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LMKilU zm AW« AmtzkiiW All.316. zu Nr. 72 des Hauptblattes. 1926. Beauftragt mit der Herausgabe Regierungsrat Brau he in Dresden. handeln haben, den Beweis geliefert hat, daß er die Auf- richtig! b. d. Komm ) Das Volksbegehren, das einge- gaben, die er in der Zeit der bittersten Not weiter Massen leitet wurde von der Kommunistischen Partei, hat in der Bevölkerung zu erfüllen hat, nicht erfüllen kann. Sachsen einen derartigen Widerhall gefunden, daß die Wir haben uns gegen die Behandlung des Auflösungs- drei sächsischen Reichstagswahlkreise an der Spitze aller antrages als ersten Punkt der Tagesordnung gewendet, Reichstagswahlkreise Deutschlands marschieren, wir haben, Erwerbslosen und für die Linderung der Not. Fristverlängerung der Geltung zinssteuergesetzes, heute mit zu Blüher (Dtfch. Vp.) für seine kann der Entschließungsantrag Tagesordnung gesetzt werden. des bisherigen Miet- behandeln. Da Abg Fraktion widersprich! heute nicht auf die Ich glaube, es ist nicht notwendig, über die entsetzliche Not der Arbeitslosen, der Kurzarbeiter und all derer, wußten schon, was im Etat vorgesehen ist, und wenn inzwischen die Summen erhöht worden sind dadurch, man die Zahlen des Volksbegehrens übertragen und vergleichen mit den Zahlen aus dem Jahre 1922, dann ergibt sich, daß beim Volksbegehren 62 Proz. aller Stim men, die bei der Landtagsmahl von 1922 abgegeben Volksbegehren aufzuweisen. Wir haben im Jahre 1922 bei der Wahl zum Landtag 1327111 Stimmen gehabt, die abgegeben wurden für die Kommunistische Partei und für die Sozialdemokratie. Am Rcgierungstische Ministerpräsident Heldt, sämt liche Minister'und eine Anzahl Regierungsvertreter. Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt der Minister des Innern Müller folgende Erklärung ab: Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen eine kurze Mitteilung machen, die für den Landtag von be sonderer Bedeutung sein wird. Der Zweck dieser kurzen Mitteilung ist zunächst, daß die weiteren Erörterungen und Zeitungsmeldungen nicht ins Uferlose gehen. Anläßlich des Besuches der Leipziger Messe durch den Herrn Reichspräsidenten am 2. März 1926 sind in den Abendstunden und in der darauf folgenden Nacht 3- bis 400 Leipziger und auswärtige Polizeibcamte, die für diesen Tag nach Leipzig abgeordnct waren und gemeinsam mit den Leipzigern im Polizeigebäude zu Leipzig-Möckern aus der dortigen Küche verpflegt wurden, an akutem Darmkatarrh erkrankt. lHört, hört!), Wenn dieser auch am nächsten Tage wieder behoben war und bis jetzt für niemanden nachteilige Folgen hinterlassen hat, so erachtet es die Regierung bei der besonderen Bedeutung, die dein Vorgänge beizumessen ist, für geboten, den Landtag schon jetzt davon in Kenntnis zu setzen. (Zuruf b. d. Komm.: Schon jetzt?) Nachdem am Morgen des 3. März die Erkrankungen bekannt geworden waren, sind die Erörterungen sofort eingeleitet und noch vorhandene Speisereste am gleichen Taye dem Institut für gerichtliche Medizin bei der Universität Leipzig übersandt worden. Es hat fick zweifelsfrei ergeben, daß die genossenen Speisen mckt verdorben gewesen sind, die Erkrankungen also durch eine andere Ursache herbeigeführt worden sein müssen. (Hört, hört!) Erst nach längeren, schwierigen und unter Verwendung von Versuchstieren vorgenommenen bakteriologischen und schließlich ckennschen Untersuchungen ist es ge lungen festzustellen, daß den Speisen ein Abführmittel zugesetzt worden tst. (Erneutes lebhaftes Hört, hört!) Mit besonderer Anerkennung ist hervorzuheben, daß die Polizeibeamten trotz der Erkrankung ihren Dienst am 2. März weiter versehen haben. Am folgenden Tage sind die meisten von ihnen wieder dienstfähig gewesen. Die Ergebnisse der polizeilichen Erörterungen sind an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden. Der Ter Landtag hat mit seinen Ausschußbeschlüssen, mit der Tatsache, daß er sich entschieden hat, nichts nach unseren Anträgen für die Erwerbslosen zu ttm, ich selber das Urteil