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Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen y20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme vonDInseratrn bis vormittag za^Uhr. Inserate werden mit zo Pf. für die Spaltzeile^berechnet. Tabellarischer SatzInachIbe» sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. - .... Nr. 43. Sonntag» den 21. Dezember 1902. 1. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttcndorf-Dkrilla, P. Dezember 1902. /X An den arbeitsfreien Tagen des lieben Weihnachtssestes, wie auch an den langen Winterabenden ist der beste Freund und Ge sellschafter ein gutes Buch. Mag dann draußen die Natur auch erstorben sein, uns erblüht im traulich warmen Stübchen eine neue Welt, eine Welt des Geistes. Die hiesige Schul- und Volksbibliothek, die man viel zu wenig kennt, ist in der Lage, das Lesebedürfnis reichlich zu befriedigen. Aus dem 800 Nummern zählenden Kataloge feien nur herausgehoben: Gustav Freitag, „Eine verlorene Handschrift". — Gustav Freitag, „Die Ahnen", 6. Band (noch ungebunden.) — Ebers, „Uarda" — Hauff, „Lichtenstein". — Rosegger, „Der Waldschulmeister". — Hebel, "Schatzküstlein". — Kügelgen, „Jugenderinnerungen eines alten Mannes". — Riehl, „Novellen", „Schriften von Jeremias Gotthelf". — Berlepsch, „Die Alpen . — Gustav Freitag, „Bilder aus der deutschen Vergangenheit", u. s. w. Das Lese geld beträgt pro Buch und Woche nur 1 oder 2 Pfg. Man versehe sich noch vor dem Feste mit einem Buche! Der Bibliothekar, Herr Lehrer Grundig, wird die verschiedensten Ansprüche befriedigen können. stff D e r P o st s ch a l t e r beim hiesigen Kaiserlichen Postamt ist morgen Sonntag den 21- Dezember wie folgt geöffnet: 8—9 Uhr und 11—12 Uhr Vormittag, 3—6 Uhr Nachmittag. Vorteile der Hausbriefkasten. Zur Beseitigung der mit dem Anwachsen der Bevölkerung der stetigen Zunahme des Post verkehrs naturgemäß sich steigernden Schwierig keiten einer raschen Bestellung der Briefe, Hal das Publikum in anerkennenswerter Weise schon seither dadurch beigetragen, daß an vielen Wohnungen Briefkasten angebracht sind; das erstrebenswerte Ziel, jede einzelne Wohnung Mil einem Briefkasten zu versehen, ist indessen bei Weitem noch nicht erreicht Der Nutzen, der durch das Vorhandensein von Briefkasten an den Wohnungen dem Einzelndn wie der Allgemeinheit geleistet wird, liegt auf der Hand. Wenn jeder Besitzer u. s. w. der einigen Brief verkehr unterhält, an seiner Wohnung einen solchen Briefkasten anbringen läßt, in dessen Oeffnung der Briefträger die gewöhnlichen fran- lirten Briefe, Postkarten und Drucksachen hinein stecken kann, dann wird nicht nur das Warte:, des Briefträgers auf das Oeffnen der Thür und das wiederholte Klingeln u. s. w. ver mieden, sondern es werden dem Briefträger auch in den zahlreichen Fällen, wo Niemand zu Hause getroffen wird, doppelte und drei fache Gänge erspart. Den Empfängern aber kommen die Briefsendungen unter Umständen viel frühzeitiger zu, als dies der Fall ist, wenn keine Gelegenheit gegeben, die Briefe im Haus briefkasten niederzulegen. Der Nutzen hiervon wird bald Jedem Einzelnen fühlbar, weil die Bestellungen im Ganzen sich schneller abwickeln. Der Verschluß dcö Kastens verhindert ferner, daß die Briefe und Postkarten zuvor durch die Hände des Dienstpersonals oder anderer Per sonen gehen. Das Briefgeheimnis und das Geschäftsgeheimnis sind also besser gewahrt. Am zweckmäßigsten werden die Hausbriefkasten im Innern der Wohnungen unter Herstellung eines Spaltes in die Vorsaalthür angebracht; die Kasten können aber auch außen, etwa neben dem Klingelzug, befestigt werden. Wenn Reisen angetreten werden und Niemand in der Wohn ung ist, muß sich der Briefkasten durch eine einfache Vorrichtung sperren