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und Anzeiger für das Erzgebirge vtrMUworllicher Nct>akte»r Fritz Arnhold. Fsr Sie Inserate vkraiilworttich: Zt r t h u r A n p f e r. beide in Ave. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes ^»oirntagsblatt. Sprechstunde der Reduktion mit Ausnahme der Sounlaae nachmittags von »—5 Uhr. Telearrinui-Adreße: Tageblatt Aue. — Fernsprecher 202. Für nnrerlangt cingetandte Manuskripte ka .n Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag Sebrüd er Beuthrer (Inh.: Paul Beuthner) in Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten srei ins Naus monatlich sc> pfg. Bei der Geschäftsstelle abacholt monatlich ,0 psg. und wöchentlich in psg. — Bei der Post bestellt und selbst abgcholt vierteljährlich 1 .1, Mk. — Durch den Briefträger frei ins Kans vierleljäbrlich i.r,2 lick. — Einzelne Nummer zo psg. — Dcuiicher postzcitungs- kalal.'g Erscheint täglich in >en lltinaa-'niirdeii. INN Ausn.'hiue ".'N Senn I" d ,7t ' 'e . Annahme von Anzeigen vis spätestens >sijz Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nnr :-nin acbitrgt werden, wenn sic am Tage vorher bei uns eingchcn. )nser t i onsp reis: Die liebengsspaltene Uorpuszeile oder deren Raum 10 pfg-, Reklamen rs psg. Bei qrSßereil Aufträgen entsprechender Rabatt. Vi«se Nrrnrinev Seite» Das Wichtigste vom Tage. Der Abgeordnete Noeren Oberiandesgerichlsrat beim OveriandeSgerichl in Köln Hal seinen Abschied ans dem S t a a t s d i e n si erdete 11." Uiiler den vom Dampjer Berlin stc reite len IO Personen befinden sich drei Damen und vier Mann der Be sä tznn st, zwei Berliner Damen nnd ihre Dienil- m üdche n befinden sich noch lebend ans de in 4b r a ck. Fischer berauben unter den Augen d.r Polizei die Veich e n.^ ) Näheres siche unten. Ein linksseitiger Politiker über die Thronrede. Bon einem bekannten bürgerlich links stehenden Politiker wird dem AuerTageblatt aus Berlin geschrieben: Mit einer wahren Begeisterung, ja mit einem wirklichen Ueber- jchwung haben die Regierungsblätter und die diesen nahestehenden Prehorgane die Thronrede ausgenommen. Was der Kaiser im Weihen Saale zu den neuen Reichsboten sagte, hat ganz enormen Jubel ausgelöst, und selbst das Ausland preist, wie die bis jetzt vorliegenden, allerdings ossiziös verbreiteten Mel dungen besagen, die Rede als ein Wunderwerk von Klarhen. Als Mangel wird von einer bestimmten Seite aus das Fehlen eines jeglichen Hinweises aus die Stellung der Regierung zum Zentrum empsunden, aber sonst hat kein Mensch an der Thronrede etwas auszusctzen. Wir gestehen, auch uns hat sic sehr gut gefallen, und wir wühlen nicht, was man an ihr bc mangeln sollte und könnte. Der Kaiser hat den Reichsboten die Aufgaben präzisiert, oie ihrer harren: Der Etat, der Nachtragsetat für die Schutzgebiete, eine Forderung für die Farmer von EUdwcst, und vor allem auch die Frage des Ausbaues der Bahn nach Kubub. Der Kaiser konnte den Abgeordneten aber nicht gleich die gewiß tröstliche Versicherung geben, dah der Ausstand in Ostasrika beendet ist, und dah auch in SUdwcstasrika die Ruhe wieder cinzukehrcn be ginnt. Daraus folgt, dah die Truppen in Siidwestajrika redu ziert werden können, und zwar voraussichtlich recht be deutend. Damit ist für den neuen Reichstag bereits ein Stcin des Anstohes aus dem Wege geräumt, denn die Forderung für Siidwest wird von der Regierung gleich selber wesentlich ermässigt werden können, etwa auf die Summe, di« das Zentrum im vcr slosscnen Reichstag genehmigen wollte. Außerdem hat der Kaiser auch ganz besonders in der Thronrede betont, dah eine Neuordnung der Verwaltung und eine entsprechende Aenderung im Bcamtcnkörper vorgenommen werden soll. Das ist selbstver ständlich lehr erfreulich, wenn man sich vergegenwärtigt, was