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Donnerstag — Nr 177. —-— S6. Junius 184S. MD Deutsche Allgemeine Zeit»««. SM , - «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» «-b-evrick. lv««tsck»a»d. * Von der Oder. Protestantismus und KatholiciSmus- — vr. Eisenmann, -f-f Leipzig. vr. Theiner. — Adressen an v.Jtzstein.— Hr. Würmle. * Kassel. Die Reise des Kurprinzen nach Berlin. — Fest mahl in Wiesbaden- V Frankfurt a. M. Die Curie und ihre Feinde. Plieutzen. Erklärung bezüglich der Ausweisung von Schriftstellern. (-i-)Ser- lm- Der Nothstand. Der badische Gesandte. Hr. Brüggemann- Hr. Camphausen. Hr. Schlöffel. Breslauer Stadtverordnete. Gustav-Adolf- Stiftung. MäßigkeitSvereine- * Stettin. DaS Fest in Pasewalk. Sardi nische Offiziere. -Königsberg. Die protestantischen Freunde, vr. Falt- svn- vr. Hoffmann. -Danzig. Hr. v. Aoung- Aberglaube. SÄreslau. Bauten. DaS StändehauS- — CzerSki in Rawicz. Spanien. DaS Ministerium. Die Redactcure. Don Carlos. Mrotzdliitnnnten. Die Königin. Unterhaus. Irland. Waterloofest. Auankretch. Parlament. Graf Bresson. Hr. de Chateaubriand. Alge rien. Auswanderer. —Paris- Die Marine. Martinique. Weigien. Entlassung Nothomb'S. Niederlande. Der Zollverein. ^ehtveiz. Die Flucht des vr. Steiger. Georg Fein. Urtel im Aargau. Eröffnung der gesetzgebenden Versammlung von Neuenburg. MuGland und Polen. -Warschau- Der Kaiser und die Polen. — Graf Hrraxin. Mrieehenlanb. s-Athen. Das StratoS-GrivaS'sche Attentat. Personalnachrichten. ZSiffenschaft und «UNfi. -Köln- vr. Andree. Prof. Dieringer. -pari«. Theater- Handel und Industrie. -Leipzig. Börsenbericht. — Die Baumwol- lenärnte in den Bereinigten Staaten. — Berlin. «nkündigange». * Vyn der Oder, 22. Jun. Der Ultramontanismus, welcher nun einmal im Protestantismus Lie Wurzel alles Uebels, namentlich die Ursache aller der Unfälle, welche die römische Kirche betreffen, erblickt, beschuldigt diesen jetzt offen, daß er die gegenwärtige christkatholische Be wegung hervorgerufen habe und dieselbe zum Tort deS römischen Kalho- liciSmuS auf alle Art fördere. Er mag recht haben, wenn er behauptet, der ProtestantiStnuS habe die ihm so verhaßte antirömische Bewegung in der deutschen katholischen Kirche veranlaßt; denn die durch ihn hervorge- drachte Aufklärung ist allerdings eine wichtige Ursache davon. Allein darin hat er unrecht, daß er meint, die Protestanten unterstützten die katholi sche Reform aus Schadenfreude oder Haß gegen den römischen Katholi zismus überhaupt. Man rann dies durch Thatsachen beweisen. Rühmte der Karmelitermönch Baptista, der neulich in Deutschland milde Beiträge sür sein Kloster in Palästina sammelte, in Süddeutfchland es nicht laut, daß er im protestantischen Norden, vornehmlich in Leipzig, die herzlichste und thätigste Theilnahme gefunden habe? Verlangte er nicht ausdrück lich, daß diese seine Aussage veröffentlicht werde, um die entgegengesetz ten Behauptungen gewisser deutscher Blätter, denen nichts gut erscheint, waS nicht römssch ist, zu widerlegen? Rühmten nicht auch die katholi- cheü Deputaten des rheinischen Landtags bei ihrer Zurückkunft von dem- elben die Humanität, welche ihre protestantischen Kollegen bei allen con- essiontllen Fragen bewiesen? Der Protestantismus hegt gegen den Ka- tholiciSmUS im Allgemeinen keinen Haß, er unterstützt sogar gern seine Institute, insofern sie christlich sind; nur gegen die menschenfeindlichen Auswüchse desselben kämpft er und muß er um seiner eignen Existenz willen kämpfen. Deshalb unterstützt