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Mittwoch, den 22. Juni 1932 Nummer 144 84 Jahrgang Dienen war. gemeinsamen Erklärung gegen die neue Notverordnung idet. Die gewerkschaftlichen Organisationen stellen gewendet. Stellungs-Krieg in Lausanne ge ¬ ringste Entgegenkommen zu zeigen. ge- Neichsstrafgesetzbuches gestelIt. Der Hergang für diese Klage ist folgender: Es ist nach Angabe der Nationalsozialisten aus den Sitzungsproto kollen festgestellt worden, daß der Präsident, bevor er die Sitzung unterbrach, namentlich nur etwa vier Ävgeoroneie der N^DAP. ausgeschlossen hatte. Als er dann die Sitzung wiedercröfsnetc und die übrigen Nationalsozialisten noch im Saals waren, erklärte der Präsident, das? sie seinem Ausschluß nicht nachgelommen seien, und daß er sie deshalb erst auf acht und, nachdem die Nationalsozialisten sich heftig weiger ten, den Saal zu verlassen, auf zwanzig Tage ausschließe. Von nationalsozialistischer Seite wird nunmehr erklärt, daß man amtliche Zeugen habe, die vor Gericht eidlich be- statigen würden, das; der Präsident nur vier Namen genannt habe, und daß ein Zusatz, daß er auch alle übrigen Mitglieder nusschließe, von ihm vor Unterbrechung der Sitzung nicht gemacht worden sei. Dies habe er erst in der neuen Sitzung plötzlich, als bereits vollzogene Tatsache er klärt Im Protokoll aber befindet sich auf Anordnung des Präsidenten nachträglich eine alphabetische Liste sämt licher nationalsozialistischen Abgeordneten aufgeführt als ausgeschlossen. Dabei wurde sogar ein Abgeordneter, den der Präsident selber vorder als"e n t s ch u I d i g t verlesen hatte, aufgcführt. Die ursprünglich nach der Sitzordnung vor- gelesenen vier Namen waren statt dessen aus dem Protokoll entfernt worden. Nationalsozialistischer Girasantrag gegen bayerischen Landtagspräsidenten München. Am letzten Freitag war es im Bayeri sche n L a n d tag zu heftigen Szenen gekommen, als der Die Gewerkschaften aller Richtungen haben sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die neue Notverordnung darin einmütig fest, daß die in der Notverordnung ent haltenen Abbaumaßnahmen und N e u b e l a st u n - gen die schlimmsten Befürchtungen, die die gesamte deutsche Arbeitnehmerschaft auf Grund der programmatischen Er klärung der Reichsregierung hegen mußte, weit übertreffen. Sie Vrotgetreideversorgung gesichert. Amtlich wird mitgeteilt: Auf Grund der gegenwärti gen Marktlage muß die Versorgung mit Brotgetreide b i s zum Schluß des Erntejahres als gesichert gelten. Die Reichsregierung hält es deshalb nicht für er forderlich, die biL zum 30. Juni d. I. geltende Regelung für die zollverbilligte Einfuhr von Weizen zu verlängern. Auch beim Roggen ist die Versorgungslage so günstig, daß die Einfuhr weiterer zusätzlicher Roggenmengcu nicht not wendig erscheint. Eine Brotverteu^rvng wird i^a ch wie vor nicht eintr " " " Lausanne. Der Dienstag war in Lausanne im wesent lichen mit Einzelbesprechungen ausgefüllt. Reichskanzler von Papen hatte Besprechungen mit dem belgischen Mi nister Francs ui und dem italienischen Außenminister Grandi. Reichswirtschaftsminister vr. Warmbold suchte den französischen Handelsminister Durand auf. Die Sensation für Lausanne war die nächtliche Unterredung Herriots mit dem amerikanischen Delegierten in Genf, Gibson. Sie fand in Morges unweit Lausanne statt. In dieser Un terredung soll Gibson deutlich zum Ausdruck gebracht haben, daß die amerikanische Regierung unter keinen Um ständen in eine Streichung der interalliier ten Schulden einwilligen werde, solange nicht die euro päischen Großmächte zu einer entscheidenden Herabsetzung ihrer Rüstungsausgaben geschritten feien. In internationalen Konferenzkrcisen erblickt man in dieser Erklärung eine ein deutige Stellungnahme der amerikanischen Regierung für eine sofortige und praktische Lösung des Abrüstungsproblems. Die interalliierte Schuldenfrage ist von amerikanischer Seite in engen Zusammenhang mit der Abrüstungsfrage gebracht worden. Der amerikanische