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Großenhainer Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. AK L8S4 Donnerstag, den 9. Juli so Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. 9nsertton86 «trage von auswärts sind in Post marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Onseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Bekanntmachung, die Anmeldungen zur Königlichen Unteroffiziersschule in Marienberg betreffend. Die nächste Aufnahme in die Unteroffiziersschule findet am 1. October d. I. statt und wird Nachstehendes dazu bekannt gegeben. 1. Die Unteroffiziersschule hat die Bestimmung, junge Leute, welche sich dem Militär stande widmen, zu Unteroffizieren heranzubilden, und erhalten die jungen Leute gründliche militärische Ausbildung und Unterricht in alle Dem, was sie befähigt, s. Z. bei sonstiger Oualification auch die bevorzugteren Stellen des Unteroffiziersstandeö resp. des Militär- Verwaltungsdienstes zu erlangen. Der Cursus in der Unteroffiziersschule ist, sofern der Eintritt der Zöglinge nicht gleich in eine höhere Classe der Schule erfolgt, ein dreijähriger. Diejenigen Zöglinge, welche das 17. Lebensjahr erreicht haben, treten vollständig in die Gebührnisse eines Soldaten, während allen Uebrigen auch bis dahin die gesammte Verpflegung, Kleidung und Erziehung gratis gewährt wird. Der Aufenthalt in der Unteroffiziersschule an und für sich giebt den jungen Leuten keinen Anspruch auf die Beförderung zum Unteroffizier. Solche hängt lediglich von der guten Führung, dem bewiesenen Eifer und der er langten Dienstkenntniß des Einzelnen ab. Nach Beendigung des Cursus werden die be treffenden jungen Leute in die Armee vertheilt und zwar als Gemeine, wobei jedoch nicht ausgeschlossen bleibt, daß die Vorzüglichsten, welche bereits in der Anstalt zu Gefreiten, resp. zu überzähligen Unteroffizieren ernannt werden können, sogleich in etatsmäßige Ge freiten, resp. Unteroffiziersstetten cinrücken. In Bezug auf die Vertheilung der ausscheidenden jungen Leute an die resp. Truppeu- theile ist in erster Linie das Bedürfniß in der Armee maßgebend, in zweiter Linie sollen die Wünsche der Einzelnen in Betreff der Ueberweisung zu einem bestimmten Truppentheil nach Möglichkeit berücksichtigt werden. 2. Unteroffiziersschüler, welche nicht die bestimmte Aussicht gewähren, die Oualification zum Unteroffizier zu erlangen, werden vorbehältlich ihrer späteren gesetzlichen Militär- Dienstpflicht aus der Unteroffiziersschule entlassen. 3. Der in der Unteroffiziersschule Aufzunehmende muß n) wenigstens 14 Jahre alt und confirmirt sein, darf aber das 18. Lebensjahr noch nicht wesentlich überschritten haben, d) muß eine Körper-Constitution haben, die ihn als künftig befähigt zum Eintritt in die Armee erscheinen läßt, e) muß sich tadellos geführt haben, ck) muß zum Mindesten leserlich und richtig schreiben und lesen und die vier Species rechnen können. e) muß unter Zustimmung und unter Beitritt seiner Eltern bez. seines Vormundes und der noch lebenden Mutter sich verpflichten, über den gesetzlich vorgeschriebenen 3jährigen activen Dienst hinaus für die in der Unteroffiziersschule verbrachte Zeit noch einen gleichen Zeitraum activ weiter zu dienen. 4. Die Anmeldungen zur Unteroffiziersschule müssen unter Beifügung n) des Geburtsscheines resp. Taufscheines, sowie des Confirmationsscheines, b) eines Führungsattestes seiner Ortsobrigkeit und seines Lehr- oder Brodherrn, e) eines Schulzeugnisses, (l) die unter 3 sub s aufgeführte Verpflichtung bez. Zustimmung seines Vaters oder Vormundes zum Eintritt in die Unteroffiziersschule — dieselbe muß entweder gerichtlich oder durch die protocollarische Erklärung dieser Personen bei'm Landwehr - Bezirks- Commando resp. bei dem Commandeur der Unteroffiziersschule erfolgen — bis zum 1. September d. I. bei dem Commando der Unteroffiziersschule zu Marienberg oder bei dem heimathlichen Landwehr-Bataillons-Commando bewirkt werden. Die Angemeldeten werden sodann, sowohl in körperlicher als auch in geistiger Be ziehung von