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72. Jahrgang. AK 2§4 Sonntag» 24. Juni 1S25 Gegründet 18SS »r-»lanlchrllt: «»«richte, »re»»„ gernIprccher-Lammelnummer: SV S«1 Rur für Racht-elprLche: 20 011 vl"n >6. bt» so.gunilsr» »et UlgUch »welmaltger Zustellung Irei Ha»« l.?ü Mart. Postbcjug«pret« für Monat Juni ».«0 Mart ohne Poft»usteUung»gebüI,r. Uingelnummer 1» Vtenni,. «»»erhall, »reldeu» »» Psemiig. »te »njelaen «erden nach «otdmarl berechnet: die etntvalttge »a mm »rette Zelle »» Psg., für au«w»rt« «o Psg. Famlltenan»etgen und Stellengeluche ohne Rabatt >i Psg., außerhalb SS Big., dse »0 nim »rette Steltame-eile soo PIg., außerhalb »!>0 Psg. Ollertengebühr so Bfg. «u«wLrlige AustrSge gegen Borau«be«ahlung. 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I. 127 für das nächste Frühjahr abgemacht habe, unter der Voraussetzung, dass die übrigen Expeditionskostcn von anderen Ländern getragen würden. Die russische Negierung hat sich bereit erklärt, zwei Ankermasten für Luftschiffe z« errichten, und zwar wahr« scheinlich in Leningrad und Murmansk. Die Bereinigten Staaten von R.rtamerika haben andere wertvolle Beihilfen zugesagt. « Moskau, 23. Juni. In einer Versammlung im Winter- palais in Leningrad betonte Nansen tn einem Referat die Großzügigkeit der bevorstehenden Pvlarforschungen und ihre einschneidende Bedeutung für die europäische Wirtschaft. Er äußerte die Ansicht, daS Polargebiet sei eine gewaltige Quelle an Nahrungs st offen, und sprach die Ver mutung aus, daß sich in der Arktis ein Kontinent in Gestalt von Inseln erhebe. Osloer Sorgen um Amun-sen. Oslo, 23. Juni. Hier herrscht setzt eine außerordentlich gedrückte Stimmung über bas Verschwinden Amundsens und seiner Begleiter. Die beiden italienischen Flugzeuge, die am Freitag über Nobiles Lager weitere Ansrüstungsgegenstände abgcwvrsen haben, begaben sich tm Anschluß daran weiter nach Osten, um nach dem Wrack der «Jtalta" zu forschen. Trotz außerordentlich günstigen Wetters konnten die Flieger jedoch nichts entdecken. Auch von der Malmgree,»Gruppe war keine Spur zu finden. Am Sonnabend werden die beiden Flieger erneut aufstetgen, um «ach Amundsen zu suchen. Die Wettersachverständigeu melden das Herannahen eines Zyklons, der jedoch erst nach einigen Tagen Spitz bergen erreichen dürfte. Außerdem erklären sie, daß der Nebel im Juli so stark zunehmen wird, daß dte Rettungs- arbctten außerordentlich erschwert, wenn nicht unmöglich ge macht werden. Bleibt Poincars? In Frankreich dreht sich die innere Politik »in die > auch für uns Deutsche wichtige Frage: „Was wird Pvincars tun? Bleibt er oder geht er?" Daß in der durch die Neu wahlen geschaffenen parlamentarischen Lage in der dritten Republik etwas nicht stimmt, ist unzivcifclhast, aber man muß Gerüchte und Tatsachen unterscheiden. Ein bloßes Gerücht ist, daß Pvincars, um die Schwierigkeiten zu meistern, entschlossen , sei, ein neues Kabinett mit Briand, Tardicu, Daladier und Loucheur zu bilden, also mit absoluter Vorherrschaft der , Radikalen, mit denen er sich immer gut zu stellen gesucht hat. Als Tatsachen sind dagegen zu verzeichnen: 1. Die Ver wirrung der Mehrhcitsvcrhältnissc in der Kammer. 2. Die Bemühungen der Linken, Pvincars zu sich herüberznziehen. 