in dieser Richtung gesündigt worden ist. Vielleicht wird unter diesen Umstanden in diesem Reichstag sich auch eine Mehrheit für die Forderung der Umwandlung der Kolonialabtcilung in crn K 0 l 0 nialamt mit einem Staatssekretär an der Spitze finden, was für Bernhard Dernburg hinwiederum von an genehmen Folgen begleitet sein durfte. In dieser Richtung also ist die Thronrede, obwohl sie ja eigentlich gar nicht Neues bringt, recht erfreulich. Weitaus besser aber muh uns gesallen, dah der Kaiser dem neuen Reichstag das feierliche Versprechen gegeben hat. er werde sich streng an die V e r s a s s u n g s g r u n d s ä tz c h a l t e n. Die Verfassung ist für den Kaiser unantastbar — damit soll ein mal dem Vorwurf des autokratischen Regiments be gegnet werden, und zum andern mögen sich die Leute den Aus spruch merken, die immer an dem Rcichstagswahlrccht h e r u m n ö r g e l n. Es ist nicht daran zu denken, dah die Regie rung den Einflüsterungen ihrer guten Freunde in dieser Richtung Gehör schenken werde, und das halten wir für sehr erfreulich. Es kommt zwar auch im politischen Leben manchmal anders als Thronreden es ankündigcn, aber man muh doch annehmen, dah der Reichskanzler, der doch für die Thronrede die Verant wortung zu tragen hat. den Kaiser über seine Absichten nicht falsch informiert hat. Seine Absichten sind also g u t uno werden cs hoffentlich bleiben. Was uns aber n 0 chmehrals diese an sich recht erfreulichen Dinge gesallen hat, das ist der Hinweis darauf, dah auch in Zu kunft eine energische Sozialpolitik getrieben werden soll. Die Thronrede spricht gewissermahen von sozialen Ver- pslichtun gen, die das Kapital der arbeitenden Bevölkerung gegenüber trägt — das ist ein schönes, echt menschliches Wort, das wir uns mit Freuden merken werden. Die Gegner der Sozialpolitik allerdings werden hinter diesen erhebenden Worten der Thronrede das Hintreiben zum verhaßten Staatssozialismus hören und sich nicht besonders freuen, aber das tut nichts zur Sache. Der wackere Förderer unserer Sozialpolitik, Graf Posadowsky, wird gerade in diesen Worten eine neuen Aifsporn zum großen Werke sehen, das ihm schon seit langen Jahren am Herzen liegt, und wenn auch schliesslich in dieser Periode des Reichstages die große Arbeit nicht ausgenommen werden kann, weil es an der Zeit fehlt, so muh doch sicher damit gerechnet werden, daß das nächst e Jahr der deutschen Arbeiter schaft ein herrliches Geschenk bringt. Hier freuen wir uns schon über den guten Willen allein, und er versöhnt uns mit manchem, was uns sonst weniger angenehm erscheint. Das der Kaiser die nationale Note ganz besonders betonte, darüber wird man sich nicht wundern dürsen: das brachte eben die erregte Zeit mit sich. Auch der Ausfall gegen die Sozial- d c m 0 k r a t i e , der im Grunde wenig in eine Thronrede hinein paßt, ist nicht viel mehr, als ein Nachklang aus der Wahlzcit. Daß das Zentrum gar nicht erwähnt, nicht einmal gestreift wurde, halten wir für sehr geschickt. Denn die Regierung kann sich einfach nicht im vorhinein die Hände binden einer Partei gegen über, die relativ die stärkste des neuen Reichstages ist. Die Regierung wartet ganz einfach ab, wie sich das Zentrum ihr gegeniiberstellt und wird von dieser Stellungnahme ihre eigene bestimmen lasten. Daß das Zentrum diegleich e Taktik anwenden wird, macht die Sache nicht uninteressant; es wird ein hübsches Schauspiel sein, wenn die beiden Gegner einander gegen überstehen. Die Worte des Kaisers über die allgemeine politische Lage be dürfen der Deutung nicht. Wir haben mit aller Welt Frieden, unterhalten zu unseren Bundesgenossen herzliche, zu anderen Mächten zufriedenstellende Beziehungen — mehr verlangt unter den obwaltenden Umständen doch wohl niemand. Alles in allem ist die