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Helft de« Wasserkalamitofe«! Die schweren Verluste, von denen ein großer Teil der Bewohner des Elb- thals durch die jüngste Hochflut betroffen worden ist, haben aller Orten die Privatwohlthätigkeit wachgerufen. Der unterzeichnete Stadtrat hat daher eben falls eine Sammelstelle errichtet und bittet, Beiträge für hilfsbedürftige Ge schädigte jenes Landesteils in unsere Kanzlei (Kassenzimmer) abgeben zu wollen. Lichtenstein, den 16. September 1890. Ter Rat z« Lichtenstein. Fröhlich. A U k t L V «. Die zum Konkurse der Schnittwarenhändlerin Wilhelmine verchel. Dreffel in Lichtenstein gehörigen Warenvorräte, als: Kleiderzeuge, Hemden- und Jacken barchente, Kattune, Bettzeug, Lüstreröcke, Hemden und Schürzen, sowie Gardinen u. A. m., sollen Sonnabend, den 2V. September 18SV, von vormittags 9 Uhr ab, im Amtsgerichts-Auktionslokale in Lichtenstein meistbietend gegen sofortige Bar zahlung versteigert werden. Lichtenstein, am 11. September 1890. Der Konkursverwalter. Schmidt, Lokalrichter. Auf dem neuerrichteten Folium 238 des hiesigen Handelsregisters ist heute die Firma Friedrich L Bertram in Hohndorf, und als deren Inhaber der Fleischermeister Herr Karl Ernst Robert Friedrich in Hohndorf und der Kaufmann Herr Traugott Friedrich Bertram daselbst eingetragen worden. Lichtenstein, den 16. September 1890. Königliches Amtsgericht. Gehler. Hörig. MMMMPMM Wochen- nud KachrichlMatt zugleich SesWsHMM str HiWrs, Mlit, BenMrf, Mitts, St. Wim, Hemichsttt, Mmem ul MW. Amtsblatt fSr de« Stadttat zu Lichtenstein. - — " —— —— 4«. Jahrgang. —-——— Nr. 218. Freitag, den 19. September 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Soun« und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 17S, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die Viergewalten« kkorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesgefchichte. * — Lichtenstein, 18. September. Heute Vormittag marschierte das gesamte 9. Infanterie-Reg. Nr. 133, von dem beendigten Manöver kommend, auf seiner Rückreise nach der Garnisonstadt Zwickau mit klingendem Spiel und Gesang hier durch. * — Zur Wiederbesetzung der im Januar 1891 durch Emeritierung des Lehrers Lindnerzur Erledig ung kommenden Lehrerstelle inKuhschnappel fand am 15. ds. Monats unter Leitung des Herrn Schulrat Gruhl aus Glauchau eine Probe statt, nach welcher der derzeitige Lehrer Zenner in Mülsen St. Jacob gewählt wurde. Mit Antritt des Genannten soll zugleich das neuerbaute, geräumige, freundliche, der ganzen Gemeinde zur Zierde ge reichende Schulhaus eingeweiht und in Gebrauch genommen werden. — Interessantes von der Sonne. Der häufig erwähnte englische Astronom, Herr W. F. Denning zu Bristol, bringt zur Kenntnis, daß er in diesen Tagen einen wunderbar klar ausgebildeten Haufen von Flecken auf der Sonne entdeckt hat. Derselbe befindet sich auf der nördlichen Hemisphäre, nahezu in der Mitte der Sonnenscheibe. Er dehnt sich von Ost nach West aus, und an beiden Enden finden sich scharf hervorragende Flecken. Die Länge dieser Flecken gruppe ist etwa 113,000 englische Meilen. Die Struktur derselben ist durchaus keine einfache. Und wenn die Gruppe auch als Ganzes ihre Gestalt wohl bewahrt, so treten doch fortwährend kleine Aenderungen in den Details ein, die eine Zeichnung der Erscheinung einiger maßen erschweren. Herr Denning beobachtete mit einem kleinen 3-Zöller und 90 facher Vergrößerung. Er bemerkt indessen ausdrücklich, daß man das Phä nomen sehr gut wahrnimmt, wenn man mit einem dunkel gefärbten