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Schönburger Tageblutt und M-enbnrger Anzeiger Dienstag, den IS. October 1901. 241. Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zeh!; in Wolkenbnrg bei Herrn Herm. Wildenhairi; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler, Cigarrensabrikant an der Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nSchster- lich 1 Mk. 50 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., für auswärts 15 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. —Amtsblatt für den ^tadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- leuba-Niederhain Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, ' Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Witterungsbericht, ausgenommen am 14. October, nachm. 4 Uhr. »arometerstand 761 wm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 11° 0. (Morgens 8 Uhr -s- 9» 0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft «ach "amln-eckts Volumeter 76°/o. Tbauvunkt -f- 7° 0. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 48 Stunden bis 12 Uhr mittags: 6,r nun. Taher Witterungsanssichten für den 15. October: Meist bewölkt mit Neigung zu Niederschlägen. "Waldenburg, 14. October 1901. Am 11. October waren zwei Jahre verflossen, seit der Krieg in Südafrika begann, und noch immer ist das Ende nicht abzuschen. Wiederholt haben die Eng länder triumphirend verkündet, daß der Krieg thatsächlich zu Ende gehe, da die Buren geneigt seien, sich in das Unvermeidliche zu fügen. Ter Krieg ist aus! hieß es in der Londoner Presse, als Lord Roberts Bloemfontein, die Hauptstadt des Oranjestaates, besetzt und die Ein verleibung dieses Staates feierlich ausgesprochen hatte. Auf Grund ihrer einseitigen Bericht-Erstattung, die noch heutigen Tages die wirkliche Lage auf dem Kriegs schauplätze nicht erkennen läßt, glaubten schon damals die Engländer, daß die Buren angesichts der Unfähig keit, die militärischen Operationen fortzusetzen, selber geneigt seien, die britische Herrschaft anzuerkennen. Als dann einige Wochen später Lord Roberts in Pretoria einzog, erscholl abermals der Ruf: der Krieg ist aus! und nahezu einstimmig, wenn auch mit beklommenem Herzen und unter Klagen, wiederholte diese Wor.e die europäische Presse. Fast Niemand wagte mehr daran zu zweifeln, daß das Schicksal der südafrikanischen Republiken endgiltig besiegelt sei und die Buren ihre staatliche Selbstständigkeit verloren hätten. Seitdem sind anderthalb Jahre vergangen, aber die bedingungslose Unterwerfung der Buren und die Herr- schäft Großbritanniens in Südafrika sind keineswegs erzielt. Tas Ansehen des britischen Reiches, das durch die Einnahme der Hauptstädte der beiden Republiken einigermaßen wieder hergestellt schien, erlitt durch die Niederlagen in dem zweiten Abschnitte des Krieges noch schwerere Erschütterungen, als in dem ersten. Bevor Lord Roberts die Heimreise antrat, hatte er festgestellt, daß das, was jetzt allenfalls noch auf militärischem Gebiete zu thun bleibe, nicht mehr ein Krieg zu nennen sei, sondern nur noch ein Kesseltreiben gegen „plün dernde Räuberbanden". Weit über ein Jahr betreibt die englische Armee dieses Kesseltreiben, aber der er wartete Erfolg bleibt aus. Obwohl Lord Kitchener mindestens alle acht Tage lange Berichte nach Hause schickt, in denen er zusammenzählt, wie viele Ochsen, Pferde, Wagen, Gewehre, Patronen rc. erbeutet und wie viel Buren seit seinem letzten Geschäftsberichte ver wundet, getödtet und gefangen genommen worden sind oder sich freiwillig ergeben haben, so ändert das nichts an der Thatsache, daß die Engländer immer neue Schlappen erleiden und bisher nicht einen einzigen der Burenfiihrer, die in dem zweiten Theile des Krieges eine hervorragende Rolle spielen, überwunden haben. Ja