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„»eitzeritz-Zeitung" erscheint wSchentlich drei mal: Dienstag, DonnerS- tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. N Pfg., zweimonatlich 8t Pfg-, ei-monatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — All- Postan- statten, Postbosen, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. Wchelitz-IkitWh. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes ein« sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Ginge sandt, im redaktionellen Tbeile, dir Spaltenzeile 20 Pfg- für die Königliche Kmtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein. Nr. 4. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithnc in Dippoldiswalde. Donnerstag, den 11. Januar 1883. 48. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der kommende Sonntag, der 14. Januar, ist der 200jährige Geburtstag Sil Her mann's, des seinerzeit berühmtesten Orgelbauers Deutschlands. Sind auch seit jener Zeit, wie auf allen Gebieten, so auch auf dem der Orgelbaukunst, ganz immense Fortschritte zu verzeichnen, so gilt doch heute noch Silbermann, namentlich in einem Punkte als Meister, nämlich in Bezug auf Schönheit und Klang farbe des Prinzipaltones, d. i. des Grundtones des ganzen Orgelwerkes, und jeder Orgelbauer strebt dar nach, seinem Prinzipal Silbermann'sche Klangfarbe zu verleihen. Der Gedenktag jenes großen Meisters legt jeder Kirchengemeinde den Gedanken nahe, sich bewußt zu werden, welchen Schatz sie an ihrer Orgel besitzt, und in mehreren Kirchen, wo Silbermann'sche Orgeln noch stehen, wird der nächste Sonntag Gelegenheit bieten, dieselben Orgeln in besonders festlicher Weise vorzuführen. Ist nun auch unsere Orgel nicht eine Silbermann'sche, so hat sie voch unverkennbar Silber- mann'schen Charakter, und wie konnte es anoers sein? War doch der bei all' seiner Bescheidenheit so hoch begabte Erbauer derselben, der sel. Stöckel, einer der eifrigsten Bcrehrer Silbermann's, und war doch gerade ihm aus besonderem Vertrauen eine nicht un bedeutende Anzahl Silbermann'scher Orgeln zur Instand haltung übergeben. Und wo er eine Silbermann'sche Orgel, den Anforderungen der Neuzeit entsprechend, restaurirt hat, z. B. in Reinhardtsgrimma, da hat er in künstlerischer und pietätvollster Weise den Silber- mann'schen Charakter zu wahren gewußt. Und dieser Mann hat sich durch Erbauung unserer Orgel ein Denkmal errichtet, das hoffentlich noch viele Jahrzehnte lang dem Dienste des Allerhöchsten geweiht sein und dabei den Meister loben wird. Es ist daher gewiß eine beachtenswerthe Idee, daß auch bei uns jener Tag durch eine, wenn auch verhältnißmäßig kurze Feier ausgezeichnet werden soll. Noch mehr aber ge winnt diese Idee dadurch, daß diese Feier als ein Wohlthätigkeitsakt für unsere unglücklichen deutschen Brüder am Rhein geplant ist. Bei dem unsagbar gräßlichen Elend, das über jene herrlichen Gegenden, auf die ganz Deutschland mit gerechtem Stolz blickt, hereingebrochen ist, kann nicht genug gethan und ge sorgt werden. Es dürfte daher wohl nut Freude be grüßt werden, daß sich eine Anzahl musikalischer Kräfte unserer Stadt vereinigt haben, Sonntag, den 14. Jan., Abends 6 Uhr, in der erleuchteten Ltadtkirche eine geistliche Aufführung, bestehend in Orgelvorträgen und Gesängen, letztere theilweise mit Orgelbegleitung, zu veranstalten, bei der zwar der Eintritt frei ist, jedoch erwartet wird, daß jeder Besucher, deren hoffentlich recht, recht viele sich einstellen werden, sein Scherflein opfern werde, und wird der Ertrag sofort Und ohne irgend welchen Abzug an eine größere Sammelstelle zur sofortigen Verwendung für die Kalamitosen ab gesendet werden. Möchten die auf das lobenswerthe Unternehmen gerichteten Mühen durch einen recht reichen Ertrag belohnt werden und unsere prächtige Orgel dadurch mit helfen können, manche Thräne zu trocknen, manchen