Thronrede erfreulich, wie wohl selteneine. Sie bezeichnet ein Regierungsprogramm, das zum mindesten nicht reaktionär sein will, und bis zum Beweise des Gegenteils nehmen wir an, daß auch alles genau sich s 0 ereignen wird, wie die Thronrede cs ankündigt. Ist das der Fall, dann haben wir schon Grund, zufrieden zu sein — viel leicht wird auch in wirtschaftlicher Beziehung manches noch besser, als man heute denkt. Politische Tagesschau. Aue, 2ü. Februar >907. Roerrn geht! siroeui nexotug, jetzt wilder Zeil und Muße finden, seine Lex Heinze weiter auszubauen und in der Stille seiner Klause jener glühende Siltlichkeiisapostel ziiwcrdcu.als der er sichinimcr gezeigt hat. Eine sensationelle Mel dung kommt aus Köln. Der NcichstagSabgeord. Noeren, OberlandeSgerichtsral beim OberlandeSgericht in Köln, hat seinen Abschied aus dem Staatsdienst er beten. Eigentlich könnte die Meldung nicht über raschen, denn angesichts der starken Blamage und der Bloßstellung, die Herr Noeren als Volksvertreter erfahren hat, kann man cs unschwer begreifen, das; derjenige, der so gerichtet worden ist, wie rS Herrn Noeren im Reichstage widerfuhr, nicht mehr selbst den Richter spielen will. Verblüffend aber ist es, daß der Herr weiter sich als R e ich s l a g sab gev rd 11 e le r ausspielen will, und baß das Zentrum iicii oausii einverstanden erklärt. Nun, vi-lleicht wird ai'cki das noch nachaetiolt nnd es heißt daun: Herr Noeren Der Lpnk im Tenfelshims. Erzählung aus dem malaischen Archipel. Von Ernst Kasch. In einer der elegantesten Straßen im neuen Batavia, des hoch und gesund gelegenen Weltevrcdcn, erhebt sich ein stattliches Gebäude, das von den einfachen Häusern der Nachbarschaft ab sticht, wie cs etwa ein mit dem goldenen Vlies gezierter spani scher Grande inmitten eines Hausens zerlumpter Bettler getan haben würde. Aber während in den anderen Häusern reges Le ben herrschte, fröhliche Menschen ein- und ausgingcn, und au schönen Abenden lautes Lachen und lustiger Gesang In den Vor gärten ertönte, lag das vornehme Haus öde und verlassen da. Die hohen stolzen Fenster waren mit Brettern vernagelt, in dem prächtigen Garten, der es umgab, erstickte das üppig wuchernde Unkraut die Blumen und anderen Zicrgewächse und Durch das mannshohe Gras schlüpften gistige Banibusschlangcn, in den ver wahrlosten Tussteingrottcn lauerte die scheußliche Vogclspiune aus Beute, Skorpione und Tauscndsüße bevölkerten die Gebüsche. Wer an dem unheimlichen Hause vorüber mußte, beschleunigte unwillkürlich seine Schritte und zur Nachtzeit, wenn der scharfe Schrei des Getto schauerlich an der Dachfirst tönte, hätte kein Javanc sich in den Bannkreis des Hauses gewagt. Auch die Eu ropäcr machten einen weiten Vogen um die ruma sehaug, das Teufclshaus, wie der verlassene Herrensitz im Polksmundc g<>- nannt wurde. Unheimliche Gewalten sollten in dem Haus« ihr Wesen treiben, und so viel stand fest, kein Mensch hätte läng': als drei Tage dort verweilen können. Ein reicher Plantagenbesiücr hatte sich das Haus als Ruhesitz bauen lassen, trotzdem ihn ver schiedene ölte Javaner, unter ihnen der ehrwürdige Hadsch: Rha- den Kromo, Ihn gewarnt hatten, auf der Stätte, auf dec r n altershcr der Fluch der Dews (die alten Gottheiten des malai schen Archipels) lastete, sein Heim zu errichten. Er hatte ihrer ctndrtngenden Worte gespottet, für teures Geld europäische Werk ¬ leute kommen lassen, denn für alle Schätze der Welt hätte kein Javaner an der Stätte des Unheils gearbeitet, und der stolze Bau war errichtet worden. Fürstlich lieh ihn der reiche Mann ausstatten und bezog ihn. Aber schon am Tage nach dem Einzug verließ er es mit seiner schreckensbleichen Familie. Was gesche hen, vertraute er niemand, aber schon nach wenigen Wochen ver lieh er Indien für immer