die Verhängung des Kriegsrechls über die Kap- colonie ist das Geständuiß Englands, daß die mili tärische Lage in Südafrika sehr bedenklich geworden und seine eigene Colonie nur durch äußerste Mittel zu retten ist. Tas sittliche Ergebniß des zweijährigen Ringens steht schon fest: es ist für die Engländer so ungünstig wie nur denkbar. Auch wer nicht die Auffassung theilt, daß alles Recht in diesem Streite auf Seiten der Buren und alles Unrecht auf Seiten der Briten sei, vermag sich der Erkenntniß nicht zu entziehen, daß England durch die Art, wie es sein wirkliches oder vermeintliches Recht durchzusetzen bemüht ist, sich der menschlichen Gesittung gegenüber ins Unrecht gesetzt hat. Daß Eng- land schweigend zusieht, wie seine Söldnerheere gegen das freie, christliche Volk der Buren wüthen, wie die Farmen der Vertheidiger ihrer Unabhängigkeit nieder gebrannt, ihre Frauen und Töchter geschändet, Tausende wehrloser Weiber, Greise und Kinder zusammengetrieben und dem Hunger und den Seuchen preisgegeben werden, — daß die englische Nation diese entsetzlichen Dinge geschehen läßt und mit ihrer Flagge deckt, das wird ewig ein Schandfleck auf ihrem Namen bleiben. Die einzige gedeihliche Lösung der südafrikanischen Frage liegt in einer Verständigung, wobei den Buren ihre Freiheit gelassen wird. Heute wehrt sich England noch gegen jedes Zugeständniß und verharrt bei dem Programme Chamberlains und Salisburys, wonach von der Unabhängigkeit der Buren kein Fetzen übrig bleiben dürfe. Allein wenn es den Buren gelingt, den Krieg hinzuziehcn, dann wird sich die im Rechnen so überaus tüchtige britische Nation endlich doch fragen müssen, ob sie um der Rechenfehler ihrer gegenwärtigen Lenker willen es wirklich darauf ankommen lassen soll, sich zu verbluten. Ueberall, wo Englands Interessen aus dem Spiele standen, hat es, so lange es in Süd afrika festliegt, an Ansehen eingebüßt. Südafrika, Mandschurei, Nikaragua-Kanal, Afghanistan, Irland — das sind die Glieder einer Kette, von der man noch nicht weiß, wie sie schließen wird. Von Südafrika geht eine Erschütterung des britischen Weltreiches aus. Wird ihr nicht Einhalt geboten, so kann die Prophezeiung des Fürsten Bismarck, Südafrika werde das Grab der eng lischen Größe sein, zur Wahrheit werden. PolMM^nn-schan. Deutsches Reich. Mit dem Eisenbahnminister v. Thielen geht die „Deutsche Tagesztg." sehr scharf ins Gericht. Sie wirft dem kanalfreundlichen Herrn v. Thielen vor, daß er sich den Kleinbahnen gegenüber engherzig und zugeknöpft zeige, und sie behauptet, daß die Preußische Staatsbahn verwaltung ihre wirthschaftliche Uebermacht gegenüber den Eisenbahnen der kleineren Staaten in unschöner Weise ausnütze und dadurch eine gewisse Reichsver drossenheit züchte. Dem deutschen Gesandten in Peking, Geh. Legations- rath und Kammerherrn I)r. Mumm v. Schwarzenstein ist dem Reichsanzeiger zufolge der Königliche Kronen orden zweiter Klasse mit dem Stern verliehen worden. Der Gesandte hat die hohe Auszeichnung im hohen Maße verdient, denn nächst dem Grafen Waldersee ge bührt ihm das Verdienst, daß die Chinafrage wenigstens eine erträgliche Lösung erfahren hat. Ein Besuch des Königs von Italien beim Zaren wird in einer Petersburger Meldung eines Breslauer Blattes angekündigt. Danach wurde der General gouverneur von Warschau amtlich von der beabsichtigten Reise des Königs Victor Emanuel nach Rußland be nachrichtigt. Es ist noch nicht bestimmt, ob die Be gegnung der beiden Monarchen in Spala, Livadia oder Petersburg stattfinden wird, sie soll aber bestimmt noch im Monat October erfolgen. König Victor Emanuel wird vou seinem Ministerpräsidenten Zanardelli begleitet sein. Wir können, offen gestanden, noch nicht recht daran glauben, daß der junge König von Italien dem Zaren einen