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chönlMM Tageblatt Amtsdlaü für dc» Aadtrath i« Waldmdng. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HSitig, Mandelzasse; in Rochsburg bei Herrn Suchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tag« nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für dis nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursoors, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Nußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. und Waldenburger Anzeiger 132. Sonnabend, den 11. Zum 1837. Witterungsaussichten für den 11. Juni: Bei mastiger nördlicher Luftströmung ziemlich heiter und trocken mit geringem Temperatnrwechsel. "Waldenburg, 10. Juni 1887. Nachdem lange Zeit hindurch rechts und links von unseren Grenzen graue Gewitterwolken den Horizont beherrscht, giebt es nun endlich etwas Aufklärung. Links hat der Kabinetswechsel etwas abkühlend gewirkt, und rechts ist auch eine kleine Besserung zu verzeichnen, wenigstens in den politischen Beziehungen, denn in ihren Maßregeln gegen die Deutschen in Rußland fährt die Petersburger Regierung munter fort. Es ist doch aber den Haupthetzern gegen Deutschland, Katkow an der Spitze, ein energischer Rüffel ertheilt worden. Man sprach sogar von einer neuen Dreikaiserzusammen kunft. Zuviel auf einmal soll man freilich nie erwar ten; aber es ist doch schon erfreulich, wenn ein solches Ereigniß überhaupt nur für möglich erachtet wird. Die Wendung in den Ansichten der leitenden russischen Kreise schreibt sich aus dem Verlaufe der letzten fran zösischen Ministerkrisis her. Dubei ist denn doch Manches zn Tage getreten, was die „russisch-französi sche Allianz" gerade nicht im strahlendsten Licht er scheinen läßt. Der Schwerpunkt der diplomatischen Kunststückchen ist zur Zeit wieder tief nach dem Osten verlegt. Nicht, als ob die bulgarische Thronfolgesrage nun endlich in ein flotteres Tempo gebracht werden sollte; daran ist bei dem russischen Eigensinn überhaupt nicht zu denken. Aber in Konstantinopel arbeitet die russische und fran zösische Diplomatie mit allen möglichen Mitteln und Jntriguen, um die endgiltige Genehmigung der englisch- türksichen Konvention über Egypten durch den Sultan zu verhindern. Der russische Botschafter Nelidow hat dem Sultan wahre Räubergeschichten erzählt, und wenn Abdul Hamid diese Geschichten auch bei Weitem ! nicht sämmtlich geglaubt hat, er ist doch schwankend geworden. Weshalb die russische Diplomatie daraus hinarbeitet, den Engländern Verlegenheiten zu bereiten, ist sehr klar. Man erachtet in Petersburg die Zeit für sehr nahe gekommen, wo mit der afghanischen Geschichte endlich reine Bahn gemacht werden kann. Ein weiterer Vormarsch der Russen ist durch Besetzung des Gebietes von Kerki bereits erfolgt, und nun kommt Afghanistan, wo der Emir sich durch einen übertrie benen Steuerdruck immer verhaßter macht, an die Reihe. An Gründen zu einem Einschreiten wird es den Russen nicht fehlen, wenn nur die rechte Zeit erst da ist. Wer sucht, der findet, heißt es auch in der Politik. Daß die neuste russische Ordre über den Grund- und Bodenbesitz sich vornehmlich gegen die Deutschen richtet, gesteht jetzt der amtliche „Dniewnik Warschawski" in dürren Worten zu. Wir geben aus dem Artikel die Hauptstellen wieder: „Der Ukas vom 14. März ist ein Beweis für das Wachsthum der nationalen Idee in Rußland. Er wird daher mit Recht von der russischen Presse freudig begrüßt. Die „friedliche deut sche Kolonisation" fand anfänglich Seitens der russi schen Regierung keinen Widerstand. Sie wurde von derselben unterstützt und