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und Tagedlalt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. H 56. II Erscheint jed«iWochentagNachmittagSSUHrfür den 8 andern Tag. Preis vierteljährlich 8 Marl 25 Psa., zwetmonatltch 1 M. 50 Ps. und einmonatllch 75 Pf. — . 4Z Jahrgang. z Dienstag, den 10. Mürz. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Bäckermeisters und Hausbesitzers tSarl Albin Leutsch IN Reichenbach ist zur Prüfung einer nachträglich angemeldeten Forderung Termin auf ve« 24. Mär» 1891, Bormittags 11 Uhr, vor dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst, Zimmer Nr. 35, anberauml. Freiberg, den 9. März 1891. Gerichtsschreiber de» königlichen Amtsgerichts, Abth. Hk. Wegen Reinigung der Lokalitäten des unterzeichneten Amtsgerichts können Freitag und Sonnabend, de« 13. und 14. «Lr» 1891, nur dringliche Angelegenheiten erledigt werden. Königliches Amtsgericht Brand, am 6. März 1891. »r St Bekanntmachung. Laut erstatteter Anzeige ist das unter Nr. 734 auf den Wirthschaftsgehilsen August Friedrich Fröbel in Obersaida, lautende Spareinlagen-Quittungsbuch der hiesigen Sparkasse abhanden gekommen, an welches gerechte Ansprüche vom derzeitigen Inhaber innerhalb dreimonatlicher Frist bei Unterzeichnetem geltend zu machen sind. Grobhartmannsdors, am 7. März 1891. Der Gemeinderath. L,. UvIKIx, Gem.-Vorst. Die Ergebnisse der preußischen Achulkonferen). Bekannilich sind nunmehr die Protokolle der „Verhandlungen über Fragen des höheren Unterrichts" in einem Großoktavband von 800 Seiten (Preis 10 Mark) bei Wilhelm Hertz in Berlin erschienen. Dieselben geben ein photographisch getreues Bild der ganzen Verhandlungen, und es würde nicht ohne Interesse sein, an der Hand dieser Veröffentlichung den Zusammenhang zu entwickeln, den die seiner Zeit erschienenen kurzen Berichte des „Reichsanzeigers" vermissen ließen, wenn nicht nachgerade das Publikum der Schulerörterungen überdrüssig geworden und allgemein von dem Gefühl beherrscht wäre, „der Worte sind genug gewechselt, nun laßt uns endlich Thaten seh'n". Dennoch dürfte es doch noch von allgemeinem Interesse sein, einige, seiner Zeit auffällige Beschlüsse der Konferenz in aller Kürze ausznllären. Ta ist zunächst der Beschluß, in Zukunft nur zwei Arien von höheren Schulen zu belassen: Das Gymnasium mit den alten Sprachen und die Realschule ohne die allen Sprachen (auch ohne Latein). Der Beschluß ist gefaßt worden mit 35 gegen 8 Stimmen, unter denen allerdings vier Zierden der Berliner Universität Virchow, Helmholtz, Tobler (zur Zeit Rektor) und Paulsen sich befanden. Der Hauptgrund der Mehrheit war, daß das Latein im Realgymnasium sich als eine unorganische Belastung, als ein völlig fremdartiges Ele ment darstelle; es führe, indem dadurch die reale und humani stische Bildung vereinigt werden sollten, zweifellos zur lieber- bürdung und habe das Realgymnasium zu einer Zwitteranstalt gemacht. Der Haupleinwand der Minderheit bestand in dem Hinweis, daß die Beseitigung des Realgymnasiums die Ueber- füllung der Gymnasien, die man doch beseitigen wolle, geradezu verstärken würde. Was sodann Inhalt und Art des Unterrichts an dem so von der Realschule scharf getrennten Gymnasium betrifft, so war man einig in dem Hauptziele, der Einführung in die griechischen und römischen Klassiker und damit in Leben und Geist des Volkes, welches Pfadfinder in fast allen Wissen schaften und Künsten gewesen, sowie des Volkes, welches das imposanteste Staats- und Rechtslebcn darstellt. Wenn trotzdem eine Verkürzung der Stunden, besonders des Lateinischen in Aussicht genommen worden ist, so hängt dies mit der von der Konferenz beschlossenen Verminderung der schriftlichen Hebungen (Wegfall des lateinischen Aufsatzes) zusammen. Nicht