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Mit ungewöhnlicher Schnelligkeit und Beflissenheit hat der amtliche Pariser Dementierapparat gegenüber der aufsehenerregenden Erklärung des Abgeordneten Archim- baud über das französisch-russische Militär abkommen gearbeitet. Es war auch nötig: die von dem Heeresberichterstatter der Kammer ausgeplaudcrten Offenherzigkeiten haben in der ganzen politischen Welt gewirkt wie eine unversehens hochgcgangene Flattermine. Man kann sich vorstellen, daß Herr Archimbaud, der Held des Tages, für seine so undiplomatische Formulierung unmittelbar nach seinem Auftritt unter vier Augen einen kräftigen Anpfiff von Herrn Laval bekommen hat Das geht uns nichts an. Um so mehr geht uns die Sache selbst an. Und da kann man zunächst feststellen, daß die „redi gierte Fassung" der Kriegspakterklärung in ihrem ent scheidenden Sah fast noch schlimmer ist als die ^or dem Heeresausschuß gesprochenen Worte. „In der Er kenntnis, daß die Haltung Deutschlands den Frieden zu gefährden droht . . .", so steht es jetzt in der offiziellen Übertragung des Stenogramms. Daß das eine Ab schwächung gegenüber dem vorher Gesprochenen sein soll, kann niemand einschen, um so weniger, wenn die folgenden Worte nicht nur die Tatsache militärischer Ab machungen, sondern auch die besondere Formung dieser Abmachungen für einen Konfliktsfall mit Deutschland bestätigen. Wir wollen hier nicht die bekannten offiziellen deut schen Friedenserklärungen wieder aufzählen; wir haben das schon deshalb nicht nötig, weil nicht wir Deutschen es sind, die sich gegen den Vorwurf der kriegsbctreibcndeu Aufrüstung und der militärisch unterbauten Einkreisungs politik zu verteidigen Haven. Wir wollen auch nicht die zahlreichen Fälle ans der Nachkriegsgeschichte aufzählen, in denen Frankreich jedesmal, wenn es bei einem neuen Akt der Friedensstörung vor aller Welt bloßgestellt war, Deutschland als den Schuldigen und Böswilligen hinstellte, das ist Jahrhunderte alte französische Tradition, die in der Politik alle Gesetze des Rechtes, der Moral und des Gewissens grundsätzlich ausschaltct. Es geht mit diesem französisch-russischen Abkommen genau so wie mit den durch Indiskretionen bekanntgewordenen Militär abkommen Frankreichs mit Polen, mit der Kleinen Entente, mit Belgien und mit dem französisch-englischen Marineabkommen, das durch den Pariser Vertreter der amerikanischen Hearstpresse im September 1929 aufgedeckt wurde. Nach der Satzung des sogenannten Völkerbundes müssen alle zwischen Völkerbundsmitgliedern ab geschlossenen Verträge, Abkommen usw. in Genf in ihrem Wortlaut hinterlegt und registriert werden; da der „Völkerbund" nichts anderes wie eine außenpolitische Faktorei des Quai d'Orsay ist, ist es Frankreich nicht im Traume eingefallen, solche Pakte der kriegerischen Ein kreisung in Gens satzuugsgemäß registrieren zu lassen, nicht etwa deshalb, weil man damals noch mit Deutsch land am selben Ratstisch saß, sondern weil man seine besten Trümpfe für einen entscheidenden Schlag in der Hand behält. Es ist hier ganz gleichgültig, ob es sich bei dem Sachverhalt, der den Ausplaudereien des Herrn Archimbaud zugrunde liegt, um ein regelrechtes Militär bündnis mit allen Hilssverpflichtnngen oder um einen Teilpakt in Form eines militärischen Luftabkommens oder sonst was handelt. Das wäre Streit um Worte, überdies läßt selbst die „redigierte Fassung" für keinen Kundigen mehr einen Nest des Zweifels übrig. Sie ist deutlich genug. Sie würde in der Vorkriegszeit zum mindesten den Abbruch der diplomatischen Beziehungen, wenn nicht mehr, bedeutet haben. Wozu also noch dieses automatische „Dementi", das in heutigen Zeilen niemand mehr als etwas anderes denn als Bestätigung ansieht und das sich zudem mit rein formellen Dingen be faßt. Nichts ist in der Politik törichter als Illusionen, halten wir uns also an die Tatsachen. Und da muß man sich auch, so gern man die Rede des französischen Kriegsministers General Mauroin als Beschwichtigung für seine eigenen Landsleute und als Entgegenkommen nach Deutschland hin nehmen möchte, aller wunschbestimmten Gefühle enthalten und bei der Wirklichkeit bleiben. Und die sieht eben so aus, daß General Mauroin in der gleichen Rede, in der er die Folgen der Archimbaudschen Explosion einzuschränken d'ersucht, u. a. von den „riesige n Verdiensten des fran zösischen Militärattaches um die