lassen. Sehr em pfehlen würde es sich, wenn die Herren Bau meister bei jedem Neubau oder Umbau eines Hauses die Anbringung von Briefkästen an allen Wohnungen gleich ins Auge faßten. — Vom l8. Dezember ab bis zum ersten Weihnachtsfeiertage, einschließlich desselben, sind alle Tanzbelusttgungen an öffentlichen Orien sowie die Veranstaltung voll Pnvalballen, auch wenn diese in Privathäusern oder in Lokalen geschlossener Gesellschaften abgehalten werden, untersagt. Ain ersten Weihnachtsfeiertage ist ferner die Abhaltung öffentlicher Versamm lungen aller Art, ingleichen der Versammlungen der Gemeindevertreter, sowie der Innungen und anderer Genoffenschaften auf Grund A 8 des Gesetzes über die Sonn-, Fest- und Bußtags feier, vom 10. September 1870, verboten. Diese Bestimmung findet auch Anwendung auf Krankenkassenversammlungen, Versammlungen geselliger Vereine und religiöse Versammlungen, sobald diese einen öffentlichen Charakter trägem — Ein für Handwerker beachtenswerte Entscheidung einer Prüfungskommission be züglich der Pflicht der Lehrherren, auf die Ausbildung der ihnen unvertrauten Lehrlinge die nötige Sorgfalt zu verwenden, ist kürzlich getroffen und von der zuständigen Handelskammer als gerechtfertigt und gesetzlich zulässig anerkannt worden. Ein Lehrling, der eine vierjährige Lehrzeit durchgemacht, hatte die Gesellenprüfung vor der Prüfungskommission der Innung nicht bestanden. Da 4 Jahre die längste Zeit einer Lehrzeit umfassen, mußte der Lehrling gleichwohl freigesprochen werden. An diese Freisprechung knüpfte die Innung indessen die Bedingung, daß der Prüfling noch ein halbes Jahr auf Kosten seines bisherigen Lehr meisters bei einem anderen JnnungSmeister nachzulernen und daß der frühere Lehrmeisier ihm während dieses halben Jahres 12 Mark monatlich zu zahlen habe. Die Innung nahm an, daß im vorliegenden Falle den Lehrmeister die Schuld an den mangelnden Kenntnissen des Prüflings treffe, da er es bei dessen Ausbild ung an der erforderlichen und vom Gesetze oorgeschriebenen Sorgfalt habe fehlen lassen. — Zu der geplanten sächsischen Eisen bahntarifreform schreibt die „Sübdeutsche Reichs-Korrespondenz": „In jüngster Zeit ist durch die Presse die Nachricht gegangen, die sächsische Eisenbahnverwaltung bereite eine Re form der Personentarife vor, zu welcher sich Preußen und Bayern ablehnend verhalten hätten. Diese letztere Meldung wurde bereits von Dresden aus dementirt. Die bayerische Re gierung war überhaupt noch nicht in der Lage, zu den Vorschlägen Stellung zu nehmen, da die Denkschrift hierüber erst in den letzten Tagen zu ihrer Kenntnis gelangt ist. Einer- völlig gleichen Gestaltung der Tarife der säch sischen und bayerischen Eisenbahnverwaltungen wird stets die Schwierigkeit entgegenstehen, daß in Preußen und Sachsen die vierte Wagen klasse besteht, zu deren Einführung in Süd deutschland aber keine Neigung vorhanden ist. Die gleiche Schwierigkeit war schon früheren Bestrebungen, zu einem einheitlichen Tarife für ganz Deutschland zu gelangen, entgegen getreten." Radeberg. Die Radeberger Export bierbrauerei, Aktiengesellschaft, hat im Laufe dieses Jahres auf ihrem eigenen, ergiebigen Quellengrundstücke auf Kleinwolmsdorfer Flur eine zweite Wasserleitung ausführen lassen, welche der Brauerei in Radeberg stündlich bis 100 000 Liter ausgezeichnetes, reines Quell- waffer liefert. Zugleich ist ein Hochreservoir von 800 000 Llter Inhalt in Stampfbeton er richtet worden. Dresden. Der junge Kunstmaler Dorsch, einer der begabtesten jüngeren Dresdner Künstler, ist einem plötzlichen Wahnsinnsanfall seiner eigenen Schwester zum Opfer gefallen. Dorsch, dem die Schwester die Wirtschaft führte, hatte abends mehrere befreundete Familien zu Besuch und geleitete diese