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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrännmerationS-Preis 22^ Silbergr. Thlr.) vierteljährlich, 3 Tl)lr. für daS ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchle. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Eomp., Jäger,braße Rr. 22), l» wie von allen König!, Post-Semlern, angenommen. Literatur des Auslandes. .W' t41. Berlin, Donnerstag den 25. November 1847. Portugal. Soult's Rückzug ans Porto im Jahre 1809. Der Marschall Soult, seit wenigen Wochen Ober. Marschall Frankreichs (fOsrecbuI ge'uvrul), ist hinstchllich seiner Waffcnthatcn in den Kriegen ver Re publik und deö Kaiserreichs bei uns verbältnißmäßig viel weniger bekannt, als mancher andere französische Feldhauptmann. Der Grund ist, weil er während der Jahre von 1808 bis zum Sturze Napoleon's fast gar nicht anderswo als auf der pprenäischen Halbinsel und im südlichen Frankreich opcrirte und im deutschen Befreiungskämpfe nur zu Anfang eine unbedeutende Theilnahme hatte. Seine Thatcn in Spanien und Portugal sind glorreich, wenn auch fast immer ohne große Ergebnisse, aber sie sind von französischen Schriftstellern ge wöhnlich unrichtig dargestellt, so daß die Wahrheit kaum anders zu ermitteln ist, als durch eine fortlaufende Vergleichung der englischen Berichte, besonders der nichtamtlichen aus der Feder von unparteiischen Augenzeugen. In Soult's Kriegsführung aus jener Zeit aberist kein Kampf merkwürdiger und auf den Aus gang des Krieges einflußreicher, als sein Rückzug aus Portugal, gejagt von Sir Arthur Wcllcsley, der damals unter diesem Namen zuerst als Ober-Be fehlshaber der englischen Truppen auf der Halbinsel erschien, an Soult sein Meisterstück arbeitete und ihn erst als Herzog von Wellington nach der Schlacht von Toulouse wieder verließ. Unsere Leser, sowohl die unbewaffneten wie die bewaffneten, werden uns gern folgen, wenn wir ihnen aus einer neueren eng lischen Quelle eine Uebersicht dieses Rückzuges bieten, besonders da dieser Rück- zug den Ruf Wellington's gründete, Soult aber keineSweges darauf seine An sprüche auf die große Auszeichnung gründet, die ihm von Seiten seines Königs zum Vcrdruffc und aus Kosten anderer hohen Offiziere geworden ist. Sir Arthur s Ankunft zu Lissabon am 22. April 180» wurde durch schmei chelhafte Ausdrücke der Gesinnung des portugiesischen Volkes gefeiert; man begrüßte ihn als den früheren Befreier") und bewies die Dankbarkeit durch Erleuchtung der Stadt, während seines Aufenthaltes daselbst. Am 22stcn rich tete Sir I. Graddock <dcr bisherige Ober-Befehlshaber) eine Abschiedsrede an die Armee, und zwei Tage später übernahm Sir Arthur den Oberbefehl. Eine erste Maßregel änderte den Gcncralstab, indem der Brigade-General Stewart an die Spitze der General-Adjutanten und der Oberst Murray vom dritten Garderegiment an die Spitze des Departements der Hauptquartier-Meister gestellt wurde. Am selben Tage fuhr Se.Ercellenz in feierlichem Gepränge in königlichem Wagen, begleitet von einer Schwadron des lk. Dragonerregimen. tcS, um der Regentschaft vorgestellt zu werden, nach dem Palaste der Jnqui- sition am Rocio und empfing dort die Würde eines Ober-Marschalls. Der damalige Stand der Angelegenheiten auf der Halbinsel war weder zu- friedenstcllcnd noch ermuthigcnd. Bonaparte zwar hatte sich aus Spanien ent fernt, aber seine Legionen, welche durch Madrid