und kehrte nach Europa zurück, indem er seinen Besitz mit großem Schaden an einen Engländer verkauft hatte. Doch auch dieser, ein weit gereister Manu von erprob tem Mute blieb nicht länger als drei Tage in dem herrlichen Be sitztum, und da sich kein Käufer mehr dafür fand, blieb es ver ödet und verlassen liegen, ein Gegenstand des Schreckens für die Nachbarschaft. Selbst lichtscheues Gesindel, dem sonst jeder Versteck recht, mied das Teufclshaus wie die Pest. Schon etwa 10 Jahre mochte das Teufclshaus unbewohnt ge wesen sein, als ein paar übermütige junge Leute, ein kürzlich von Holland gekommener Offizier der Kolonialarmce und ein junger deutscher Kaufmann in toller Weinlaune eine hohe Welte ein gingen, eine volle Woche ununterbrochen in dem verrufenen Ge bäude zubringen zu wollen. An Abmahnungen fehlte cs nicht, aber die Tollköpsc bestanden hartnäckig auf ihrem Vorhaben. Da kein Javane oder Chinese zu bewegen war, sic als Diener z i begleiten, nahmen sic einen Soldaten, einen Franzosen, der sich vor dem Teufel nicht fürchtete, Jean Duterre, als solchen mit. An einem regnerischen Eeptcmberabend bezogen stc, reich mit Mundvorrat und Wein versehen, von Dutcrrre und einem riesi gen Berhardincrhund begleitet, das Teuselshaus. In dem glüh ten, mit verschwenderischer Pracht ausgestatteten Zimmer machten sie es sich bequem. Die Vorräte wurden ausgepackt, vcm mitgc- brachten Wein eifrig zugesprochen und bald entwickelte sich die heiterste Stimmung. Voll geheimen Grauens sahen die Nach barn den Lichtschimmer aus den vernagelten Fenstern des Ee- spensterhauses dringen und lauschten aus den Gesang ver fröh lichen Zecher. Drei Stunden bereits verweilten die Abenteuerer im Teufels hause und nichts Unheimliches noch hatte sich ereignet. „Da sehen Sie, Leutnant Blockzyl," sagte Emil Hosfmllller, der deutsche Kaufmann, „was man aus das Gerede der Leute geven kann. Ich will hundert gegen eins wetten, daß uns die ganze Woche über nichts außergewöhnliches zustößt." Vollkommen Ihrer Mei nung." gab der Offizier zurück. „Der alte van de Velde, der würdige Erbauer dieses Hauses, ist ein großer Hasenfuß gewesen, der sich vor dem Gctat sch der alten Haschis, die ihm den prächtigen Besitz mißgönnten, hat einschllchtern lassen und der verd . . . . Veessleakesser, der Mr. Leadler, ist nichts besseres gewesen. Wenn ich über die nötigen Cents verfügte, keinen Augenblick würde ich mich besinnen, dies herrliche Spukhaus als Eigentum zu erwerben, um hier ein Leben zu führen wie Gott in Frankreich, wie ihr Deutschen so schön sagt." Auch Duterre, der in einiger Entfernung von den Herren aus einer Ottomane lag, in einem abgegriffenen französischen Roman las und den Inhalt einer Flasche Burgunder mit großem Behagen einer gründlichen Prüfung unterzog, fühlte sich augenscheinlich sehr wohl. Pluto, der Bernhardiner, lag ruhig schlafend aus einem prächtigen Tigerfell. Plötzlich aber hob er den Kopf, richtete sich auf den Vorderbeinen empor und lieh ein dumpfes Knurren hören, das bald in ein langgezogenes, ängstliches Geheul überging. Im selben Augenblick wurde Duterre die Vurgunderflaschc, in der sich noch ein ansehnlicher Rest befand, aus der Hand geschleudert. Mit einem Fluch fuhr der Franzose in die Höhe, erhielt aber von unsichtbarer Hand einen solchen Stoß in die Magcngcgcnd, daß er wimmernd aus die Ottomane zurücksiel. Nun wurde es auch Blockzyl und Hosf- müller etwas unheimlich. Fragend sahen sie sich in die bleichen Gesichter. Da stand mit einem Mal, wie aus dem Boden ge wachsen, die hohe Gestalt eines Buddhapriestcrs in altjaoanischer Gewand vor ihnen. Ein langer weißer Bart floh ihm über die Brust, sein edelgeschntttenes Gesicht trug den Ausdruck tiefsten Seelenschmerzes. Seine grohen schwarzen Augen waren düster,