3. Der Sieg des Linkskartells bei den Wahlen zum Kammer- präsidium und zu den Ausschüssen und 4. die starke Ber- schnupfung der in der Demokratisch-republikanischen Ver einigung verkörperten Rechten über ihre ostentative Beiseite- schicbung. Das Merkmal der parlamentarischen Lage wird von den führenden Blättern darin gefunden, daß cs in der neuen Kammer weder eine Mehrheit der Rechte» noch eine Mehrheit der Linken noch eine Konzcntrationömchrheit der Mitte gebe. Die Linkspresse zieht daraus den Schluß, daß beim Wiederznsammentritt der Kammer im Herbst die Lage unhaltbar geworden sein werde und daß Poincars sich dann endgültig entscheiden müsse, ob er mit seinen bisherigen An hängern brechen wolle, um mit der Linken und der links gerichteten Mitte zu regieren oder ob er sich unter den Trüm mer» einer nationalen Einigkeit, die nie mehr als eine Ver- legcnheitslösung gewesen sei, begraben lassen wolle. Prak tischen Nachdruck hat die Linke dieser Auffassung gegeben durch die Wahl Lines Sozialisten znm Kammerpräsidenten und durch die Zusammensetzung des gesamten Büros der Kammer in solcher Weise, daß die Vertreter des Links- kartells darin eine ausgesprochene Mehrheit besitzen: ferner durch die Uebertragung des Vorsitzes in den wichtigsten beiden Ausschüssen, dem Auswärtigen Ausschuß und der Finanz kommission, an den Sozialisten Paul Bonconr und an den Radikalen Malvy. Die Rechte ist durch diese Wahlen stärk brüskiert worden, und ihre Presse behauptet ohne Umschweife, daß Poincars. der durch energisches Geltendmachen seines persönlichen Einflusses ein solches Ergebnis hätte verhindern können, cs durch stillschweigende Duldung und ermunterndes Augenzwinkern geradezu begünstigt habe. Die Sprache der Rechtspresse ist sehr scharf und klingt in die unverhttlltc Drohung aus, daß sich Poincars bei Fortdauer seiner „gigan tischen Intrige" des Sturzes durch seine ehemaligen poli tische» Freunde zu versehen habe, da von ihm an der Kern truppe der Poincaristcn Verrat geübt worden sei. Die Er regung der Rechten kam auch bei den Ausschußwahlen da durch zum Ausdruck, daß in der Finanzkommission die ge wählten vier rechtsstehenden Abgeordneten die Annahme der Wahl verweigerten, als sic erfuhren, daß die überwiegende Mehrheit der Mitglieder aus den Reihen des Linkskartells entnommen war. Pvincars hat angesichts dieser Lage zunächst nach dem von ihm schon oftmals mit Erfolg angewandten Grundsätze gehandelt, baß Zeit gewonnen, alles gewonnen heißt. Es war ihm vor allem darum zu tun, die Fährlichkeiten der allgemeinen politischen Aussprache, die insbesondere durch die Zuspitzung der elsässischen Frage gegeben waren, zu ver meiden und das Interesse der Kammer ans die Kardinal srage der Frankenstabilisierung, abzulenkcn. Zn dem Zwecke hat er die Vorlage über die gesetzliche Stabilisierung des Franken auf dem Fuße von 125 Franken für das Pfund Sterling oder 16 deutschen Goldpfennigcn für den Franken oder 5 Papierfranken auf den Goldsrankcu im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Absicht schon jetzt cingebracht und die Aktion mit einer großen Rede über seine Finanzpolitil begonnen. Die Wirkung dieses taktischen Vorgehens besteh: darin, daß er durch die vorzeitige Einbringung der Sta- bilisiernngsvvrlagc die .Kammer gezwungen hat. die politisch! Aussprache zu unterbrechen. In politischer