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Freitag, Peiblatt zur „Sächsischen Elb-Zeitung". Verantwortlicher Redacteur und Verleger» Ludwig Donath in Sch and a u. Motto: Ein rechter Mann hat zwei Gesichter, die cr hält, Das eine auf sein HauS, das andre ans die Welt. Das freundliche Gesicht, das wendet er inö Hauö, Das ernste aber kehrt er in die Welt hinaus. Niilkcrt. Waldgeheimnisse, dlovelle. (S ch l u ß.) Der Förster Marek war jetzt öfter als sonst pom Hause abwesend. Der Graf wollte seine For sten sehen und da mußte er ihn begleiten, Eines Tages kam Marek sehr übelgelaunt nach Hause. Per Graf hatte sein Befremden ausgesprochen, daß so wenig Wild vorhanden sei und der schlechten Auf sicht die Schuld bklgemessen. Er hatte die Forstleute aufgefordert sich zu verantworten. Als diese nun die Sage von dem gespenstischen Wildschützep erzählt hatte, war er wüthcnd infgesprungcn, hatte dem Meldenden eine Ohrfeige gegeben, alle aber Memmen und Weiber geschimpft und ihnen mit Absetzung ge droht. Dann hatte er erklärt, eine genaue Untersu chung des Sachverhaltes anstelle» und nach Befund weitere Maßregeln ergreifen zu wollen- Kora erblaßte, als sic dies vernahm. Sie zit terte für ihren Freund und beschloß ihn zu warnen. Aw. folgenden Tage hoßte sie Gelegenheit dazu zu finden, allein der Förster spar dienstfrei und blieb zu Hause. Da konnte Kora nicht wagen) nach der Ruine zu gehen, sie mußte sich zu nochmaligun Auf schub entschließen. - Aber als der Abend hereingebro chen war, erschienen zwei Neiter-vor der Försterei — es war der Graf mit seinem Lcibjäger. Kora er bebte, als ihr Vater mit dem Ausrufe: „Der Herr Graf!" zum Zimmer hinaus und die Ankömmlinge zu empfangen eilte. Der Graf stieg nicht ab, son dern rief vom Pferde herab dem in unterwürfiger Haltuiig vor ihn tretenden Förster zu: „Nun, Du alter Haase! Ich weiß schon, was; für ein Geschöpf das Gespenst ist, das mir meine Hirsche weggeschosscn hat. Es ist ein Kerl von Fleisch und Blut, wie Du, nur etwas beherzter. Er soll aber auögehirscht haben. Halte Dich mit Demen Leuten bereit! Diesen Abend wollen wir/den Vogel in seinem Neste fangen. Er kann uns nicht entwi schen. Der Zugang zur Ruine ist in aller Stille besetzt worden und eh' eine Stunde vergeht, wird ein.Detachement Jägep auS K. hier cintreffen, .um den ganzen Burgberg zu simzüngcln. In einer Stunde also, Marek!" Und fort sprengten die Reiter. Der in der Hausflur lauschenden Kora war kein Wort des Grafen entgangen. Sie zitterte wie Es penlaub, aber entschlossen kehrte sic iiz. das Zimmer zurück, Sie sagte dein sehr verdrießlich eintrctcndcn Vatep, ihr shi plötzlich so übel geworden, daß sie sich niederlcgcn müsse. Der Väter ließ sie ohne Wider spruch zu Bette gehen. Kora gab an Körperhöhe ihrem Vater nichts nach. Mehr äls einmal hatte sie in jüngeren Jäh ren seinen Jagdanzug angelegt und ihn darin belu stigt, Sic warf sich schnell in die Kleidung und eilte unbemerkt durch die Hinterpfortc dein Wälde zu. Da der einzige Pfad zur Ruine besetzt war, so konnte sie nur dadurch ungesehen hinauf kommen, daß sie auf der entgegengesetzten Seite den Felsen erstieg, Sic.dankte Gott, das- sie in ihrer Jugend gelernt hatte, Bäume und steile Klippen zu ersteigen'. Dichtes Gebüsch verkleidet bis ans einzelne kahle Stellen den ganzen Felsen; vom Fuße auf erhoben .sich riesige Tannen bis an die Halste seiner Hohe, von da ab ragen aus jeder Spalte verkrüppelte Bu- chen, Fichten und Birken, mit deren Hilfe allein über haupt das Erklettern der steilen Massen möglich war. Aber cs war bei aller Gewandtheit deö kühnen Mäd chens immer ein schwer Stück Arbeit und eine halbe Stunde brauchte sic, um das Plateau des Felsens zu erreichen. Endlich svar sie oben. Ihre Kniee zitterten, cs war ihr, als müsse sie zusammenbrcchen von der übermenschlichen Anstrengung, aber dieLübe gab ihr neue Kraft; an der Mauer der Ruine hinschlüpfend gelangte sie an den bekannten Eingang. Jetzt war von lemem Abscheu vor irgend einem giftigen Nep- Zil die Rede, muthig betrat sic die schauerlichen Hal-