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Dresdner Journal : 09.06.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189606092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960609
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960609
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-06
- Tag 1896-06-09
-
Monat
1896-06
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 09.06.1896
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Für Dresden vierteljährlich 2 Mark SO Ps, b«i den Kaiser- lich deutschen Pof.anstalten vierteljährlich »Mark; außer halb de- Deutschen Leiche- Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Ps. «rscheincn: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fcrnspr Anschluß: Nr 129.'». .H? 131. A«lü«di«u«,»«kdühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps. Bei Tabellen- und Zifsernsatz entsprechender Aufschlag Herausgeber: Königliche Expedition deS Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr 2V.' s Fcrnjpr Anschluß: Nr 129». 1880 TicnStag, den 9. Juni, abends. Jmtlichcr Teil. Dresden, 6. Juni. Mit Allerhöchster Genehmigung Er. Majestät des Königs ist dem Bäckermeister Karl Hermann Hofmann in Scharsenstein für die von ihm am 16. März dieses Jahres nicht ohne eigene Lebensgefahr bewirkte Errettung eines Knaben vom Tode des Ertrinkens in der Zschopau daselbst die silberne Lebensrettungsmedaille nebst der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Verordnung, die Aufhebung der gegen Einschleppung der Cholera aus Rußland erlassenen Borschriften betr. Das Ministerium des Innern hat mit Rücksicht darauf, daß bei dem gegenwärtigen Gesundheits zustände in Rußland es unbedenklich erscheint, die gegen diesis Land behufs Abwehr der Cholera-Ein schleppung erlassenen Sperrmaßnahmen rückgängig zu machen, beschlossen, diese durch die Ministerialverord- nung vom 1l. August 1892 angeordneten Maßnahmen, soweit solche nach Erlaß der Verordnungen vom 1s. Januar, 10 März und 22. August 1893 über haupt noch in Geltung sind, nunmehr allenthalben wieder zurückzunehmen. Dresden, am 4. Juni 1896. Ministerium des Innern. Für den Minister: v. Charpentier. Kreher. Tas Ministerium des Innern hat dem Vorstande des Vereins Berliner Künstler zu Berlin auf An suchen Erlaubniß zum Vertriebe von Loosen der von diesem Vereine in Verbindung mit der diesjährigen dortigen Internationalen Kunstausstellung beabsichtigten Ausspielung von Kunstgegenständen (Oelgemälden, Aquarellen, Kupferstichen, Radirungen pp.) im Be reiche des Königreichs Sachsen unter der Bedingung crtheilt, daß die Nummern der gezogenen Gewinne alsbald nach einer jeden der drei Serienziehungen im Dresdner Journal und in der Leipziger Zeitung zu veröffentlichen sind. Dresden, am 8. Juni 1896. Ministerium des Inner». Für den Minister: v. Charpentier. Gebhardt. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Tcpartcmrnt der Finanzen. Bei der Po-stverwaltung sind ernannt worden: August Otto Eckert, Carl Franz Geschwandtner, Karl Friedrich Heinrich Grotjahn, Emil Theodor Hößler, Emil Friedrich Maul und Richard Heinrich Winkler, zcither Postan Wärter, als ctaimäßigc Postassisttntcn im Bezirke der Kaiser!. Obcr-Postdircction zu Leipzig nichtamtlicher Teil. AnS Afrika hat der Draht gestern über zwei für die englische Politik in Ägypten gleich wichtige, wenn auch ihr nicht in gleichem