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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeratjon«- PreiS 22j Sgr. (j Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumcrlrt ans dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Friedrichs,fr. Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Aemiern. Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den 14. Juni 1841 Dänemark. Die Dänische Literatur im Jayre 1840- Die Dänische Literatur hat dem letzten Leipziger Meßkatalog zufolge die merkwürdige Erscheinung dargeboten, daß bei zwei Ko penhagener Buchhändlern, Reitzel und Höst, von einem Zeven mehr Werke verlegt worden sind, als von irgend einer der größten Deutschen Buchhandlungen. Letztere haben wohl einen zwanzigmal größeren Leserkreis, wenn man den so verbreiteten ausländischen dazu rechnet; denn die Dänische Sprache (Norwegen mitgezählt) sprechen noch nicht 2; Millionen Menschen. Dies ist gewiß ein in die Augen springen des Zeugniß von der Regsamkeit, welche die Nordischen Literaturen jetzt gewinnen, und wohl auch von der Bedeutung, die ihnen bevor steht. Dennoch wird ihnen die Anerkennung, welche, wie man sicht, ihnen jetzt schon zukommt, erst spät werden. ES verliert nämlich kaum eine Sprache so viel durch die Uebersctzung, als die Nordi schen. Ihr Hauptvorzug besteht darin, daß sie den ursprünglichen Volkssprachen, auS denen sie bestehen"), treuer geblieben sind, als jede andere der modernen Sprachen, und deshalb in Worten und Wendungen auch eine ursprünglichere Lebendigkeit und innigere Natür lichkeit besitzen, die beim Uebcrtragen in eine unserer künstlich gestal teten neuen Schriftsprachen gänzlich modifizirt werden muß. So ge hen die eigenthümlichen Schönheiten des Ausdrucks offenbar meist ver loren. Durch Uebersetzcn könnten sie doch aber gegenwärtig nur in vcrbrkltcterem Maße bekannt werden; denn so lange die Anforde rungen an Unterricht noch so encpklopädischer Natur bleiben, wie jetzt, so lange auch der weniger fähigen Hälfte nicht bloß Latein und Griechisch, sondern so viele andere Wissenschaften, sämmtlich im systematischen Detail ausgepackt, und dadurch die andere fähige Hälfte zugleich zurückgehaltcn wird, — wie höchst selten wird da Jemand Zeit finden, die er diesen Literaturen widmen könnte. Dies wird erst dann möglich seyn, wenn die Summe des encyklopädischen Wissens gar nicht mehr zu bestreiten und man daher cinsehcn wird, daß man das allgemein Nothwendige sehr wohl auf ein möglichst klein stes Maaß bringen und dadurch eine freiere geistige Bewegung nach Neigung und Beruf in dieser wie in anderen Richtungen eröffnen könnte. Kommen muß dies endlich, wenn auch noch nicht so bald. Die Hauptschwierigkeit liegt wohl nicht an den Lehrern, sondern darin, daß eS dem Staat dann sehr schwer fallen wird, ein unpar teiisches und gerechtes Eramenwesen herzustellcn. Letzteres ist jetzt zwar vorhanden, allein die allgemeinen Klagen von Lehrern und Ler nenden über unser Unterrichtswesen sind doch mittelbar durch dasselbe erzeugt. Jndeß zurück zu unserem Gegenstand. Die Eingangs angeführte Thatsache berechtigt indeß, daß man wenigstens bereits fragt, womit eine so bedeutende Literatur sich vorzugsweise beschäftigt, und deshalb will ich nachstehende Ucbersicht von ihren hervortretendsten Erzeugnissen aus dem vergangenen Jahre mittheilen. Bemerken muß ich aber im voraus, daß trotz der großen Anzahl herausgekommener Bücher bei weitem überwiegend die Journal-Literatur die Kräfte der Schriftsteller in Anspruch genommen hat; denn diese ist eS, die in den letzten Jahren die meiste Theilnahme und Aufmunterung fand, was sowohl im Gehalt als Aussehen der Journale große Verbesserungen hervorgerufen hat. Nur wenige Länder haben, im Verhältniß zu ihrer Größe und Volks menge, so viele Tages- und Wochenblätter als Dänemark, und dies gilt besonders von den Dänischen Provinzial-Städten. Die wichtigen Fragen, welche den Ständen zur Erwägung Vorlagen, so wie der Thronwechsel überhaupt, boten der journalistischen Presse einen vorzüg lich reichen Stoff dar. Wir wollen uns nun aber zuerst zu der Bücher-Literatur wenden. In der Theologie war ein Entwurf zu einem neuen Kirchen ritual und Altarbuch (Agende) veröffentlicht worden; vom Könige wurde eine Kommission zur Prüfung dieses Entwurfes niedergesetzt, die ihre Verhandlungen am Schluß des Jahres 1840 beendet hat, und man kann also bald den Resultaten entgegensetzen. Während des ganzen Jahres aber hatte dieser wichtige Gegenstand die Thätigkeit der Schriftsteller und mannigfache Betrachtungen hervorgerufen: vor Mem zogen Mynster's „Erläuterungen" zu jenem Entwurf nicht allein wegen ihrer Gründlichkeit, sondern auch wegen des ernsten 'I Der Gothischen, von der aber nur Ulstla'S Uebersetzuna des neuen Testamentes noch