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Nr. 4L. Tonnerstatt den Ltt. Februar LVV8. ^ Jahrgang. . /»r««»»»erl>n, dte « geipaU. P-MjeUe ob. deren Raum mtt l L <! ReNamen «tt SVU dte Zette berechn., bet «ledert,- bedeut. Rabat! «»chdrackeret. «eraktto» »nd ««schäftSftell», Deesv» Vtlluitzf, Ltead» 4». — ffernsprechek Kr. 13«. I UaMäWges Tageblatt kürWabrbrit, Krcht a.Fkkihett j WKWZLÄLLMr Der Bund der Landwitte im Zirkutz Busch. Mm schreibt uns aus Berlin: Der Zirkus Busch tvar am Montag zum Brechen voll-, die Generalversammlung des Bundes brachte eine Unmenge von Besuchern in die Reichsl-auptstadt; namentlich der Osten «vor stark vertreten, was schon die überfüllten Eisenbahn- züg« bewiesen haben. Da in der letzten Woche eine ganze Reihe landwirtsck>aftlicher Organisationen tagten, so lagen für einen guten Besuch alle Voraussetzungen günstig. Auch der Gegner muß dem Bunde zugestehen, daß er eine ge lungene Versammlung abgehaltcn hat, daß er es versteht, i'eine Leute zu begeistern und zu interessieren. Hm Mittelpunkte all der Reden standen zwei Worte: Zentrum und Block! Immer und immer wieder kehrten diese beiden Begriffe zurück lind mit ihnen beschäf tigte man sich eingehend. Dem Block standen die meisten Redner sehr kühl gegenüber, dem Zentrum aber viel freund licher. Nur der elxnnalige Zentrumsmann v. Machin aus Schlesien hielt es für angezeigt, sich am Zentrum zu reibener hat es wohl noch nicht vergessen, daß man ihm den Stuhl vor die Türe setzte. Aber sonst war die an den Tag gelegte Freundschaft gegenüber dem Zentrum geradezu eine beängstigend große. Ob man ihr trauen soll, ist eine andere Frage-, wir erinnern nnr daran, wie bei den letzten Wahlen das Zentrum auch nicht eine einzige Stimme vom Bunde erhielt-, alle bürgerlichen Parteien wurden unter stützt, das Zentrum aber bekämpft', solche Taten sagen mehr als alle Worte. Der Bund zeigt das Bestreben, das Zen trum in den Block hineinzuziehen, natürlich nicht, um diesem einen Gefallen zu tun, sondern uni sich selbst zu schützen. Der Bund weiß Wohl, daß seine ganze Wirtschaftspolitik nicht kxntergeführt werden kann, wenn er das Zentrum nicht an seiner Seite hat, daß der Kurs nach links geht und da mochte er gern mit den 100 Zentrumsstimmen im Reichs tage prangen können. Er fürchtet auch, daß die Steuer reform nicht nach seinem Willen ausfallen könnte und des halb will er sie durch neue indirekte Steuern mit dem Zen trum machen. Die Sirenengesänge des Bundes aber ver locken uns nicht: wir wissen nur zu gut, daß ohne den Bund der Block nicht zustande gekommen wäre, daß das Organ des Bundes, die „Deutsche Tageszeitung" das begeisterteste Nlockorgan ist. Wir kennen die Musik und wir kennen den Ton und bleiben darum, was wir sind: eine völlig unab hängige christliche Volkspartei! Ob der Bund das Zentrum in der nationalen Stufenleiter um einige Grade höher cln- schätzt als der Reichskanzler, läßt uns ganz kalt: wir waren stets national und haben nie wie die Gründer des Bundes damit gedroht, unter die Sozialdemokraten zu gehen. Wenn dem Bunde infolge der Blockpolitik das Wasser bis an den Mund geht, so hat er nichts anderes verdient: aber wie kann er vom Zentrum fordern, daß ihm dieses heraus- helfe« soll! Lassen wir uns durch alle schönen Worte nicht betören, der Bund hat den vielen Zucker nur ausgestreut, um Zentrumsmücken um sich zu sammeln, nicht uns zu Liebe, sondern für seinen Zweck. Diese unsere Ansicht können wir auch nicht ändern an gesichts der Tatsache, daß der Block auf der Versammlung schlecht wegkam: denn am Schlüsse wurde doch ausge sprochen, daß man die Blockvolitik weiter unterstützen werde. Was sollen da alle grollenden