gezogen und dort Zeugen der abermaligen Thronbesteigung Joseph s waren, hattest nach und nach alle spani schen Armeen über den Haufen geworfen. Die Avantgarde der Armee deS Herzogs von Jnfantado unter Vanegas wurde im Januar bei Uclcs geschla gen, und das Heer von Cartojal erlitt eine Niederlage bei Ciudad Real. Cuesta, der mit der Hauptarmee sich über den Tajo zurückgezogen und eine Stellung bei Almarez genommen hatte, ließ sich auf seiner Flanke durch die Brücke von Arzvbispo umgehen, mußte in Folge dessen über die Guadjana zu- rückweichen und wurde durch daS schlechte Benehmen seiner Kavallerie bei Me dellin an den Usern des Flusses am 28. März auf s Haupt geschlagen. Sein Fußvolk war so vollständig — nicht in der Gnade, denn cS wurde keine solche gegeben — sondern in der Gewalt der feindlichen Reiterei, daß diese ganz erschöpft wurde vom Abschlachten ihrer so leicht auSeinandcrgesprcngtcn Opfer, und man erzählte, daß mancher französische Reiter seinen Arm mehrere Tage lang in der Schlinge trug von der Anstrengung im Gebrauche des Säbels (?)- Der Rest fand Zuflucht in der Sierra Morena, wo man versuchte, die Infanterie zu ergänzen, während die feige Reiterei, geschändet durch ihre Aufführung im Treffen und durch die Bekanntmachungen des Generals nachher, kaum einen Mann vermißte. Während die britische Armee wenig Beistand von diesen auf gelösten Heeren erwarten konnte, blieb der französische General Victor mit 22,000 Mann in einer Stellung zurück, von wo aus er den schwächste» Theil Portugals und, vermittelst der Brücke von Alcantara, beide Ufer deS Tajo bedrohte. ') Er harte »änNIch im vorhergehente» Jahre gemeinschaftlich mit anderen englischen Generalen die Franzosen unter Junot zu einer Capitulation gezwungen, vermöge welcher st« aus englischen Schiffen nach Frankreich zurüsgibracht wurden. Aber unterdessen wurde die Lage Soult's in Porto mit jevem Tage be- denklicher. Vigo hatte sich den von einigen englischen Schiffen unterstützten Spaniern ergeben; Silveira hatte Chaves mit laoo Kranken (Franzosen) wie- dererobert und drang über Amarante nach Penafiel vor; der französische Ge. neral Lapiffe war zwar bis in die Nähe von Ciudad Rodrigo vorgerückt, aber hier auf Sir Robert Wilson und die Spanier stoßend, machte er keinen Ver such, sich mit Soult in Verbindung zu setzen oder sich mit ihm zu vereinigen, sondern ging nach einigem Scharmützeln vorbei, um sich Victor am Tajo an- zuschließcn. So waren Soult's Verbindungen ganz zerstört, und seine Kräfte waren in ihren Versuchen, diese herzustellen, zerstreut, denn nicht weniger als 6000 bis 7000 Mann wurden nach dem Tamegathale und anderswohin gesen- det. Soult hatte freilich in Porto nicht über die Hälfte der Truppcnzahl, aus welcher Victor's Heer bestand,") aber die Engländer waren zu schwach für beide zusammen, und eS war nöthig, kräftig auf einen Punkt hinzuwirken; da nun die Soultsche Abtheilung die schwächere war, da sie auf portugiesischem Bo den sich befand und ihr Rückzug in Gefahr, so zog sie die unmittelbare Auf. merksamkeit des britischen Feldherrn aus sich. Damit es Victor nicht leicht werde, aus dem südlichen Tajoufcr vorzudringen, verlor Sir Arthur keine Zeit in Lissabon, und nach einem Aufenthalte von nur 6 Tagen begab er sich am 28sten zur Armee, von der schon ein Theil in Coimbra angekommen war. Alle Städte an der Landstraße waren bei seinem Durchzuge