gefördert. Die Verhältnisse waren aber damals ganz andere. Durch ökonomische, religiöse und politische Verhältnisse von ihrem Vater lande losgerissen, schufen sich die Deutschen im Ausland eine neue Heimath und waren aufrichtig und mit gan zer Seele ihrem neuen Vaterlande ergeben. Die Ge schichte Rußland's zählt nicht wenig hervorragende Staatsmänner, die von solchen Deutschen herstammten. Später wurde die deutsche Politik eine engherzige, selbstsüchtige. Der bis dahin nicht gefürchtete Drang nach Osten erhielt einen für Rußland unerwünschten Charakter. In den sechziger und siebziger Jahren wurden die westlichen Provinzen Rußland's von Deut schen überfluthet, welche mit ihrer früheren Heimath im innigsten Verkehr blieben. Dieser Verkehr nahm in den meisten Fällen einen politischen Charakter an. Würde Rußland im Falle eines Krieges mit Deutsch land nicht in eine äußerst kritische Lage gerathen, wenn es der deutschen Ueberfluthung nicht bei Zeiten einen Damm entgegensetzte? Die russischen Festungen an der Westgrenze, ja der ganze Kriegsschauplatz würde sich sofort in den Händen von Deutschen befinden, die zum größten Theil dem Soldatenstande angehören, welche in nächster Nähe das russische Leben und Kriegs wesen kennen lernen, die strategischen und politischen Schwächen Rußland's erforschen können. Die Bestim mung, daß in den westlichen Provinzen Rußland's nur russische Unterthanen Grundbesitz erwerben dürfen, erscheint daher für Rußland von höchster politischer Bedeutung. Ebenso wichtig ist die Bestimmung, daß in Polen keine Ausländer Stellen als Gutsverwalter bekleiden dürfen. Nirgend ist der deutsche Einfluß so mächtig, als in Polen, dessen intelligentere Bevölkerungs klasse vor lauter Bewunderung der deutschen Kultur sich ruhig unter das deutsche Joch beugte und von der stammverwandten slavischen Welt sich lossagte. Dadurch, daß die Bestimmungen des Ukas sich auch auf Han dels- und Industrie-Associationen erstrecken, wird gleichzeitig einer finanziellen Ausbeutung Polen's von der deutschen Spekulation vorbeugt." Das ist doch deutlich genug. Das russische Blatt ist aber mit keinem Worte im Stande, seine häßlichen Angriffe auf die Deutschen zu beweisen. Es hilft nichts, es ist That- sache; die Deutschen haben Rußland groß machen ge holfen, und zum Danke wird ihnen jetzt die Thür ge wiesen. Fort mit dem Deutschthum aus Rußland, das ist die Parole der inneren russischen Politik. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ueber das Befinden des Kaisers verlautet: Auch in der Nacht zum Donnerstag war der Schlaf wie- derholentlich gestört. Die Reizung der Augen geht aber zurück. Mittags um 12 Uhr erhob sich der Kaiser und empfing den Besuch des Kronprinzen, der von Potsdam nach Berlin gekommen war, und war dann noch einige Zeit im Arbeitszimmer thätig. Im Laufe der letzten Untersuchung des Kehlkopfleidens des Kronprinzen hat der vr. Mackenzie aus London im Beisein der deutschen Aerzte Professor Gerhardt, von Bergmann, Tobold, des Leibarztes vr. Wagner und der Frau Kronprinzessin einen operativen Einschnitt gemacht, der indessen von einer so geringen Bedeutung ist, daß die Abreise des Kronprinzen nach England auf den 13. festgesetzt ist. Der Kronprinz wird auf einem Landgute in der Nähe von London Wohnung nehmen und auch von seinem Leibarzte und dem Pro fessor Or. Gerhardt begleitet sein. Die Operation ist völlig geglückt. Der Erfolg der Operation erzielte eine überaus günstige Wirkung auf den Gemüthszu- stand des hohen Patienten, da die Möglichkeit, das Leiden durch innere Operationen zu behandeln, nun mehr nachgewiesen. Sollte