bekannt aus den Berichten des „Reichsanzeigers" ist es, daß die Kon ferenz geneigt war, den Beginn des Französischen von Quinta nach Quarta zu verschieben. Daß durch die beschlossenen Veränderungen den Lehrern neue und größere Aufgaben erwüchsen, wurde durchweg anerkannt. Es herrschte aber zugleich volle Ein- mächigkeit darüber, daß eine unerläßliche Vorbedingung aller weiteren Anforderungen an die Lehrerschaft eine erhebliche Verbesserung ihrer äußeren Stellung sei. Daß es damit in Preußen am schlechtesten steht, ergab sich aus der der Konferenz vorgelegten Statistik. Darnach verwandte nach dem Etat von 1890/91 Preußen auf den Kopf der Bevölkerung für die höheren Schulen 0,20 Mark. Dagegen verwandten schon im Jahre 1877 Oesterreich 0,31, Bayern 0,50, Sachsen 0,63, Hessen 0,66, Elsaß-Lothringen 0,70, Württemberg 0,92 Mark auf den Kops für die höheren Schulen. Wenig befriedigt sind die Mitglieder der Konferenz selbst über die Lösung der Examen- und der Berechtigungsfrage. Von der Letzteren kann man sagen, daß sie von der Konferenz gar nicht gelöst worden ist. Denn wenn das Examen, das am Schluß der Untersekunda gemacht werden soll, von den Lehrern an der betreffenden Anstalt av- genommen wird, so ist nicht recht abzusehen, wie es sich von dem bisher üblichen Oster-Examen unterscheidet. Bei aller Anerkennung gewisser Mängel war übrigens die Konferenz von der Tüchtigkeit des deutschen Schulwesens voll überzeugt. „Wenn ich," sagte ein genauer Kenner des ausländischen Schul wesens, „fremde Länder besuchte, habe ich in Frankreich, in Italien, in England und Skandinavien einzelnes Gute und Nachahmenswerthe gefunden, so bezüglich der körperlichen Er ziehung in England und Schweden, habe aber immer zugleich die Empfindung heimgetragen, daß trotz einiger Mängel, die ich wegwünschte und die wir so bald als möglich beseitigen sollten, unser höheres Schulwesen an der Spitze steht, daß wir im Ganzen immer einen schlechten Tausch mit Fremdländischem machen würden." Tagesschau. Freiberg, den 9. März. Heute wird cs drei Jahre, daß der Begründer des deutsche« Reiches, Kaiser Wilhelm der Siegreiche, sein segensreiches Leben beschlossen, nachdem er nahezu ein Jahr zuvor unter dem Jubel des gesammten deutschen Volkes seinen 90. Geburts tag begangen. «Äinem Volke und seinem Reiche galten seine letzten Sorgen, und noch im Angesichte des Todes belehrte er den Prinzen Wilhelm, unseren jetzigen Kaiser, über Das, was dem Staate und dem Heere noth thue. Als ihn dabei die Großherzogin von Baden einmal bat, er möge sich nicht durch vieles Sprechen ermüden, gab er mit fester Stimme die un vergeßliche Antwort: „Ich habe jetzt nicht mehr Zeit, müde zu sein." In diesen, in der Sterbestunde gesprochenen Worten drückte sich das ganze Wesen des Kaisers aus: seine Schlicht heit und das niemals schlummernde Pflichtgefühl. Er wird dem deutschen Volke hierin ein hehres Vorbild bleiben für alle Zeiten. Der Reichstag setzte am Sonnabend die zweite Berath- und des Marine-Etats fort in der gestern abgebrochenen De batte über die Forderung für die drei Panzerfahrzeuge, deren Streichung die Kommission beantragt hat. Der Abg. ».Man teuffel hatte beantragt, zwei dieser Panzerfahrzeuge zu be willigen. Er beantragt nunmehr seinen Antrag sowie die drei betreffenden Titel an die Budgetkommission zurückzuverwcisen. Abg. v. Keudell suchte die Nothwendigkeit des Baues solcher Panzerfahrzeuge unter Hinweis auf die historische Entwickelung unserer Flotte nachzuweisen. Seit 1880 sei der Bau von Panzerschiffen und -Fahrzeugen hinter dem Bau von Torpedo booten zurückgetreten. Diese Panzerfahrzeuge seien aber im In teresse der Küstenvertheidigung auch als Schlachtschiffe und Stütze der Landarmee unentbehrlich. Kein Mensch kann