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Tchönbmger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Sonntags eine Gratisbeilage „Der Erzähler". Preis vierteljährlich 1 Mk. 50 Pf. Alls Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Bestellungen an. Jnsertionsgebühren pro kleingespaltens Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nicht abonnenten 10 Pf- Jnseraten-Annahme für die nächsterscheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. 142. Waldenburg, Sonntag, den 22. Zuni 1879. Holzauktion auf Niederwaldenburger Revier. Station Waldenburg der Muldenthalbahn. Im Gasthof zum Hirsch in Altstadtwaldenburg sollen Montag, den 30. JttNi 1879, von Vormittags 9 Uhr an 1 eichener Slamm von 30 em. Mitlenst. und 9 in. Länge,' 175 Nadelholz-Stämme von 12—40 em. Mittenstärke, im Forst, 23 - -Klötzer - 22—49 - Oberstärke, in der Eich- 1,g» Hundert Nadelholz-Stangen von 3—6 ein. Unterstärke, 7,5« 4,s« 0,eo 2 Rmtr. 46 - - - 7—9 - - - 10-12 - - -13—15- -Nutzscheite, 1 in. lang, -Nutzrollen, 4 - - laide, im ' Haubler, Naundorf und Callen- berger Holze 41 Rmtr. Laubholz-Scheite, i 106 - Nadelholz- - 37 - Laubholz-Rollen, s im Forst, in der Eichlaide, im Haubler, 27 - Nadelholz- - l Naundorf und Callenberger Holze 59,4 Hundert Laubholz-Reisig, i 70,4 - Nadelholz- - - unter den im Termine bekannt gemacht werdenden Bedingungen und bei den Stämmen, Klötzern und Stangen entweder gegen sofortige Bezahlung oder zum mindesten gegen Erlegung des fünften Theils der Erstehungs- summe, bei den übrigen Hölzern nur gegen sofortige volle Bezahlung meistbietend versteigert werden. Nachgebote werden nicht angenommen. Nähere Auskunft ertheilt Herr Nevierförster Zeis in Waldenburg. Fürstlich Schönburg'sche Forst-Verwaltung zu Waldenburg. Politische Rmidschoo. »Waldenburg, 21. Juni 1879. Für die Zukunft Frankreichs von großem Ein fluß, für die Hoffnungen der französischen Bona- partisten aber von vernichtender Wirkung ist der von uns gestern telegraphisch gemeldete Tod des jungen Prinzen Louis Napoleon, für den vor nicht langer Zeit noch die besorgte Mutter Eugenie bei verschiedenen europäischen Höfen nach einer Frau sich umsah. Ein großer Theil der Bonapartisten wird sich nunmehr den Repu blikanern anschließen und nur Wenige der kaiser lich Gesinnten werden sich für Plon-Plon oder für dessen Sohn, das Enkelkind Victor Emanuels, als die „Erben der Napoleonischen Ideen" be geistern. Die französische Republik kann eigent lich beglückwünsch! werden zu einer Trauerkunde, welche die Befürchtungen einer Gefährdung der Republik von bonapartistischer Seite fast gänzlich verscheucht. Als im Jahre 1856 Napoleon III- ein „Thron erbe" geboren wurde, da knüpften sich frohe und stolze Hoffnungen an dieses Ereigniß für den Herrscher, da berauschte sich Paris in Festlichkeiten und ganz Frankreich mit. Wer hätte es dem jungen Prinzen an der Wiege gesungen, daß er einst fern von Frankreich, nicht in entscheidender Schlacht, nicht gegen reguläre Heeresmassen bei einer kleinen, unbedeutenden Unternehmung von den braunen Söhnen eines wilden Völkerstammes einfach todtgeschlagen werden würde? Nach den weiteren vorliegenden Nachrichten hatte der Prinz die Necognoscirung auf den Befehl des englischen Vice-Generalquar tiermeisters unternommen. Die Recognos- cirungsabtheilung, zu welcher der Prinz gehörte, hatte seit etwa einer Stunde Rast gemacht, als der Prinz und Lieutenant Carey fast zu gleicher Zeit die im hohen Grase herankriechenden Zulus erblickte. Die Ueberraschten sprangen sofort auf und sattelten ihre Pferde, wurden jedoch von den Zulus durch heftiges Gewehrfeuer und gleichzeitigen Sturmangriff daran verhindert. Der Prinz ver suchte die Sattelriemen zu lösen, fiel dabei jedoch rückwärts, so daß er zurückblieb, während das befreite Pferd davonstürmte. Der Prinz lief nun etwa 300 Meter weit, wurde dann aber von den Zulus überholt und getödtet. Er hat 17 Wunden davongetragen, unter Anderen ist ihm das linke Auge durchschossen worden. Als der Kaiserin Euge nie die Nachricht vom Tode des Prinzen gebracht wurde, fiel sie in Ohnmacht und blieb seit der selben in einem Zustande vollständiger Unempfind lichkeit. Uebrigens scheint die Lage der Engländer am Kap nichts weniger als befriedigend zu sein. Bei Basutoland sollen sie wieder eine Niederlage erlitten haben und eine Wiederholung derMassacres von Jntombe sei sicher. Die Engländer sehen jetzt, daß bisher der Krieg den Eingeborenen