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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189107309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910730
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910730
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-07
- Tag 1891-07-30
-
Monat
1891-07
-
Jahr
1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1891
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Erscheint täglich früh 6 /, Uhr Krdartion niid krprdition Jvhannesgasje 8. Sprrchlluii-rii dcr UrdcicHon Vormittag- 10—12 Nbr. Nachmittag- 5— 6 Uhr. tzttrvie Nllckgüde r^ngsfanbtcr LNaniiscripte macht sich »re Redac»tLn nuLt vrrbindUch. Nnnahme der sür die Nlichstlolgeiide Nummer destimmtrn In je rate o.n Wochentagen b>o L llbr Nuchmittui,». an Sonn- und Festtage» sriid bis' .9 llhr. In -ku /ilialrn sür Ziis.-^iiinhmr: Ltt« klemm a Lortim. tAlircd (»ab»)» Universitülsslroße l, LoniS Lüsche, Kachariaenstr. 14, rar!, und slöulasplotz 7, nnr bis ' ,:l Uhr. 2U. Anzeiger. Lrga» für Politik, Lo^lgcschichte, Landcls- u«ü Gkschastsvcrkehr. DonnerSLu^ den ^0. Juli 1891. Amtliche BckMNtMchi!!'.>;ku. Lekaunimachung. Behufs Regulirung des Elstermiih'.grabeuS enIlanA des Areales der Große,, Fuukenburg i» Leipsig-Allsladt wird der Elsierinübian.c unterhalb de« sieinerncn Wehres und bis zur Einmündung desselben in den Elsterfluß am Rosenlhal auf die Zeit vom 3. August bis einschließlich 14. September dieses Jahres abgeschlagen werden. Leipzig, am LI. Juni 189l. , Ter Rath der TtaSt Leipzig. Ie. 2651. Dr. Kcorgi. Ile. Redlich. Ltllillllllmlichung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom LO. bis 26. Juli d. I. in, Argandbrenncr bei 2,5 Millimeter Druck und 150 Litern stündlichem Eonsum das 18,9sache der Lenchl- krast der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Jlammcnhohe. Das specifische Gewicht stellt sich im Nüttel auf 0,448. Leipzig am 27. Juli 1891. , TcS Ruths Deputation zu de» Gasanstalt«:. Lckinttllttllrchung. Die Pflasterung der Pestalozzistraße von der Spießbrücke bis einschl. Kreuzung der Grassistratze einestheits und der Grassistraße von der Pestalozzislraße bis zur Vogt'schen Grenze andcrntheils soll au einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen sür diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau- Verwaltung, Nachhalls, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingescden oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 1 »Si, welch« event. in Briesmarken cinzujenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Pflasterung eincatüriis der Pestalozzi- und Grassistrasze" versehen ebendaselbst, und zwar bis zum 8. August djs. I., Nach mittags 5 Uhr einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote ab zulehnen. Leipzig, den 28. Juli 189t. Ie. 40S7. Des Rathö der Stadt Lei-,ist Straszriibau-Tc-ntatio». In Gemäßheit des 8. 1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der Skadtwasscrtunst vom 6. Februar 1888 wachen wir hierdurch bekannt, daß der tilemrncr Herr Hermann Moritz. Leipzig-Gohlis, Hauptstraße Nr. 16, zur Uebernahm« solcher Arbeiten bei uns sich angeineld-t und den Besch der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewieje hat. Leipzig, de» 28. Jul! 