misten, ob in den nächsten fünf Jahren ein Krieg nicht ausbrechen werde, darum müsse man Alles thun, um die Flotte sobald wie möglich, wenigstens bis 1895 auf den gewünschten Stand zu bringen. Wir würdeu niemals eine Seemacht ersten Ranges sein, aber Seeleute ersten Ranges hätten wir immer gehabt und würden sie hoffentlich immer haben. Die Tüchtigkeit unserer Marine rechtfertige denn auch das Eintreten seiner Partei für weitere Forderungen. Redner empfahl die Annahme des Antrages Manteuffel. Abg. von Bennigsen stimmte mit den Ausführungen Windthorsts darin überein, daß in den Aus gaben für die Marine mit Rücksicht auf die großen Ausgaben für die Landarmee möglichst Sparsamkeit zu üben ist. Wir haben aber bereits in früheren Positionen 4^ Millionen für Schisisbauten gestrichen, durch den Antrag Manteuffel werden 1K.< Millionen erspart, weitere Ersparnisse seien in späteren Titeln vorgeschlagen, so daß im Ganzen 10 Millionen erspart werden können. Die hier verlangten Fahrzeuge hätten einen wesentlichen Bestandtheil des Planes von 1887/88 und 1889/90 gebildet und der Widerspruch gegen diese Positionen würde in der Kommission nicht ein so lebhafter gewesen sein, wenndicRcgierungdort etwas bestimmtereErklärungendarüberab- gegcbcn hätte, daß sie überden Flottengründungsplan von 1887—90 nicht hinausgehe» wolle. Nachdem der Reichskanzler klar und nett eine solche Erklärung abgegeben, liege keine Veranlassung vor, den Bau dieser Schiffe, deren Konstruktion in wenigen Jahren kauni verbesserungsfähig oder bedürftig sein würde, noch hinauszuschieben, selbst dann nicht, wenn der Nordostsee kanal bis 1895 nicht fertig sein würde. Vielleicht ließen sich bei den großen Panzerschiffen zwei Millionen zu Gunsten dieser beiden Panzerfahrzeuge ersparen. Allerdings würden diese zwei Millionen später doch bewilligt werden müssen. Da aber Windthorst später die Fahrzeuge ja selbst bewilligen wolle, so komme es finanziell auf dasselbe hinaus, wenn man die For derung jetzt schon bewillige. Er wolle politische und patrio tische Rücksichten hier nicht betonen. Schon aus Zweckmäßig- keitsrücksichtenempfehle sich dieAnnahme des,Antrages Manteuffel. Staatssekretär Hollmann: Da in der Diskussion immer wieder die Ansicht hervorgetreten ist, ich hätte einen neuen Flottcngründungsplan vorgeschlagen, so will ich hier einige Stellen aus meinem damaligen Manuskript vorlesen. Ich sagte in der Kommission: Wo und wie wir auch im nächsten Kriege mit unserer Hochseeflotte auftreten, wir dürfen als sicher annehmen, daß wir in der Minderheit sein werden. Darum gilt es, das, was an der Quantität fehlt, durch die Qualität zu ersetzen, ebenso in Bezug auf das Personal, wie auf das Material. Um in ver Minderheit zu fechten, bedarf es einer tüchtigen Disziplin und Waffenübung und eines hochwerthigen Schiffsmaterials, um einen Ausgleich für die numerische Ueber- legenheit des Gegners zu schaffen, je eher Sie den auf der Denkschrift von 1889/90 berührenden Forderungen ihre Zu stimmung geben, nm so bestimmter können wir der Hoffnung Raum geben, daß es der Marineverwaltung gelingen wird, diese Aufgabe zu erfüllen. Ich habe ferner der Kommission eine Tabelle vorgelegt, aus welcher zu ersehen war, daß es mit den bisher bewilligten Mitteln nicht möglich ist, mit einer Ostmachl ziemlich gleichen Schritt zu halten. Wenn die Macht frage lediglich für die Zukunft aufgeworfen wird, so dürfte auch in den nächsten Jahren kein bedrohlicher Wandel ent stehen, vorausgesetzt, daß Sie uns keine Einschränkungen auf erlegen gegenüber den Forderungen von 1889/90. Wenn wir aber nicht nur Herren deS Landes, sondern auch der Meere sein und bleiben wollen, dürfen wir auch an dem Schiffsbau programm nicht rütteln, vor Allem dürsen wir den Bau von