keine Furcht eingejagt hat und jeder Tag beweist ihnen, wie weit die Organisation zur Vertreibung der Weißen aus Südafrika gediehen ist. Des Kaisers Abreise nach Ems ist nunmehr für morgen Sonntag Abend festgesetzt worden. Der „Reichs-Anzeiger" publicirte am 20. d. eine kaiserliche Verordnung, welche die am 8. April verfügte Beschränkung der Einfuhr aus Rußland aufhebt. Der Ausschuß des Bundesraths für das Rechnungswesen stellt beim Bundesrathsplenum betreffs des Parlamentsbaues den Antrag, folgenden Gesetzentwurf anzunehmen: 1. In den Etat pro 1879/80 ist einzustellen zur Errichtung des Reichstagsgebäudes, und zwar zum Ankauf folgender Grundstücke: a) des Graf Raczynski- schen Grundstücks 1,100,000 Mark, b) der im Besitz der deutschen Eisenbahnbaugesellschaft befind lichen Grundstücke in der Sommerstraße 7 bis 9 2,740,000 Mark, c.) der am Königsplatz Nr. 1 und 3 belegenen, dem preußischen Fiscus gehörigen Grundstücke 1,435,000 Mk., zusammen 5,275,000 Mk.; 2. daß diese Summe gedeckt werden soll aus dem bekanntlich bis auf 28 Millionen Mk. angewachsenen Reichstagsgebäudefond. Der Bundesrath hat über das Eisenbahn tarifgesetz, welches die Gütertarife der Bahnen ähnlich wie beim Postverkehr regeln soll, Beschluß gefaßt und dasselbe mit Stimmenmehrheit ange nommen. Seitens der Mittelstaaten ist jedoch die Frage erhoben worden, ob das in die Bahn verwaltung derselben tief eingreifende Gesetz nicht eine Verfassungsänderung in sich schließe. Eine solche kann mit 14 Stimmen abgelehnt werden und diese Zahl würde wohl die Opposition im Bundesrath zusammenzubringen vermögen. Der Verfaffungsausschußdes Bundesraths ist zur schleu nigen Berichterstattung über diese Frage aufge fordert worden. An eine Durchberathung im Reichstag ist angesichts der bedrängten Lage gar nicht zu denken; denn es wäre geradezu unver antwortlich, ein solches Gesetz, das die weitgehend sten Eingriffe in das gesammte Gebiet des Eisen bahnverkehrs in sich schließt, die Zwecke des Reichs- eisenbahnprojectes auf einem anderen Wege zu erreichen sucht, kurzweg über's Knie zu brechen. Der überaus spärliche Besuch der Reichs tagssitzungen seit Pfingsten, der mit der Wich tigkeit der auf der Tagesordnung stehenden Gegen stände in unerfreulichem Contrast steht, hat ernstliche Besorgnisse hervorgerusen, der Reichstag möchte bis zur Erledigung auch nur der uner läßlichsten Aufgaben nicht mehr zusammenzuhalten sein. Die neulich im Reichstag ergangene ener gische Rüge der Rücksichtslosigkeit derjenigen Ab geordneten, welche ohne Entschuldigung fehlen, und die dringende Aufforderung des Präsidenten zur Pflichterfüllung wird hoffentlich ihre Wirkung nicht verfehlen. Es ist doch ein trauriges Zeichen der Leichtigkeit, mit der manche Abgeordnete, in erster Linie die des Centrums, ihre Mandatpflicht tragen, wenn die einschneidendstenJnteressenfragen des Volks von einer Versammlung berathen werden, die jeden Augenblick in Sorge sein muß, ihre Beschlußunfähigkeit constatirt zu sehen. Herr Windthorst-Meppen saß am 18. d. in intimem'Diner am Tische des Reichskanzlers. Die „Germania" scheint von diesen Freundschafts bezeugungen aber nicht sehr erbaut zu sein, denn sie schreibt: „Am 6. Mai hatte der Graf Thun- Hohenstein eine Audienz beim h. Vater, der in seiner Unterredung mit dem Grafen auch auf die deutschen kirchlichen Verhältnisse kam. Nach einer Prager Correspondenz des „Univers" äußerte der Papst Folgendes: Meine erste Sorge nach Besteigung des apostolischen Stuhles war, der Welt zu zeigen, daß der Stellvertreter Jesu Christi immer bereit ist, die Hand zur Versöhnung zu bieten. Und wo hätten Wir das mehr beweisen können, als in Deutschland, wo Tausende von Katholiken, ihrer Hirten beraubt, die Gnaden mittel der Kirche nicht empfangen können? Es war daher unsere Pflicht, Alles zu thun, was mit den Rechten der Kirche verträglich ist, um der traurigen Lage ein End: zu machen und den Katholiken Deutschlands zu Hilfe zu kommen. Wir werden nicht ruhen, bis Wir dieses Ziel erreicht oder bis Wir der ganzen Welt gezeigt haben, daß, falls die Versöhnung unmöglich, die Schuld nicht an dem apostolischen Stuhle liegt. Bis jetzt waren die rastlosen Bemühungen des heiligen Vaters," fügt die „Germania" hinzu, „vergeblich und es scheint nicht, daß die nächste Zukunft günstigere Erfolge zeigen werde." Es scheint demnach, als werde sich das Centrum wieder auf die Hinterbeine stellen, und die Zoll politik Bismarcks nicht mehr unterstützen.