Kummer zu verscheuchen, und so auch eine „Wacht am Rhein" mit werden. Dippoldiswalde, 11. Jan. Wie aus dem In serat in unserer heutigen Nummer hervorgeht, ladet der Gewerbe verein auf nächsten Freitag wiederum zu einer Versammlung ein, obschon die letzte erst vo rigen Freitag stattgefunden hat. Und zwar sind in dieser Versammlung auch wiche Gewerbtreibende als Gäste willkommen, welche, ohne dem Verein anzuge hören, ein Interesse an der Entscheidung der Frage haben, ob mit der für Juni d. I. projektirten Gewerbe- Ausstellung auch eine besondere Abtheilung für Lehr lingsarbeiten zu verbinden sein möchte. Denn es ist nunmehr nothwendig, die Vorarbeiten zu der betr. Ausstellung rasch zu erledigen, damit Niemand, der sich an derselben betheiligen will, über die Bedingungen im Zweifel sei. Es wäre also ein sehr zahlreicher Besuch der nächsten Gewerbevereinsversammlung sehr zu wünschen. — Zu dem mit Anfang dieses Jahres in's Leben getretenen Landbauamt Dresden I. (unter welches der Bezirk der königl. Amtshauptmannschaft Dippoldis walde mit gehört) sind Herr Landbaumeister Buschick und Herr Landbauinspektor Hülle berufen worden. — Der amtliche Bericht der Kommission für das Veterinärwesen über die im Monat Dezember 1882 im Königreich Sachsen konstatirten ansteckenden Thier krankheiten führt an, daß in der Amtshauptmann schaft Dippoldiswalde nur in Hermsdorf und Frauen stein die Tollmuth der Hunde aufgetreten ist, wodurch ein Thierbestand von 8 Stück gefährdet wurde, 7 waren der Ansteckung verdächtig und 6 sind auf polizeiliche Anordnung getödtet worden. Frauenstein, 8. Jan. Das hiesige „Doppel quartett" sowie der Männergesangverein „Liedertafel" hier und der Kleinbobritzscher Gesangverein „Eintracht" werden nächsten Sonntag, den 14. Januar, Abends 7 Uhr, zur Feier des 200jährigen Geburtstages des in Kleinbobritzsch geborenen berühmten Orgelbauers Gottfried Silberwann gemeinschaftlich ein Con- cert im Saale des dasigen Gasthofs veranstalten. Der Reinertrag ist für die Silbermannstiftung be stimmt. Vor dem Concert soll ein Festzug mit Lam pions nach dem illuminirten und durch Guirlanden geschmückten Geburtshause Silbermanns stattfinden, auch daselbst eine kurze festliche Ansprache gehalten werden. Möchte das Concert recht zahlreich von Ver ehrern Silbermanns hiesiger Gegend besucht werden, damit eine möglichst reiche Summe der Silbermann stiftung überwiesen werden kann. Nassau bei Bienenmühle. In der Nacht vom 5. zum 6. er., zwischen 12 und 1 Uhr, entstand in dem Flachsgebäude des Herrn Ortsrichter Braun hier Feuer, welches durch schnelle Hilfeleistung der nächsten Anwohner, sowie der hiesigen freiwilligen Feuerwehr nur auf das Verbrennen einer Partie Brecharnen, einer Thüre, sowie einiger kleiner Gerüche beschränkt blieb, ohne am fraglichen Gebäude weiteren Schaden anzurichten. Es ist noch zweifelhaft, ob der Brand böswillig angelegt worden ist, oder ob Fahrlässigkeit zu Grunde liegt. — In Bienenmühle wurde kürzlich eine abscheu liche Rohheit verübt. Der Handarbeiter Lippmanu aus Clausnitz hatte im dortigen Gasthofe gezecht und war wegen Streit, Gläserzerbrechen rc. vom Wirth aus der Gaststube verwiefen. Hier setzte er sein rohes Wesen durch Fenstereinwerfen, Zerbrechen der Laterne und Drohungen gegen den Wirth fort. Die Gäste versuchten, ihn zur Ruhe zu bringen und veranlaßten einen Arbeiter aus Böhmen, den sie dazu erst aus dem Schlafe geweckt, ihnen beizustehen. Derselbe war auch dazu bereit und ging voraus; er hatte aber kaum die Thür geöffnet, als er einen heftigen Stich zwischen Augen und Nase erhielt: die Klinge eines Taschen- messers hatte sich tief in feinen Kopf gebohrt, während das Heft über die Nase herabgebogen war. Die Seh kraft beider Augen des schrecklich verletzten bedauerns- werthen Mannes soll gefährdet sein. Der ruchlose Thüter wurde verhaftet und an das Amtsgericht