Schlacht- und Panzerschiffen nicht aufschieben. Immer aber bleibt es Bedingung, daß Sie bereit sind, diejenigen Forde rungen der Marineverwaltung als vollberechtigt und durch die Nothwendigkeit diktirt anerkennen, welche dem Zwecke der Wehr- hafimachung unserer Flotte dienen. Es handelt sich hier nicht um Willkür und Laune, sondern um das Bewußtsein der Ver antwortung. Die Marine auf der Höhe ihrer Aufgabe zu halten, ist ohne den Ausbau der Flotte nicht möglich. Diese Vermehrung ist nur ein Glied in einer Kette, ein Uebergang zu dem Ziele, welches Ihnen durch den Flottenplan von 1889/90 bekannt geworden ist. Ich habe mich also lediglich klar und fest auf den Boden des früheren Flottengründungs- plancs gestellt und wollte Gewißheit haben, daß wir auf diesem Boden weiter bauen können. Abg. v. Manteuffel (kons.) be antragte, den Titel „artilleristische Armirung der Panzerfahr zeuge 8, T und II" ebenfalls an die Kommission zu verweisen. Abg. Rickert (freis.) erklärte sich auch für die Verweisung an die Kommission, hält aber die angebotenen Abstriche für kein Aequivalent. Staatssekretär Hollmann wies wiederholt das Schlagwort zurück, als handle es sich um die Schaffung einer Flotte ersten Ranges. Abg. v. Huene (Zentr.) erklärte, der Staatssekretär Hollmann habe ihm als Vorsitzenden der Kom mission seine Rede übergeben, einzelne Stellen aber als ver traulich bezeichnet. Deshalb seien dieselben nicht zu den Akten gekommen. Abg. Singer hielt die Zurückverweisung dieser Titel für unnöthig. Abg. Richter sprach gegen die Zurückver weisung der Titel au die Kommission und betonte, das Aequi valent, das der Reichskanzler gestern anbot, sei gar keins. Auch für die beiden Fahrzeuge 8 und O wäre kein neues Moment vorgebracht worden, das nicht schon in der Kommission bekannt war. Die von dem Herrn Staatssekretär Hollmann verlesenen Stellen aus seinen Reden in der Kommission sind nicht die jenigen, die ein solches Aufsehen erregten; er sagte wörtlsch: „So lange es noch Deutsche giebt, Vie so bescheiden sind, zu glauben, daß man mit einer Marine zweiten oder vritten Ranges auskommen kann und daß für eine Marine ersten Ranges in Deutschland kein Geld übrig ist, wo bleibt dann überhaupt »och die Existenzberechtigung einer Marine in Deutschland." Der Reichstag muß das Tempo für die Ent wickelung der Marine verlangsamen und es wäre ein politischer Fehler, jetzt die Kommissionsbeschlüsse zu annulliren. Abg. Windthorst: Jetzt machen wir die nicht erfreuliche Erfahrung, daß noch Schiffe uöthig sind, um den Kanal selbst zu schützen. Ein Aequivalent würde er nur in dem Aufgebcn ves beretts bewilligten Schiffstypus und des dafür bewilligten Geldes sehen. Der Zurückverweisung an die Kommission könne er jedoch nicht widersprechen. Hierauf ivurde die Debatte ge schloffen. Durch das Auszähle» des Hauses wurde festgestellt, daß für die Verweisung an die Kommission 121, gegen die selbe 77 Abgeordnete stimmten. Geschlossen dasür stimmten die Nationalliberalen und beide konservative Parteien. Die Freisinnigen und das Zentrum waren getheilt. Da jedoch an der Beschlußfähigkeit des HauseS eure Stimme fehlte, wurde die Beschlußfassung, sowie der Rest der Tagesordnung auf Montag Nachmittag 2 Uhr vertagt. Das am Sonntag ausgegebene „Militär-Verordnungsblatt" veröffentlicht einen Gnadenerlaß des Prinz-Regenten von Bayern anläßlich seines 70. Geburtstages für die Armee, welchem zufolge alle die Dauer von 6 Wochen nicht überschreitenden Disziplinarstrafen und militärgerichtlichcn Freiheitsstrafen (Ehrenstrafen ausgeschlossen) vom 11. März ab erlassen sind. Die Aufstellung des Fürsten Bismarck als Kandidaten im Reichstagswahlkreise Geestemünde ist Thatsache. Eine Ver sammlung von nationalliberalen Vertrauensmännern des IS.