dem Commandeur der Anstalt, bez. dem Landwehr-Bataillons-Commandeur, unter Zuziehung eines Militär-Arztes einer Prüfung unterworfen, über deren Erfolg Bericht an das Kriegs - Ministerium zu erstatten ist, welches hierauf wegen der Aufnahme sämmtlicher Angemeldeten Entschließung faßt. 5. Der Einberufene muß mit ausreichendem Schuhzeug, 2 Hemden und mit 2 Thalern, zum Ankauf der nöthigen Utensilien zur Reinigung der Armatur und Bekleidung ver sehen sein. Dresden, den 1. Juli 1874. Kriegs-Ministerium, von Fabrice. Bekanntmachung. Nachdem die Wählerliste für die bevorstehende Kirchenvorstandswahl in Großenhain zusammengestellt und vom Wahlausschüsse geprüft worden ist, soll die Wahl selbst nächsten Sonntag den 12. Juli sofort nach Beendigung des Vormittagsgottesdienstes stattfinden. Der Wahlausschuß wird im Mittelgange der Kirche von der Brautpforte her Platz nehmen und die abgegebenen Stimmzeddel entgegennehmen. Die Wähler der Stadt Großenhain werden daher hiermit gebeten, „ihr Augenmerk auf Männer von gutem Rufe, bewährtem christlichen Sinne, kirchlicher Erfahrung und Einsicht zu richten" und die Stimmzeddel, mit je 6 Namen beschrieben, in die Wahlurne persönlich einzulegen. Möchten alle ohne Ausnahme, welche als Wähler sich haben eintragen lassen, nun mehr auch ihre Stimmen abgeben und so ihre Theilnahme an den kirchlichen Angelegen heiten abermals bethätigen. Großenhain, am 9. Juli 1874. Der Wahlausschuß des Kirchenvorstandes. k. Clauß, 8. Bekanntmachung. Auf Ansuchen der oberhalb der Stadt an dem Röder-Neugraben gelegenen Gemeinden findet das Abschlagen wie die Räumung desselben erst am 16., 17. und 18. August «. e. statt. Großenhain, den 8. Juli 1874. Der Rath. Ludwig-Wolf. Tagesnachrichten. Großenhain. Am Dienstag Abends 6 Uhr 50 Mi nuten passirte Se. Majestät der Kaiser Alexander von Rußland, bekanntlich von einem den königlichen Mäjestäten von Sachsen in Pillnitz abgestatteten Besuche kommend, mittelst eines aus 55 Achsen bestehenden und von zwei Locomotiven gezogenen Extrazuges unsere Stadt. Im Bahn hofe eingefahren, hielt der Zug kurze Zeit, und es verließ der kaiserlich russische Gesandte am sächsischen Hofe, Geh. Rath von Kotzebue, welcher den Kaiser bis an die letzte Station in Sachsen begleitet hatte, nach Verabschiedung von seinem Monarchen den Wagen, worauf alsbald der Extrazug weiter fuhr. Mit dem fahrplanmäßigen Zuge ist hierauf der Herr Gesandte nach Dresden zurückgekehrt. Eine große Menge Publicum war auf dem Bahnhose anwesend, um den seltenen Besuch zu sehen. Sachsen. Se. Majestät der Kaiser von Rußland ist am 7. Juli Nachmittags 2 Uhr, über Leipzig von Weimar- kommend, in Dresden eingetroffen und im Leipziger Bahn hofe, auf dessen Perron eine Ehrencompagnie vom Schützen- regimente Prinz Georg Nr. 108 mit der Regimentsmusik aufgestellt war, von Sr. Majestät dem Könige und Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg begrüßt worden. Die Musik spielte bei der Ankunft des kaiserlichen Extrazuges die russische Nationalhymne. Nach mehrfachen Begrüßungen distinguirter Personen erfolgte die Weiterfahrt nach Pillnitz, woselbst der Kaiser von Ihrer Majestät der Königin, sowie von Ihren königl. Hoheiten der Frau Herzogin von Genua und der Frau Prinzessin Georg empfangen wurde. Auf der Eisenbahnstation Niedersedlitz war eine EScadron des Gardereiterregiments aufgestellt, welche die von den aller höchsten und höchsten Herrschaften dort bestiegenen Hofwagen bis zur Elbe begleitete, während in Pillnitz eine Compagnie des Leibgrenadierregiments Nr. 100 die Ehrenwache bildete. Gegen ^4 Uhr fand im großen Saale des neuen Schlosses zu Pillnitz das Diner statt, worauf V26 Uhr die Abreise des Kaisers Alexander von dort erfolgte. Se. kaiserliche Majestät begab sich von Niedersedlitz aus direct nach dem Leipziger Bahnhofe in Dresden und setzte kurz nach 6 Uhr über Großenhain, Cottbus, Guben rc. die Weiterreise zu nächst nach Warschau fort. Am 4. Juli hatte, wie dem „Dr. I." aus Oschatz berichtet wird, die Ehefrau eines dasigen Fuhrmanns beim Verlassen ihrer