zu Frauenstein abgeliefert. Kreischa. Am Abend des 5. d., gegen 9 Uhr, ist die dem hiesigen Gutsbesitzer Friedrich Stelzner ge hörige Strohfeime niedergebrannt und liegt hier jeden falls böswillige Brandstiftung vor. Dresden. Der Zustand des kranken Prinzen Albert hat sich insofern geändert, als seit einigen Tagen Fieber eingetreten ist, welches mit geringen Schwankungen anhält. Der Kranke nimmt nur wenig Nahrung zu sich; der Schlaf ist unruhig. Di« Blu tungen haben sich in der letzten Zeit öfter wiederholt. — Die Zahl der Straßen und Plätze aller Art in Dresden beträgt nach dem neuen Adreßbuchs 410. Es wird gewiß von Interesse sein, zu erfahren, wie sich diese Straßen und Plätze auf die einzelnen Vorstädte vertheilen. Zur Altstadt gehören 44 Straßen und l3 Plätze, zur Pirnaischen Vorstadt 39 Straßen, 8 Plätze und die Gebäude im Großen Garten, zur Wilsdruffer Vorstadt 46 Straßen und 8 Plätze, zur Seevorstadt 71 Straßen und 8 Plätze, zur Friedrich stadt 22 Straßen und 2 Plätze, zur Johannvorstadt 27 Straßen und 3 Plätze, zur Neustadt 30 Straßen und 5 Plätze, zur Antonstadt 66 Straßen und 3 Plätze und zur Leipziger Vorstadt 27 Straßen und 2 Plätze. Auf das linke Elbuser kommen demnach doppelt soviel Straßen und 4 Mal soviel Plätze, als auf das rechte Elbufer. Dohna. Die lange hierlebhaft betriebene Stroh- Industrie wird sich leider zum Theil von hier weg wenden. Nachdem das bisher größte Geschäft in Folge Todesfalles aufgelöst wurde, wird ein anderes nach einem benachbarten Orte übersiedeln, so daß die Stroh hutfabrikation hier nur noch von zwei Firmen betrieben werden wird. Chemnitz. Das Kriegsministerium hat die MWk, für die hiesige Garnison in möglichster Nähe der Ka- ferne ein Exerzier Haus zu erbauen. Die mit dem Stadtrathe deshalb gepflogenen Unterhandlungen haben aber bisher zu dem erwünschten Resultate nicht geführt. — Die in Chemnitz am 7. Januar von dem dortigen Brieftaubenzüchteroerein „Eilbote" arrangirte Brieftauben - Ausstellung war ungemeinreich beschickt und zahlreich besucht. Es waren an 400 Stück Brieftauben ausgestellt, darunter viele preisgekrönte und weitgereiste Exemplare. Bautzen. Die aus Anlaß des vom Mörder Bock noch auf dem Schaffst vor der Hinrichtung kurz abgelegten Geständnisses bezüglich des bei Pulsnitz an der Käppler verübten Mordes angestellten Erörterungen sind, sicherem Vernehmen nach, bereits beendigt, und lassen die Wahrheit jenes Geständnisses als unzweifel haft erscheinen. Tagesgeschichle. Berlin. Ein sogenanntes Agitationskomitö für Schließung der Geschäfte an Sonntagen veröffentlicht eine Petition an den Reichstag, dahin lautend: „Der Reichstag möge ein Gesetz erlassen, welches die Schließung der kaufmännischen und gewerblichen Ge schäfte an Sonn- und Festtagen anordnet. Ausge nommen bleiben die für das Leben, Gesundheit, Bil dung und Erholung der Bevölkerung bestehenden An stalten und Institutionen." (Wir wollen nicht hoffen, daß der Reichstag auf diese Petition eingeht und sie zum Gesetz erhebt, denn die Schädigung, die der Ge werbestand durch solch' eine Maßregel erleidet, ist nicht annähernd zu übersehen. Das Einzige, was man mit einer solchen verkehrten Anordnung erreichen würde, wäre: man öffnete der Pestbeule des Haufirerthums Thcr und Thür, während der strebsame, intelligente Gewerbtreibende täglich mehr in seinem Erwerbe ge schädigt und beeinträchtigt würde.) — Während der diesjährigen Winterfestlichkeiten im königlichenSchloß werden die Festräume desselben sämmtlich elektrisch beleuchtet werden, und ist man be reits beschäftigt, die hierzu nothwendig werdende Ver bindung quer über beide Schloßhöfe durch Drahtfeile herzustellen. Die Maschinen finden auf den Schloß höfen Aufstellung. — In der am Dienstag, 9. Januar, stattgehabten ersten Sitzung des Reichstages theilte des Kanzler Führst Bismarck mit, daß Se. Majestät der Kaiser