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. X. 4845. vr. Trän dl in. Wolfram. Die Lage in Chile. Die Verwirrung hat jetzt in Chile den höchsten Grad erreicht, die Zustände sind der Art, daß sie dringend der Acndcrung bedürfen, und eS fehlt auch nicht an Anzeichen dafür, daß diese Aendcrung bald eintrcten wird. Obwohl auf beiden Seiten Erfolge zu Lande wie zur See erreicht worden sind, so scheinen koch die Kräfte noch ziemlich gleich vertbeilt zu sein, und wenn eS auf einen Vernichtungskrieg abgesehen wäre, so könnte sich die Entscheidung noch lange verzögern. Aber die Congreßpartei scheint eingeschen zu haben, daß eine weitere Fortsetzung des Kampfes dein Lande keinen Nutzen bringen kaust. Aus welcher Seite da» Recht ist, laßt sich auch sehr schwer seststellcn, nur so viel scheint sicher, daß die Auslegung der Verfassung durch den Präsidenten Balmaeeda, auf welche er sein Verfahren in der Budgetfrage stützt, auf sehr schwachen Füßen siebt. Als der Congrcß die sür HeercSzwccke verlangten Mehrforkerungen strich, hätte sich Balmaeeda dieser Abstimmung untcrwerscn müssen, statt dessen setzte er aber das Budget aus eigener Machtvollkommen heit fest und veranlaßte dadurch den höchst bcklagenSwcrlkcn Kampf, der nun schon sieben Monate dauert. Inzwischen baden Neuwahlen stattgesunden, welche ein für Balmaeeda günstiges Ergebniß gehabt haben. Durch welche Mittel er dieses Ziel erreicht hat, läßt sich mehr vermuthen als sest stellcn, jedenfalls ist die Gewalttbätigkeit der Natur dcS Präsidenten im Lause des Kampfes klar hcrvorgctrcten. Vielleicht bat er die Ueberzeugung von der Gerechtigkeit seiner Sache, wenn er aber ein Patriot wäre, so würde er sein persönliches Recht dem Wohl des Ganzen unter geordnet haben und zurUckgctrcten sein, um den Frieden deö Landes nicht zu stören, zu dessen Leitung er berufen war. Er aber sah eS ruhig mit an, daß sich daS Volk in zwei feindliche Parteien schied, von denen die eine sich für, die andere gegen ibn erklärte. Ter Kampf dreht sich also um seine Person, die Interessen deS Landes haben damit gar nichts zu thun. Die HrercSsrage ist für Balmaeeda eine Macktfrage, je stärker Heer und Flotte sind, desto größer ist die Macht deS Präsidenten. Von einem solchen kann aber beute nicht mebr die Rede sein, Balmaeeda bat sich zum Diktator aufgeschwungen und klammert sich an diese Wurde mit größter Hartnäckigkeit fest, nur durch Grausamkeit und durch die schnödeste Willkür kann er sich auf dem Platze, den er rinnimmt, behaupten. Tie Tage der Herrschaft deS DictatorS sind aber gezählt, sein Nachfolger ist bereits in der Person Claudio Vicuna'S erwäblt, am 18. September läuft die AmtSpcriode ab, sür welche Balmaeeda gewählt ist. Nun hatte er zwar prahlerisch verkündet, daß er seinen Posten erst mit Be endigung des Bürgerkrieges verlassen werde, aber die Verfassung deS Lande« erweist sich doch starker als der Wille eine- Despoten, und außerdem verlautet, daß die Congreßparlei Friedensvorschläge gemacht hat. Beide Nach richten beweisen, daß Chile deS Kampfe« müde ist und sich nach Frieden sehnt, und c« ist auch in der Thal nicht abzusehcn, welcher Vortdcil au« der Fortsetzung de« Kampfe» für da» Land erwachsen könnte. WaS kümmert eS die Bewohner von Pisagua, Iquique und Coquimbo, ob sie von der Congreß Partei oder vom Diktator beherrscht werben? Ihre Inter essen weisen sie auf die Wiederherstellung deS Frieden- hin Ob die Kriegsschiffe der Congreßpartei Erfolge gegen die Schisse Balmaeeda - haben, oder umgekehrt, kann die Lage der Bevölkerung nur verschlechtern und Friede ist nur möglich, wenn beide Tbcile nachgeben. Der Versuch der Bereinigten Staaten, Frieden zu stiften, ist leider erfolglos geblieben, mehr Erfolg verspricht e«, wenn die Congreßpartei FriedcnSvorschlägc macht, und gerade der Lugeublia scheuet dazu geeignet, welcher de« Wahl de« ' c ccbfolgerS Balmaccda'S gebracht hat. Am 20. Juli waren e Vorbereitungen zur Belagerung CoquimboS getroffen, eine ! 