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Balfour gegen Frledensverhandlungen. Erhöhte englische Fsrdersnge»: östschSdigvug sör Belgien, Annexion her tzentschen Aslsnien n«h kisab-Lothringen». Vle nmtllche Aölehnnng Amerltar. — Scheitern neuer feindlicher Angriffe zwischen Aisne nnd Ailette. Sine diplomatische Schlappe. Schneller als zu erwarten war. ist dt« englische Antwort «rf den Gchrttt de» Grafen Burian erfolgt. Der Nutzen- mtntster Balfour hat in einer FrühstückSrede den eng lischen Standpunkt Vlargelegt. und wenn er auch betont, bah er nicht In amtlichem Auftrag« spreche und nur seine persönliche Ansicht zum Ausdruck bringe, so ist es doch sekk-stverstänblich. datz er von Lloyd George und dem KrtegS- kabinett nicht dementiert werden wirb. ES ist nicht aus geschlossen. datz man in London die schließlich« offizielle Antwort etwas vorsichtiger formulieren wird, daß man die Karten nicht ganz so offen auf den Tisch legt, wie eS Bal- four getan hat, anderseits gewisse Tendenzen der Bcrlfour- schen Rede stäiPer unterstreicht, an dem tatsächlichen Mißerfolg der Wiener Note ist schon heute nicht mehr zu zweifeln. ES ist also alles so gekommen, wie eS angesichts der Verkennung der politischen Lage, angesichts der völligen falschen Einschätzung des Kriegswillens unserer Feinde, die sich in der Note des Grafen Burian äußert, hat kommen müssen. Man brauchte kein Prophet zu sein, um dieses Ergebnis vorhcrzusagen. Die Rede BalfourS bedeutet nicht mehr und nicht weniger als den völligen Au- sam menbruch der Paner-Burianschen Bcr- ständigungspolttik, ja, wir müssen noch zufrieden sein, wenn nicht noch ernstere Folgen zutage treten. Der englische SNtßrnminister hat sich vorwiegend mit der Stuttgarter Rede de- deutschen Vizekanzlers beschäftigt. Diese Rebe war, wie Herr-». Payer zugab. darauf be- rechnet, eine Brücke zu schlagen zu den feindlichen Völkern, von denen er «lauvt, daß auch sie friedensbedürftig sind. Freilich hat Herr v. Payer in seiner Rede zugegeben, von der Psychologie der Engländer wenig zu verstehen. Hätte er aus dieser Selbsterkenntnis' die logische Folge rung gezogen, dann hätte er seine Rede nicht gehalten. Damit wäre allermindestens dem britischen Außenminister die Möglichkeit entzogen gewesen, Belgien heute schon als selbstverständlichen britischen Kriegsgewinn zu betrachten und ohne weiteres dazu übcrzugchen, Entschüdigungs- ansprüche zu stellen. Di« Payersche Rebe hat im Zusammen- Hang mit der Burian-Note Herrn Balfour auch in die Lage »»ersetzt, es als selbstverständlich htnzustellen, daß die deutsche Regierung Friedensangebote zu machen habe. Der Eng länder fühlt sich heute schon so sehr als Weltenschtcdsrichter, daß er tadelnd bemerkt, während des ganzen Krieges habe die deutsche Regierung noch keine Vorschläge gemacht. Das ist natürlich nicht wahr, ist aber darauf berechnet, Oester reich-Ungarn gegen Deutschland auSzuspielen, in den Augen der Völker der Donaumonarchie Deutschland als daS Frie denshindernis hinzustellen. Auch dieser Schachzug war vorherzuseben. Wir bedauern, baß Gras Burian, der noch vor kurzem das Bündnis in so eindringlichen Worten ge feiert hat, damit nicht gerechnet hat. ES wäre nicht er- staunlich, wenn in England die Meinung entstünde, datz er damit nicht habe rechnen wollen und Lloyd George nun alle Kraft und Geschicklichkeit daran setzte, mit Hilfe Oesterreich-Ungarns Deutschland einem englischen Frieden geneigt zu machen. Denn das freilich geht aus der Ablehnung BalfourS mit aller Deutlichkeit hervor: wie die Dinge liegen, fühlt sich England noch nicht stark genug, Deutschland gegenüber seine Bedingungen durchbrücten zu können. Brauchen wir auf diese Bedingungen näher einzugehen? Sie sind schon sehr oft formuliert worben. Herr Balfour ist nur jetzt deutlicher geworden alS vorher, er hat lim Hin blick auf die Panrrschen Verzichtscrklärungenj sic auch hier und dort höher geschraubt. Wir