gesprochen, er hat nach unserer Auffassung keine Existenzberechtigung mehr (Lebhafte Zustimmung links.), und ebenso die Regierung, die ja lergetreten ist und bei der ersten Beratung unserer Anträge die Richtung angegeben hat, in welcher Werse )iese Anträge verhandelt werden sollen, indem sie er- lärt hat: Wir haben kein Geld, wir können das nicht, ndem sie uns aus dem Etat eine Anzahl Zahlen zu- Was wir in der Reichspolitik sehen, ist nichts weiter als eine skrupellose Ausnutzung der politischen Macht zur Bereicherung der besitzenden Klassen und zur rest losen Aufbürdung der Staatslasten auf die breite Masse der Bevölkerung. Unser Streben war es, weil wir im Landtage ja immerhin eine proletarische Mehrheit haben, wenigstens, soweit die Landesselbständigkeit es ermöglicht, der verhängnisvollen Neichspolitik dadurch einigermaßen entgegenzuwirken, daß wir von Landes wegen ans Mitteln des Landes für die Opfer dieser Wirtschaftspolitik des Reiches soviel als möglich tun wollten, um eine Linderung ihrer Not zu erzielen. Tas war der Zweck unserer Anträge, die wir am 2. Februar gestellt haben, und daher sind wir auch damals den kommunistischen Anträgen entgegengetreten, die erneut eine sofortige Auflösung des Landtages durchführen wollten. Wir wollten erst, daß die Mittel, die von Landes wegen flüssig gemacht werden können, auch tat sächlich zur Linderung der Not der Besitzlosen und in Not Geratenen flüssig gemacht werden. Auf Grund dieser Wahlziffer setzte sich der Landtag dann zusammen aus 50 sozialdemokratischen unv kommnni- Reichstagswahlkreise Deutschlands marschieren, wir haben, abgesehen von dem Berliner Wahlkreis, in den drei säch sischen Wahlbezirken die höchsten Prozentziffern beim wurden, auf die Parteien des Volksbegehrens entfallen, das sind also Kommunisten und Sozialdemokraten. Wir würden 58 kommunistische und sozialdemokratische Ab geordnete im Landtag haben, denen nur 38 bürgerliche Abgeordnete gegenüberständen. (Abg. Blüher: Aber das ist eine Milchmädchenrechnung!) Die kolossale Steigerung, die die Bewegung gegen die reaktionäre Heldt-Regierung durch die Volksbegehrens bewegung erhalten hat, kommt auch noch in anderer Beziehung zum Ausdruck. Die allgemeine Geg nerschaft gegen die Heldt-Regierung und ihre reaktio nären Lakaien in Sachsen ist besonders stark in die Er scheinung getreten bei der Behänd!» ng der Erwerbö- losenfrage. (Sehr richtig! b.d.Komm.). Tie Erwerbs losen im ganzen Laude haben entschieden Stellung genommen gegen die Heldt-Regierung und gegeu diese parlamentarische Mehrheit aus Sozialdemokrat-« und Bürgerlichen die eine wirksame Unterstütz! ng der Er werbslosen ablehnen. Das kommt insbesondere durch die Tatsache zum Ausdruck, daß aus dem ganzen Lande zahlreiche Erwerbslosen-Delegationen anwesend sind, die und den Bericht des Rechtsausschusses zum Antrag Drucksache Nr. 1758, Amnestie betreffend, auf die heutige Tagesordnung zu setzen; Abg Edel (linker Flügel d. Soz.) beantragt, den Bericht des Rechtsausschusses zum Antrag Drucksache Nr. 1758 mit auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Beide Anträge werden ab gelehnt. Weiter beantragt Abg Lieberasch (Komm), einen kommunistischen Entschließungsantrag, betreffend daß das Reich bestimmte Summen, an denen auä Sachsen einen Anteil hat, für den Wohnungsbau usw zur Verfügung gestellt hat, so ändert das selbstverständ- ich nichts an unserer Entscheidung über das, was wir über )ie Ausschußbeschlüsse zu sagen haben, denn gerade darauf kam es uns an, daß der Landtag von fick aus aus Lan iesmitteln selber dazu beitragen solle, die Not zu lindern. In dem gleichen Atemzug, in dem der Herr Finanz- Minister hergetreten ist und gesagt hat: wir haben kein Geld, in der gleichen Situation sind im Landtag eine Menge Steuervorlagen gebracht worden, deren Kern darauf hinausläuft, den Besitzenden riesige Steuer erleichterungen zukommen zu lassen Die Gewerbesteuer hat im Jahre 1924 erbracht 29F Millionen, und jetzt sollen nach der Gewerbesteuervorlage 15Millionen erbracht werden. Die Landwirtschaft wird von der Gewerbe- LandtagsvtrhaMimgtn. 