Botschafter Gibsonhat Herriot eingehend das amerikanische Abrüstungsprogramm dargelegt, das prak tisch zu einer weitgehenden Herabsetzung der französischen Armee führt. Herriot hat in der Unterredung das Programm glatt abgelehnt und jede wesentliche Verminderung des fran zösischen Rüstungsstandes als untragbar angesehen. Darauf hin hat Gibson erklärt, daß die europäischen Mächte von Neuer Ministerialdirektor im Reichsinnenministerium. Für den ausgeschiedenen Ministerialdirektor Menzel im Reichsinnenministcrium wird, wie verlautet, der deutschnatio nale ehemalige Reichstckgsabgeordnete Georg Gotthei - ner Ministerialdirektor und Leiter der politischen Abtei- lung im Reichsinnenministerium werden. Der Posten des Ministerialdirigenten Häntzschel wird eingespart werden. Die Leiter von dessen Unterabteilungen werden dadurch selbstän diger. * Zu der Verlautbarung, daß Oberst a. D. Hierl, der Sachverständige für Arbeitsdienstfragen bei den Nationalso zialisten, von der Reichsregierung als Arbeitsdienstkommissar in Aussicht genommen sei, trifft in dieser Form nicht zu. Es soll von der Regierung ein Ausschuß einberufen werden, in dem Eachver st ändigefürArbeitsdien st fragen vertreten sind, und dem auch Oberst Hierl angehören soll. Ein unerwartetes amerikanisches Zwischenspiel Zur größten Ueberraschung traf Dienstag nachmittag plötzlich der amerikanische Botschafter Gibson mit dem amerikanischen Finanzsachverständigen Davis im Auto ein und begab sich sofort in das Hotel Beaurivage, wo die Amerikaner eine einstündige Unterredung mit Mac- Donald und dem englischen Außenminister Simon hatten. Das völlig unerwartete Eintreffen Gibsons erregte hier die größte Sensation. Man führt es auf einen aus drücklichen Wunsch Washingtons zurück. In der Unter redung soll Gibson von neuem den dringenden Wunsch der amerikanischen Regierung nach praktischen Ergebnissen in der Abrüstungsfrage ausgedrückt und mit größtem Nachdruck auf die Wiederaufnahme der Abrüstungsverhandlungen ge drängt haben. Als Herriot später im Hotel Beaurivage eintraf, verhielt er keineswegs seine Ueberraschung, als ihm mitgeteilt wurde, daß Gibson bei MacDonald wäre. Herriot mußte eine Zeitlang in der Halle des Hotels bis zum Abschluß der Unterredung warten. Gibson verließ darauf das Hotel und begab sich nach Genf zurück. Die Bedeutung der Innenministerkonfer enz Adolf Hitler beim Reichsirmenminister — Regelung des Uniformverbots durch Notverordnung? Ueberraschende Einberufung des Haupiausschusses der Abrüstungskonferenz Sharkcy, der neue Boxweltmeister Die amerikanische Negierung werde ihrerseits be stimmt zu keiner Streichung schreiten, solange nicht die schwcrgcrüsteren Mächte ihren heutigen Rüstungs stand wesentlich herabsetzen. Nach Mitteilung von gut unterrichteter Seite sind die samten bisherigen Genfer Abrüstungsbespre chungen völlig ergebnislos verlaufen. Die fran zösischen Abrüstungsvorschläge sind auf heftigsten Wider stand von englischer, amerikanischer und italienischer Seite gestoßen, so daß auch in der Abrüstungsfrage die Verhand lungen sich in einer Sackgasse befinden. Herriot hatte am Dienstag wieder mehrstündige Unterredungen mit MacDonald. Im Zusammenhang mit den Fragen, die die Konferenz der Innenminister mit dem Reichsminister aufgeworfen hat, empfing Freiherr v. Gayl den Führer der NSDAP., A doI f H j tl er. Anwesend waren unter anderem auch der frühere thüringische Innenminister vr. Frick, Hauptmann a. D. Göring und Rechtsanwalt Frank II. Man nimmt in unterrichteten Kreisen an, daß die Unterredung namentlich der Frage der U n i f o r m v e r b o t e in den süddeutschen Ländern galt. Daneben sollen auch die von Preußen, Hessen, Bayern und Baden auf Grund des Artikels 130 der Reichs- Verfassung apfrechterhaltenen Demonstrationsver bote und politischen Fragen, die die NSDAP, berühren, besprochen worden sein. Für den Fall, daß sich die Länder nicht dem Willen des Reiches fügen sollten, erwägt man im Reichsinnenministerium eine reichsrechtliche Regelung des