Worte bedeuten, wenn die Taten ganz anders sind? Nur vom Standpunkte der politsschen Satire aus haben die Reden über die Frei sinnigen Interesse, wenn Tr. .Hahn meinte: „Wenn ich mir nun aber den Freisinn anselie — -Herr v. Wangenheim hat ihn schon teiliveise ckxrraiterisiert — so finde ich, daß er lediglich noch ein trauriger Rekrut ist: Man sieht es den Freisinnigen als Negiernngsmännern an, daß sie erst kürz lich etwas geworden sind. Sie machen den Eindruck der Neulinge, die noch nicht wissen, welche Pflichten sie zu er füllen haben, um sich der Rechte würdig zu erweisen, die ihnen zugefallen sind. (Heiterkeit und sehr richtig!) Ich möchte darum an den Freisinn in guter Wohln.einnng, nicht in Feindschaft — wir sind ja im Block verbunden — (große Heiterkeit) — am heutigen Tage und von dieser Stelle aus die höfliche Mahnung richten und ihm den höflickscn Rat geben, er möge es lernen, niit zu regieren, damit er mög- lichst lange mitrcgiert: denn sonst wird diese Herrlichkeit bald zu Ende sein." (Stürmischer Beifall.) Andere Redner sprachen sich in ähnlich ergreifender Weise aus: so meinte der frühere Abgeordnete Schrempf: „Unser deutsches Volk IxU dem Freisinn in den weitesten Kreisen den Laufpaß ge geben und nur noch in den Städten hat er seine Stützen, in den Städten, in denen man den größten Nutzen von den großen Taten, von den großen Ereignissen und von den großen Männern unserer Geschichte batte, in den Städten, in denen man eben am wenigsten Verständnis für das hat. was erreicht worden ist. (Sehr richtig, sehr wahr!) Man bat eingesackt, was man bekommen hat, man hat aber ver gessen. danke zu sagen, durch eine vernünftige bessere Poli tik. (Bravo! Sehr richtig!)" Aber mit politischen Leichen verbündet man sich doch nicht? Man könnte noch höchstens an den Satz erinnern, daß Pack sich schlage und doch der- trage: aber diese Streitigkeiten im Blockhause gehen uns nichts an. Meister Bülow wird beide schon zur Ruhe bringen, tvenn sie es zu toll treiben sollten und noch mehr Fender einschlagen. Auf eine andere Rede möchten wir noch Hinweisen, weil : sie so viele Wahrheiten enthält: ein Gutsbesitzer stellt sich > mitten in unsere Finanznot und erklärte: „Der traurigste I Etat, der je einem Reichstag Vorgelegen hat, das ist der > Etat des Jahres 1908. (Hört! hört!) In diesen Etat ist die Verzinsung unserer Neichsschnldcn mit 140 Millionen Mark eingestellt. (Hört! hört II Es ist aber keine Amorti- ! 'ation dieser Neichsschnlden vorgesehen. Die VSatrikular- j beiträge sind eingestellt mit 124 Millionen und trotzdem ^ muß ein Defizit in unserem Neichsetat von 200 Millionen ^ Mark gedeckt werden. Unser Schnldenstand beträgt 4074 : Millionen Mark, getilgt wird davon in diesem Jahre gar nichts, (hört! hört!) und hierzu kommen 200 Millionen Mark neuer Schulden. Nun, meine Herren, eine derartige Finanzwirtschast ist des deutschen Reiches unwürdig. (Leb hafter Beifall und Händeklatschen.) Meine Herren, leben wir in Portugal oder Griechenland daß wir unsere Schul den nicht bezahlen können? Nein, meine Herren, wir sind sehr wohl imstande, unsere Schulden zu bezahlen, die Aus gaben unseres Reiches zu decken und noch etnxis für Lchuld- abtragnng zu erübrigen. Wenn es nicht geschieht, so lieg: es nicht an unserem Können, es liegt allein an unseren! Wollen. (Bravo!) Meine Herren, wir hatten gehofft, nun in dieser Session eine großzügige Neichsfinanzreform von der NeichSregiernng vorgclegt zu erhalten: es ist nicht ge- sck>ehen. Hoffen wir auf den nächsten Herbst! Aber es ist doch von Wert, daß auch wir im Bunde der Landwirte den Weg kennzeichnen, den wir als den von uns gangbaren er achten. Und da bleibt uns nichts