisse die ollerschärfstcn Strafen zu gewärtige«. Leipzig, den 10. Noccmtxr 1918. Der Arbeiter- und Soldatenrat. Sicherheitsdienst. L e t l l. Varnisonkommando. Kell, Plahmaior. Rich. LipivSki. Ernst Geschwandtner. Dchiunq Soldaten! Alle Soldaten haben sich unverzüglich in ihren bisherige» Kompanleslandorten ein.-ufin-en. Der Arbeiter- and Soldatenrat. gez. Geschwandtner. Der BruderKreit der Nevolution Berlin, 10. November. In dem rasenden Wirbel der Ereignisse ist eine Tatsache noch nicht überholt: der seit 24 Stunden regierende Reichskanzler Friedrich Ebert ist tturner noch — Reichskanzler. Die sozialistische Regierung ist da. Aber sitzt nicht der Wurm in ihr? DaS ist der Bruderstreit der - . sozialistischen Gruppen. ES liegt ein ähn ¬ liches gespanntes Verhältnis vor, wie bei der russischen Revo lution zwischen -en Sozialrevolutionären und den Bolschewisten. Noch haben unsere Sozialrevolutionäre, die alte sozialdemokratische Partei, LaS Heft ln der Hand. Aber wir wird eS morgen oder übermorgen auSsehen? Schon melden sich die links von den Un abhängigen stehenden Gruppen. So «requirierte' die radikale Spar- lakuSgruppe den «Lokal-Anzeiger' und machte aus ihm die «Rote Fahne'. Sie schreibt in ihrem neuen Blatt, eS dürfe kein «Scheidemann' mehr in der Regierung sitzen, eS dürfe kein So« zialist in die Regierung eintreten, solange ein Regierungssozialist noch in ihr sitze «ES gibt keine Gemeinschaft mit denen, die euch vler Jahre lang verraten haben.' Damit ist der Partei deS Reichs kanzlers Lbert der Fehdehandschuh hingeroorfen, wenige Stunden nachdem man gemeinsam den ganzen Bau des deutschen Reiches zum Umsturz gebracht hat. Doch weiter. Die «Rote Fahne' druckt zwar den Aufruf ab, in der Lbert die Mitbürger bittet: Verlaßt die Straßen! Sorget für Ruhe und Ordnung! Aber darunter steht zu lesen: «Wir fordern im Gegenteil dazu auf, nicht die Straßen zu verlassen, sondern bewaffnet zu bleiben und in jedem Augenblick auf der Hut zu sein. Die Sach« der Revolution ist nur in den Händen deS Volkes sicher.' Und dann: «Die Aufforderung deSoom gestürzten Kaiser neu gebackenen Reichskanzlers verfolgt nur den Zweck, die Massen heinuusenden, um die alte Ordnung wiederherzu stellen. Arbeiter, Soldaten, bleibt auf der Hut!' Niemand kann versprechen, datz der Bürgerkrieg vermieden wird. Der Bruder krieg der Sozialisten ist jedenfalls im Dang«. Resolution der deutschen Sisendahner Berlin, 10. November. (Drahtbericht.) Der A.- und S^- Rat teilt mit: lieber 10 000 Lifendahnarbeiter und An gestellte tagten heute im ZirkuS Busch und an einer anderen Stell« und nahmen einmütig folgend« Resolution an: «Die deutschen Eisenbahner erklären, mit allen Kräfte» für die Aufrechterhaltung d«S Verkehrs zu tragen. Sollte« sich gegenrevolutionäre Regungen zeige», k rqtrü der Vprkehr sofort eingestellt werde»,