dann auf die Straße. Unter dessen that Fräulein Dorsch ihrem Bruder und sich selber Gift in das Bier. Die Schwester, die schon vorher einmal wegen Irrsinns eine Zeit lang in einer Anstalt untergebracht war, ist bereits gestorben und begraben. Der un glückliche Bruder ringt noch unter qualvollen Leiden mit dem Tod, nach Ansicht der Aerzle voraussichtlich leider vergeblich, da die Gifte schon den ganzen Verdauungskanal zerstört haben. Dresden, 17. Dezember. Großen Hang zur Verübung von Grausamkeiten be kundete der 13jährige Schüler der 15. Bezirks schule Erich Robert Hähner. Der Bursche stiftete am Nachmittage des 19. September einen anderen Echulknaben an, zwei drei- bezw. vierjährige Kinder mit durchzuprügeln. Sie lockten die beiden kleinen Brüder unter dem Vorgeben, daß sie Schockolade erhalten sollten, auf einen entlegenen Platz am Eingänge des Prießnitzgrundes; dort spaltete Hähner seinen ziemlich langen Rohrstock, gab seinem Komplizen die eine Hälfte und mißhandelte nun längere Zeit den dreijährigen Knaben mit dem Stocke; auf dem Rücken und dem Gesäß waren dreißig blutunterlaufene Stellen zu zählen. Das vier jährige Kind, das von dem Komplizen Hähners geschlagen worden war, zeigte die Hälfte der Schwielen. Nach seinem rohen Akte entkleidete Hähner sein Opfer und ließ es mehrere Mi nuten weinend sitzen, bis die beiden kleinen Brüder durch das Hinzukommen anderer Schul kinder aus ihrer qualvollen Lage befreit wurden. Der Taugenichts erhielt vom Amtsgericht Dresden einen Monat Gefängnis wegen ein facher vorsätzlicher Körperverletzung. Deuben bei Dresden, 18. Dezember. Heute Vormittag wurde in der Nähe der Grützner'schen Fabrik ein junger Mann, ca. 20 Jahre al«, dem Arbeiterstande angehörig, vom Zuge überfahren. Der Leichnam wurde bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Ob Selbst mord oder Unglücksfall vorliegt, konnte bis jetzt nicht festgestellt werden. Weinböhla, 18. Dezember. In der Nacht vom Montag zum Dienstag kurz nach 12 Uhr wurde der 16 jährige Lehrling E., der vom Niederauer Bahnhof aus den am Bahndamm entlang führenden Fußweg nach Weinböhla be- nußte, von einem unbekannten Manne, der sich in dem Gebüsch unweit des Bahnwärterhäus chens versteckt hielt, angehalten und zur Heraus gabe seiner Barschaft aufgefordert. E. stieß seinen Angreifer zu Boden und versetzte ihm noch ein paar Schläge mit seinem Spazier stock, worauf er entfloh. — Die Omnibusge sellschaft, welche für einen Omnibusverkehr von Weinböhla nach Niederau-Meißen Sorge ge tragen hat, wird sich am 1. Januar n. I. auf lösen, da das Unternehmen nicht die unbedingt notwendige Unterstützung seitens des Publikums gefunden hat. Weinböhla, 10. Dezember. Der in heutiger Nummer gemeldete räuberische Ueber- fall auf einen zur Zeit im „Löwen" zu Oschatz bediensteten Kellnerlehrling ist von letzterem er funden worden. Das Bürschlein hatte sein Geld verplempert gehabt und nun einen „Räuber" konstruirt, der es ihm abgenommen yätte. Schon war die ganze hiesige Gegend in Aufregung. Der „Ueberfallene" dürfte eine Strafe wegen groben Unfugs zu gewärtigen haben. Dippoldiswalde. Die Frauen der dem Militärverein angehörenden Mitglieder sind, soweit sie dem Konsumverein für Pot- fchappel angehören, der in Dippoldiswalde eine Filiale hat, aufgefordert worden, bis zum 31. Dezember wieder aus dem Konsumverein auszuscheiden. Eine Anzahl Frauen hat sich hierzu unterschrtlich verpflichtet. Großenhain. Der Personenzug, welcher nachmittags 3,36 Uhr den hiesigen Cottbuser Bahnhof nach Priestewitz zu verläßt, erlitt am Donnerstag auf freier Strecke einen Ma schinendefekt. Der Zug wurde mit der Mehr zahl der Passagiere nach Großenhain zurück- transportirt, während ein Teil der Reisenden es vorzog, zu Fuß nach