Wohnung ihre vier Kinder im Alter von 7 Monaten bis 5 Jahre eingeschlossen. Nach einer halben Stunde zurückkehrend, hat sie die Stube durch Anbreunen des Kohlenkastens voll Rauch und die drei jüngsten Kinder erstickt vorgefunden. Alle Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Auf dem Bahnhofe zu Zwickau ist am 4. Juli ein Post packer, als er den Postkarren vom Gleise wegsckaffen wollte, von einem Rangirzuge überfahren und sofort getödtet wor den; er hinterläßt eine Witwe und zwei Kinder. In Weigsdorf bei Bautzen brach am 5. Juli in dem Wohnhause des Handarbeiters Große Feuer aus, welches mit rasender Geschwindigkeit nm sich griff. Als anscheinend alle Personen das Haus verlassen hatten, vermißte Große seinen achtjährigen Enkel, der in der Verwirrung vergessen worden war. Ohne Zögern stürzte er zurück in das bren nende Haus, um den Knaben zu retten. Allein es gelang ihm nicht; er selbst hat den Ausweg nicht mehr erreicht und so mit seinem Enkel den Tod in den Flammen gefunden. Preußen. Der „St.-A." vom 6. Juli publicirt die von Sr. Majestät dem Könige unterm 28. Juni von Ems erlassene Verordnung, welche bestimmt, daß für den Umfang der preußischen Monarchie die Reichsmark-Rechnung vom 1. Januar 1875 ab für den Verkehr bei den öffentlichen Kassen und für den allgemeinen Verkehr eingeführt wird. Bei dem Weihbischof Janisczewsli und dem Domdechant Grandke in Posen wurde am 5. Juli eine Haussuchung vorgenommen, welche angeblich die Auffindung einer dem Ersteren vom Papste ertheilten Vollmacht zur Verwaltung der beiden Erzdiöcesen Posen und Gnesen zum Zweck gehabt hat. Wie verlautet, hat JanisczewSki die Frage, ob er eine solche Vollmacht besitze, bejaht, die Vollmacht selbst ist aber nicht gefunden worden. Das Kreisgericht zu Paderborn beschloß am 4. Juli, die von dem Bischöfe Martin verwirkte und von einem dasigen Bürger bezahlte Geldstrafe von 400 Thlr., des dagegen von Seiten des Bischofs erhobenen Widerspruchs ungeachtet, zu behalten und den Bischof demgemäß von der eventuell erkannten Haft zu liberiren. — Das Appellations gericht daselbst hat auf den Protest des Bischofs Martin gegen diesen Beschluß des Kreisgerichts die Acten eingefor dert und wollte, dem Vernehmen nach, am 7. Juli über den Protest des Bischofs verhandeln. Nachdem in der letzten Zeit mehrfache Auflehnungen der Knechte und Dienstleute gegen die Amtsvorsteher stattgefun den hatten, Amtsgefängnisse demolirt und die darin befind lichen Arrestanten befreit worden waren, sind am 6. Juli in Medenau bei Königsberg größere Unruhen ausgebrochen, so daß Militär requirirt werden mußte; circa 100 Personen wurden verhaftet. Oesterreich. Fürst Milan von Serbien wird qm 12. Juli in Wien eintreffen und sich alsdann zur Be grüßung des Kaisers und der Kaiserin von Oesterreich nach Ischl begeben, wo gleichzeitig auch der deutsche Kaiser an wesend sein dürfte. Frankreich. In der Sitzung der Nationalversamm lung am 4. Juli richtete Lucien Brun an die Regierung die Anfrage, ob die Suspension des Journals „Union" wegen der Veröffentlichung des Manifestes des Grafen v. Chambord erfolgt sei. Der Minister des Innern er widerte, der Suspendirung des genannten Journals liege ein doppeltes Motiv zu Grunde, die fortdauernden Angriffe desselben auf die Regierungsgewalten des Marschalls Mac Mahon und die Publication des Chambord'schen Manifestes. Die Regierung habe ungern diese Maßregel ergriffen; aber indem sie sich über die Parteien stelle, habe sie ihre Pflicht am besten zu erfüllen geglaubt, wenn sie verlange, daß die gesetzlichen Bestimmungen, welche die Nationalversammlung am 20. November v. I. in Betreff der Regierungsgewalt des Marschalls Mac Mahon angenommen habe, in vollem Maße respectirt würden. Der Minister fügte hinzu, der Marschall-Präsident werde stets die Erfüllung des gesetz lichen Zustandes und die Wohlfahrt des Vaterlandes allem Anderen voranstellen. Lucien Brun erklärte, daß er durch die Beantwortung seiner Anfrage feiten des Ministers nicht zufrieden gestellt sei, und meldete eine weitere Interpellation