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VouMnWcr Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. 8iekenziBer Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Morty Wieprecht in Plauen. Vtrset Vlatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher A b o n n e w e nt s p r e ts, auch bei Ve-tehung durch dl« Post, 1 Tchlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 1t Uhr eingeben, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet. Dienstag. HA. 3l. Mai 18SS. Plauen, den 29. Mai 1859. In der Bundestagssiyung zu Frankfurt am 27. Mai erklärten sich einige Regierungen bereit, für eventuelle militärische Maßregeln deS Bun des Preußen unter gewissen Voraussetzungen die Initiative zu überlassen. (DaS Dr. I. setzt hinzu, daß dieß Votum in dieser Fassung als das jenige sämmtlicber deutscher Regierungen zu betrachten sein dürfte.) Nun fragen wir jeden Leser, was er denn eigentlich aus dieser Nachricht herauszulesen im Stande ist? Wir wollen versuchen, daS diplomatische Kauderwälsch in ehrliches Deutsch zu übersetzen, ohne daß wir aber für die Deutung ciustehcn können. ES kann dieß etwa so viel bedeuten, als: Die deutschen Staaten überlassen es Preußen, oder geben diesem Staate Vollmacht, deutsche Armeen marschlren oder aussteUen zu lassen, gegebenen Falls gegen LouiS Napoleon loSzuschlagen, wenn dieß oder jenes geschieht oder nicht geschieht. Diese Voraussetzungen werden uns nicht gesagt, wir brauchen sie auch nicht zu wissen; gut und erfreulich genug wäre es für unö und ganz Deutschland, wenn der ganze deutsche Bund einig wäre. (56 kann aber auch heißen, daß Preußen, Oesterreich und Deutschland nur sehr bedingungsweise aber noch lange nicht ganz einig sind. Die „ge wissen Voraussetzungen" werden schon seiner Zeit an'S Licht kommen. Einzelne Blätter wollen wissen, eö hieße dieß so viel, als die andern Bun desregierungen behielten sich vor, Anträge zu stellen. Dieß scheint uns aber von selbst sich zu verstehen. Wie vorauSzusehcn war, haben die Sarden ihre französischen Bun desgenossen bereits herzlich satt und die luftigen Hoffnungen — die doch nie Wirklichkeit werden — aus Vergrößerung ihres Staates durch dle Lombardei, auf ein einiges, unabhängiges Italien kommen dem Sarden- lönig und seinem Volke snndentheuer. Aus Piemont, Genua und Nizza, den drei besten Provinzen Sardiniens, etwa so groß wie zwei Dritthelle von Baiern, lasten die Eontributionen von 150,000 Oefterreichern, die Unterhaltungskosten von 100,000 Sarden und etwa 150,000 Franzosen, die bekanntlich unverschämten Forderungen und Anmaßungen der letzteren ebensowenig, wie daS KriegSelend, die Verwüstungen, Gescchte, furchtbar überfüllte Spitäler w. gar nicht gerechnet. Der Sardenkönig ist bereits zum-französischen General heruntergesetzt, der an LouiS Napoleon eben so gut rapportircn muß, wie jeder franz. Befehlshaber. Die sardinischen Truppen sind unter die Franzosen vcrtheilt, so daß der Sardcnkönig nicht mehr über seine Armee verfügen kann; die Hauptfestung deS Landes, Alessandria, haben die Franzosen besetzt, sind somit thatsächlich Herren des Landes. Genua hat bereits fünf Millionen Franken nach Paris schicken müssen, und außerdem hat der franz. KriegSministcr diese Stadt angc- wiefen, noch zwölf Millionen zu zahlen. Natürlich! Der Krieg kostet Frankreich täglich 3 Millionen Franken (zu 8 Ngr.). Die Polizei haben die Franzosen in die Hände genommen und die Behörden müssen den Franzosen gehorchen. Daß die höhern franz. Offiziere die schönsten Paläste