Annäherung zwischen dien beiden Armeen" gesprochen hat — das ist alles andere als eine Widerlegung jener Bündnis- ei-klärung. Und der General hat es auch nicht für nötig ge halten, den von Archimbaud in der Kammer verteilten LLHantasiebericht über die Reichswehr als baren Unsinn zu liezeichnen, obwohl gerade der General und Kriegs- rninister genau weiß, daß Deutschland eine kriegs- berwendungsfähige Mannschaft von 514 Millionen Mann (!) höchstens auf dem Monde, aber nicht in seinen Grenzen hat. Nein, diese Rede schafft die Pariser Minenerplosion Nicht aus der Welt. Das ist zweifellos auck die Ansicht Asger MW Universität gestürmt. Deutsche Studenten von den tschechischen Angreifern verletzt Die rechtlich und geschichtlich völlig unbegründet« Forderung der tschechischen Regierung nach übergabt der Gründerurkunde und der Kleinodien der uralten Prager Deutschen Universität an die dortige tschechische Universität hat bereits zu schweren Zwischen fällen geführt. Wir erfahren darüber folgendes: Als die Weigerung der Prager Deutschen Universi tätsbehörde, die Insignien hcrauszugeben, bekannt wurde, sammelten sich die tschechischen Studenten und zogen vor die Deutsche Universität. Dort ist dann ein heftiger Straße nkampf zwischen den deutschen Studierenden und den tschechischen Angreifern ausgebrochen. Dies« versuchten, die Gebäude der Deutschen Universität zu stürmen. Tron der Abwehr der deutschen Studenten, di« sich in der Minderzahl befanden, gelang es den Tschechen schließlich, in die Universität cinzudringen. Nun ging der Kamps mit gesteigerter Heftigkeit im Innern weiter. Tische und Stühle wurden demoliert, nnd die Kämpfen den schlugen mit Stuhlbeinen und Tischbrettern aufein ander ein. Schon nach kurzer Zeit waren mehrere deutsche Studenten ziemlich schwer verletzt. Eine empörende Rolle hat nach den bisherigen Meldungen die tschechische Polizei gespielt. Wäh rend der Abwehrkampf der deutschen Studierenden g< gen die tschechischen Angreifer iw Gange war, die noch durch Zuzug aus der Volksmenge verstärkt wurden, rief einer der deutschen Professoren von einem Fenster des Uni- vcrsitätsgcbäudcs aus den tschechischen Polizisten zu, sie sollten sofort die Kämpfenden anseinanderbringen und die cingcdrungcnen tschechischen Studenten entfernen. Die tschechischen Polizeibcamtcn weigerten sich jedoch, obwohl sie hörten und sahen, was vorging. Sie er klärten, sie dürften erst auf ausdrückliche Anweisung der Behörde die Universität betreten. Die Polizei hat sich dabei auf das alte Vorrecht der Universitäten berufen, daß nur die Univcrsttätsbehörden selbst der Polizei die Genehmigung zum Betreten ihrer Gebäude geben können. Natürlich ist eine Berufung aus diese alte Klausel in einem schweren Fall sinnlos; außer dem hatte ja ein Mitglied des Lehrkörpers der Deutschen Universität die Polizei ausdrücklich zum Eingreifen auf gefordert. Man muß also annehmen, daß die tschechischen Polizisten nicht eingrcifcn wollten und lieber ihre Landsleute diesen schweren Land friedensbruch begehen ließen, als ihre Pflicht zu tun und die Deutschen gegen die tschechischen Angreifer in Schutz zu nehmen. Wenn sich die Tschechoslowakei nicht außerhalb der Reibe der Kulturstaaten stellen und den deutschen Bevölke rungsanteil nicht für immer aufs schwerste verbittern will. dann muß sie diesen von ihr selbst heraufbeschworenen schweren Konslikt so aus der Welt schaffen, daß die Deutsche Universität und damit die deutsche Bevölkerung eine angemesseneGenugtuung erhalten. Schon vor einer Reihe von Jahren wurde der Universität der Name „Karls-Universität", den sie bei ihrer Gründung vor mehr als einem halben Jahrtausend erhalten hatte, entzogen und der tschechischen Universität gegeben — eine geschichtlicke Unmöglichkeit, die zudem ein schweres Un recht gegenüber der Deutschen Universität war. Die Tscheche! hat allen Anlaß, dieser uralten Kulturstätte deut schen Geistes dankbar zu sein und sich immer wieder daran zu erinnern, daß von den rund 15 Millionen tschechischen Staatsbürgern nicht weniger als 3Vü Millionen Deutsche sind. Die deutschfeindlichen Ausschreitungen hielten auch während des ganzen Sonntags weiter an. Sie nahmen am Nachmittag einen größeren Umfang an, als sich an mehreren Plätzen der inneren Stadt erst Hunderte, bald aber Tausende von tschechischen Faschisten zusammenfanden, um gegen alles Deutsche zu demon strieren. In