sollen Belgien entschädigen! Das wird man in England aber nicht erleben. Dazu liegt denn doch Belgiens Schuld am Kriege und Deutschlands Recht zu klar am Tage. Nein, bcr englischen Forderung nach Entschädigung Belgiens setzen wir die deutsche For derung entgegen, daß unser Handel und unsere Industrie entschädigt werden. Jeglichem Völkerrecht zuwider hat England diesen Krieg zu einem Naubzug gegen deutsches Privateigentum in der ganzen Welt benutzt, hat überall, wo eS ihrer habhaft werden konnte, deutsche Werte zerstört. Dieses Unrecht muß gesühnt werden, wenn wieder wahrer Friede werben soll in der Welt, wenn die .Herr- schüft des Rechtes", von der drüben so viel geredet wird, ve'ivirkltcht werben soll. Balfour unterstreicht ferner noch einmal die Absicht, die deutschen Kolonien nicht wieder herauszugeben. Hier tritt der englische Eroberungswillc ebenso nackt zutage, wie in seinen Aeußerungen über Elsaß-Lothringen. Auch sie gehen über das bisherige eng- lisch« Programm hinaus, insofern Herr Balfour sich in einer Weise ausbrückt, die den französischen Ehauvinisten, die da» ganze linke Nhetnuser verlangen, als Zustimmung erscheinen muß. Selbstverständlich muß auch der Brest«» Friede umgestotzen werden. ES erübrigt sich, ein weiteres Wort über die englischen Bedingungen zu verliere». Vergleicht man mit ihnen die Wiener Note, in der so viel von „gegenseitiger Annähe- rung" die Rebe war, so hat man wahrlich den Eindruck, daß eS mitunter schwer ist, eine Satire nicht zu schreibet«. -er deutsche «bendbericht. Berlin, 17. September, abends. (Amtlich. W. T. B.j Zwischen Ailette und AiSnc scheiterten er neute Angriffe deS Feindes. Bon den anderen Fronten nichts Neues. Sestmeichisch-inMrischer strkMhericht. Wien. 17. Sept. Amtlich wird verlantbart: Italienischer Ztrieasschanpla^ Zwischen der Brenta nnd dem Monte Solarolo setzten die Italiener gestern früh nach starker, bis zum Trommelfeuer gesteigerter Artillerievorbereitung zum A n» griff an. Ihre Sturmkolonnen wurden im Brenta-Tal und vor dem Eocaprilo durch unser Feuer znriickgetriebcn. Auf dem Asolone vermochte« sie nn)er der Wirkung unse rer Batterien ihre Grüben überhaupt nicht zu verlassen. Auf dem Monte Pertica, dem Solarolo und ans dem Taflona-Nitcken kan, eS zu erbitterten Kämpfen, iu denen der Feind gleichfalls restlos weichen mußte. In anderen Abschnitten vielfach lebhafte Fliegertätigkeit. WelMcheG Kriegsschauplatz. Bel den österreichisch-ungarischen Truppe» keine größe ren Kampfhandlungen. Albanien. Bei Pojani scheiterten erneute italienische Vorstöße. 1W.T. B.j Der Chef des General st ah». Wir haben erlebt, mtt welchem Hohn das Friedensangebot vom 12. Dezember 1016 abgewiescn wurde, wir haben auch sehen müssen, in welcher Weise die Reichstagsentschließ- ung vom 1!). Juli 1S17 und die Antwort auf die Papstnote vom Verbände ausgcbeutet wurden: immer neue Kriegs- Verlängerung war die Folge in jedem Falle. Konnten wir cs uns leisten, die alte Erkenntnis von den verhängnis vollen Wirkungen solcher „Verständigungspolitik" uns aufs neue bestätigen zu lassen? Noch nach jedem Frie densangebot tst die Kluft breiter und tiefer geworden. Wäxc cs nun nicht an der Zeit, endlich Einkehr zu halten, zu sehen, was ist, nicht Hirngespinsten »achzujagcn, sondern mutig und standhaft den Tatsachen ins Auge zu sehen? Auf dem bisherigen Wege kommen wir nicht zu Ende. Das ist die einfache und klare Lehre aus der Geschichte der Rede Payers und der Note Burians. Es geht nicht an, daß unseren Brüdern und Söhnen draußen, die doch die Ausgabe haben, den feindlichen Vcrnichiungöwillen zu brechen, ihr ungeheures Werk immer wieder erschwert wird. » Der Wortlaut der Rede. London, 10. Sept. Auf einem Frühstück, das das Königliche Kolonialinstitut den Vertretern der Presse des britische» Reiches gab, hielt Balfour eine Rede, in der er auf die österreichische FrtebcnSnote einging und.sagtc: Was ich sage, muß