anderes übrig, als zurück- zngreifen auf die Idee des Fürsten Bismarck und für die Einzelstaaten nach wie vor die direkten Stenern in An spruch zu nehmen, wie sie in unserer Reichsverfassnng fest gelegt sind, und wie sie dem föderativen Charakter des Neick-es entsprechen, (Bravo!) für das Reich aber alsdann die indirekten Stenern und etwaige Monopole in Anspruch zu nehmen." Mit dem ersten Teile der Rede sind wir voll kommen einverstanden: sie trifft den Nagel auf den Kopf, anders ist es niit den positiven Vorschlägen zur Deckung des Defizits. Monopole sind noch lange kein bares Geld und die meisten indirekten Steuern stehen auf einer Höhe, daß jedes Hinanfsetzen zu einem geringeren Konsum und damit zu einem Rückgang der Einnahmen führt. Deutscher Reichstag. Der Reichstag führte am Dienstag die Beratung des Postctats zu Ende. Es folgte noch eine Anzahl feinerer Bemerkungen: so trat der Zentnnusabgeordnete Hnmccher mit Entschiedenheit für die Aufbesserung der Tagegelder der Postboten, der Postillone und der nicht etatsmäßig angestellten Beamten ein. Auch die Wünsche der Post agenten. um die sich in der Budgetkommilsion bereits der Abg. Erzberger angenommen hat. werden im Plenum be- sprachen. Der Etat der Reichsdrnckerei wurde ohne erheb liche Debatte angenommen. Dann begann das Hans die Beratung des Reichsjnstizamtes. k. Berlin. 10k. Sitzung vom 18. Februar 1008. Der Pastctat wird weiter beraten Abg. Eickhoff ( thers. Volksp.) und Kovsch (Freis. Verg.) bringen lokale Wünsche vor. Zum Kapitel Unrerbeamten schildert Abg. Zu bei! (Loz.) eingehend ein Vorku ninnis in Kadirm, wo ein Br,esträ->er gemaßregelt wu.de. obwohl d.e Schuld den Pnstverwatter treffe. In Kadiem herrsche eine auffallende Unordnung. Staatssekretär Kralle: Der betreffende Beamte habe sich ! unwürdig benommen, sei im Dienste betrunken gewesen »i'w. Abg. Zu b ei l (Aoz.): Aber gegen den Vorgesetzten in Kadiem schritt man nicht ein. Den Beschuldigten hat man nie vernommen. Slaatssel ctär Krätke: Der V rstehcr in Kadiem mutzte sich verantworten, aber die Beschuldigungen waren nicht zutreffend. Abg. Zu veil (Soz.): Die Sache «st nicht ordnungsmäßig untersucht worden. Beim Titel Landbrtcfträger wünscht Avg. Binde wald (Amis.) Erhöhung der Bezüge derselben. Staaisie reläc Krätke ist bereit, für eine Erhöhung dcS Gehalts der Lur dbiiesiräger einzutreten. (Bravo!) Beim Titel Agenturen bringt der Abg. Gabel (Antis.) lokale Wünsche nor. Abg. Dr. N a u in o n n - v. a f e r (Freis. VolkspKleine Ge- schäftSleuie sollten nicht Postagenle» werden, sie erhallen damit einen geschäftlichen Vorsp ung vor den Konkurrenten am Orte. Abg. Köhler (W Berg.): >7 Jahre war ich Postagent ! wenn sich die Vehältnisi: nicht bessern, werde «ch im nächsten Jahre meine Erfahrungen schildern. SonntagSrne haben die Postamenten ga: n:cht. Staatssekretär Krätke: Bei den Postagenten handelt es sich nur um eine Nebereinnahme, wir habe» immer sehr viele Bewerber um Agenturen, denen die lOOO Mk. Ncbeneinnahmen willkommen > sind. Die Sonntagsruhe will ich gern aurdehnen, aber reglementieren lassen sich dic'e Verhältnisse nicht. Be-nr Titel Hilsöpertonal wünscht Abg. Ha in eck er (Z-nlr.) eine Erhöhung der Tagegelder der Postboten, der Unter beamten. Postillone und Beamten, die nicht angestellt sind. Wenn man die Beamten aufbessert, darf man diese Beamten nicht ver gessen. Beim Fortschritte des Diensralkers ist eine Zulage gerecht fertigt. Die Dienstzeit sollte auf daö Besoldungüdtenstalter angc» rechnet werden. Von der Militärdieosizeil sollte ein Teil auf taS Besoldungsdienstaller angerechnet wert» n. Eine Reihe von Titcln wird ohne erhebliche Debatte bewilligt. Zum Titel