starken Trupps zogen die Manifestanten gleich zeitig gegen das Deutsche Haus, das Deutsche Theater, gegen deutsche Kaffeehäuser, gegen die Uni versität und die Urania, wo sie ungehindert längere Zeit hindurch haßerfüllte Kundgebungen veranstalteten. Erst nach Einbruch der Dunkelheit, als die Lage gefahr drohend zu werden begann, schritt die Polizei ein. Die Beamten wurden jedoch immer wieder durch Spott lieder verhöhnt, auch wiederholt durch Steinwürf« tätlich angegriffen. Den Höhepunkt erreichte« die Ausschreitungen gegen acht Uhr abends auf den» Graben, wo zahlreiche Schaufensterscheiben großer Warenhäuser zertrümmert wurden, deren Besitzer als Deutsche oder Juden bekannt sind. Aus der Menschenmenge wurden immer von neuem Schmährufe laut wie „Nieder mit den Deutschen!", „Schlagt sie tot!", „Heraus mit den Insignien!", „Hinweg mit den Emigranten!" Von deutscher Seite wurde ein am Sonntagabend herausgegebener Erlaß des Prager Polizeipräsidiums mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, da durch ibn die Wachleute endlich zu einem rücksichtslosen Vor gehen gegen die Ruhestörer aufgefordert wer- den. Die Wirkung dieser Anordnung zeigte sich noch in der Nacht dadurch, daß sehr viele Verhaftungen vorgenommen wurden. Die bürgerliche Prager Presse verurteilt zum größten Teil die ungeheuerlichen Ausschreitungen der tschechischen Studenten. Des Führers Eine Unterredung mit dem französischen Frontkämpfer- sührcr. Die französische Presse beschäftigt sich nach wie vor mit einer Unterredung, die derFührer undReichs kanzler vor einiger Zeit dem Führer der französischen Nationalen Vereinigung ehemaliger Frontkämpfer, Goy, gewährt hat, wobei die französischen Zeitungen sich zum Teil in übelwollenden Bemerkungen und geflissentlichen Mißdeutungen ergehen. Zur Klarstellung und objektiven Würdigung der Ausführungen des Führers über die da.utsch-französischen Beziehungen wird jetzt vom DNB. mitgeteilt, daß der Führer nach den Mitteilungen des Herrn Goy u. a. folgendes erklärt hat: „Zwischen unseren beiden Völkern darf cs keine Miß verständnisse geben. Die gegenwärtigen Schwierig keiten gehen vom Saarproblcin aus. Die französische Presse schien die Annahme auskommcn zu lassen, daß »vir Deutschen einen Putsch vorbereiteten. Es ist reine Torheit, zu glauben, daß Deutschland durch Gewalt anwendung die kommende Volksbefragung zu stören in London, sonst würde man nicht in den dortigen großen Blättern Überschriften lesen wie „Rußland mar schiert mit Frankreich" oder „Amtliche Enthüllungen aus Paris gegen Deutschland". Zur selben Stunde aber, als diese unheilschwangere Debatte in der Pariser Kammer war, sprach in Berlin Reichsminister Dr. Goebbels wieder von Deutschlands Verständigungsbereit schaft — hier die offene Hand, drüben Kanonen nnd Kricgsbündnisse. P. A. R. Friedenswille. suchen will. Ich erkläre formell, daß wir uns vor dem Ergebnis der Volksabstimmung, gleichviel, wie sie ausfällt, beugen werden." Als das Gespräch dann auf die Verträge über gegriffen habe, habe der Führer lebhaft von den mora lischen Ehrenforderungen des deutschen Volkes gesprochen und hinzugefügt: „Es kann von einer Ver setzung eines Grenzpfahles nicht die Rede sein. Sie kennen meine Auffassung hinsichtlich Elsaß-Lothringens. Ich habe ein für allemal erklärt, daß es keine Lösung wäre, alle zwanzig oder dreißig Jahre Krieg zu führen, um Provinzen wieder zu nehmen, die Frankreich stets Schwierigkeiten verursachten, wenn sie französisch waren, und Deutschland, wenn sie deutsch waren. Hier denkt das heutige Deutschland nicht so wie das frühere Deutschland. Wir denken nicht an zu erobernde Quadratkilometer von Gebiet. Wir haben die Sicherung des Lebens unseres Volkes im Auge. Worauf es jetzt ankommt, ist, zu arbeiten, um eine neue soziale Ordnung her zustellen. Man wird andeuten können, ich suchte nur Zeit zu ge winnen, um meine Vorbereitungen zu vollenden. Daraus antworte ich, daß mein Arbeitsplan derartig ist. daß der Mann, der das Ziel wird erreichen können, das ich mir gesteckt habe, von der Dankbarkeit seines Volkes ein viel größeres Denkmal verdienen wird als dasjenige, das ein ruhmreicher Führer nach zahlreichen Siegen ver dienen konnte. Wenn Frankreich und Deutschland sich verständigen, so wird eine große Anzahl von Nachbarvölkern einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen, und ein Alpdruck würde verklbwinden.