'tcnabtbcilung batte sich von HuaSco dorthin begeben und > rer Bai von Coquimbo die Anker geworfen, in der Stadt urschte die größte Aufregung, und die Regierungspartei machte e Anstrengungen, um die Perlbeivigung so wirksam wie zlich zu gestalten. Bald darauf verbreitete Balmaeeda wceocr SregeS-Nachrichlen. Ein Cavallericlampf bei HuaSco sollte der Congreßpartei eine Schlappe bcigebracbt haben, bei Ballenar sollten 400 Insurgenten in die Flucht geschlagen ein, überhaupt beruft sich Balmaeeda auf seine Landarmer von 37 000 Mann, weicher die Congreßpartei nur 6000 Mann gegenüber zu Hellen habe. Dagegen weiß man, daß das Kriegsschiff „Präsidente Errazuriz" sich in Falmoutb und Lissabon vergeblich bemüht hat, seine unzureichende Mann- chaft zu vervollständigen, daß ferner daS RegierungSkricgS- chiff „Präsir.ule Pinko" bei der Abfabrt von Toulon nach Genua auf eine Untiefe geratben ist und dort scstliegt. Der „Almirante Condell" Balmaccda'S bat ein amerikanisches Boot, welche« ans der Fahrt nach Arica begriffen war, angcschvssen, und endlich Kat dem „New ?)ork Hcratd" zufolge daS Schiff der Congrcßvartci „Esmcralra" zur Ausgleichung aus die ranzösische Corvelte „Volta" geschossen, aber weiter keinen Schaden angerichtct. DaS ist die Lage, welche das deutsche Kreuzergeschwader bei seinem Eintreffen vor Valparaiso vorgcsundcu hat. Am Mittwoch bat sich das Geschwader von dort nach Iquiquc begeben, ein Zeichen, daß die Verhältnisse in Valparaiso keine Befürchtungen wegen der dort wohnenden Deutschen erwecken. Um so hilfsbedürftiger werden vcrmuthlich die in Iquique wohnenden Deutschen sein, da sic eine Bc- chießnng der Statt durchgemacht haben. Wir werden nun vermulklich bald in die Möglichkeit versetzt werden, wahrheitsgetreue Berichte über die Zustände in Cbile zu ver öffentliche», waS biSker nicht geschehen konnte, weil die chile nische Regierung Vorsorge getroffen hatte, ui» die Wahrheit nicht bekannt werden zn lasse». Schon Ende Mai wurden in Santiago Briefe und Drucksachen geöffnet und nichts dnrch- gelasscn, WaS die Lage Balmaccda'S als gefährdet erscheinen ließ. Die Zustände in der Hanpistadt dcS Lande» waren der Art, daß viele Männer sich unter den größten Gefahren zur Congreßpartei begaben, um nur nicht ferner der Willkür des DictatorS preisgegcben zu sein, welcher alle waffen fähigen Männer zur Armee pressen ließ. Gefangene Ossi- cicre der Gegenpartei wurden einfach erschossen, wie man eS mit Rebellen zu thun pflegt. Nun ist aber doch die Lage der Congreßpartei von deijenigen, in welcher sich Rebellen zu befinden pflegen, sebr verschieden, der Streit dreht sich darum, ob die Auffassung, welche Balmaeeda von einem Artikel der Verfassung hat, die richtige ist oder die der Congreßpartei. Dieser a» sich lächerliche aber in seinen Folgen sehr beklagen-werthe Streit nähert sich jetzt seinem Ende, denn Balmaeeda sicht den Ablauf seiner Amtöthätigkcit vor Augen, eS bleiben ihm nur noch sieben Wochen für die Ausübung seiner Machtvollkommen heit übrig. Es ist für den >Lland der Civilisativn in Südamerika höchst beschämend, daß volkreiche Staaten mit blühendem