Volltext Seite (XML)
Freitag Nr. 7. 7. April 1843. MWS Deutsche Allgemeine Zeitung. LoltLmier d-SJn- und f F 2 Ngr. AnilandeS. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueverblick. Deutschland. »Vom Nhein. Belgien ist geneigt zu einem Vertrage mit dem Zollverein. »München. Dcputationsbencht «ber den Di- trag des Abg. Schwindel, die Preßfreiheit betreffend. Mann stadt. Civilgesetzgebung. Begnadigung relegirter Gymnasiasten, ch Frankfurt a. M. Rothschild hat den Pacht der spanischen Queck- filberminen wieder. « Neeußen. »Äömasberg. Rang der Schuldirectoren. Landtag. Geist liche Engherzigkeit. Defterreich. Einfall der Montenegriner. Spanien. »Varis. Günstige Aussichten für die finanzielle Zukunft. Association gegen den Mißbrauch der Presse. Die Heirathspro;ecte. Handel mit Nordamerika. , , Großbritannien. Erklärung des Missionsvercins über Otaheiti. Gründe für ein Aufhtren der Nationalabneigung zwischen Engländern und Franzosen. »London. Parlamentsvcrhandlungen über das Ver fahren gegen die Chartisten. Annullirte Wahlen. Frankreich. Kammern. Bewilligung der außerordentlichen Ausgaben für 1842 und 1843. Ucbersecische Besitznahmen. Civilliste des Thron erben. Befestigung von Paris; Kosten der letzter», ssstarrs. Ueber jene Debatten. Die Phalange. Belgien. Budget des Kriegsministcriums. Niederlande. Der Gesetzentwurf über Umwandlung der Staatsschuld hat wenig Aussicht. Gesetzentwurf über Ermäßigung der Durchfuhr abgaben. - Türkei. Gemäßigter Charakter des russischen Ultimatums. Handel und Zndufkrie. Berlin rtnkündignngen. Deutsch la»-. *HoM Ahein, 3. April. Man unterhält sich gegenwärtig in ge wöhnlich gutunterrichteten Freisen viel von der Wahrscheinlichkeit, welche sich neuerdings dafür biete, daß sich das belgische Cabinet nächstens zu Unterhandsungen herbeilaffen dürfte, um eine kommerzielle Uebrrein- kunft mit dem deutschen Zollvereine zu erzielen. Wie man ver nimmt, sollen bereits vorläufige Anfragen in officieller Weise geschehen sein, um das Terrain zu sondiren, und dieselben hätten sich einer solchen Aufnahme zu erfreuen gehabt, daß man darin in Brüssel nur eine Er- muthigung würde finden können, mit den Anträgen, welche man in dieser Beziehung zu stellen sich veranlaßt sehen möchte, in bestimmter Form hervorzutreten. So viel scheint jetzt schon gewiß, daß es sich in keinem Fall um einen Anschluß Belgiens -an den Zollverein handeln wird, sondern lediglich um die Negocirung eines Handclstractats. Der Zollverein selbst wünscht weder, in Betracht seiner industriellen Inter essen, einen Anschluß Belgiens, noch könnte derselbe, seines ausschließ lich deutschen Charakters und Zwecks wegen, eine solche Union mit einem auswärtigen Staat überhaupt zulassen. Eben so wenig ist und kann die Absicht Belgiens auf eine solche Acnderung seiner commer- ziellen Beziehungen zu dem AuSlande gerichtet sein. Ihm ist aber ein möglichst ausgedehnter Handelsvertrag mit dem deutschen Zollvereine zu einer wahrhaften Nothwendigkeit geworden, seitdem sich die Inten tion der französischen Politik offen kundgegeben hat, den Eintritt einer industricllcn Krisis in Belgien abwartcn zu wollen, um dieses Land sodann durch das gebieterische Gesetz der Noth dazu zu zwingen, zu einer bis jetzt verschmähten kommerziellen Union mit Frankreich L tout prix seine Zustimmung zu-geben. Man ist der Meinung, daß Bel gien um so weniger zögern werde und dürfe, die nunmehr projectirten Unterhandlungen mit dem Zollverein anzuknüpfen, als die rasch zu nehmende Anhäufung seiner Erzeugnisse die Eröffnung neuer Absatz wege immer dringender macht und die Annäherung einer industriellen Krisis immer drohender wird. Der Zollverein wird zwar, es kann dies wol mit Bestimmtheit angenommen werden, seine Absichten in Betreff Belgiens nicht auf einen Nothstand dieses Landes basircn; allein Bel gien selbst muß in seinem eignen, wohlverstandenen Interesse Sorge dafür tragen, daß cs seine commcrzicllen Beziehungen nach außen zu einer Zeit regelt, wo es noch bei Kräften, nicht aber, wenn es er schöpft und in einer vielleicht unheilbaren Krisis befangen ist. *WüncsskN, 2. April. Soeben erhalte ich den nun im Druck erschienenen Borttag dcs Abg. vr. Harlcß über den Antrag des Abg. vr. , Schwindel, die Wiederherstellung dcs verfassungsmäßigen Zustandes der Preßfreiheit betreffend. Er ist für Zurückweisung des Antrags in der Weise, wie derselbe gefaßt worden, aber für Wieder aufnahme desselben in einer andern Formulirung. Er widerspricht zunächst der Begründung dcs Antrags, so weit dieselbe eine Zurückführung auf die verfassungsmäßigen Garantien ins