Station Priestewitz zu wandern. Döbeln, 19. Dezember. Der hiesige Homöopath Julius Fröhlich, dessen irrtümliche Unterbringung in der Heilanstalt Hubertusburg im August und September diese» Jahre» ziem liches Aufsehen erregte, ist gestern im 52. Lebensjahre gestorben. Er litt an einer Blasenkrankheit. Die Wittwe macht in der Todesanzeige im Amtsblatte bekannt, daß ihr Mann infolge des ausgestandenen Schrecke» nach schwerem Kampfe verstorben sei. Sonach hätte der vielbesprochene „Fall Fröhlich" einen tragischen Ausgang genommen. Wahrscheinlich wird nun die Klage, welche Fröhlich gegen die Behörden, die gegen ihn vorgegangen sind, mit Hilfe des Justizrates Dr. Sello in Berlin er hoben, nicht zum Austrag kommen. Glauchau, 18. Dezember. Merkwürdige Spareinleger giebt es bei uns. Der Stadt rat fordert nämlich in einer Bekanntmachung die Inhaber von 52 Sparkaffenbüchern, die seit länger als 40 Jahren nicht vvrgelegt wurden, auf, diese Bücher bis 20. Januar n. Jhs. vorzulegen. Geschieht dies nicht, so kommen die Einlagen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen der Sparkasse zu gute. Leipzig, 18. Dezember. Montag Abend brach in der dem Ingenieur Repp ge hörigen Werkstatt im nahen Eythra ein Brand aus. Die Herbeischaffung des Wassers au» dem ziemlich weit entfernten Mühlgraben machte so große Schwierigkeiten, daß erst nach 1^/, Stunden die Löscharbeiten beginnen konnten. Die Werkstatt nebst Inhalt brannte daher völlig nieder, der dem Besitzer erwachsene Schaden beläuft sich auf 12000 Mark. E» war nichts versichert. — Der in Jena in Haft befindliche Doppelmörder Behnert erbat sich am Abend des Dienstag unter einem Vorwande Wasser. Als ihm der Landgerichtsdiener Gerling solches in das Gefängnis brachte, versetzte ihm Behnert mit einem Stab von Eisen einen heftigen Schlag ans den Hinterkopf. Dessen ungeachtet gelang es dem Diener, den Behnert zu über wältigen und die Zelle zu schließen. Behnert wurde nunmehr in Eisen gelegt. Schwarzenberg, 18. Dezember. Der Gemeinderat in Lauter wählte Herrn Gemeinde vorstand Herrmann, der für die Bürgermeister- wahl in Königsbrück unter 75 Bewerbern mit in die engere Wahl gekommen ist, für die nächste Wahlperiode auf sechs Jahre wieder und erhöhte sein Einkommen auf den Betrag, der in Königsbrück gezahlt wird. Erlbach i. V. Hier geschah es an einem der letzten kalten Tage, daß zwei Frauen, die am Brunnen die wichtigsten Neuigkeiten austauschten, mit ihren Filzschuhen festfroren. Es blieb den Frauen nichts andere« übrig, al» die Filzschuhe im Stiche zu lassen und in Strümpfen den Heimweg anzutreten. Meerane. Der hiesige Weberstreik dauert unverändert fort, nachdem er einen neuen Rückhalt in der Erklärung der Vor arbeiter, die Einigkeit bis zu Ende wahren und weiter im Ausstand zu beharren, gefunden hat. Es war verbreitet worden, die Vorarbeiter be absichtigten, die Arbeit wieder aufzunehmen, wa» wenn es sich bewahrheitet hätte, dem Gesamt ausstand allen Boden entzogen haben würde. Ein kleine Weberei hat einige Aufbesserungen zugestanden und arbeitet mit Beschränkung wieder. Bad Elster. Eine Zollstrafe von fast 600 Mark mußte am Montag ein in Bad Elster wohnhafter Wildhändler entrichten, welcher am Sonntag versucht hatte, 50 Hasen aus Böhmen unverzollt über die Grenze herüber zu schaffen, hierbei aber erwischt worden war. Da der Pascher, dem übrigens vor kaum Jahresfrist dasselbe Malheur passirte, sich zur Lieferung zahlreicher Feiertagshasen verpflichtet hatte, so mußte er gute Miene zum bösen Spiele machen und nach Erlegung des viel fachen Zollbetrages als Strafe für den Ein- schmuggelungSversuch die kontreband gemachten Hasen im königlichen Zollamte nochmals kaufen. Jetzt kostet ihm jeder Hase im Durchschnitt 11 Mark 75 Pfg.I