erleuchtet, und in Coimbra, wohin er am 2. Mai kam, wurden die Freudcnbezeugungen noch dadurch vermehrt, daß die Damen ihn von den Balkons aus mit Rosen und Zucker» werk überschütteten- Am 7. Mai"") rückten die vereinigten Engländer und Portugiesen etwa 22,000Mann stark gegen Porto vor. Sie zogen in zwei Heersäulen über Adiga an dem Vouga und über die Bucht von Aveiro nach Ovar, und das Hauptquar tier verhetz am Uten Coimbra, um in derselben Richtung zu folgen. Die fran zösische Vorhut unter General Franceschi war noch am Vouga, und man traf Anstalten, sie am lOten zu überfallen. Wenn der Erfolg dieses Versuches hätte als Vorzeichen für unsere künftigen Unternehmungen gelten sollen, so wäre es ein unglückliches gewesen, denn das Wiehern der portugiesischen Pferde und die Dummheit der Wegweiser hatten den Feind vorbereitet, und daS Ganze mißlang vollständig. Der Rückzug der Franzosen und die Eroberung zweier Vicrpfün- der war Alles, auf das wir bei diesem Scharmützel stolz sepn konnten. Der Ort, wo sie gelagert, war eben so gut gewählt wegen der Schönheit als wegen der Stärke der Lage, und wir sahen hier zum ersten Male, welche Sorgfalt die Franzosen beobachteten, ihr Lager auszuschmücken. Im Mittelpunkte der Vorderseite hatten sie einen hübschen Obelisk aus Holz errichtet. Unser erstes Weitcrrückcn auf der Vorderseite am Morgen des I2ten zeigte uns die Schrecknisse eines Invasionskrieges. Jenseit Grpon hingen neun Leich name portugiesischer Bauern an Bäumen auf der Landstraße, geschwärzt von der Sonne. Das gemeine Volk betrachtete den Feind als außer dem Gesetze und suchte jedes offene und geheime Mittel auf, ihn zu vernichten; dies aber lenkte auf die Einwohner jenes Recht der Vergeltung, hervorgehcnd aus den militairischcn Ansichten eines geordneten Heeres, welches behauptet, eö habe nur Widerstand von Soldaten zu erwarten, nicht aber von der nichtuni- sormirten ungeordneten Bevölkerung, welche man für Aufrührer und Räuber hält. Die Erbitterung der Franzosen war nicht ohne Grund, denn die an ihren Nachzüglern und Kranken verübten Grausamkeiten waren schrecklich; man ließ sie eines langsamen martervollcn Todes sterben oder verstümmelte sie scheußlich. Ein Haarkräusler, der während der Nacht aus Porto entkam, brachte die Nachricht, daß der Feind um l Uhr die Schiffbrücke über den Douro zerstört habe, und, was noch schlimmer lautete, daß alle Boote ans jenseitige Ufer in Sicherheit gebracht wurden. Der Barbier wurde vom Obersten WaterS zu Sir Arthur gebracht, und der Oberst wurde angewiesen, sich an den Strom zu begeben und unter jeder Bedingung Boote herbcizuschaffcn. Bei unserem Vorrücken auf der Heerstraße wurde uns die Zerstörung der Brücke bestätigt, und eö erhoben sich Zweifel von allen Seiten, wegen des UebergangeS über den Douro im Angesichte des Feindes. Bei unserer Ankunft zu Villa Nova fan den wir die von Ovar kommende Brigade des Generals Hill, die mit der mittleren Heersäule die Straße stopfte. Sir Arthur drang durch diese Truppen und faßte Posten zur Rechten der Stadt, im Garten des Klosters von Serra. Von diesem hohen Punkte aus konnte man die ganze Stadt (Porto) wie ein ") Dann Hötte er ja nur II,MO Mann gehabt! Da» ist aber kaum glaublich, denn er brachte, nach seiner Vereinigung mit Luisen, von dem schrecklichen Rückzüge noch Is,Ma M. über die Grönze. ") Wir lassen hier einen englischen Stabsoffizier sprechen.