Unterstützungen beantragt Schultz (Reichs») die Einstellung von Ostmarkenzulagcn bis zur 3. Lesung: geschieht das nicht, so müßte ein Nachlragsctat kommen. Man könne die Postbeamten nicht schlechter stellen, als andere Beamte im Osten. Abg. Bassermann (natl.) spricht sich für die Reso lution au». Abg. Singer (Sozd): Man kann heute schon über die Resolution abstiminen, aber die Resolution selbst ist zu unklar, denn was soll geschehen? Soll man ln den Etat eine Summe einstellen? Oder soll sie erst im nächsten Jahr gegeben werden? Der Antrag bedeutet nur die Einführung der preußischen Ost markenzulage. Abg. E röber (Zcnlr): Unsere Stellung zur Ostmarken- zutage ist bekannt. Die Resolution spr-cht von einer außerordent lichen Beihufe, dann kan» die Regierung nmchen, was sie will, sie kann sie einem Beamten geben, einem anderen nicht. Uever die Widerruflichkeit ist gar nichts gesagt: die Regierung kann also auch hier machen, was sie will. (Sehr richtig!). Die Form der Resolution ist eine Bitte, der in der Form eines Nachtragsetats entsprochen werden soll. Aber der Bundesrat will ja zu unseren Beschlüssen erst am Ende der Session Stellung nehmen; wie lange die jetzige Session dauert, wissen wir nicht Also auf diesem Wege geht es nicht. Lieber Kollege Schultz, Sie müssen die Re solution gründlich nmändcrn, ehe man sie annehmen kann; aber helfen tue ich Ihnen nicht. (Große Heiterkeit.) Abg. Schultz (Reichsp.): Diese Mängel erkenne ich an, weil über die Resolution erst in 3. Lesung abgestimmt wird. Nun sitzen wir da. (Große Heiterkeit.) Bei gutem Willen kann man aus der Sache herauskommen. (Große Heiterkeit.) Der Rest des Postetats (Ausgaben) wird ohne Debatte ge nehmigt. Abg. Ablas; (Frcis. Volksp.) plädiert für den Neubau eines Postamtsgebäudes in Hirschberg. Staatssekretär Krätke sagt Berücksichtigung des Wunsches zu. Abg Berichterstatter Kopsch «Freis. Bpt) berichtet über Petitionen und beantragt, dieselben der Regierung zur Erwägung j zu überweisen. > Hiermit ist der Postekat erledigt und man schritt zur Be- ! ratung des Etats der Reichsdruckcrei. Abg. Berichterstatter Kopsch (Frcis. Vpt.) referiert über ! die Tagclöhne, die durch Ueberstunden erheblich erhöht werden : und empfiehlt die Löhne so zu ordnen, da!; im V5. Lebensjahr das ! Maximum des Lohnes erreicht wird. Der Etat wird genehmigt, sodann wird zur Beratung des Iustizamlcs übergegangen. Abg. W a g » er Ikons.) bespricht die vorgcschlagenen Reso lutionen. Die Zahl der jugendlichen Verbrecher habe in er schreckendem Maße zngenoinmen: die inaterialistiichc Welt anschauung und der Mangel christlicher Erziehung tragen die Schuld an dieser traurige» Erscheinung. Auf diesem Gebiete müsse noch viel mehr geschehen als bisher Ter christlichen Nächstenliebe steht hier ein weites Feld offen. Gegen Herab- setzung der StraffähigkcitSgrcnze habe er Bedenken. Der junge Verbrecher wird von de» Gerichten ganz unangemessen behandelt, er kommt sich oft vor, wie ein sentzitionerrcgender Theaterhcld. Für sachgemäße Einschränkung des Zeiigniszwänges könne er wohl emtrclc», die gänzliche Aufhebung dagegen würde er mißbilligen. Der Zengniszwang erhöhe das VeraniworilichkeitSgefühl der Re dakteure. Die Frage der fakultativen Slrafverschickung scheine noch nicht hinreichend geklärt zu sein, so das; der Weg der besetz- gebung auf diesem Gebiete noch nicht beschriltcn werden könne. Die Erhöhung der Gebühren für Sachverständige sei gerechtfertigt und empfehle sich die betreffende Resolution zur An nahme. Die Ocssentlichkeit der Verhandlungen se> im allgemeinen empfehlenswert, allein es gebe Fälle, in denen ein Ausschluß der Oessenllichkeit geboten sei. Schutz gegen die unsittlichen