Maße günstige Ereignisse berichtet. Vorgestern haben die gegen die Mahdisten unter Fijhrung Kitchener Paschas operierenden anglo-ägyp tischen Truppen bei Firket über die dort im ver schanzten Lager ausgestellten Derwische einen an scheinend entscheidenden Sieg erfochten, und gestern Kunst und Wissenschaft. Nefidenztheater. Am8.Juni: „Fräulein Doktor" Lustspiel in vier Akten von Oskar Walther und Leo Stein. (Zum ersten Male ) Das Gastspiel des Hrn Willy Wilhelmi vom Stadttheater in Hamburg löste am Residcnztheater das der Hamburger Lotte Witt und Carl Wagner ab. Und mit Wilhelmi tritt das Lustspiel, das diese Bretter eigentlich beherrschen sollte, wieder in sein Recht, nachdem in den letzten Wochen das moderne Schauspiel mit seinen tragischen Konflikten ohne tragische Lösungen ausschließlich zu Wort gekommen ist Freilich hinterläßt die erste Neuigkeit dieser Gattung, das Lustspiel „Fräulein Doktor", von Walther und Stein, insofern einen geteilten Eindruck, als sich die ernsthafte Diskussion über die Fraucnfrage, das Pathos der Emanzipationsbewegung mit ebensoviel lästiger Schwere als geringer Wahrscheinlichkeit in das leichte Stück hincin- drängt. Seiner Anlage nach ist „Fräulein Doktor" ein Schwank; die Tochter eines braven Berliner Seifen- fabrikantcn, die in Zürich rit« und summa onm Inuckv zum Doktor beider Rechte promoviert worden ist und nun bei ihrer Rückkehr erleben muß, daß ihre zu frischen Studentcn- anschauungen wie ihre Rechtswissenschaft sie in wunderliche Situationen, in hundert Scherereien und zuletzt gar in Konflikte mit Kritik, Staatsanwalt und der eignen Familie bringen, könnte eine echte Lustspielfigur sein, wenn die Komödie wirklich in die Region freieren Humor« oder meinethalben auch nur tollen Spaße« erhoben wäre. Aber in dem Aus und Ab possenhafter und bitterernsthaster Scenen schwankt die Stimmung auch der Zuschauer in empfindlicher Weise. Da« vortreffliche Motiv, daß der biedere Vater zuerst stolz und zuletzt wild über da« Kuckucks« wird, da« da in seinem bürgerlichen Hauthalt ist das Urteil des internationalen Gerichtshofes zu Kairo verkündet worden, der die von den Vertretern Rußlands und Frankreichs erhobene Beschwerde wegen der Entnahme des KriegSkostcnbetrags aus dem für die auswärtigen Gläubiger Ägyptens bestimmten Reservefonds zu erledigen hatte. Diesen, Urteilsspruch zufolge ist die ägyptische Negierung zur Rückzahlung der bereits erhobenen 356 000 Psd Sterl, an diese Kasse verurieilt worden. Also ein großer militärischer Erfolg und eine moralische Niederlage ist den Eng ländern im Pharaonenland fast zu gleicher Zeit be schert, ihrer Freude über die den Mahdisten beige brachte blutige Niederlage ist sofort ein starker Dämpfer in dem unblutigen Sieg aufgesetzt worden, den Rußland und Frankreich in der von ihnen gegen die Fortsetzung des Dongolafeldzuges aus Kosten der ägyptischen Gläubiger eingeleiteten Aktion errungen haben. Nebeneinandergrstellt haben diese beiden Ereignisse die Bedeutung, daß, strenggenommen, die zur Rück eroberung des Sudan aufgebotene Truppenmacht trotz des soeben erfochtenen Sicges die weiteren Kriegs- vperatiouen einstellen müßte. Denn selbst abgesehen von dem Reservefonds, darf Ägypten nicht einmal aus anderen eigenen Mitteln die Kosten des Feldzuges bestreiten. Vertragsmäßig ist Ägypten ohne Zustimm ung der Kontrollmächte nicht berechtigt, sein