Handel und auSzebildeten VerkebrSvcrbältnissen durch die Unsertigkcit ihrer staatlichen Zustände Zufällen unterworfen sind, welche ihren Wohlstand in Frage stellen und sie zum Sviclball persönlicher Intcrffsen machen. Wer ist Balmaeeda? Ein Mann, welchen die Chilenen zu ihrem StaalSobcrhanpl erwäblt haben, aber wie unwürdig dieser ehrenvollen Aufgabe hat er sich gezeigt! * * Leipzig, 30. Juli. * Die jüngst durch die Presse gegangene Enthüllung, daß der Beginn der BiSinarck-Krise bis in die Zeit dcS Aufenthaltes dcS Kaisers von Rußland in Berlin im Herbst 1889 ziirückdatire, ist von den „Hamb. Nachr." nicht nur nicht bestritten, sondern inzwischen sogar bestätigt worden. Zn demselben Capitel wird der „Post" von einem zu verlässigen Gewährsmann Folgende« mitgetbeilt: Fürst Bismarck war mit einer zweiten Reise de- Kaisers »ach Rußland nicht einverstanden. Als der Kaiser die Gründe deS Kanzlers dagegen höre» wollte, bczcichnete dieser als Gegengründe die persönlichen Gesinnungen dcS Kaisers Alexander gegen unsere» kaiserlichen Herrn, die nicht der Art seien, um cm solches Entgegenkommen von Seiten Kaiser Wilhelm'« zweckdienlich erscheinen zn lassen. Seine Majestät verlangte zu wissen, woraus Fürst Bismarck daS schließe: „Ich weiß das aus Briefen", war die Antwort deS Kanzler-, „die ich neben meinen ofsiciellen Berichten aus Petersburg vertraulicher Weise zu erhalten pflege." Da der Kaiser diese Briese zu sehen verlangte, suchte der Kanzler diesem Ver langen zu begegnen mit der Begründung, daß die Briese ver traulich seien, wich aber dem Befehle, sie Sr. Majestät vor- znlcgen. Der Kaiser laS sie und ging später dann doch nach Rußland. * Zu einer verschärften diesseitigen Controle der russischen Auswanderer hat der Umstand Anlaß ge geben, daß russische Auswanderer, denen e- bekannt geworden war, daß die Ueberwachung auf den größeren Bahnhöfen dcS preußischen Grenzgebietes außerordentlich scharf ist, dicHaupt- bahnböfe umgangen und die Reise auf einer der nächsten kleineren Stationen fortgesetzt haben. Infolge dessen werden jetzt auch die kleineren Grenzstationen durch GenSdarmeu sorgfältig überwacht. * Einen recht seltsamen Vorschlag macht der „Gonicc WilkopolSki". Er fordert nämlich, daß die parlamen tarische Vertretung sür die polnisch sprechenden Ober- schlcsicr einer besonderen Fraction übertragen würde Die Mitglieder dieser neuen Fraction hätten nach Ansicht dc- „Goniec" in allen allgemeinen Angelegenheiten mit dem Cen- trum und in allen sprachlichen Angelegenbeiten mit den Polen zn stimmen, da in staatsrechtlicher Beziehung solche ev. ober- schlesische Abgeordnete nicht der polnischen Fractiou aogrhören könnten. * In der Stadt Hannover und in der Provinz sind rablreiche Haussuchungen vorgenommen worden, um festzu stellen, ob die verschiedenen welfischen Vereine mit ein ander in Verbindung sieben. Ob diese Ermittelungen ein positive« Ergebniß gehabt baden, ist noch nicht bekannt ge worden: immerbin ist in diesem Augenblick eine Schilderung der welfischen Agitation, die sich in der „Magdeburger Zei tung" findet, nicht ohne Interesse: „Vor etwa zwei Jahren gründete «an in der Stadt Hannover euren Club »Jung > .inover", der ganz im Stillen bei Billard, Kartenspiel und Tanz die Wclfeiiideen weiterzutragen versuchte. Der Erfolg war überraschend, und »nnmebr soll daö ganze Land mit solchen Vereinen überzogen werten. In den jüngsten Tagen fanden die Führer eine weitere Form der