Uniformverbotes etwa dahin, daß der Reichspräsident auf Grund des Arti kels 18, der ihn berechtigt, Länderverordnungen aufzuheben, eine Notverordnung erläßt, in der festgestellt werden soll, daß die Länder nur in ganz besonderen Fällen, die die Notver ordnung formuliert, berechtigt sein sollen, Uniformverbote für ganz kurze Zeit auszusprechen. Möglich ist, daß man erst die Rückkehr des Reichskanzlers aus Lausanne abwarten wird, der frühestens Anfang nächster Woche in Berlin anwesend sein kann. Der R e i ch s i n n e n m i n i st e r empfing am Dienstag den Präsidenten des Deutschen Stüdtetages, vr. Mulcrt. In der Unterredung wurde hauptsächlich das Verhältnis des Reiches zu den Gemeinden in Zusammenhang mit der letzten Notverordnung über die Neuordnung der Arbeitslosenfür- sorge behandelt. Ferner wurde auch d e Beschaffung der Mittel für die Wohlfahrtscrwerbsloscn in den großen Städten erörtert. Amerika große finanzielle Opfer im Falle einer Streichung der interalliierten Schulden verlangen, ohne selbst das vayerisch-volksparteiliche Präsident des Landtags die gesamte nationalsozialistische Fraktion auf 20 Sitzungstage ausschloß, weil sie im braunen Hemd in der Sitzung erschi—- — Sowohl der Präsident Stang, als auch die Nationalsozialisten legten ihren Standpunkt in verschiedenen Pressekonferenzen dar, ohne daß es gelang, irgendeine Annäherung zu er zielen. Jetzt haben die Nationalsozialisten gegen den Präsi denten des Bayerischen Landtags Strafanzeige wegen intellektueller Urkundenfälschung gemäß 88 271, 272 des Proteste gegen die Notverordnung vom 14. Zuni. Wegen der in der Notverordnung vom 14. Juni 1932 erneut vorgenommenen Kürzung der Renten der Kriegsbeschädigten und bliebenen trat der Gesamtvorstand des Kyff häuserverbandes der Kriegsbeschädigten und Krieger hinterbliebenen in Berlin zusammen. Nach Annahme einer ins einzelne gehenden programmatischen Erklärung zum Versorgungsrecht wurde als Zeichen des Protestes gegen die jüngsten Abstriche an den Renten eine Entschließung ange- nommen, in der es heißt: „Wir protestieren gegen die neuen Sparmaßnahmen und verlangen, daß endlich der stets von uns vertretene Standpunkt zur Grundlage des Vcrsorgungs- rechts gemacht wird, daß derjenige, der Volk und Vaterland Jahre hindurch erfolgreich mit der Waffe in der Hand vor dem Vernichtungswillen zahlenmäßig weit überlegener Feinde geschützt hat und hierbei körperlich zu Schaden ge kommen ist, von der Gesamtheit des Volkes nicht einfach als hilfsbedürftiger Volksgenosse bettachtet werden darf, sondern einen unantastbaren Anspruch auf eine Sonderstellung hat." Der englische Ministerpräsident ist fortgesetzt bemüht, Herriot zu einem Kompromiß zu veranlassen, das dann erst der deutschen Delegation vorgelegt werden soll. Herriot wird in den nächsten Tagen nach Genf fahren, um sich dort mit den Abrüstungsverhandlungen zu beschäftigen. Bei der deutschen Delegation hat man eine ausführlich- deutsche Antwort auf die französische Forderung nach einer Abschlußzahlung vorbereitet. In dieser Antwort, die den Gegenstand von Verhandlungen des Reichsfinanzministers Graf Schwe rin-Krosigk mit dem französischen Finanzminister bil den sollen, ist festgelegt, daß eine Belastung der Reichsbahn unmöglich sei, daß grundsätzlich von Deutschland neue Zahlungsverpflichtungen nicht übernommen werden können, und zwar vor allem mit Rücksicht auf die große Arbeitslosigkeit. Außerdem wird hervorgehoben, daß, wenn noch die Möglichkeit der Heran- ziehung von Mitteln aus der Wirtschaft bestanden Hütte, das Kabinett nicht mit der letzten Notverordnung neue Steuern und schwere soziale Belastungen dem deutschen Volke auf erlegt hätte. Das Maß derBelastung sei für Deutsch land völlig erschöpft. Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften de? Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Oberstcina, Nicdersteina, Weißbach, Ober» und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. W. 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