Ausgaben- budget durch kriegerische Unternehmungen gegen aus wärtige Gegner zu erhöhen. Tas Ministerium Salisbury müßte also eigentlich entweder die Kricgskosten für den Feldzug England selbst auferlegen, oder, wenn das englische Parlament diese Forderung des konservativen Kabinetts ablehncu sollte, sofort zur Sistierung des Dongolafeldzuges schreiten. Natürlich wird England, zunächst wenigstens, keines von beiden thun. Zeit gewonnen, alles gewonnen — heißt es anch hier Zunächst haben daher die Ver treter Englands und Aegyptens gegen die Entscheidung des gemischten Gerichtshofes Berufung eingelegt, die erst im Oktober zur Verhandlung gelangen wird — also zu einer Zeit, wo der Dongolafeldzug in der Hauptsache wahrscheinlich beendet sein wird. England giebt daher den Dongolafeldzug nicht auf, aber es müßte allerdings mit einiger Bestimmtheit darauf rechnen können, das; die endgiltige Entscheidung der Kostenbedeckungsfrage schließlich doch noch im Sinne des Beschlusses der internationalen Kommission er folgen werde, welche bekanntlich die Erlaubnis zur Entnahme der Kosten des Feldzuges ans dem Reserve fonds erteilt hatte. Es srägt sich dabei vor allem, welche richterliche Instanz über die Berufung Eng lands zu entscheiden haben wird. Aus den über mittelten Drahtbericbten ist nicht ersichtlich, van welcher Art dieser höchste Appellhof sein wird Sollte, was ja anzunehmcn ist, ein solcher oberster Appellhof in den Verträgen vorgesehen sein, so müßte er jedenfalls eine der internationalen Kommission, die den ägyp tischen Reservefonds zn verwalten hat, ähnliche Zu sammensetzung haben, wenn die Berufung der eng lischen und ägyptischen Kommissionsmitglieder Erfolg haben sollte. Tas Allerwahrschcinlichstc ist jedenfalls, daß der Oberbefehlshaber des anglo-ägyptischen Expeditions- eorps schon heute den Befehl erhalten haben wird, d e Niederwerfung des Mahdireiches und dessen Ein verleibung in Ägypten in jedem Falle und um jed n Preis noch zu bewerkstelligen, bevor der Appellhof über die Berufung der englischen und ägyptischen Kommissionsm tglieder zu Gericht sitzen kann. Denn nur in diesem Falle wäre cs wahrscheinlich, daß dieser Gerichtshof, der dann mit einem glänzenden und für Ägypten ebenso vorteilhaften wie ehrenvollen Ergebnis der Tongolaexpedition zu rechnen haben würde, den englifchen Forderungen entsprechend die Kostcn- bedcckungsfrage entscheiden würde. Und zweifellos sind die Aussichten auf eineu raschen und siegreichen weiteren Verlauf des Dongolafeldzuges nach den beiden bei Akaschch und Firket erfochtenen Siegen ziemlich günstig. Die Wehrkraft des Mahdi reiches kann zwar nach diesen beiden ersten Nieder lagen noch nicht als gebrochen und bezwungen gelten, aber der Eindruck dieser Mißerfolge wird auf das übrige, noch intakte Derwischheer jede, falls in hohem Grade entmntigend einwirken. Überraschungen sind natürlich gerade während der gegeuwäitigen furcht bar heißen Jahreszeit bei einem Feldzuge im Sudan nicht ausgeschlossen. Die nenesten Meldungen über die zwischen Negus Menelik und Kalif Abdullah be hufs gemeinsamer Abwehr des anglo ägyptischen Vor marsches eingeleiteten Verhandlungen würden es zum Beispiel, wenn sie wahr sind, geraten erscheinen lassen, allzuzeitigcn Siegeshofsnungen sich nicht hinzugeben. Aber, daß schließlich England bei seinem Unternehmen gegen Dongola obenaufbleiben