stillen Agi tation, sie gründeten einen deutsch hannoverschen, da« heißt welfischen Turuclub. Hannover hat eine Anzahl gut organi sirtcr und vortrefflich geleiteter Turnvereine, von denen aber bekannt ist, daß sie alle de» nationalen Gedanken pflegen. Den Welsensübrcrn ist eS darum zu thuu, die Jugend der Stadt Hannover diesen Vereinen zu entziehen. Mit der Er richtung gleicher Turnvereine in anderen Städten soll vor gegangen werten, wenn der Versuch in Hannover gelingt. Auch der Gesang soll in den Dienst de« WeljenlbumS treten und bald werke» wir überall die Bildung von welsischcn Ge sangvereinen sehen. In den Schulen wird die Agitation da durch getrieben, daß sogenanulc Wclsenbilker im Stillen von Hand zu Hand gegeben werken. Daß Versammlungen bei Hochzeiten, Kindlaiifcn und sonstigen Familienfesten zu weist - scheu Agitationszwecken, wenn irgend angebracht, benutzt wer den, weiß jede« Kind, ja auch Kindcrgvttcsticuste, Mätchen- andachten sollen diesem Zwecke nicbk ganz fremd sein. Eommcrsestc werden in jedem Iabrc sehr viel in der Provinz auf den adeligen Gütern veranstaltet und die Agitatoren treten bei dieien Gelegenheiten in besondere Aetion." * Die zeitweilige Schließung der Spandaucr Gewcbrfabrik ist, woraus eine Zuschrift au die „Schlcs. Ztg." binwcist, schon wiederholt cingetreten und ist jedesmal unabwendbar, sobald ein in Arbeit genommenes neues Ge- webrmodell für die ganze Armee bcrgestellt ist. Treten nun solche Entlassungen wie setzt wieder ei», so bemächtigt sich der betroffenen Arbeiter große Erbitterung, und der Militair- verwaltung werden bestige Vorwürsc gemacht. Dieselben sind aber vollkommen ungerechtfertigt. Cs ist wohl zu beachten, daß die Militairverwaltung mit Rücksicht ans die nicht dauernde Besänftigung de» Arbeitern in den Iakren des starken Betriebes einen ungewöhnlich hoben Verdienst zu- konimcn lasst. Ter Correspondent der „Schlcs. Ztg." weiß, daß in vierzehn Tage» Löhne bis 180 verdient werken sind. Der Durchschnittölobn in vierzehn Tagen bclics sich ständig auf 90 bi« 120 ^ Auch der untüchtigste Gcwcbr- arbeitcr konnte seinen IabrcSvcrdicnst auf2lOO^tk berechnen; die Mehrzahl hatte ein größeres Einkommen, viele bis 3000 Dieser große Verdienst, welcher in die Hände ocn Personen gelangte, die vielfach erst vom platten Lande in die Stadt gekommen waren, veranlaßte die Arbeiter zu höchst ver schwenderischem Leben. In Droschken hcrumfahren, 30 dis 50 in einer Nacht in den Kneipen vergeuden, war bei ibncn an der Tagesordnung. Nur ein geringer Bruchthcil bat die gute Zeit wahrgcnommcn und »st jetzt im Stande, sich mit de» Ersparnissen eine andere Existenz zu gründen. Tie Mehrzahl ist so arm wie vordem, aber aus dem Grunde »och schlimmer daran, weil die Leute sich inzwischen an Be dürfnisse gewöhnt haben, welche sic jetzt nicht befriedigen löniicn. * lieber die Gruppirung der VermögenSclassen in Preußen gicbt der soeben erschienene Bericht über die jüngste LandtagSsession folgende Ucbcrsicht: Sehr großes Einkommen (96 000 ^ jährlich und darüber) besitzen nach den Vcr- anIagungSergebnisscn für das letzte Jahr 820 'sKrsonen; die selben zahlen an StaatScinkomnicnsleuer inSgesainint rund 5 Mill. Mark. Großes Einkommen (19 200 bi« 06 000 ^ jährlich) besitzen 10 306 Personen, welche rund 10 Mill. Mark StaatScinkouinicnsteucr zahle». Reichliches Einkonimen (96»0 bis 19 200 besitzen 22 144 Personen, die rund 8 Mill. Mark steuern. Mittleres Einkommen (3000 dis 