vorhanden, und der altnordischen oder Isländischen, deren Literatur bekanntlich reich ist. Wortes, was er darin gegen die stillstehende Partei in der Kirche aussprach, die Aufmerksamkeit auf sich. Hieraächst fand einen auS- gebreitetcn Beifall eine scharfsinnige Schrift H. N- Clausen's: „Hermeneutik des neuen Testaments", die auch sogleich von C. Schmidt-Phiseldeck ins Deutsche übersetzt worden ist; des gelehrten Kirchcnhistorikers C. T. Engeltoft: „Geschichte der Liturgie in Dänemark; des geistreichen Martensen'S: „Meister Eckardt", eine Beleuchtung des religiösen Systems dieses mittelalterlichen Deutschen Philosophen, und endlich Bindesdöll's kirchliche Reiseberichte auS Sachsen, Böhmen und Bayern, denen jetzt nächstens die aus Wien folgen werden, worauf man alle Ursache hat, gespannt zu sevn, und wovon ebenfalls eine Deutsche Uebersctzung herauskommt. Erne ver diente Aufnabme ist auch Hjort's herrlicher Sammlung geistlicher Lieder zu Theil geworden. Sie zeichnet sich dadurch vor Deutschen aus, daß die modernen ersten Dichter des Volkes fast sämmtlich sehr reichlich beigesteucrt haben, Oehlenschläger, Jngemann, Blicher, Grundtvig, Wclhaven, Hauch, von Letzcrcm auch sehr schöne Uebcr- setzungcn Mar Schenkenborfschcr Lieder; köstlich aber und mit einem poetischen Feuer, wie ich sie in keinem Gesangbuch einer anderen Sprache gesehen, sind die Lieder des Bischofs Kingo aus dem Ende des I8tcn und dem Anfang des vorigen Jahrhunderts; auch eins von Gustav Adolf und mehrere von Luther. In der Gesetzkundc ist Rosenvinges Kirchenrecht und seine neue Ausgabe „geistlicher Reskripte" beendet; C- E. Hertz höchst ver- dienstvolle „Bemerkungen zu Christian des Fünften Gesetz" (dem Dänischen allgrnteinen Landesrechte) sind bis zum 4tcn Buche vor gerückt und Bangs und Larsens „Prozeß" fortgesetzt. Am meisten hat aber die allgemeine Aufmerksamkeit sich solchen Arbeiten zugewandt, die Gegenstände des administrativen Rechtes behandelten, und darunter vorzüglich Sponneck's Werk über Zollwcscn im All gemeinen und das Dänische Zollwesen insonderheit, welches auch bereits im Auslande Beifall gewonnen hat. Das Dänische Steuer wesen ist von Brink-Seidelin und Steenfeldt und Zunftwesen und Nahrungsfrciheit von Bergsöe und O. Müller beleuchtet worden. Hierüber noch Einiges bei der statistischen und der Jour nal-Literatur. In der Heilkunde ist hervorzuhcben die Fortsetzung der Phy siologie von Eschricht, von welchem Gelehrten die Berliner Akade mie zuweilen interessante Untersuchungen mittheilt, und das von Uldall mit großer Sorgfalt ausgearbeitete „Handbuch der Gesund heits-Polizei", eine von der Gesellschaft Philiatrie hervorgerufcne Preisschrift, die ein gefühltes Bedürfniß erfüllt. Ferner ist die von der Gesundheits-Polizei veranlaßte, mit vielem Fleiß ausgearbeitete Schrift von Bremer: „das Medizinal-Personal und die Mcdizinal- Anstalten in Dänemark" von Werth, vr. Levy hat eine gründliche Abhandlung über Perforation und Kaiserschnitt hcrausgegeben; Fun gers Dissertation: ftuiä kaeiani sets8 snnigue tempii8 Sil mor- burum tregueniism, ist auch in statistischer Hinsicht interessant. End lich kam auch im Jahre 1840 die viele Jahre hindurch verhandelte neue?ksrmseopses vsniea heraus, die verschiedene Kritiken und Antikritiken veranlaßte. Unter den Gelegenheitsschriften zeichnet sich Etatsrath O. BangS ausführlicher Bericht und Beschreibung des König!. FredecikS-HospitalS, her großartigsten unter den vielen ähn lichen Anstalten, um welcher willen Kopenhagen im Rufe steht, auS; und noch mehr Beifall hat desselben Schriftstellers „kurze Kranken diätetik" gewonnen, die dreimal im Laufe des Jahres aufgelegt wurde. Sowohl von fremden medizinischen, als chirurgischen Schrif ten kamen viele Uebersctzungen heraus. Die philologische und überhaupt linguistische Literatur hat auch keinen geringen Zuwachs erhalten. Als eine vortreffliche Arbeit müssen Wesenberg's Lmensskiones in Oieeroniz epislo- Iss erwähnt werden. Unter den Uebersctzungen alter Klassiker, einer ähnlichen, wie unsere Deutschen, zeichnet sich der Euripides des leider zu früh verstorbenen Prof. E. Wilster so sehr als ein dichteri sches Kunstwerk aus, daß sie bereits in demselben Jahre die 2te Aus lage erlebte; für ein solches Buch gewiß etwas Außergewöhnliches. Der als Griechischer Literator bekannte vr. Lange hat den Anfang einer „allgemeinen Grammatik" herausgegeben. Auch die Behand lung der neueren Sprachen ist nicht unbedeutend gewesen. Prof. Meisling hat eine Spanische Grammatik und Chrestomathie herauS- gegeben; Garboe, Türen u. M. Wörterbücher über die Englischen und Französischen See-Tcrmini. Bor ring hat ein ausführliches Französisch-Dänisches und Dänisch-Französisches Lerikon begonnen, in welchem die letzten Veränderungen beider Sprachen sorgfältig