wird, kann ernstlich kaum bezweifelt werden. Zur gestrigen Nrichstagssitzung wird uns von besonderer Seile geschrieben: Dcr Reichstag wies in seiner gestrigen Sitzung, in welcher nach der zweiten Beratung des deutsch japanischen Handelsvertrags in die dritte Lesung dcr Gewerbe gesetznovelle eingetreten werden sollte, eine etwas stärkcie Besetzung aus. Immerhin dürsten höchstens »5 bis 40 Proz. der Gesamtzahl der Rcichs- botcn vertreten gewesen sein Die lebhafte Agitation gegen die Abänderung des Gewcrbegesetzcs, insbesondere insoweit damit aus Beschränkung des Detailrcisens und des Hausierhandels hin gewirkt werden soll, scheint nicht crsolglos gewesen zu s in. Heute ließen sich außer dem Zentrumsabgeordmtcn Vr. Schädler nur entschiedene Gegner der Vorlage und zwar in der ab sprechendsten Weise über diese vernehmen Der naliona liberale Abgeordnete Bassermann und der frühere Handci-kammcr- syndikus Fischbeck, deutschfrcisinniger Abgeordneter, sowie der sozialdemokratische Schneider Reißhaus aus Erfurt wett eiferten miteinander in dem Bestreben, die schweren Schädig ungen in glühenden Farben zu schildern, welche das „gesunde" Erwerbsleben erfahren würde, wenn die Vorlage «Lesch werden sollte. Tie Behauptung des einen Redners, daß das Tetail- rciün eine Notwendigst sei, da ja die Eriahrung lehre, wie die „Tüchtigen" unter den Geschüftclculen hinausgingen bez. ihre Vertreter hinausjchickten und nur die „minder Tüchtigen" zn Hause blieben, war in, dieser Allgemeinheit gewiß ebenso neu als überraschend Überraschend für das ganze Haus war es auch, als dcr Sohn des Reichskanzlers, der Legationsrat Erbprinz zu Hohenlohe — dcr Parla- mentsalmanach führt ihn a s zu keiner Fraktion gehörig auf - sich erhob und mit aller Entschiedenheit gegen die geplanten Abänderungen der Gewerbeordnung, insbesondere aber gegen die abfchwächendcn Anträge derjenigen Abgeordneten sich aus sprach, die erst diese Abänderungen veranlaßt hätteo und denen cs nunmehr selbst bange zu werden scheine vor ihrem Werte. Abg Prinz zu Hohenlohe bekannte sich in seiner Rede, die all genicines Aufsehen hervorrief und in dcr verschiedensten Weise kommentiert wurde, unter den lebhaftesten Zu stimmungen der Linken als Gegner der weiteren Befchränk- ungcn dcr G-werbesreiheil, insbesondere des Gewerbebetriebes dcr Detailreisenden Zum Schlüsse nahni namens der verbündclen Regier ungen Staatssekretär v Boettichcr das Wort, der in formvollendeter, stieng sachlicher Rede die gegen die Regierungen erhobenen Vorwürsc unter Hinweis aus tue Vorgeschichte der Vorlage — bereits dcr im Jahre 1882 vorgelegte Entwurf einer Novelle zur Gewerbeordnung halte gleiche Bestimmungen wegen Beschränkung des Tetailwcsens enthalten; diese hatte zwar dcr Reichstag gestrichen, später aber waren die verbündeten Regier ungen wiederholl vom letzteren geradezu zur Wiedcreinbringung einer gleichen Vorlage gediängt worden — zurückwics und ins besondere g genübcr emem vom Abg Richicr gestellten dila torischen Anträge auf Veranstaltung umfasstndcr Erhebungen über die Arten und den Umfang des Aufjuchen-:' von Waren bestellungen bei Konsumenten und die damit konkurrierenden Betriebsformen des Absatzes, betonte, daß der einzig gangbare Wcg ihm in der Vorlage der verbündeten Negierungen gegeben zu sein scheine, wonach dcr Bundes rat zn bestimmen habe, ob und inwieweit zum Schutze des