er jetzt den Deutsch-Katholicismus mit Geldbeiträgen, mit Ueberlaffung seiner Kirchen rc. Der römische Ka- IholiciSmud klagt zwar darüber, daß er selbst solche Theilnahme bei dem Protestantismus nicht finde. Allein hat dieser den kölner Dombau nicht auch reichlich unterstützt? hat er seine Kirchen nicht oft dem römifch-katho- tischtn EultUS geöffnet? Wenn er dies demEhristkatholicismus unserer Tage gegenüber mit größerer Begeisterung thut, wer trägt davon die Schuld? Ohne Widerrede die jesuitischen Bestrebungen der neuesten Zeit, welche die Protestanten laut für Ketzer erklären, die gemischten Ehen Verbrechen, die Rinder auS denselben Bastarde nennen, die Protestanten aus katholischen Ländern verjagen, ihnen die Bildung neuer Kirchengemeinden erschweren, sie zu katholischen Eeremonien zwingen, ihnen ein ehrliches Begräbniß aus katholischen Kirchhöfen versagen, sie öffentlich von der Kanzel herab als Verdammte darstellen. Nach solchen Verbal - und Realinjurien dür fen sich Jene wahrlich nicht wundern, wenn sie bei den Protestanten nicht Dieselbe Begeisterung für ihre Institutionen inden wie die Deutsch-Ka iholiken sirr ihre deutschen, humanen, christlichen Bestrebungen. Säet nur Liebe aus, und ihr werdet Liebe ärnten. Der deutsche Protestant wird euch dann wie überall Gerechtigkeit widerfahren lassen. — Nach Berichten aus Kronach wird der auf der Festung Rosenberg sitzende politische Gefangene vr. Eisenmann seit einiger Zeit wieder viel strenger behandelt als früher. Eisenmann soll vor kurzem in einer sehr freimüthigen Eingabe an den König die Beschwerden dargelegt haben, welche er in Bezug auf seinen Proceß, in Folge dessen er auf unbestimmte Zeit zu Gefängnißstrafe verurthcilt wurde, machen zu können glaubt. Ei senmann hat auch aus diesem Grunde, trotz eines schweren Rückenmark- leidens, bis jetzt nicht dazu bestimmt werden können, die königliche Gnade nachzusuchen. Es läßt sich erwarten, daß die einzelnen Umstände dieses Pro- cesses nicht immer der Oeffcntlichkeit vorenthalten bleiben werden. (K. Z.) ch ft Eeipsig, 24. Jun. Auf die Nachricht von dem Uebertritte vr. Theinerts hat der Vorstand der.hiesigen deutsch-katholischen Gemeinde sofort eine Deputation nach Breslau gesendet, um zu versuchen, ob dieser berühmteste und tüchtigste der katholischen Theologen für Leipzig und Sach sen zu gewinnen ist. Kann die hiesige Gemeinde auch demselben keines wegs einen Ersatz bieten für die aufgegcbene Pfarrstclle zu Hunsfeld, eine der besten und einträglichsten Schlesiens, so dürften vielleicht die Lage und Eigcnthümlichkeit Leipzigs, seine wissenschaftlichen Schätze und der Um stand, daß Theiner's Buch über das Cölibat eben hier gedruckt wird und einige andere Schriften demnächst ebenfalls hier erscheinen sollen, den ge machten Antrag unterstützen. Jedenfalls ist das "Verfahren des Vorstan des und sein Streben, unserm Sachsen eine der'größtcn Zierden der theo logischen Wissenschaft zu gewinnen, anerkenncnswerth. — Die Mannheimer Abendzeitung berichtet von Adressen an v. Jtz- stein und Hecker aus Leipzig, Königsberg, Lahr, Oberkirch, aus dem Renchthale, aus Lichtenstein im sächsischen Erzgebirge und aus der Kreis stadt Zwickau in Sachsen. — Mit Bezug auf die Nachricht von dem Uebertritte des Pfarrver wesers Würm le in Wahlwies zur deutsch-katholischen Kirche (Nr. 176) theilt die Oberrheinische Zeitung folgende von ihm zur Veröffentlichung ihr zugesendete Actenstücke mit: I) „Schreiben des erzbischöflichen Dekanats Stockach an Hrn- Pfarv- verweser Würmle zu WahlwieS. Meinwangen, am 18. Jun. 1845. Nach hohem Erlaß hochwürdigen Ordinariats vom 13. prass. 