Hinsicht ist In den Ausführungen des Ministerpräsidenten besonders die Stelle bemerkenswert, in der er erklärt, daß die Ausrechterhaltung des durch die Politik der nationalen Einigkeit hcrbei- geftthrten Burgfriedens heute wichtiger denn je sei: man müsse mit denselben Arbeitsmethoden sortsahrcn, womit aber nicht gesagt sei, daß notwendig auch die gleichen Persönlich keiten in der Regierung vertreten sein müßten. Hiernach nimmt also Poincars für sein System einen weitreichenden Daucrwert in Anspruch, der dem Wechsel der Personen ent zogen sei. Das ist ein verhüllter Appell an dte Radikalen, sich auf-Poincarss System festzulegen: dann werde er bereit sein, mit ihnen als einem maßgebenden Faktor zu regieren. Auf radikaler Seite hat man die Absicht Poincarss gemerki und sich bemüht, die Erregung der Rechten zu beschwichtigen um nicht eine verfrühte Krise noch vor der Frankenstabtli- sierung herauszubeschwören. Man will für rechtsstehende Ab geordnete mehrere neue Posten tn der Finanzkvmmissiou schaffen, und verschiedene Mitglieder der Linken, die bereits gewählt wnrden, haben ihre Acmter in anderen Kommissionen Wir- „Rak III" -en Wellrekvrö brechen? Die Sonnabenüversuche -er Opelwerke aus -er Eisenbahnskrecke EeUe—Durgwedel. (Von unserem nach Hannover entsandten Or.-O-RcdaktionSmitglied.l Der Rekord aus Schienen bereits gebrochen. Hannover, 23. Juni. iBormittags.s Heute nachmittag um 2 Uhr wird, wie bereits gemeldet, der Opcl-Lchicnen-Naketen- wagen „Rak Hl" den Versuch machen, den Weltgeschwtndig- keitSrckord, der bekanntlich bet 333 Stundenkilometer liegt, zu brechen. Um das Experiment durchführen zu können, be darf es einer streng gradlinigen Eisenbahnstrccke. die natürlich wenig befahren sein darf. Durch das Entgegenkommen der Deutschen Rcichsbahngesellschast ist den Opelwerken zu diesem eiwecke die eben scrtiggcstellte Neubaustrecke Bnrgwcdel — Celle zur Verfügung gestellt worden. Die Opelwcrkc legen, um allzn sensationellen Phantastereien vorzubengen, Wert auf die Feststellung, daß die Versuche zunächst ausschließlich von wissenschaftlicher und technischer Bedeutung sind. Entsprechend seiner Verwendung auf Schienen wird „Rak III", wie wir hören, ein vollkommen anders geartetes Aussehen haben, als das Fahrzeug, über dessen phantastische Geschwindigkeit aus der Berliner Avusbahn ivir kürzlich aus führlich berichteten. Der Wagen ist vor allem sehr schwer gebaut, um ein Hcransspringcn aus den Schienen unmög lich zu machen. Voraussichtlich wird Fritz v. Opel selbst wieder das Steuer führen. Alle anderen Einzelheiten werden erst an Ort und Stelle, nämlich im Dorfe Burgwedel, wo die geladenen Gäste Aufstellung nehmen werden, festgcstellt werden können, da sich die eingewcihten Persönlichkeiten zur Stunde noch in strengstes Stillschweigen hüllen. Um 1 Uhr mittags verläßt ein Svnderzug den Hauptbahnhof von Han nover, um die geladenen Gäste zum Vcrsnchöplatz zu beför dern. Der Versuch findet schon wegen der für die Zuschauer damit verbundene» persönlichen Gefahren nicht öffentlich statt. Man nimmt jedoch an, daß sich angesichts der bevor stehenden aufsehenerregenden Experimente zahlreiche Zaun gäste einfindcn werden, und man hat tn Hannover den Ein druck, daß die Ocsfentlichkcit mit großer Spannung den bevor stehenden Versuchen entgcgensicht. 