sebhasten Gewerbcs Ausnahmen von dem Gruudfatze zuzulasscn seien, das; das Aussuchen ven Bestellungen auf Waren in Zu kunft nur bei Kaufleuten oder solchen Personen geschehen dür'e in deren Gewerbebetriebe Waren der angeborenen An Verwend ung sanden. Mit vollem Recht hob der Hr. Slaatsstkretär her vor, daß sich der Bundesrat der Schwierigkeit der damit ihm zucrteiltcn Ausgabe wohl bewußt sei, daß man aber in jedem Falle gcwmcn!iaü nnd reiflich vrüfen und nörlern werde, ob die Voraussetzungen für eine solche Ausnahmebestimmung vor lägen, wogegen es der vorherigen Anstellung einer allgemeinen, sehr langwierigen, kostspieligen nnd in ibren Ergebnissen zweifel haften Enguete über die Verhältnisse sännt ich er Gewerbe- und Betriebsarten nicht bedürfe. Ob es dem Hrn. Staatssekretär gelungen ist, die Stimmung des Reichstags dcr Vorlage gegenüber durch seine Ausführungen wieder günstiger zn machen und den offenbaren Umschwung, der sich in dieser Stimmung zwischen der zweiten und dritten Lesung vollzogen hat. wieder zu paralysieren, das wird die morgende Abstimmung lehren, über deien voraussichtliches Ergebnis die Meinungen bis jetzt noch sehr auseinandergehen. Zn dcr Kommission für das Bürgerliche (Hrsetzbllch haben sich gestern sehr bemerkenswerte Vorgänge ab gespielt, die zweifellos eine schnelle Erledigung der bisher noch zwischen den einzelnen Parteien ob waltenden Meinungsverschiedenheiten über wichtige Teile des Gesetzbuches erhoffen lassen und die Aus sichten für einen alsbaldigen Abschluß des großen Werkes merklich steigern. Nationalliberale und Zentrum haben nämlich ein Kompromiß miteiiander abgeschlossen, demzufolge das Zentrum von denjenigen Beschlüssen, die hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der Vereine in der ersten Lefung der Kommission gefaßt woiden waren, zurücktritt und den von den Nationalliberalen zu diesem Gegenstände eingebrachten Anträgen zustimmt, während die National- liberalen für die von der Zentrumspartei beim Ehe recht eingebrachten Anträge stimmen werden. Was die vom Abg. v. Bennigsen vorgeschlagene Formulierung der Bestimmungen über die Rechts fähigkeit der Vereine anlangt — eine Formulierung, der die verbündeten Regierungen, wie eine Erklärung des Staatssekretärs Nieberding erkennen läßt, wohl zustimmen werden — so wird rn der Hauptsache durch sie die Regierungsvorlage wiederhergestellt. Tenn es soll die Regierung das Recht haben, der Eintragung politischer, religiöser oder sozialpolitischer Vereine in das die Erlangung der Rechtsfähigkeit sichernde Register ohne Angabe von Gründen widersprechen zn dürfen. Gegen den Widerspruch soll es kein Rechtsmittel geben. Die vom Zentrum zum Eherecht vorgcschlagenen Anträge sind mehr redaktioneller Natur. Dem über die Ehe handelnden Abschnitte des Gesetzbuches soll die Über schrift „Bürgerliche Ehe" gegeben werden; der Standesbeamte soll in Zukunft die Eheschließenden als verbunden erklären „kraft dieses Gesetzes" — nicht nur „kraft Gesetzes" — und es soll auch noch ein be sonderer Paragraph mit der Bestimmung ausgenommen werden, daß die kirchlichen Verpflichtungen der Eheschließendcn durch die Vorschriften des betreffenden Abschnittes nicht berührt w-rden. Die wichtigste praktische Folge dieses Kompromisses, auf dessen Einzelheiten noch zurückzukommen sein wird, ist die, daß die Konservat ven nunmehr für ihren Antrag