Glas nach der Sonne sieht. Es handelt sich hier also um eine sehr interessante Sache, die jedem unserer Leser zugänglich ist, weshalb wir ihre Aufmerksamkeit sofort darauf hinlenkten. Wenn in den nächsten Tagen die Sonne bei Dunst oder Nebel auf- bezw. untergehen sollte, so wird man die Fleckengruppe auch mit bloßem Auge wahrnehmen können. Die Gruppe ist um so interessanter und wichtiger, als in diesem Jahre die Sonnenflecke im allgemeinen sehr klein und schnell vergänglich waren. — In der zweiten Hälfte des September, um die Tag- und Nachtgleiche, treten bekanntlich starke Stürme, die Acquinoktialstürme, auf, welche im Obstgarten leicht Verwüstung anrichten. Deshalb revidiert man schon zu Beginn des Monats sämtliche Baumpfähle, ersetzt alle nicht ganz taktfesten durch neue und prüft vor allem auch alle Bänder auf ihre Festigkeit. — Wie manche Mutter klagt: „Meine Kinder bekommen keine Farbe!" Mix turen sind genug verschrieben, aber es hat nichts ge holfen. Das beste Mittel gewährt wie immer die Natur. Eßt Obst, Obst und wieder Obst zum Früh stück und Abendbrot, da dauerts nicht lange und die Kleinen haben ebenso rote Bäcklein wie die Aepfel. Ebenso sind Pflaumen gute Blutbilder. — Obstesscn macht das Gemüt heiter und fröhlich, hellt die Mienen auf und vertreibt auch bei großen Leuten die Hypochondrie. — Infolge der Wasserschäden im Elbthale ist die Frage der Wasserschädenversicherung wieder aufgetaucht; aber je mehr man sich mit derselben beschäftigt, um so klarer tritt die Unmöglichkeit hervor, auf dem Wege der Versicherung zu helfen, da die Wassergefahr keine allgemeine ist und mit seltenen Ausnahmen nur die Bewohner der Flußthäler trifft. Sollten diese allein und zwangsweise zur Versicher ung herangezogen werden, so würden sie, da die Beschädigungen durch Wasser stets einen kolossalen Umfang annehmen, unerschwingliche Prämien zahlen müssen; sollten aber auch die nicht gefährdeten Ein wohner herangezogen werden, dann hörte der Be griff der Versicherung auf, und wan müßte eine Notstandssteuer verlangen, über welche sich allerdings reden ließe. Wenn die Frage so gestellt würde — der Staat hat ja bei den letzten großen Wassei beschädigungen schon mit Unterstützungen eingegriffen — oder wenn ein grundsätzliches Eintreten des Staates verlangt würde, so dürfte der Landtag wohl weniger rasch über die Angelegenheit hinweg gehen, als es hinsichtlich der Anträge auf Erricht ung einer Landesanstalt gegen Wasserschäden, die auf „Versicherung" hinausliefen, geschehen ist. — Wie jetzt nach der Besichtigung des Ueber- schwemmungsgebietes an der unteren Elbe amtlich festgestellt worden ist, hat der Stand des Wassers bei Mühlberg Höhe von 66 Zenti metern über den höchsten des bis jetzt bekannten Punkt erreicht. Infolgedessen ist das Wasser über die dort vorhandenen, allerdings ziemlich ungenügenden Dämme förmlich überlaufen. Bei Mühlberg müssen die Dämme unbedingt verstärkt werden. Der Damm bruch bei Werdau ist der größte von allen; die Wiederherstellung des Dammes wird hier bedeutende Aufwendungen notwendig machen. Der angerichtete Schaden ist überall ein sehr großer; namentlich ist die Gradiher Gegend schwer heimgesucht. Viele Häuser sind eingestürzt und gänzlich vernichtet. Auch in Zack Witz und Zschackau ist die Not groß. Die Größe des Unglücks läßt sich überhaupt noch gar nicht übersehen, da das Ueberschwemmungsgebiet zu ausgedehnt ist; ist doch das Wasser bis in die Gegend von Annaburg eingedrungen. Amelgossewitz, wo das Ziethen-Husarenregiment bei der Wassersge fahr in große