178. Sitzung Donnerstag, den 25. März 1926. Präsident Winkler eröffnet die Sitzung 19 Min. nachm. ihren Willen gegenüber der Regierung und ihren reak tionären Parteien zum Ausdruck bringen, und es zeugt nur für das schlechte Gewissen der Regierung und ihrer Knechte hier im Hause, daß sich Regierungsvertreter, daß sich Minister und daß sich sozialdemokratische Abge ordnete vor den Erwerbslosen-Delegationen verleugnen ließen. (Sehr richtig! b.d.Komm.). . . _ _ . . Der Schwerpunkt der Politik hier in Sachsen ist ammengcrcchnet hat, die schon eingestellt seien für die mehr und mehr nach rechts gegangen, und heute liegt Erwerbslosen und für Lne Linderung der Not. Wir das politische Schwergewicht bei der Teutschnationalcn Volkspartei. Wie weil die Politik der Teutschnationalen in Sachsen heute ausscl laggebend ist, beweist uns die Hauptversammlung des Verbandes Eächs. Industrieller m Dresden; das kam zum Ausdruck in den Referaten, die dort gehalten wurden, insbesondere im Referat des Bergdirek tors vr. Rademacher, Mitglied der Teutschnationalcn Bolkspartei, Mitglied des Reichstages. Sein Refe rat über die Wirtschaftspolitik war eine ununtcrbroct ene Kette von Anglisten gegen die Arbeiterklasse. Es ist sehr interessant, wie Herr Rademacher dort unter dem Beifall der anwesenden VolkSpartecker, Demokraten und Sozialdemokraten den deutschnationalen Anglist auf das allgemeine Wahlrecht durchgeführt hat, und die sozial- demokratischcn Minister haben dabei gesessen. Der sozial dcmokratikche Kreishauptman»» Buck und der sozial- demok»atische Polizeipräsident Kühn waren anwesend. Die Teutschnatlonaten bestimmen jetzt auch über die Auslösung, denn die Teutschnationalen hätten es heute in der Hand, die Auflösung hervelzuführen. Es ist ja überhaupt hier im Hause bereits das Gerücht im Gange, daß man mit dem diesjährigen Landtage ähnlich ver fahren will wie mit den Landtagen in der Klicgszeit, daß man einfach durch eine Zwcidrittel-Mehrheit die Session verlängert; einer solchen reaktionären Land- tagsmchrheit ist ja alles zuzutraucn. Die Jahreshaupt versammlung der sächsischen Industriellen hat also den Angriff auf das allgemeine Wahlrecht eingeleitet, und das war außerdem ein großer, gut vorbereiteter Vor stoß gegen die Sozialpolitik, gegen die Steuern und gegen jede Belastung von Industriellen und Besitzenden überhaupt. Nach den Direktiven der Jahreshaupt Versammlung des Verbandes der Sächsischen Indu striellen wird gegenwärtig in Sachsen Politik gemacht. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Das kommt zum Ausdruck in der reaktionären Steuerpolitik, das kommt jetzt zum Ausdruck bei der Mietzinssteuer in der steuerlichen Be lastung der Konsumvereine, der Genossenschaften. Ich erinnere aber daran, daß durch die Besteuerung der Ge- nofsenschasten auch die Beamtengenossentchaften aufs schwerste getrosten werden. Das alles ist nur ein Zug in der allgemeinen Linie der reaktionären Politik der Heldtregierung. Dieselben Erscheinungen sehen wir auf dem Gebiete der Sozialpolitik in den Staatsbetrieben: kein Achtstundentag, überarbeit auf der ganzen Linie und dann eine unsoziale, arbeiterfeindliche Sozialpolitik, Arbeilszeitpolitik und Lohnpolitik. Der Herr Abg. Liebmann hat darauf hingewiesen, daß die Landtagsmehrheit eigentlich aus Vertretern besteht, die ursprünglich von der Arbeiterschaft gewählt worden sind. Herr Abg. Liebmann hat aber vergassen darauf Hinzuwelsen, daß ja im Reichstage die festeste Stütze der Luiherregrerung die sozialdemokratische Reichstagsfraktion ist dieselbe sozialdemokratische Fraktion, die erst jetzt den Billigungsantrag für die Lutherregierung unterstütz« hat, die also wieder einmal die Lutherregieruna gerettet hat, die Reichstagsfraktion, die ja bekanntlich auch den Reichswehretat bewilligt hat, die sogar das Gehalt des Reichswehrminister Geßler bewilligt hat Täter ist bis jetzt nicht bekannt, die Negierung hat für die Ermittelung eine namhafte Belohnung aus gesetzt. Mit Rücksicht auf das schwebende Verfahren ist das Ministerium nicht in der Lage, weitere Einzel heiten bekanntzugeben. Durch die Untersuchung, die mit größtem Nachdruck fortgesetzt wird, wird festgestellt werden, ob eine strafbare Handlung aus politischen Motiven vorliegt. (Zurufe b. d. Komm. — Gegenrufe aus der Mitte: Sie fühlen sich wohl getroffen!) Das Hans beschließt, die Vorlage Nr. 218, die so genannten Russenkredite betreffend, und die Vorlage Nr. 204, betreffend den Bahnbau Wurzen-Eilenburg, in der heutigen Sitzung mit zu behandeln. Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte wird auf Antrag des Abg. Bethke (rechter Flügel der Soz.) beschlossen, den vom linken Flügel der Sozialdemokraten gestellten Antrag auf Landtagsauflösung, Trucksache Nr. 1762, als ersten Punkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Abg. Lieberasch (Komm.) beantragt, die Vorlage Nr. 206 steuer freigelassen. Aber man holt die Konsumvereine, die Arbeiter zur Steuer heran, man holt die selbständigen Berufe, die bisher in dem Umfange nicht zur Steuer herangezogen wurden, zur Steuer heran, man holt die Gemeinde- und Staatsbetriebe zur Steuer heran und verzichtet auf den Einzug von 14,9 Millionen, d. h. von ungefähr der Hälfte der Gewerbesteuer. Hier, wo es sich darum handelt, Geld für die Linderung der Not der Ärmsten des Volkes zu schaffen, sagt man: wir haben kein Geld. Die Regierung hat gezeigt, daß sie nicht daran denkt, der Not der Erwerbslosen zu steuern, daß sie ihrer besten Aufgabe in dieser fürchterlichen Situation nicht gerecht wird, obwohl wir im Landtag eine Mehrheit von Albeitervertretern Haden. In Verbindung mit dieser Tatsache und mit dem Steuerbündel, das hier voigelegt worden ist, ergibt sich, daß tatsächlich dieser Landtag, obwohl er eine Mehrheit von Arbeitgebern hat, nichts weiter als eine Mehrheit zur Wahrung der Inter essen der Bürgerlichen ist. Angesichts dieser Tatsache, tage ich, haben wir ein dringendes Interesse daran,das Volk zur Entscheidung über dasWirken dicfesLandtageS aufzurufen, und deshalb verlangen wir die Auflösung des Landtags. Wir sind überzeugt, daß das, was dieser Landtag nicht mehr leisten wird und kann, in einem neuen Landtag ganz glatt für die Interessen der breiten Maffei» der Bevölkerung und für das gesamte Sachsenvolk in der Weise, wie wir es auffassen, erfüllt werden kann. Aus dem Grunde haben wir diesen Antrag auf Auflöiung gestellt Wir wollen eine klipp und klare politische Ent scheidung, wir wollen die Landtagsauflösung, und zwar heute in Schlußberatung. Abg. Böttcher (Komm.): Wenn die Regierung und der Landtag den demokratischen Prinzipien der büiger- lichen Gesellschaft Nachkommen wülden, dann hätten sie vor der Lawi'ie des Volksbegehrens verschwinden müssen (Sehr richtig b. d Komm.), denn das Volksbe gehren war im Sinne der bürgerlichen Demokratie eine tiefgehende hochpolitische Entscheidung gegen die gegen wärtige Zusammensetzung des jetzigen Landtags. (Sehr Punkt 1: Antrag des Abg. Arzt u. Gen. betr. die Auflösung des Landtages. (Drucksache Nr. 1762.) Abg. Liebmann (linker Flügel d. Soz — zur Be gründung): Meine Freunde ans der Sozialdemokratischen Fraktion haben den Antrag auf Auflösung ves Landtages gestellt, weil wir der Auffassung sinv, dap der Landtag durch die Beschlüße, die in der letzten Zeit in den Aus schüssen gefaßt worden sind, und durch die Anträge, wie wir sie beute unter Punkt 6 der Tagesordnung zu be- die durch die Einlegung von Feiertagen, durch die Teue rung und dergleichen mehr in eine solche Situation ge kommen sind, daß sie kaum noch das Notwendigste ... haben, um das nackte Leben zu fristen, zu sprechen, stischen und aus 46 bürgerlichen Abgeordneten. Würde denn es sind das die Folgen der kapitalistischer» Ausbeutttngspolilik, die in» Reiche betrieben worden ist. Uhr um die Möglichkeit zu haben, daß die Anträge in Punkt 6 noch, bevor die Auflösung des Landtages durch unsere Abstimmung perfekt wird, verabschiedet »verden können.