ausschließlich als persönliche Aeußerung eines Mitglieds der Regierung angesehen werden. Ich verleime nicht, daß eine Besprechung unter gewissen Umstünden ein k o st b a r e s M i t t c l sein könnte, um zu einer Uebcreinstimmung zu gelange». Aber besteht auch nur die geringste Aussicht, daß unter den gegen wärtigen Verhältnissen nutzbringende Besprechungen an gebahnt werden können? Wahrend der ganzen vier Jahre haben die Deutschen weder durch ihre Regierung noch durch irgendein verantwortliches Mitglied der Negierung Vor schläge gemacht, die man als ein Friedensangebot bezeich nen kann. Sind die deutsche und die österreichische Regie rung von der Uebcrzeugnng abgewichcn, daß Ehrerbietung vor den Rechten der Völker keineswegs mit ihren Rechten und legitimen Interessen unvereinbar ist? Das wäre die größte Annäherung dieser beide» Regierungen. Sie sind amtlich nicht verantwortlich. Stellen Sie sich vor. wie sic von Tag zu Tag das wechselnde Bild auf dem Schlachtseldc anschen werden. ES gibt »och einen wichtigeren Einwand gegen diese Besprechung in einigen kleine» 'Fragen idle mit dem Frieden im Zusammenhang stchens, Kann man seinen Troy und seine Eigenliebe bezwingen? ES gibt sehr viele Fragen. über die ich Besprechungen für unschätzbar haste. Aber nähern wir uns dem Stadium, wo diese Fragen ent schieden werden können. Ich fürchte: Nein! Bevor wir in dieses Stadium cintreten, sind noch größere Frage» zn entscheiden. Und über diese größeren Fragen ist kein Irr tum möglich. Die abweichenden Haltungen der Regie rungen sind nicht mißzuverstehen. Ihre Stellung ist mit völliger Deutlichkeit mttgetetlt worden. Was nützt es dann, in unverantwortliche Besprechungen elnzutrcten? Lasten Sie mich daS in der gegenwärtigen Lage erläutern. Bevor wtr daS österreichische Anerbieten Uber Besprechungen nicht- verantwortlicher Personen erfuhren, lasen wir die amtliche Erklärung des deutschen Vize, k a n z l e r S. Er hielt eine lange Rede, in der er sich vollkommen deutlich und durchaus unmißverständlich über verschiedene wichligc Fragen äußerte. Kannten die amtlichen Stellen in Wien und die Verfasser dieser Note die Rebe des Vizekanzlers, oder kannten sie sie nicht? Er ist Vizekanzler zum Teil deswegen, weil er ein Vertreter deS deutschen Liberalis mus ist und besonders weil man glaubt, daß er die Gunst der Neichstagsmchrheit besitzt. Deshalb spricht er nicht für die Extremisten, sondern für den liberalen Flügel der Regierung. Er tst vollkommen deutlich. Nehmen Sie zum Beispiel Belgien. Er gebraucht merkwürdige Worte. Aber ich nehme an, daß er sagen wollte, Deutschland fühle, daß es wirklich die Un abhängigkeit Belgiens wiedcrherstellen müßte. Deutsch, land sagt nicht ausdrücklich, daß es irgend etwas tun müsse, um die Wohlfahrt Belgiens wieder herzu st eilen, oder daß es dem Lande, das eS verwüstet, tyrannisiert und beraubt hat, Entschädigungen l!j geben werde. Aber es scheint, datz, wenn Belgien zustimmen will, gewisse Aen» derungen in seinen inneren Verhältnissen vvrzunehmen, es seine UnaNiängtgkeit zurückerhalten kann. Ich glaube, das ist die deutlichste Erklärung, die wir bis jetzt über diese Frage von irgendeinem deutschen Ncgierungsvertrcter ge- hört haben. Achten Sie daraus, daß sie ausdrücklich zurück- wetst, was wir für eine S e l b st ä n d l t ch k e i t halten, nämlich die Wiederherstellung und Entschä- digung von Belgien, das so unerhört behandelt worden ist. Deutschland hat jetzt der Bolschewik!