Auge faßt und davon eine Abhülfe der beklagten Uebelstände erwartet. Aber er thut das, indem er die Unzulänglichkeit jener Garantien behauptet. Hier heißt es: „ZurBe zeichnung dcs Wesens jener Garantien, welche uns die Verfassung in Bezug auf gesetzlich geregelte Preßfreiheit bietet, werden im Anträge die betreffenden Paragraphen des III. Edicts zum Theil ihrem ganzen Inhalte nach aufgeführt, und es wird aus ihnen der Schluß gezogen, daß nach einer zweifachen Seite hin die Preßfreiheit gegen willkürliche Beschränkung gesichert sei, s) hinsichtlich der präventiven Censur, in dem nur die politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen oder statistischen Inhalts, sonst aber keinerlei Druckschriften dieser Cen sur unterliegen (s. h§. I, 2 des III. Edicts), und b) hinsichtlich der Reprcssivmaßrcgeln, indem nach Geist und Wortlaut der tzh. 6 und 7 des III. Edicts «Beschlagnahme der Druckschriften nur gegen wirkliche strafbare Gesetzesübertretung zulässig» sei. Daß man das Erste den Bestimmungen der Verfassung gemäß behaupten müsse, und daß man das Zweite aus ihnen folgern könne, will Referent nicht läugnen; aber er muß in Abrede stellen, daß mit diesen Angaben das Wesen der grundgesetzlichen Bestimmungen erschöpft sei, und daß man mit der Rückführung auf den also beschriebenen Boden der Verfassung den Uebeln begegnen könne, über welche der Hr. Antragsteller klagte Der weitere Verlauf des Antrags selbst beweist die Richtigkeit dieser Be merkung. Denn in Bezug auf den ersten Punkt wird nicht darüber Klage geführt, daß man etwa gegen den Wortlaut der Verfassung andere Schriften als politische Zeitungen und Schriften politischen und statistischen Inhalts der präventiven Censur unterworfen habe, sondern die Klage geht dahin, daß man die Censur nur nach «ministeriellen Vorschriften» und in einer äußerst drückenden Weise handhabe. Wie soll nun dagegen die Zurückführung auf den verfassungsmäßigen Bo den schützend Wo steht in der Verfassung geschrieben, daß die Cen sur nicht nach ministeriellen Vorschriften gehandhabt werden dürfe? Wo bezeichnet die Verfassung die Grenzen, außerhalb welcher die Cen sur anfängt, willkürliche und drückende Beschränkung zu werden? Die Verfassung sagt Edict III. §. 2 nur: «dieselben (Schriften) unterlie gen der dafür angeordneten Ccnsur.» Davon aber sagt sic nichts, nach welchen Normen und Vorschriften diese Censur vollzogen werde. Die Thatsache ist also die, daß die Vcrfaffungsurkundc über die Normen und Grenzen der präventiven Censur keine Bestimmungen, hiermit aber auch wider die im Anträge gerügten Uebelstande keine Garantien hat. WaS den »weiten Punkt anlangt, so entspricht auch hier nach der Ansicht des Referenten die Behauptung, laut §h. 6 und 7 Edict III. sei Beschlagnahme von Druckschriften nur gegen wirkliche strafbare Gesetzesübertretung zulässig, ebenfalls nicht ganz dem Sachverhältnisse, wie cs durch die Bestimmungen der Verfassung möglich geworden und factisch herbeigeführt ist. Zwar unterliegt cs keinem Zweifel, daß, wenn Preßvergehen, wirkliche oder angebliche, immer einer richterlichen Untersuchungsbehörde zugewiesen würden, dieselbe nur in der oben an gegebenen Weise verfahren und lediglich allein im Falle wirklicher Ge setzesübertretung, sei es im Verbrechens- oder Vergehens- oder Poli- zeiübertretungSarade, eine Druckschrift mit Beschlag belegen könnte. Allein der h. 7 dcs III. Edicts gestattet von der Ucberweijung an das einfchlagende Untersuchungsgericht, was die Regel sein sollte und in der Verfassung als Regel angenommen wird, eine Ausnahme, näm lich dies"daß die Polizei «nach Unterschied selbst der Bestrafung wegen geeignet zu verfahren habe.» Diese Ausnahme ist jetzt Regel gewor den und überhcdt die Behörden des eigentlichen richterlichen Verfah rens, d. h. der Vcrurtheilung nach vorhergcganacner Untersuchung und Verantwortung, und unter Mittheilung der richterlichen, in der Ver fassung selbst nur allgemein angedeutcten Entschcidungsgründe. So mit ist die Thatsache wiederum die, daß hinter der Angabe, man habe «nach Unterschied der Bestrafung wegen geeignet verfahren», sich auch eine willkürliche Administrativmaßregel in Prcßangclcgcnheitcn sicher letten kann, und daß eben dämm wider die im Anträge behaupteten .lebcl von willkürlichen Rcpressivmaßrcgcln die Verfassung abermals 'eine, wenigstens keine genügenden Garantien darbictet." Er tadelt ferner den Mangel eines Nachweises durch Thatsachcn. „Der Herr Antragsteller spricht davon, daß die Censur in einer Weise gehandhabt werde, welche der periodischen Presse auch nicht cincn Schat-