9600 ^k) versteuern 201021 Personen mit rund 25,3 Mill. Mark. In der Elaste dcS kleinen fteuersäbigc» Einkommens endlich (900 bis 3000 ^) befinden sich 1 613 547 Personen, deren wirklicher Beitrag zur StaatSclasscnsteuer auf rund 26,8 Mill. Mark sich beziffert. Die durchschnittliche Leistung der ein zelnen Classcn an StaatSeinkommenstcuer beträgt auf den Kopf de« Censiten 16.6 ./l in der untersten Elaste, 124 beim mittleren und 36l beim reichlichen Einkommen, sodann 649 sür daS Einkonimen von 19 200 bis 28 800 l092 .6 sür 28 800 bis 96 000 4558 für 9«! 000 bis 480 000 und 27 818 für daS Einkommen darüber hinaus. ES wird von hoben« Interesse sein, aus den Ver- anlagungSergebnissen für 1892/93, die sich auf die Declaration stütze», zu entnehmen, wieweit die unterste» Classcn infolge der niedrigeren Tarifsätze erleichtert, wieweit die oberen Stufen durch die Declaration und die anderwcite, engere Stuscn- begrcnzung schärfer erfaßt sein werden, und welche« der Gesammtertrag an Steuer aus den verschiedenen VermögcnS- classen sein wird. * Der im Auftrag der nationalliberalen Partei erstattete Bericht über „Die Thätigkeit deS preußischen Ab geordnetenhauses in der Session l890/9l" ist soeben er schienen. Die Schrift ist umfangreicher, als irgend eine der vorauSgegangenen, wie eben auch die Ergebnisse der jüngsten LandtagSsession an Bedeutung und Umfang weit über DaS hinauöragcn, was seit 20 Iabren im Abschnitt einer Tagung von der preußischen Volksvertretung geleistet worden. Tie Schrift enthält vor Allem einen ausführlichen Bericht über die Steuer- und die VerwaltungSreform (Landgemeinde, Wege ordnung ic.), wobei sowohl der Inhalt der betreffenden Ge setze möglichst übersichtlich dargestellt, Wesen und Tragweite der wichtigeren Bestimmungen klar hervorgchoben und der in der Volksvertretung darüber auSgelrageue Meinungsstreit überall in objectiver Weise verfolgt ist. Auch ein reiches statistisches Material zum Vcrständuiß der jdem Landtag ge stellten gesetzgeberischen Ausgaben ist hier zusanimengctragen. Aus dem vielseitigen Inhalt der Schrift sei besonders noch erwähnt die Abhandlung über die Sperrgeldervorlage, da« Wildschadengesctz, die Rentenbanken und andere agrarpolitische Angelegenheiten. Im Abschnitt „Initiativanträge und Inter pruationen" finden sich auch die Verhandlungen über den Fideicommiß-Stcmpel, über die Kornzölle ic., im Abschnitt „AuS der Etatberathung" die Erklärungen über die Ver waltung de- Wclsenfond« u. A. m. in ausführlichem Auszug wiedcrgegeben. Diese Veröffentlichung, wie der jüngst er schiene»« Bericht über die ReichSIagSthätigkcit seit den Neu Wahlen, sind vom Centralbureau der nationalliberalen Partei iu Berlin (V. Köthenerstraße 48) zum Preise von je l zu beziehen. » * * * Ein ungarische« oppositionelle« Blatt meldet, der Lande-verlheidigungS-Minister Fejervarh beabsichtige zurück- zutrUru, weil er «it der Art d«r Lösung der U-ron-Ln- ' Nbonnementspreis vierteljäbrlich 4st, Mk. in Alt-Leipzig, iacl. Brtnqerlobn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nrn. 20 Pst Belegexemplar 10 Pst Gebühren cür Extrabeilagen sin Taaeblatt-Format gesatztl «vne Postbesörderung 60 Md» mit Postbesorderuag 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichutß. Tabellarischer u.Zissernsatz nach höher« Tarü. Krclamrn unter dem RedactionSstrich die saespalt Zeile 50 Pf., vor den Familiennachrtcht« u die 6 gespalten« Zeile 40 M. Innerste sind stets an die Expedition za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueuumt-rnuäc» od«r durch Post- »achnahm«. 