- Ncgierung 300 Millionen Lstr. Entschädigungen für die Verluste abgerungen, die es seiner Ansicht nach von Ruß- land erlitten hat. Nun möchte ich gern wissen, was für ei» Unrecht Rußland Deutschland angetan hat, daß es mit dem deutschen Unrecht in Belgien verglichen werden könnte. Sollen wir es ernst nehmen, daß Deutschland die 300 Mil lionen von Rußland nimmt und keinen Schilling an Belgien gibt? Wenn daS die Meinung der Deutschen ist. so kann keine Besprechung etwas nützen. Etz ist ein deutlicher klarer Unterschied der Anschauun-cn, und eine Besprechung würde Schwierigkeiten in dieser nur stärker hervortreten lassen. Aber wir könnten sie nicht ent- fernen. Dann scheint Deutschland aus der Rückgabe seiner Kolonien zu bestehen. Ich werde diese Frage nicht diskutieren. Aber ich sage auch hier wieder nachdrücklich: Dies ist eine Frage, in der ein Mißverständnis nicht obwalten kann und wobei die Deutschen auf der einen Seite stehen und wir auf der anderen. Ich halte es für unmöglich, daß irgendwelche Be sprechungen eine so große Schwierigkeit Überdrücken könn ten. oder Deutschland die Macht über jene unglücklichen Bevölkerungen, die es mißbraucht Kat. zurückgebcn und Deutschland wieder die Kontrolle über jene Flottenstütz punkte geben könnten, die cs nicht nur zur Kontrolle der Verbindungslinien zwischen einem Teile des britischen Reiches machen würde, sondern auch zum Herrn der Linie des ganzen l?j Verkehrs. (Beifall.) Wie soll da durch Besprechungen eine Einigung erzielt werden. Ich weiß es nicht. Elsaß-Lothringen tst ein anderer Punkt. Deutschland erklärte ist der letzten Woche ausdrücklich durch seinen Vizekanzler, daß es nicht beabsichtige, die Grenzen des Deutschen Reiches zn ändern oder deutsches Gebiet anfzugeben. indem unter allen Um stünden auch Elsaß-Lothringen einbegriffen wird. Wie kann eine Besprechung in diesem Falle Erfolg haben? Ich ver mag cs nichi zu sagen. Dann nehmen Sie Deutschlands ungeheuren Anspruch im O st e n Eur o o a S. Ter liberale deutsche Vizekanzler hat erklärt, daß daS Schicksal Polens und das Schicksal derjenigen Völker, die der Ost- grcnze Rußlands benachbart sind, sowie der Friede vo n Bukarest, der Rumänien in die Lage eines Vasallen l!> bringt, in Kraft bleiben werden, und daß Deutschland allein reden werde, welcher Grad der Knechischast seinen östlichen Nachbary auserlegi werden soll. Das iß endgültig und deutlich, und ein Mißverständnis iß nicht möglich. Keine dialektische Gewandtheit wird Schwierigkeiten dieser Art mildern, und bis diejenigen die das Schicksal Denisch- lands lenken, ob cs daS Hauptguartier. der Kaiser, der Kanzler, der Vizekanzler oder der Reichstag ist. bereit sind, aufrichtig zu sein, oder wenigstens bereit zu einer Lösung sind, die in Uebcreinßi'.nmung mit dem Ist, was unsere Alliierten für die Sache der Gerechtigkeit, der Zivilisation, des Rechts »nd des Friedens Hallen, sind bloße Besprechungen nutzlos. Die Völker der Entcntcländcr wünschen ernstlich, sa sogar leidenschaftlich den Frieden, aber sic sind nicht so töricht, wie einige ihrer Kritiker bei den M!tlei»iäci>txn anzuneh- men scheinen. Sic wissen sehr wohl, daß, wenn Deutsch land bereit ist, die vorhandenen Probleme in einem Geiste anzusehen, der sehr verschieden ist von dem. der ihre Staats männer beseelt, Besprechungen nutzlos sein müssen. Und deswegen bin ich zu dem Schlüße gezwungen, daß, wenn sie solche Vorschläge Vorbringen, wie diese, sie cs nicht tun, weil solche Vorschläge angenommen werden würden, und nicht, weil sie glauben, daß sic angenommen werden könn te», sondern weil sie glauben, diese Vorschläge könnten etwa dazu beitragen, den einen Alliierten von dem andreren zu trennen, oder irgendeine Meinungs verschiedenheit, die unter den Alliierten bestehen könnte, zu verschärfen, und auf diese Weise das gemeinsame Bemühen u m d c n S i e g, das biö setzt a» allen Fron ten — in Frankreich, Italien, Mesopotamien »nd Ruß land — sich zeigt, zu schwächen. Ich bin mit großem Widerstande, aber fast ohne Zweifel zu der Schlußfolgerung geneigt, daß dieser Vorschlag nicht der Versuch tst, zu einem Verständtgungssricden zu kom men, sondern ein Versuch, um Kräfte zn schwächen, die sich an der Front als zu stark für sie erweisen, indem man auf diejenigen ehrenhaften und doch irregeleiteten Gefühle zu wirken sucht, die nach ihrer Ansicht in ihrey Ländern de«