Mitleidenschaft gezogen war, hatte am Freitag noch dazu eine Feuersnot. In einer der Scheunen brach durch Selbstentzündung Feuer aus; die Feuerwehr von Belgern war schnell zur Stelle und ihr gelang es, das Feuer auf zwei Scheunen zu beschränken. Kaum aber war die Feuerwehr abgerückt, da brannte es von Neuem. Ein ganzer Hof und von zwei anderen Höfen noch die Scheunen wurden diesmal zerstört. Die aus dem Wasser hervorragen den rauchenden Trümmerhaufen boten ein geradezu trostloses Bild. Glücklicherweise war das Vieh noch nicht wieder in den Ställen untergebracht, sondern befand sich noch auf den benachbarten Höhen. Bei Mühlberg hat sich, wie noch besonders erwähnt wer den soll, die dor befindliche Kompagnie des 4. preuß ischen Pionier-Bataillon« bei den Rettungsarbeiten in ganz besonderer Weise hervorgethan; die braven Pioniere haben sich vielen Dank erworben. — Aus Dresden schreibt man: „Einen be trächtlichen Anteil an dem Schaden, welchen die Fluten der Elbe in wenigen Tagen angerichtet, haben die Fluren und Felder. Sämtliche entlang der Elbe ge- j legenen Anpflanzungen sind vollständig zerstört. Der I letzte Wiesenschnitt, der noch draußen lag, ist wegge- I schwemmt, er hängt in den Wipfeln der Bäume; ein großer Teil der Obstbäume, die sich an der Elbe hinzichen, ist entwurzelt und vernichtet. Kartoffeln, Rüben, Mais, Alles ist aus der Erde gewühlt und was die Fluten liegen ließen, verfault jetzt. Die Gärten sind allerorten zerstört. Der von den Wogen mitgeführte Schlamm hat Alles mit einem häßlichen Grau überzogen, das den traurigen Eindruck, den die zerstörten Ufergebiete machen, noch erhöht. Und meist sind es arme Leute, die durch diese Verluste um ihre ganze Habe gekommen sind. Ihnen Alles zu ersetzen ist unmöglich, aber gewiß wird es möglich fein, ihnen die Mittel zu neuem Anbau zu schaffen, wenn die Bitte, die überall um milde Beiträge ertönt, freund liche Herzen und offene Hände findet. — Welchen gewaltigen Druck das Stauwasser der Schleußen bei der letzten Hochflut der Elbe ausgeübt hat, davon kann man sich kaum einen Be griff machen. Dasselbe hat sogar die ziemlich hoch gelegene altehrwürdige Frauenkirche am Neumarkte in Dresden, die sonst nie vom Wasser zu leiden hatte, heimgefucht und ist durch die festgefügten Platten der unter der Kirchs befindlichen Totengrüfte eingedrungen. Als man die letzteren am Montag öffnete, zeigte es sich, daß dieselben über 1 Meter hoch mit Wasser angefüllt waren. Die dort unter gebrachten Särge, 111 an der Zahl, waren durch die Gewalt des Wassers zum teil von ihren Stand orten abgehoben, zum teil standen dieselben gänzlich unter Wasser. Die Feuerwehr ist damit beschäftigt, das Wasser auszupumpen. — Chemnitz. Am Mittwoch früh in der 7. Stunde wurde bald nach Passieren des von Hohen stein kommenden Frühzugcs ein Mann auf dem Bahn geleis tot aufgefunden, von dem zu vermuten ist, daß er von dem Zug überfahren wurde. Die Person desselben ist bis jetzt noch nicht festgestellt. — Nur infolge eines heftigen Schreckens endete in Crimmitschau der Alteisenhändler Görke. Er zog abends einen Handwagen durch die Straße und hatte dabei ein entgegenkommendes Kutschge schirr nicht bemerkt, bis das Pferd ihn berührte. Hierdurch so erschrocken, daß er nach der Seite fiel, mußte man ihn forttragen und bald darauf gab er seinen Geist auf. Er war nicht im Mindesten verletzt und eben nur der Schreck kann ihn ge tötet haben. — Borna, 17. September. Die Zwiebel ernte, welche in den hiesigen Fluren jahraus jahrein Hunderte von Händen beschäftigt, ist zur Zeit in