auf Einführung der fakultativen Zivilehe über keine Majorität mehr verfügen, nachdem das Zentrum auf Grund des Kom promisses ihnen die Heeressolgc verweigert hat. In vielen nnd gutgesinnten konservativen Kreisen wird man es jedenfalls durchaus nicht als ein Un glück betrachten, daß der konservativen Agitation für die fakultative Eivilehe damit der Boden entzogen ist. Keinesfalls aber werden die Konservativen nunmehr wegen des Fehlschlagens ihrer Wünsche dem ganzen Bürgerlichen Gesetzbuch den Rücken kehren, son dern sie weiden, um das große nationale Werk mit zu stände bringen zu helfen, dem zwischen Zentruni und Nationalliberalen abgeschlossenen Kom promiß gewiß sich anschließen. Nur wenn Jeder einen Teil seiner Wünsche zurücktreteu läßt hinter die allgemeinen großen Interessen ist nach Lage der Verhältnisse das Bürgerliche Gesetzbuch unserem Volke zu retten und an einem solchen Opfermut werden auch die Konservativen es gewiß nicht fehlen lassen. ausgebrütet worden ist, ist nur halb auSgcbcutet; viel zu viel unnütz Episodisches hält den Gang der Verhandlung aus, selbst der wirksame, wenn auch falsche Gegensatz der weiblichen Gelehrsamkeit zur weiblichen Kunst, de« Fräu leins Doktor zum Fräulein Konservateristin, bekommt einen Stich ins Sentimentale, beinahe Tragische Alle« in allem ist „Fräulein Doktor" ein erneuter Beweis dafür, daß man im neuesten Deutschland ganz wie in des seligen Bencdir' Tagen liebt, die Dinge nicht wie sic sind, son dern ivic man sie gern haben möchte, theatralisch darzu stellen Und so wirkt denn am Ende alles Befriedigung und Versöhnung, und als der Vorhang fällt, steht die Hochzeit zweier glücklicher und — was für ein gewisses Publikum denn doch die Hauptsache bleibt — wohl situierter Paare in Aussicht Aber das Lustspiel hat ein zelne sehr hübsche muntere Scenen und eine gute Anzahl der kleinen Züge, die nie verfehlen, beifälliges Gelächter heroorzurufen. Sowohl Hr. Wilhelmi (Seisenfabrikant Wilhelm Dietrich), dcr namentlich in den ersten Akten eine meister liche Mischung von gutmütigem LcbcnSbehagcn, von Protzeneitelkeit, von natürlicher Pfiffigkeit und grotesker Unbildung zur Erscheinung bringt, in seiner Mimik bei nahe noch besser als im Ton den modern angehauchten Philister überzeugend verkörpert, als die Damen Frl Krona (Dr. Johanna Dietrich), Frl. Else Lippert (Frieda Dietrich), deren muntere« Spiel die Mängel des Organs freilich nicht ganz aufwiegcn kann, und Hr. Carl Witt (Ferd. Winkler) verhelfen dem Lustspiel zu einem guten Erfolg Hr v Klinkowström (Vr. Richard Nor mann) nimmt den Berliner Rechtsanwalt zu hoch, eine leichte humoristische Färbung würde gerade dieser Figur gut zu Gesicht stehen Ad Stern Littcratur. Karl Jmmermann Eine Gedächtnis« schrift zum hundertsten Geburtstag de« Dichter« Mit Beiträgen von R. Fellner, I. Gcfscken, O.H Geffcken, R. M Meyer und Fr. Schultes; Mit einem Porträt Hamburg und Leipzig, Verlag von Leopold Voß, 1896. Die Erinnerungen an Jmmermann sind bei der Säkular- seier seines Gcburtsfcstes so zahlreich, so vielseitig und wann lebendig gewesen, daß wohl zu spüren war, daß das Verständnis für diese bedeutende, mit sich selbst und der Zeit ringende, auf die Entwickelung der neueren deutschen Litteratur so stark einwirkcnde Persönlichkeit, denn doch weit über einen allzu engen litterarischen Kreis hinausgewachsen ist. Zu den