85. Jahrgang. gelegenbcit, worin er eine Beleidigung dcS OsfieiercorpS der ganzen gemeinsamen Armee erblicke, unzufrieden sei. Der Minister werde diesen Standpunct in der Sitzung deS Im- »iu»ilätS-AuSsckttisieS entschieden vertreten. Andere Blätter leugnen seinen Rücktritt ab. * Berichte aus Kronstadt und St. Petersburg betonen zwei Hauplpuncte: ersten« den Besuch des Kaiser- Alexander aus der französischen Flotte, WaS in Kronstadt an demselben Tage noch snr unmöglich galt; zweiten», daß der Zar bei dem Frühstück auf der Aacht „Dcrshawa" die Ausspielung der Marseillaise gestattete und sie mit sämmt- lichen Tischgenossen siebend anbörle. — Der St. Peters burger Berichterstatter der „Kölnische» Zeitung" äußert sich ziemlich skeptisch; wir beben nur eine Stelle aus seinem Briese bcrvor: Daß bei der Unsumme noch unerledigter Essen noch Tactlosigkeitcn vorkomnicn werden, ist fast sicher, über solche Cbampagnerlärmercicn könnte die deutsche Presse achsel- zuckcnd sorlgeben. Heiler ist, daß der bisherige Hauptskandal sich gerade in der hiesigen französischen Eolonie wegen de in Arkadia stattsindeiidc» FranzosciifesleS abspielte, weil der Hanptarrangenr Raoul Günzburg, der Leiter des Arkadia- tbcatcrö, nicht Franzose, sondern ein rumänischer Jude ist. Günzburg blieb jedoch Sieger, infolge dessen traten vcrschie- dencVollblutfranzosc» aus dem Festausschuß au«. Weiter schreibt das Blatt aus Petersburg: Wenn die hiesigen Behaup tungen sich bestätigen, daß der Kaiscrbesuch bei dem franzö sischen Geschwader nicht vorher im Programm enthalten gewesen sei, so dürften die französischen Bülldnißlioffnungeu steigen. In Bezug hierauf erklären hiesige, besteingcweibte Personen diese Hoffnungen für unbegrimdet. In leitenden russischen Kreisen wird sogar geäußert, Frankreich würde an scheinend versuchen, auö dem Besuche sactiscdcS politisches Capital berauSzuschlagcn. Dem Zaren seien jedoch von jeher die französischen Wichtigthncreicn zuwider gewesen. Wenn er auch gegenwärtig seinen Widerwillen ühcrwunden habe, so werde er doch niemals einem Bündnis! mit Frankreich bei- stimmen. Das Verbot von Fahrten der Petersburger Privat- dampscr zum Geschwader für die Tauer deS kaiserlichen Besuches sei aus dircctcn kaiserlichen Wunsch ersolat, um Ausbrüchen übertriebener Begeisterung vorzubeugen. Einzelne ossiciöse russische Blätter beginnen bereits das Zuviel der russiscben Begeisterung zu geißeln. Tic allgemeine Ernüchterung der Russen werde bald Nachfolgen. * Der Pariser Berichterstatter der „Politischen Corre- spondenz", der gewöhnlich die Meinung der französischen Re gierung wicdergiebl, betont, daß eü völlig irrig wäre, an der herzlichen Begrüßung deS französischen Gcschwadcjrs in Kronstadt aus den Bestand eines förmlichen Bünd nisses zwischen den beiden Staaten zu schließen. Es beißt dann in der Zuschrift weiter: Die leitenden Kreise der Republik wie des Zarenreichs sind seit Jahren von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die Ansrechtcrdaltung des europäischen Gleichgewichtes die Herstellung eine« Gegen gewichtes zu dem Bunde der Centralmächte crbcischc. Dieser Gedanke ist der springende Punct der französisä'- russischen Politik. Ta die Interessen Frankreichs und Rußlands auf keinem Puncte der Erde in einem ernstlichen Gegensätze zu einander sieben, kann die Erzielung eines