254 Skunbenkilomeker beim ersten Versuch. Auf der Versnchöstrccke selbst wurden in den Mittags stunden eifrig die letzten Vorbereitungen getroffen. Fritz v. Opel. Ingenieur Sander und einige Ingenieure, die mit dem AuSprobteren des Raketenwagens zu tun haben, sind zur Stelle. Reichswehrmannschaften lege» Drahtlettungen. die für die Löbersche Zeitmessung erforderlich sind, zwischen die Schtcnenkörper. Fritz v. Opel und Reichs- bahnvlzepräsidcnt Wagner fahren mit einer Dräsine die Ver- suchSstrcckc ab. Etwa einen Kilometer östlich vom Bahnhofs gebäude Celle ist der Startplatz. Dort stehen bereits die beiden Wage», die zur Versuchsfahrt bestimmt sind. Der eine ist mit Stahlrädern, der andere mit Pneumatiks ver sehen mit einer Vorrichtung, die auch das Laufen auf den Schienen ermöglicht. Da es sich um Versuche handelt, deren Bedeutung nur auf wissenschaftlichem Gebiet liegt, sind die Wage» ganz primitiv gehalten. In der Nähe des Startplatzes hat ein Radivauto mit Antennenmast Auf stellung genommen, das den Verlaus der Versuchsfahrt dem Rundfunk und damit der breitesten Oeffcntlichkeit über mittelt. Vor Beginn der Versuche gab Fritz v. Opel technische Erläuterungen über bas Problem der Raketenverwendung »nd insbesondere über die Geschehnisse in den vergangene» vier Wochen seit dem ersten Versuch auf der Avusbahn. Er gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß sich die Allgemein heit in so hohem Maße für seine Unternehmungen interessiere, zugleich aber dem Bedauern darüber, daß dieses allzu große Interesse seine Arbeit hemme, da es nicht angenehm sei, wenn man ans Schritt und Tritt beobachtet wird. Hierauf gab unter ungeheurer Spannung der Anwesenden Fritz v. Opel den Startschuß. i Der Wagen setzte sich sofort in rasende Bewegung und war vollkommen in Rauch gehüllt. Bon alle« Seiten drängten die Zuschauer ans Fritz v. Opel und Ingenieur Sander zu und schüttelten ihnen gliickwiinschcnd die Hände. Trotzdem eine Rakete platzte, wobei jedoch niemand verletzt wurde, ist der Start als geglückt zu betrachten. Während der Startszene kreist ein Flugzeug in der Lust und macht photographische Aufnahmen. Trotz der Warnungen strömen die Mcnfchenmassen an die ausgezeichnet abgesperrte Eisenbahnstrecke, um zu sehen, wo der Wagen geblieben ist. Nach kurzer Zeit kommt Herr von Opel von der Strecke zu rück und erklärt, daß bei dem ersten Versuch, der mit dem Wagen gemacht wurde, eine Höchstgeschwindigkeit von 254 Kilometer erreicht worden sei. Nachdem der Wagen zurückgcholt ist, wird mit verstärkter Ladung ein zweiter Versuch unter, nominell. Der Wagen ist nach dem ersten Versuch vollständig intakt und wird sofort unter Beifallsrufen des Publikums znm Startplatz zurückgebracht. Der zweit« Start erfolgt mit verstärkter Raketenladung und wird mit einer Katz.e bemannt, welche in einen geschlossenen Raum »gesetzt wird, nicht, etwa offen, um ..fest- zustellen, wie die Einwirkung des Luftdruckes, auf ein Lebe- wesen ist. Dem Start «oh««« etwa 2ijv0v Meufche« bei, ein Massenandrang, mit dem man nicht gerechnet hatte. Die schnellste Fahrt aus Eisenbahnschienen betrug bisher 2l5 Stundenkilometer, die eines Motorwagens aus einer besondere» Strecke in Florida ausgefahrcne Zeit 333 Kilometer. lvel Rrdaktion»fchluß dauern: dir Versuch« noch an.)