wertvollsten und bleibendsten Erinnerungen gehören unzweifelhaft die im angezeigten GcdächtniSbuche vereinigten Aussätze, von denen die Heraus geber, die beiden Geffcken, mit Recht rühmen dürfen, daß sie JmmermannS geistige Persönlichkeit in mancher Einzel heit genauer erfaßen, als dies bisher geschehen ist Teil- wcis aus das ungedruckte, jetzt im Weimarischen Gocthe- und Schillerarchiv bewahrte Material gestützt, verbreiten sich die einzelnen Aussätze de« Buches über „Karl Jmmcr- mann als deutscher Patriot" (von O. H Geffcken), über „Tulifäntchen" (von R M Meyer), über „Zeitgeschichte und Zeitgenossen" in JmmermannS Epigonen (von F. Schul teßl, geben „Beiträge zur Entstehungsgeschichte de« Münchhausen" (von I. Geffcken, über „Karl Jmmer mann als Dramaturg" (von R Fellner) und über „Marianne" (von I Geffcken), letzterer Aussatz eine ganz besonder« wohlthucndc Erinnerung an die vorzügliche Frau gewährend, der der Dichter den letzten Ausschwung seine« Leben« und Dichten«, da« reine Glück seiner letzten Jahre verdankte. Im einzelnen wird jeder, der sich mit Jmmer mann eingehender beschäftigt hat, sich bald zustimmend, bald zweifelnd zu den Ausführungen dcr Verfasser ver halten müßen, im ganzen aber volle Besriedigung über den Ernst, die Pietät, die Einsicht, den Geist und die Urteilskraft empfinden, die in diesen Studien zutage treten Der einleitende Aufsatz, „Jmmermann als Patriot", mit seinem überzeugenden und mahnenden Schluffe ist wie für den Augenblick geschrieben und zugleich ein Akt tiefster Gerechtigkeit gegen die edlen Geister der Vergangenheit, die, wie Jmmermann, da« gelobte Land dcr nationalen Einheit nicht einmal von fern schauen dursten, und doch mehr für dessen Erreichung gethan haben, als tausend Agitatoren und Tagespolitik« späterer Zeit. o. * Wodurch locken die Blumen Insekten an? Ist es die Farbe dcr Blüten, ist es deren Gestalt oder dcr Tust, der die geflügelten Insekten zu der Blume hinzieht? Bekanntlich spielen die Insekten bei der Be fruchtung der Pflanzen eine wichtige Rolle; sie sind thätige und gewissenhafte Gehilfinnen der Pflanzen und werden nach der Erfüllung ihrer Aufgabe von den Blumen mit Honigsast und Blütenstaub belohnt Für die meisten Forscher, welche sich mit dcr Befruchtung der Blüten durch die Insekten beschäftigt haben, gilt die Farbe als da« hauptsächlichste, wenn nicht einzige Anziehungsmittel; unter sonst gleichen Umständen würde also eine Blume umsomehr von Insekten besucht werden, je Heller und ausfälliger sie gefärbt ist Andere bezweifeln, daß die Gestalt oder die Farbe der Blüten eine anziehende Wirkung auf die In sekten auSübe; viel wirksamer für die Wahl dcr die Be fruchtung vermittelnden Insekten seien die den Blumen entströmenden Düfte. Daß Insekten durch Gerüche, z. B Bienen durch Honig, Fliegen durch Aas rc., an- gelockt werden, ist allbekannt; bei den Blumen mußte man aber annehmen, daß neben dem Duft auch deren Farben pracht zur Anlockung der Insekten nützlich sei Diesen Zwiespalt d« Meinungen hat nun wenigsten« für eine PflanzenartProf F Plateau inGens durchneuere Beobacht ungen endgiltig geschlichtet Dies« Forscher benutzte für seine Versuche, wie Vr Ticbc im „BiologischenZentralblatt" mitteilt, Georginen, welche vor ein« mit wildem Wein be- wachsrncn Mauer standen und sich mit ihren sämtlich nach
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