Volltext Seite (XML)
Dienstag. Ar. 27. 6 April 1869. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. pro^Quartal Wersterch-Aeiümg HK Amts- und Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Jemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Frauenstcin. Ncröntuiortlicher tlrdacteur. Carl Zehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. Das wichtigste Ereigniß des Monats ist ohnstreitig die ostensible Annäherung zwischen Oesterreich und Italien. Zwei Nationen, die sich in den letzten Jahr zehnten wiederholt bis auf's Messer bekämpften, — jetzt in freundschaftlichen Beziehungen! Wiener Blätter suchen den Nachweis zu liefern, daß diese Annäherung lediglich die Aufrechthaltung des Friedens im Auge habe. Die Zukunft wird lehren, was an dieser Versicherung Wahres ist; für ein deutsches Herz wäre es jedenfalls erfreulicher, von einer versöhnlichen Annäherung zwischen Deutschland und Oesterreich zu hören. Jene freund schaftlichen Beziehungen zwischen Oesterreich und Italien müssen die Spannung zwischen Wien und Berlin nur verschärfen, und die „Nord. Allg. Zeitg." hat dieser Stimmung kürzlich Ausdruck gegeben, indem sie erwähnte, daß man in Berlin auf die Feindschaft Oesterreichs vorbereitet sei. In Frankreich hat sich die Lage nicht geändert, und wir wissen auch am Ende des März noch nicht, ob von dort für den Sommer Gewitterwolken aufsteigen werden. Man will in Frankreich zunächst die Wahlen abwarten. Eine auffällige Erscheinung bleibt es, daß trotz aller Friedensversicherungen, das Thema eines französisch-deutschen Kriegs nicht aus den Blättern ver schwindet und immer auf's Neue in veränderten Ton arten besprochen wird. Ebenso kann der politische Barometer, die Börse, zu keiner Ruhe kommen. Das Resultat des Monats ist, daß die französische Rente einen halben Franken eingebüßt hat. In unserem Vaterlande ist die Eröffnung des Reichstags das wichtigste Ereigniß; derselbe hat in gewohnter Weise rasch gearbeitet und wird sehr bald dem Zollparlamente Platz machen. In unserem Heimat h lande haben die Reichs tagsnachwahlen eine kleine Agitation hervorgerufen und die von uns prognosticirte Zerklüftung der Bolksmasse und das mangelnde Verständniß für die deutsche Frage bestätigt. Niemals in der Geschichte haben große Ideen den Beifall der Majorität der Zeitgenossen gefunden, und ihre Vertreter fielen nicht selten der Macht des Gegenstromes zum Opfer; erst die Nachwelt errichtete den Heroen Monumente, so wird auch mehr als ein Menschenalter vergehen müssen, ehe der nationale Stolz Gemeingut der Masse wird und die Haus- und Privat interessen ihre Vertretung im Reichstag für nöthig halten. Zum Schluß unseres Monatsberichts gedenken wir noch der belgisch-französischen Eisenbahndif ferenz, welche in einer demnächst zusammentretenden Eonferenz geordnet werden soll. Die Aussichten für einen Ausgleich sind zur Zeit nicht besonders günstig, und ob diese Angelegenheit der Ausgangspunkt weiterer Verwickelungen werden wird, darüber werden wir jeden falls in unserm nächsten Monatsberichte referiren können. —r. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Die Wahl eines Reichstags abgeordneten im 9. Wahlbezirke am 31. März ist zu Gunsten des Literaten Mende aus Leipzig ausgefallen, der 5615 Stimmen erhielt. Kreisdirector v. Burgs dorff aus Leipzig erhielt 4488 Stimmen. (Das Re sultat der Wahl im Stadt- und Gerichtsamtsbezirke Frauenstein ist uns leider nicht mitgetheilt worden.) — Im 23. Wahlbezirke (Plauen rc.), wo der Abg. Mammen sein Mandat niederlegte, ist Ritter- gutsbes. Seiler in Neuensalz zum Reichstagsabgeord- neteu mit 3553 Stimmen gewählt; Dr. Hirsch in Berlin erhielt 2912 Stimmen. Die Wahl wird aber ange fochten werden, da bei Zählung^ der Stimmen nicht richtig verfahren worden sein soll. * Altenberg. Die Brandstellen des hiesigen Bergamtshauses und des ehemaligen Gerichtshauses — welche jahrelang einen jammervollen Anblick boten und auch neuerlich, ihrer mangelhaften Cultivirung halber, noch keinen besonders günstigen Eindruck machten — werden im Laufe des gegenwärtigen Jahres, durch Errichtung eines größeren Gebäudes für unsere Cigar renfabrik auf solchen, in einem freuudlicheren Lichte erscheinen. Die Erdarbeiten zu dem Baue sind bereits in voriger Woche mit Energie in Angriff genommen worden, was auch nothwendig erscheint, wenn man erwägt, daß das Gebäude bereits Ende October d. I. fertig übergeben werden soll. Bei dieser Gelegenheit dürfte die Frage gerechtfertigt erscheinen, ob die Ka nonenkugel, welche als eine historische Erinnerung an die Kriegsereignisse des Jahres 1813 in der Umfrie digungsmauer des Bergamtshofes angebracht war, vor Kurzem aber entfernt worden ist, nicht an einer geeig neten Stelle wieder ihren Platz finden könnte? — Der Tagarbeiter Daniel Eichler aus Fürstenau unternahm am 14. v. M. eine Besuchsreise nach dem benachbarten Dorfe Liebenau, trat gegen Abend den Rückweg an, kehrte jedoch nicht wieder in seinen Wohn ort zurück, so daß die Vermuthung, daß E. bei dem eingetrelenen heftigen Stöberwetter verunglückt sei, Raum gewann. Nach wiederholtem vergeblichen Suchen ist der Leichnam E's endlich am 30. v. M. auf Gei singer Flur aufgefunden worden.