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SECHZEHNTES GEWANDHAUS-KONZERT DONNERSTAG, DEN 15.FEBRUAR 1923. Dirigent: Wilhelm Furtwängler. ERSTER TEIL. Ouvertüre zu Kleists »Käthchen von Heilbronn« (Op. 17) von Hans Pfitzner (geb. 1869). »Aus dem allgemeinen zeitlichen Hintergrund einer Welt voll rüdlustiger Ritter lichkeit, voll fröhlicher Kämpfe mit Schwert und Pferd führt die Musik alsbald an den »zerfallnen Mauernring, wo in süßduftenden Hollunderbüschen ein Zeisig zwitschernd sich das Nest gebaut«, das Lieblingsplätzchen des kleinen Käthchens, welche Strahl, unter eignen Schmerzen, gegen sein innerstes Gefühl von sich fortstoßen zu müssen glaubt, da er die tiefere Beziehung, in die diese zwei Menschen vom Schicksal gestellt sind, noch nicht erkannt hat. Sie wird ihm offenbar durch einen Cherub, dessen »Ver kündigung, daß sie die Tochter seines Kaisers sei«, in die wirre Fiebernacht klingt, in der der Ritter auf seinem Schloß zu Strahl »todkrank am Nervenfieber« liegt. Dem Leben in voller Frische zurückgegeben, wird Strahl von den Ereignissen bald dahin gebracht, vor aller Welt darzutun, daß »Käthchen die erst’ itzt vor den Menschen ist, wie sie’s vor Gott längst war« und kann nun, ohne daß Kaiser und Welt es hindern oder mißbilligen, das Käthchen an sein Herz ziehen.« Symphonie Nr. 4 (Dmoll, Op. 120) von Robert Schumann (1810—1856). Introduktion, Allegro, Romanze, Scherzo und Finale (in einem Satze). ZWEITER TEIL. Totentanz. Paraphrase über »Dies irae« für Klavier und Orchester von Franz Liszt (1811 — 1886), vorgetragen von Herrn Alexander Borowsky [Berlin]. Tasso, Lamento e Trionfo. Symphonische Dichtung von Franz Liszt. »Lamento e trionfo: So heißen die beiden großen Kontraste im Ge schick der Poeten, von denen mit Recht gesagt wurde, daß, ob auch oft mit Fluch ihr Leben belastet werde, nimmer der Segen ausbleibe auf ihrem Grabe. Üm aber unserer Idee nicht allein die strenge Autorität, sondern auch den Glanz der Tat sachen zu verleihen, entlehnten wir selbst die Form zu ihrer künstlerischen Gestal tung aus der Wirklichkeit, und wählten deshalb zum Thema unseres musikalischen Gedichtes die Melodie, auf welche wir venetianische Lagunenschiffer drei Jahr hunderte nach des Dichters Tode die Anfangsstrophen seines Jerusalem singen hörten: Canto l’armi pietose e’l Capitano Che’l gran Sepolcro liberö di Cristo! wenden