18. d.M., Nr-5274, find wir beauftragt, so schnell als möglich den hochwürdigen Hrn. Pfarrvrr- weser Würmle in Wahlwle« anzuweisen, sich alsogleich nach Freiburg zum Ordinariate zu begeben, um über gewisse wichtige Anzeigen gegen ihn Rede und Antwort zu geben, zugleich denselben von allen geistlichen Funktionen zu WahlwieS nomine oräinsriatu, zu entheben, bis er vernommen sei, dabei aber auch für die einstweilige Pastoration von Wahlwies durch einen benach barten Curaigeistlichen Sorge zu tragen. Indem wir uns dieses unangeneh men Auftrags entledigen, benachrichtigen wir den hochwürdigcn Hrn. Pfarr verweser, daß Hr. Karl Kopp zu Espasingen zur einstweiligen Besorgung der Pfarrei WahlwieS bestimmt sei. Der hochwürdige Hr. Pfarrverwescr Würmle wolle die geschehene Insinuation unsere Auftrags bescheinigen und diese Be scheinigung dem Capitelsbvten mitgeben " 2) „ Schreiben des katholischen Priesters Würmle an das hochwürdige erzbischöfliche Ordinariat zu Freiburg. Auf den hohen Erlaß vom >3. v.M-, Nr. 5274, habe ich geziemend zu erwidern, daß ich in demselben wol eine römische List, nicht aber deutsche Ehrlichkeit zu erkennen vermag, denn ich bin mir bewußt, so lange ich in WahlwieS als Pfarrverweser functionire, stets meinen Pflichten in seelsorglicher wie in morallscher Beziehung nachgekom men zu sein, worüber mir die dortige Gemeinde Zeugniß ertheilen wird. Ich sehe somit den Grund nicht ein, warum ich mich in Freiburg über « gewisse wichtige Anzeigen» verantworten solle. Diese Demonstrationen, kommen sie von wem sie wollen, hätten mir mitgetheilt werden dürfen, damit ich so mei nen Gegner kennen lernen und ihm «Rede stehen» kann- Doch das Mittel alterliche römische Denuneiationssystem sowie die darauf sich stützende geheime Inquisition lebt »och, der ich aber diesmal nicht mehr zum Opfer sein will, indem ich mich noch ^sehr gut erinnere, wie ich früher in derselben behandelt wurde- Der römische Druck, der seit meiner beinahe zwölfjährigen Priester- zeit auf meinem Nacken in physischer wie in geistiger Hinsicht lastete, ist mir nun unerträglich geworden. Wohl baute die verehrliche Stelle oftmals auf meine Armuth, und deS Brotkorbs wegen war ich darum auch oft, mir selbst zum größten Vorwurf, Anordnungen und Befehlen folgsam, die gegen den Geist des echten Christenthums sowie gegen Vernunft und bestehende Gesetze waren. Dies nachzuwcisen, wird meine Rechtfertigung dem Publicum, so auch der hohen Stelle vor Augen legen. Was aber meine Armuth betrifft, bat mich der liebe Gott und gute Menschen noch nie verhungern lassen; sie haben den Hungernden gespeist, wenn ihn die hohe Stelle brotlos machte. Meine Hoffnung steht also auf Gott und die biedere Gesinnung meiner deutschen Mitbrüder. Ich sage mich hiermit förmlich los von der römischen Hofkirche und erkläre mich zu den Grundsätzen der deutsch-katholischen Kirche, wodurch also die römische Curie nothwendig das Recht verliert, mich «gewisser» De- »unciationen wegen vor ihr Tribunal zu rufen. WahlwieS, 18. Jun. 1845. Georg Würmle, katholischer Priester." * Kassel, 22. Jun. Die im vorigen Monate vom Kurprinzen- Mitregenten unternommene Reise nach Berlin hat dort wie hiev zu mancherlei Vermuthungen Anlaß gegeben, die theilweise durch Corre- spondenznachrichten in auswärtigen Zeitungen eine weitere Verbreitung > gefunden haben. Das Publicum ist nur zu geneigt, den Reisen von Für-