ohne Umstände in Besitz nehmen, Lieferungen aller Art ausgeschrieben werden w„ versteht sich von selbst. Früher schimpften die Sarden: „Deutsche Hunde!" jetzt reden sic von „verfluchten Franzosen." ES wird ihnen aber noch besser kommen! Wir können ihnen nur den Trost empfehlen, den die Wiener von ihren einguldigcn Bankzetteln ablesen: Hin leder Asapoleon Sieht Unter, Dang IBaurrt Ls Asicht. An der untern Donau geht die Wühlhuberei ihren Gang und dürfte unsere Augen bald auf sich ziehen. Nicht etwa, als ob wir von Koffuth, mit dem LouiS Napoleon jetzt ebenfalls Compagnie gemacht hat, Aufstände in Ungarn befürchteten; (die Ungarn werden hoffentlich 1848 und die folgenden Zahre etwas gelernt haben und sich nicht noch einmal alü Werkzeuge ehrgeiziger Pläne für Rußland und slavische Zwecke gebrauchen lassen) aber in der Moldau und Wallache: scheint man den neuerwählten Fürsten Cusa bereits satt zu haben und mit russischer und französischer Hilfe einen russischen Prinzen an die Spitze dringen zu wollen. Der „kranke Mann" will daS ihm drohende Unwetter halb mit Güte, halb mit Gewalt abwenden. Daher in Constantinopel das Wachsthum deS russischen Ansehens und an der Donau die Ausstellung türkischer Truppen, soweit nur die erschöpften Kräfte der Türkei dieß gestatten. Ob der neue König von Neapel seinen Thron werde retten können, muß sich nächstens ausweisen; die Absichten, die der Prinz Napoleon aus den Thron von ToSkana hat, mußten vorläufig versteckt werden, weil England darüber kopfscheu zu werden drohte, daher auch Prinz Napoleon in seiner Prokla mation den Toskanesen versichern mußte, es sei nur die Absicht deS Kai sers, Italien zu befreien. Später werden sich die Katzenkrallen schon zei gen, und die einfältigen Toskanesen ein Duett der Verzweiflung mit den Sarden heulen über lhre Einfalt und Leichtgläubigkeit. Die unverschämten Lügen der Franzosen über die entsetzlichen Thatcn der Ocsterreicher in Feindesland gestehen die franz. Blätter fetzt selbst ein; ebenso haben sich die franz. Berichte über den Sieg bei Moutebello saft durchgehends als Lügen ausgewiesen. D<r jetzt erschienene amtliche Bericht Gyulay'S legt cS an den Tag, daß die Oesterreicher bei Moutebello statt der von den Franzosen angegebenen 2000 M. Todtcn und Verwundeten 718 M. Verwundete und 10 Pferde, 294 M. Todte und 20 Pferde, so wie 283 M. Vermißte gehabt haben, sowie daß französichcr Seils das ganze Armeecorps des Marschalls Paraguay d'Hilliers und eine premon- tesische Brigade, also mindestens 40,000 Manu, im Gefechte waren. Die franz. Infanterie schoß gut, die Cavallerie konnte gegen die österreichischen Husaren und Uhlancn nicht zu Fache kommen und wich jedem ernsten Angriffe aus, die franz. Artillerie Überschuß fast stets den nahen Gegner. Uebrigeus verweisen wir auf das Urtheil der Times. Zeitungen. Sachsen. Plauen, 28. Mai. Den Erweis großherziger Huld und Gnade, welchen Se. Maj. unser allverehrter König auS An laß deS für das gesammte Vaterland so höchst erfreulichen glücklichen Ein zugs der Neuvermählten königl. Hoheiten, des Prinzen und der Prinzessin Georg in der Residenz unseren voigtlandischen LandSmanne Otto Heubner zu Thetl werden ließ, haben wir, soweit möglich, schon in der vorigen Nummer unseres Blattes zu öffentlicher Kenntniß gebracht. In Plauen selbst verbreitete sich diese an unS erst am Abend telegraphisch eingegan- - gene Nachricht mit Blitzesschnelle, und war irgend etwas geeignet, die Gefühle der innigsten Verehrung für unseres allverehrten Königs