Besuch abstatten sollte, bevor er den Berliner Hof besucht hat. Eine Bevorzugung Rußlands in dieser Beziehung würde im Auslande ohne Weiteres als Beweis dafür gesehen werden, daß Italien unter dem König Victor Emanuel dem Dreibünde weniger freundschaftlich gesonnen ist, als dies zur Zeit des Königs Humbert der Fall gewesen. Wir glauben daher noch nicht so recht an die angekündigte Rußland-Reise Victor Emanuels. Tie berühmtesten Mediciner aller Herren Länder waren in diesen Tagen in Berlin vereinigt, um ihrem Nestor, dem Professor Rudolf Virchow zu dessen 80. Ge burtstage ihre Huldigungen darzubringen. Einen Fest act im Pathologischen Institut, dessen Sammlungen und Einrichtungen der Jubilar seinen Gästen vorführte, folgte ein gemeinsames Mahl und diesem eine bis um Mitternacht währende Gratulationskur im großen Sitzungs saale des Abgeordnetenhauses. Die endlose Reihe der Reden wirkte schließlich ermüdend, wie bei langweiligen Parlamentsdebatten verließen zahlreiche Gäste zeitweilig den Saal, um sich in den Wandelhallen zu ergehen. Nur der Jubilar hielt Stand und dankte jedem einzelnen der Redner, die in aller möglichen Länder Sprachen ihre Wünsche darbrachten. Als erster feierte der Cultus- minister Or. Studt den Jubilar, indem er diesem zu gleich ein sehr gnädiges Handschreiben des Kaisers über reichte. In dem Schreiben des Kaisers heißt es u. a.: Ter unermüdlichen Arbeit ihres langen Lebens verdankt die medicinische Wissenschaft grundlegende und bahn brechende Forschungen, durch welche Ihr Name mit markigen Zügen in die Tafel der Wissenschaft der Medicin für alle Zeiten eingegraben und weit über die Grenzen des deutschen Reiches hinaus gesichert ist. Aber auch mit nie rastender Fürsorge haben Sie in Kriegs- und Fricdenszeiten Ihre ärztliche Kunst und Erfahrung in den Dienst der leidenden Menschheit gestellt und sich ihr stets als treuer Arzt und Helfer erwiesen. Als Zeichen meines Tankes und meiner Anerkennung für Ihr aus gezeichnetes Wirken habe ich Ihnen die große goldene Medaille für Wissenschaft verliehen." Man hatte er wartet, daß der Jubilar den Rothen Adlerorden I. Klasse erhalten würde, dessen III. Klasse ihm vom Kaiser Friedrich verliehen worden war. Die Wahl der großen goldenen Medaille für Wissenschaft beweist, daß die kaiserliche Ehrung nur dem Gelehrten Virchow und aus schließlich gelten soll. Auch der Reichskanzler Graf Bülow sandte einen Glückwunsch, in dem er sagt, daß er sich im Auslande oft mit Stolz an dem Ruhm eines unserer größten Forscher habe erfreuen können. Die deutsche Sprache ist Staatssprache im ganzen Reiche, führt Rechtslehrer Geh. Rath Professor Zorn im neuesten Hefte des „Verwaltungsarchivs" aus. Versammlungen, die nach dem Gesetze polizeilicher Ueberwachung unterstehen, haben in deutscher Sprache zu verhandeln, die Post sei befugt, Sendungen mit Orts angabe in polnischer Sprache als unbestellbar zurückzu weisen und der Unterricht, besonders Religionsunterricht, sei in deutscher Sprache zu ertheilen. Zu dem deutsch-venezolanischen Zwischenfall erfährt die „Post", daß weitere Nachrichten bisher nicht eingegangen seien. Ter Vorfall ist bei der venezolanischen Regierung anhängig gemacht, man wird aber erst den Ausgang der Untersuchung abwarten müssen. Eine be sondere politische Bedeutung scheint dem Vorgänge nicht beizuwohnen. Danach scheint es sich doch bloß um einen Fall solcher Matrojen-Balgereien zu handeln, wie sie so unendlich häufig Vorkommen, ohne daß davon großes Aufhebens gemacht wird. Wenn das „B. T." aufzubauschen sucht, so ist darauf den halbamtlichen Fest stellungen gegenüber kein besonderer Werth zu legen. Wenn die Engländer die beiden südafrikanischen Republiken als erobert betrachten, so wird der „Tägl. Rundsch." geschrieben, dann kann man ihnen