Ein- vcrftäiitnisseS zwischen diesen beiden Machten über die Rich tung ihrer allgemeinen Politik, über die Erfordernisse der Frictenscrbaltuiig und um so mebr über Fragen zweiten Ranges keine besonderen Schwierigkeiten bieten. Wenn sich auch hier und da kleine Meinungsverschiedenheiten ergeben, tiefere Verstimmung werden dieselben zwischeu Paris und St. Petersburg gewiß nicht Hervorrufen, da man sich in Frankreich wie in Rußland angesickftS der europäischen Etaatcngruppirung der überlegenen Wichtigkeit de« Einver ständnisse- dieser beiden Mächte im Vergleiche zu Interessen untergeordneter Natur stets bewußt bleibt. * Die Pariser Blätter beschäftige» sich mit dem Inbalte dcS DoeumcnteS, welche« der ..Iiilransigealit" veröffentlicht. Nach demselben würde sich Minister Constauö bei der nächsten Präsidentenwahl als Candidat ausstellen lassen. Der „Iiltransigeant" selbst empsicblt die Wahl von ConstanS dem Parlamente. Carnot werde, um den republikanischen Theorien treu zu bleiben, keine Erneuerung seines Mandate« ver langen * Die Gründe, welche Cardinal Lavigerie nach Pari« geführt haben, scheinen rein materielle Sorgen um die Zu kunft seiner Schöpft»,gen in Afrika zn sein. Io einer Unter redung mit einem Mitarbeiter des „Figaro" sprach er sich in dieser Hinsicht ganz offen aus. Er erklärte, daß er sich nur auf Befehl de« Papste« dazu entschlossen habe, zur Republik überzutreten, obgleich er gewußt habe, daß seine afrikanischen Interessen darunter arg leiden würden. „Die Folgen", so sagte er, „waren für mich ein schweres Mißgeschick. Ich spreche nicht von den Schmäbbriefen, die ick erhielt: da« werde ich Ihnen später erzählen. Aber da« Schlimmste ist, daß eine Masse Geldbeutel sich schlossen; so kostete mied mein Trinkspruch >n Algier in sechs Monaten 800 000 Francs. Deshalb bin ich gezwungen, mir neue Freunde zu erwerben, um mein Werk zu unterstützen." In eiuer nrnerlichcn Zn schrift an den „Figaro" kommt der Cardinal noch einmal aus den beiklen Punct zurück. Er betont, daß da« Ausbleiben jeder Unterstützung namentlich sür seine neueste Schöpfung, die „Afrikanischen Brüder", verbängnißvoll werden könne; er wolle deshalb persönlich den Beistand aller CSesinnungSqenosscn anrusen und rechne dabei aus die Beihilfe deS „Figaro". Gerüchtweise verlautet, Lavigerie Hab« sich auch uni die Unterstützung der Negierung bemüht und als Gegenleistung versprochen, daß er beim nächsten Conclavc sür die Wabl eine- französisch gesinnten Papstes sorgen werde. Dir Be kenntnisse des CardiualS werfe» auf die katholische Bewegung in Frankreich sebr merkwürdige Streiflichter und lassen das Triumpbgescurei der Republikaner über den sogenannten Sieg der republikanischen Idee in den Kreisen der Katholiken als etwa« verfrüht erscheinen. Die Kirche braucht Geld, und zwar um so mehr, je knapper sie in dieser Beziehung von der französischen Republik gehalten wird. Kein Geld, kein Schweizer, da Helsen keine Phrasen; Geld ist aber nicht auf zutreiben, da unglücklicherweise gerade die Bntirepublikaner im Besitze deS großen Portemonnaie- zu sein scheinen. * Die Rivalität zwischen den englischen und französischen Niederlassungen am Niger äußert sich wieder einmal iu heftigen Recriminationcn, welche an läßlich der Expedition d« Lieutenants Mizo» von beide» Seiten erhoben werden. Die englische Niger-Compagrne versichert zwar, daß sie ans dm zahlreich«» Expeditionen, d«
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