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konzert in E-Dur, zu den weniger häufig aufgeführten unter seinen Werken dieses Genres zäh lend, ist allerdings ausnahmsweise höchstwahrscheinlich kein umgearbeitetes Violinkonzert, son dern dürfte nach den Ermittlungen der Bachforschung in seiner ursprünglichen Fassung wohl für die Orgel bestimmt gewesen sein (zumindest die beiden Ecksätzc). Alle drei Sätze des Konzertes kehren übrigens in zwei Kantaten wieder: der letzte Satz als Einleitung der Kantate Nr. 49 „Ich geh’ und suche mit Verlangen“, die beiden anderen Sätze in der Kantate Nr. 169 „Gott soll allein mein Herze haben“. Während der erste Satz in dieser Kantate gleichfalls als Ein leitungssatz (einleitende Sinfonia mit konzertierender Orgel) Verwendung fand, entstand aus dem Mittclsatz durch Einfügung einer Gesangsstimmc und Erweiterung die Altarie mit obliga ter Orgel „Stirb in mir, Welt“. Dieser Mittclsatz, ein herrliches Siciliano in cis-Moll, stellt das eigentliche Kernstück des Konzertes dar. Sein ernstes, ungemein ausdruckstiefes und im Verlaufe des Satzes in mannigfacher Beleuchtung auftretendes Hauptthema wird zuerst vom Orchester dargeboten und vom Cembalo in Figurationen umspielt, dann erscheint cs variiert im Cembalo, von ruhigen Achtelakkorden der Streicher gestützt. Die beiden das Siciliano umrahmenden ziem lich ausgedehnten Ecksätze, in dreiteiliger Form mit Wiederholung des ersten Teiles angelegt, sind ganz auf unaufhörlich fließende Bewegung gestellt. Der erste Satz zeigt eine sehr feine, ja minutiöse Ausschöpfung des Tuttithemas, der schnelle Schlußsatz ist insgesamt etwas kräftiger und einfacher gehalten. Als eine Bearbeitung eines Konzertes für Violine und Oboe erwies sich das Konzert für zwei Cembali und Orchester in c-Moll. Die Urfassung des Werkes ist zwar nicht erhalten, doch wurden mehrfach erfolgreiche Versuche einer Rekonstruktion der ursprünglichen Besetzung unter nommen, u. a. durch den Bach-Spezialisten Max Schneider, der das Konzert dabei nach d-Moll zurücktransponierte. Das außerordentlich reizvolle Werk, ein überragendes Zeugnis echt Bach- schen Gestaltungsvermögens, bietet nach dem schwungvollen Anfangssatz ein ganz wunderbares kantables Adagio in Es-Dur mit einem zauberhaft schönen Kanonzwiegesang der beiden Cembalooberstimmen über lautenartiger Pizzicatobegleitung der Streicher. Kunstvollste kontrapunktisch-motivische Arbeit dominiert im abschließenden energischen Allegro. In zahl losen geistvollen Kombinationen und Varianten kehrt das Hauptthema wieder, Tutti und Soli sind durch kontrapunktische Verschmelzung beider Teile meisterhaft miteinander verknüpft und verwoben. Neben den berühmten Brandenburgischen Konzerten und den verschiedenen Solokonzerten für einzelne Instrumente gehören zu Bachs Orchesterwerken vier Orchestersuiten, auch Ouvertüren genannt. Diese Werke stellen Musterbeispiele der Barocksuite dar, wie sic in dieser Art in Deutschland zwischen 1680 und 1750 von vielen Komponisten gepflegt wurde: zyklische Folgen der verschiedenartigsten, mehr oder weniger stilisierten Tanzformen. Durch die prunkvollen, meist recht ausgedehnten Einleitungssätze im Stil der dreiteilig angelegten französischen Ouver türe, die den Tanzsätzen vorangehen, erhielten diese Suiten auch den Namen Ouvertüre. Bachs Orchestersuiten, von denen die beiden ersten vermutlich noch der Zeit entstammen, in der er als fürstlicher Kapellmeister in Köthen wirkte, während die zwei anderen in Leipzig geschrieben wurden, werden durch die besonderen Kennzeichen seines Stiles, durch die selbst in den Tanz sätzen spürbare kontrapunktische Arbeit und den Reichtum der Erfindung weit über den Charak ter der Gebrauchsmusik herausgehoben, als die sie ihr Komponist und seine Zeit wahrscheinlich nur empfanden. Wie die erste Suite in C-Dur ist auch die vierte Suite in D-Dur im Gegensatz zu den Orchester ¬ suiten Nr. 2 und 3 - unverdienterweise - weniger bekannt. Mit drei Trompeten, Pauken, drei Oboen, Fagott, Streichorchester und Continuo reich besetzt, zeichnet sic sich ganz besonders durch eine sehr sorgfältige, prächtige Instrumentierung aus. Die festliche, glänzende Ouvertüre des Werkes zeigt eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit der dritten Suite; ihr von zwei Gravc- teilen eingerahmter Mittelsatz, ein ausgedehntes Allegro-Fugato, wurde von Bach auch als Ein ¬ leitungsmusik zu seiner Weihnachtskantate „Unser Mund sei voll Lachens“, hier unter Beibehal tung der Instrumcntalstimmcn zum vierstimmigen Chor umgebildet, benutzt. Von den folgenden vier Tanzsätzen (Bourrec I und II, Gavotte, Menuett) ist vor allem die anmutsvolle zweite Bouree in h-Moll mit ihrer melancholisch klagenden Oboenmelodie über dem Baß des Fagotts hervorzuheben, ferner das nur durch Violinen, Viola und Continuo erklingende Menuett. Der „Rejouissance“ (Belustigung, Ergötzlichkcit) betitelte spielerisch-tänzerische Finalsatz, ein Allegro vivace im 3 /$-Takt, bringt dann wieder mit Pauken und Trompeten den fröhlich-brillan ten Ausklang. Urte Härtwig Literaturhinweise: Schweitzer: J. Seb. Bach (Leipzig Keller: Die Klavierwerkc Bachs Bachs Brandenburgische Konzerte, 1948) Faksimile-Ausgabe (Leipzig 1948) V orankündigung: 25./26. Dezember 1963, jeweils 19.30 Uhr, 5. Au ßercrdentliches Konzert Dirigent: Prof. Heinz Bongartz Solist: Gerhard Berge, Dresden Beethoven-Abend Freier Kartenverkauf DRESDNER 6233 Ra III 9 5 1263 1,3 ItG 009 60 63 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1963/64