Photo graphien sei notwendig: gegen die Ueberreizung der Sinnlichkeit gegen die Sittenverderbms der Jugend müsse enrgcgengcwutk werden. Der Bcizi.g der Sachverständigen sei niän geböten, bas Sittlichkcitsgefühl des Richters sei ausreichend. Für Rohcilsvcr- brechen müssen schärfere Strafen cingeführt werden. Das Straf recht müsse durchdrungen sein von humanem Geist, der weit ent fernt ist. pathologische Gründe als Entschuldigung des Verbrechens anzusehcn. Möge unserem jetzigen Staatssekretär vergönnt sein, die Reform des Strafrechts in humanem Geiste durchzuführen Staatssekretär v. Ni eberding hofft im Laufe der nächsten Woche die Reform des Zivilprozesscs dem Reichstag vorlcgcn zu können. Auch ei» Gesetzentwurf in Betreff der Haftung der Be amten für Verschulden im Dienste sei in Bälde zu erwarten. Abg. Dr Heinzc (natl.): Grundhäßliche R-formen werden leider unterlassen und man beschränkt sich auf partielle Aenderungcn. Der Zustand beim Reichsgericht sei unhaltbar Die Rechtscinheit müsse hochgchalten werden Er bespricht die einzelnen Resolutionen und fixiert die Stellung seiner Fraktion zu denselben Unsere Rechtssprechung sei zu formell und mißocrkennc die Bedürfnisse des Lebens. Die Dauer der Prozesse sei zu lang. Neue Begriffe, wie Streiks. Boykotts, Arbettsincberlegung »sw. seien aufgc- taucht und erschweren die Stellung des Richters gegenüber der Arbeiterbewegung. Auch die Milde der Urteile üv>r Verletzung der Arbeiterschutzgesetze seitens der Arbeitgeber sei zu rügen. Auch die Agitation der Sozialdemokraten gegen die Rechtspflege nnter- j grabe eine gereckte Benrleilnng der Tätigkeit der Gerichte Die I Ziviljnstiz sei bemüht, die reelle Gestaltung des Lebens zu berück- . sichtigen. Untere Gesetzgebung trage auch den sozialcn Forderungen j Rechnung. Unsere Aufgabe sei die, das Niveau der Richter und ! Anwälte zu heben. Es würde nichts schaden, wenn die Rcferen- > darc nicht bloß in ihrem Heimalsstaa, sondern auch in anderen Vundesstaalen in der Justiz sich umschcn würdon. Das Streben mancher Richter, den Prozeß interessant, dramatisch, lebhaft zu gestalten, sei z» rügen Die Verhandlung soll sich auf das Not wendige beschränke» Die Schmutzliteratur zu bekämpfen, sei eine hochwichtige Aufgabe der Justiz. Tic Lage unseres Anwolts- ttandes habe sich finanziell verschlechtert: trotzdem haben sich viele Anwälte entschlossen, imeittgclt ich Rechtsbelehrung zn ericilcn, was sehr erfreulich sei. Revision der Gebührenordnung sei er forderlich. Wenn man unparteii'ch und objektiv vorgcht, werden die Reformen zum Wähle des deutschen Volkes sich gestalten. Abg. Brunstermann lRcichsp» unlcrivirst den Gcbühren- tarif für die Rechtsprechung einer abfällige» Kritik. Das Hans vertagt hierauf die Weilerbcralnng auf morgen 1 Uhr. Schluß >/-7 Ohr. Politische Rundschau. Dresden, den 1». Februar 1008. —- Der Reichskanzler Fürst Bülom richtete an den früheren Präsidenten des Avgeoidnetenhauseü ». Köller zu desseit 85,. Geburtstage ein Glückwunschtelegramm, in welchem cs heißt: „Möge das Bewußtsein der langjährigen Verdienste um das Vaterland Ihnen den heutigen Lag und noch viele Jahre eiiuS gesegneten LebeilSabendü ver klären." Nach der Allgemeinen Zeitung kommt nelierdingS als Nachfolger des Freiherr» v. Stengel im Reichsschatzamt der frühere Unterstaatssekretär in Elsaß-Lothringen Dr. Georg v. Mayr, gegenwärtig ordentlicher Professor der Statistik. Finanzwissenschaft und Nationalökonomie an der Universität in München, in Frage, v. Mayr wurde schon seinerzeit vom Fürsten Bismarck sehr geschätzt, der ihn in die Regierung der Reichslande berief. — In Berliner parlamentarischen Kreisen wird auch der württcmbergische