die Wucherung nicht wie der zunehmen, so würde auch kein weiterer Eingriff nöthig sein. Der Kronprinz berichtete persönlich sei nem kaiserlichen Vater über die Operation, der beste Beweis, daß sie nicht bedenklich gewesen sein kann. Der Verein zur Wahrung der wirthschaftlichen In teressen von Handel und Gewerbe, von dem lange nicht die Rede gewesen, versendet Grundzüge für eine Arbeiter-, Wittwen- und Waisen-, Jnvaliden- und Altersversicherung. Vorgeschlagen wird die Bildung einer Reichs-Arbeiter-Versicherungsanstalt, deren Verwaltungskosten das Reich tragen soll. Die Bei träge für die Versicherung sollen nach dem Beitritts alter der Versicherten berechnet werden. Die Arbeiter sollen bis zu 2 Proc. des Normal-Arbeitslohnes an gehalten werden können, zur Versicherung beizutragen. Die Zuckersteuercommission des Reichstages hat die erste Lesung des Gesetzentwurfes beendet und den selben fast ganz nach der Regierungsvorlage angenommen. Die bayerische Militärverwaltung bildet die Festung Ingolstadt immer mehr zu einem befestigten Lager aus. Jetzt wird bereits das 13. Fort ge baut, das zwei Wegestunden von der Festung entfernt liegt. Der Zeitpunkt der Verkündigung des neuen Brannt weinsteuergesetzes, so schreibt die „Freis. Ztg.", hat durch die am Mittwoch angenommenen Commis sionsbeschlüsse eine große Bedeutung erlangt, insofern als vom Tage der Verkündigung ab sämmtliche Bren nereien bis zum 1. October in ihrer Production be schränkt werden sollen auf drei Viertel desjenigen Be trages, welchen sie in derselben Jahreszeit im vorigen Jahre gebrannt haben. Außerdem tritt mit dem Tage der Verkündigung des Gesetzes der erhöhte Zoll und die erhöhte Uebergangsabgabe in Kraft. Es ist an zunehmen, daß die Mehrheit des Reichstages und die Regierung den Termin für diese Verkündigung mög lichst beschleunigen werden. Wenn am künftigen Mon tag die zweite Berathung des Gesetzes im Plenum des Reichstages beginnt, so kann die dritte Berathung frühenstens am Freitag nächster Woche erfolgen. Die Verkündigung des Gesetzes ist daher frühestens in der Zeit zwischen dem 18. und 20. Juni zu erwarten. Die Berliner medicinische Gesellschaft hat sich mit 168 gegen 164 Stimmen für ein gesetzliches Verbot der gewerbsmäßigen Kurpfuscherei ausgesprochen. Das braunschweigische Staatsministerium hat dem Herzog von Cumberland das vom verstorbenen Her zog Wilhelm ererbte Jagdschloß Todtenrode, drei Stunden von Blankenburg belegen, für 40,000 Mark abgekauft. Die neue russische Zollerhöhung für Kohlen und Coaks ist am Donnerstag in Kraft getreten. Der bisherige Zoll ist verdoppelt worden. In Sonneberg bei Coburg sind etwa 80 Social demokraten aus der evangelischen Landeskirche ausgeschieden. Oesterreich-Ungarn. Im österreichischen Abgeordnetenhause wies der Abg. Siegmund auf die traurigen Erwerbsverhält nisse im böhmischen Erzgebirge hin, wo 1200 bis 1400 Personen jährlich sich mit musikalischer Va- gabondage beschäftigen müssen, weil sie keinen anderen Erwerb finden. Der Tagelohn sinke nicht selten auf 10—20 kr. Ein Strohhut, welcher in Wien um 4 bis 6 st. verkäuflich sei, werde den armen Gebirgs kindern um 40—60 kr. abgedrungen. Schließlich trat der Abgeordnete Siegmund für die Errichtung einer Musikschule in Preßnitz und einer Holzindustrieschule in Zinnwald ein und beantragte folgende Resolution: „Die k. k. Regierung wird aufgefordert, dem sich un ausgesetzt steigernden Nothstande der Bewohner des böhmischen Erzgebirges ihre vollste Aufmerksamkeit zu zuwenden, besonders aber in der Richtung, ob dieEr- werbsthätigkeit der Erzgebirgsbewohuer nicht durch eine